Finanzierung Kredite: Die Nachfrage nach Finanzierungen steigt – welcher Finanzierungsmix sich anbietet

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Der russische Angriffskrieg, die Lieferkettenprobleme, die Transformation der Wirtschaft und die enorme Inflation sorgen für erhebliche Unsicherheit bei Unternehmern. Die Folge: Die Kreditaufnahme steigt an, informiert der Bankenverband. Er empfiehlt einen Finanzierungsmix aus privatem und öffentlichem Kapital. Dies sind die wichtigsten Alternativen.

Mit einem Mix an Finanzierungsalternativen zum Ziel. - © markus thoenen - stock.adobe.com

Die gute Nachricht zuerst: Der befürchtete Anstieg der Unternehmensinsolvenzen bleibt vorerst aus. Zu Beginn des Jahres konnte die Industrieproduktion sogar leicht zulegen und das Dienstleistungsgewerbe profitierte zumindest teilweise von den Lockerungen der Corona-Restriktionen.In der Folge ist auch die Zahl der Kurzarbeitenden in Deutschland im Mai weiter gesunken auf 277.000, von 399.000 im April. "Das sind noch 0,8 Prozent der Beschäftigten, nach 1,2 Prozent im April", schätzt das ifo Institut aufgrund seiner Befragungen und der Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. „Der Rückgang zieht sich durch alle Wirtschaftszweige“, sagt ifo-Experte Stefan Sauer. 

Krise: Noch ist sie nicht vorbei

Doch die Herausforderungen für Unternehmer bleiben vielfältig. So erwartet der Bankenverband, dass sich die wirtschaftliche Entwicklung weiter abschwächt. "In Deutschland ist aus heutiger Sicht inzwischen nur noch mit einem BIP-Wachstum von 1,5 % bis 2 % zu rechnen. Zum Jahresbeginn lagen die meisten Prognosen noch bei rund 4 %", schreibt der Verband. Die enorme Inflation mit 8,1 Prozent (vorläufige Zahl für Mai 2022), die steigenden Produktionskosten und der zunehmende Lohndruck führen dazu, dass Unternehmer ihre Preise anheben müssen. Dies könnte der Einstieg in eine Lohn-Preis-Spirale sein. Dementsprechend blicken die Unternehmen "zunehmend pessimistisch in die Zukunft."

Die Lage der Unternehmen

Nicht nur die Auswirkungen sowohl des Krieges als auch der anhaltenden Corona-Effekte, vor allem durch China, sind beträchtlich. "Unternehmen sind zunehmend un-/mittelbar von brüchigen Lieferketten, krankheitsbedingtem Personalausfall und vor allem den mit dem Krieg verbundenen Unwägbarkeiten betroffen. Neben den Erst- sind auch Zweit- und Drittrundeneffekte zu befürchten", meint der Bankenverband.
Die Betroffenheit der Unternehmen nimmt zu. Obwohl viele Unternehmen die zwei Pandemiejahre solide überstanden haben, folgen nun nahtlos die unberechenbaren Effekte des Krieges: steigende Energiepreise, Rohstoffengpässe und zumindest temporär verschlossene Produktions- und Absatzmärkte, gekoppelt mit Unsicherheiten eines drohenden Gas- und Ölembargos bzw. -lieferstopps. Der Bankenverband schreibt: "Bereits spürbar ist ein Einbruch der Industrieproduktion sowie ein Rückgang der Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe." Während von den Pandemie-Einschränkungen insbesondere kleine Unternehmen, etwa aus dem Dienstleistungsbereich, betroffen waren, sind von den direkten Kriegsauswirkungen primär große Unternehmen mit entsprechenden Verbindungen nach Osteuropa bzw. aus den produzierenden und damit energieintensiven Branchen betroffen. Indirekte Auswirkungen verspüren aber auch mittelständische Betriebe, deren Arbeits- und Fertigungsprozesse beispielsweise aufgrund des Fehlens von ukrainischen Lkw-Fahrern ins Stocken gerät.

Finanzierungen werden teurer

Die Europäische Zentralbank (EZB) ist unter Handlungsdruck. Auf der nächsten Ratssitzung am 9. Juni 2022 wird sie wohl ein Ende der Nettoanleihekäufe zu Beginn des dritten Quartals dieses Jahres beschließen. Ein erste Zinsschritt wird für die übernächste Ratssitzung am 21. Juli 2022 erwartet. Bis zum Ende des dritten Quartals, so EZB-Präsidentin Christine Lagarde, könnte die Negativzinspolitik dann beendet sein. Das ist zu spät, findet der Bankenverband und fordert ein früheres Handeln.

Die Banken preisen die erwarteten Zinserhöhungen bereits ein und heben ihre Kreditzinsen an. Zudem sind sie zurückhaltend mit der Kreditvergabe, da sie die Risiken für die Unternehmen für unübersichtlich halten und im gegebenen Umfeld vorsichtig agieren.

Herausforderungen für die Unternehmensfinanzierung

Die Politik bereitet Unternehmen und Verbraucher darauf vor, dass nicht jede negative Auswirkung oder Preisanstieg verhindert oder kompensiert werden kann. Für das einzelne Unternehmen kommt es also darauf an, "die Belastbarkeit und Resilienz ihrer Produktion, Lieferketten, Rohstoffversorgung und Absatzmärkte durch Diversifizierung zu stärken", so der Rat des Bankenverbandes. Die Transformation der Wirtschaft wird damit sowohl dringlicher als auch umfangreicher. "In dem Maße, wie diese Transformation gelingt und – neben Resilienz – vor allem für Innovation in den Bereichen Energiewende, Nachhaltigkeit und Digitalisierung sorgt, kann der deutsche Wirtschaftsstandort seine Wettbewerbsfähigkeit steigern und sich auf globalen Märkten weiter behaupten", machen die Banker Mut. Der Finanzierungsbedarf der Wirtschaft werde dabei auf kurze, aber auch auf lange Sicht deutlich zunehmen.

Finanzierung: Der richtige Mix

Wer in diesem anspruchsvollen Marktumfeld ein Projekt oder eine Anschaffung tätigen möchte, sollte bei der Finanzierung über seinen individuellen Mix nachdenken. Dabei kann ein Bankkredit eine gute Basis sein. Auch eine Mezzanin-Finanzierung - vor allem bei größeren Summen - und das Factoring sind gute Wege, um eine Finanzierung breit aufzustellen. Zunehmend beliebt ist auch die Nutzung von Plattformen für die Unternehmensfinanzierung, denn über Crowdfunding können Unternehmer ebenfalls Kapital einsammeln. Letzteres wird auch oft genutzt, um die eigenen Kunden oder Lieferanten mit ins Boot zu holen und ans Unternehmen zu binden. Auch Leasing und lease and sale back sind gängige Finanzierungswege. Zusätzlich gibt es Fördermittel vom Bund, der EU oder der Region. Sie werden als günstiger Kredit, als Zuschuss, der nicht zurückgezahlt werden muss oder als Kapitalbeteiligung gewährt. Gefördert werden Investitionen in Innovation, Digitalisierung und umweltgerechte Sanierung, aber auch für Betriebsmittel, Personal, Gründung, Nachfolge und vieles mehr gewähren die Förderinstitute Unterstützung.