Auslandserfahrung sammeln Ausbildung und Praktikum im Ausland: Sequa unterstützt die Finanzierung

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Die moderne Form der Walz – eine Chance, Erfahrungen zu sammeln, den eigenen Horizont zu erweitern und beruflich viel dazuzulernen. Bei der Finanzierung hilft Sequa, eine weltweit tätige Entwicklungsorganisation. Wie Arbeitgeber und Arbeitnehmer profitieren.

Lara Fabienne Schäfer, Konditorin und Bäckerin in Meisterausbildung.
Lara Fabienne Schäfer, Konditorin und Bäckerin in Meisterausbildung: "Mein Beruf ist meine Passion. Im Ausland gearbeitet zu haben, hat mich stark gemacht." - © Angelika Klein

Im Mai 2019 war Lara Fabienne Schäfer fertig mit ihrer Ausbildung zur Konditorin in der Konditorei/Bäckerei ihrer Eltern. „Ich wollte raus und lernen, wie andere arbeiten, ohne mich dauerhaft an einen neuen Arbeitgeber zu binden“, erzählt sie.

Eigentlich wollte sie nicht nur „raus“, sondern sehr konkret ins nahegelegene Frankreich. Dorthin, wo die berühmten Croissants, Eclairs, Brioches und Macarons im Original entstehen. Für eine junge Konditorin fast ein Muss, wenn sie ein Faible für süßes Gebäck und Pralinen hat.

Ein Besuch der Mobilitätsberaterin der Handwerkskammer Pfalz in ihrer Berufsschule hatte die heute 24-Jährige auf die Idee gebracht. Bis dahin hat sie nicht gewusst, dass viele Kammern bei der Vermittlung von Arbeitgebern im Ausland helfen. Und dass es für die finanzielle Unterstützung Sequa gibt. Diese finanzielle Hilfe war wichtig für Schäfer. Denn ein Auslandsaufenthalt ist teuer und die Praktika sind meist unbezahlt.

Moderne Form der Walz

„Es ist eine moderne Form der Walz, die wir finanzieren. Wer einen Betrieb hat, der ihn für eine bestimmte Zeit aufnimmt, ist grundsätzlich förderfähig“, informiert Sabine Schacknat. Sie ist Projektmanagerin bei Sequa. Sie erklärt: „Wir vergeben Fördergelder nach bestimmten Kriterien, wobei uns das Lernziel des Bewerbers besonders wichtig ist.“

Nur sechs Wochen bis zum Start des Praktikums im Ausland


Bei Lara Fabienne Schäfer, die im rheinland-pfälzischen Altenglan/Mühlbach lebt, ging alles sehr schnell. Innerhalb von sechs Wochen startete sie ihr Auslandspraktikum. „Nach meiner Abschlussprüfung im Mai habe ich bei der Kammer nachgefragt, ob sie eine Konditorei in Frankreich kennen, die für ihr gutes Gebäck bekannt ist“, erzählt sie. Die Mobilitätsberaterin nannte ihr gleich mehrere Betriebe. Schäfer konnte wählen. „Ich habe mir den besten herausgesucht – die Pâtisserie Rebert in Wissembourg“, lächelt sie. Daniel Rebert war sofort bereit, sie für acht Wochen in seinem Betrieb aufzunehmen. Mit dieser Zusage wandte sich Schäfer an Sequa. Die Zusage kam schon innerhalb von vier Wochen: Lebenshaltungskosten, Unterkunft und Fahrtkosten werden bezuschusst. „Es war einfach – ich musste nur die Formulare online ausfüllen. Dabei hat mir die Kammermitarbeiterin geholfen“, erzählt sie. Am 1. Juli stand sie bereits in der Backstube der französischen Patisserie.

„Wir zahlen 70 Prozent der zugesagten Summe sofort aus. Der Geförderte muss dann seine Ausgaben nachweisen, mit Quittungen, Unterkunftsnachweis und Bahnticket. Erst dann fließen die restlichen 30 Prozent“, erklärt Schacknat. Alle Belege zu sammeln und einzureichen erfordert einige Ordnung, die Lara Fabienne Schäfer nicht immer leicht fiel: „Jeder verlorene Beleg bedeutet Geldverlust. Ich musste sehr ordentlich sein, damit das klappt“, sagt sie mit einer Stimme, die deutlich macht, dass so viel Disziplin anstrengend ist.

Über Sequa

Sequa ist eine gemeinnützige GmbH mit Sitz in Bonn. Sie ist weltweit als Entwicklungsorganisation tätig. In enger Kooperation mit der deutschen Wirtschaft führt die Gesellschaft seit 1991 Projekte und Programme der internationalen Zusammenarbeit durch. Ziel ist es, die Lebens- und Arbeitsbedingungen möglichst vieler Menschen zu verbessern.

Das Unternehmen hat über 100 Mitarbeitende (2020) und erwirtschaftete im Jahr 2020 einen Umsatz von 41 Millionen Euro. Die Finanzierung der Programme und Projekte erfolgt durch öffentliche Mittel nationaler und internationaler Geber. Die Gesellschafter sind die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft (BDA, BDI, DIHK, ZDH) und die GIZ. 2021 wurden nur rund 50 Auslandsaufenthalte finanziert – coronabedingt. Seit 2000 hat die Organisation rund 6,3 Millionen Euro Fördermittel vergeben und rund 4.800 Auslandsaufenthalte gefördert.

„Sequa hat nicht alle, aber doch die meisten Kosten abgedeckt. Zusätzlich hat mich noch meine Familie unterstützt“, erzählt Schäfer dankbar. Während ihres Auslandsaufenthalts war die junge Konditorin bei ihren Eltern angestellt, allerdings im unbezahlten ­Urlaub. Der Vorteil: Sie war weiterhin krankenversichert.

Wie hoch die Fördersumme von Sequa ausfällt, ist vom Gastland und der Förderdauer abhängig. „Das sind Pauschalen, von 26 bis 50 Euro pro Tag und einem Reisekostenzuschuss von 180 bis 275 Euro im Schnitt. Wer sich vor seiner Online-Anmeldung bei uns beraten lässt, weiß schnell, mit welchen Summen er rechnen kann“, erzählt Schacknat.

Wie Arbeitgeber und Arbeitnehmer profitieren

Wenn Schäfer auf ihren ersten beruf­lichen Auslandsaufenthalt zurückblickt, resümiert sie: „Ich habe nette Menschen kennengelernt, Kontakte in die Konditorenbranche geknüpft, neue Rezepte und Zutaten ausprobiert und bin daran menschlich gewachsen.“ Sabine Schacknat freut sich über dieses Fazit, entspricht es doch sehr den Zielen von Sequa. „Von fast allen Teilnehmenden bekommen wir dieses positive Feedback: Selbstbewusstsein, Wissen und Weltoffenheit wachsen. Und auch die Betriebe, die ihre Mitarbeiter ins Ausland geschickt haben, loben, dass die jungen Leute nach ihrer Rückkehr verantwortungsbewusster sind als zuvor.“

Im Fall von Lara Fabienne Schäfer hat ihr Arbeitgeber sogar ganz unmittelbar vom Auslandsaufenthalt profitiert: „Nach meiner Rückkehr haben wir eine französische Woche veranstaltet. Sie war ein voller Erfolg und die beste Werbung für unseren Betrieb“, erzählt Schäfer. Sie findet, auch ihr Umgang mit Kunden und Lieferanten sei nun souveräner, was sich positiv auf diese Beziehungen auswirke.

Übrigens: Auch Handwerksunternehmer können sich mit einem Förderwunsch an Sequa wenden. Sabine Schacknat erklärt: „Wenn ein Betrieb einen oder mehrere Auszubildende zu einem Partnerbetrieb ins Ausland schicken möchte, kann er dafür finanzielle Unterstützung bei uns beantragen.“

Neue Fachkräfte gewinnen

Außerdem gibt es bei Sequa das neue Projekt HabiZu – Handwerk bietet Zukunft. „Es wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz finanziert. Wir führen es mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks und der Bundesagentur für Arbeit durch“, erzählt sie. Ziel ist es, pilothaft effiziente Prozesse zu entwickeln, wie Fachkräfte aus Drittstaaten für das deutsche Handwerk gewonnen werden können. Das Partnerland ist Bosnien und Herzegowina. Interessierte Fachkräfte können sich bewerben und werden beim Spracherwerb, der Vermittlung eines Arbeitgebers und der Integration in Deutschland unterstützt. „Die im Pilotprojekt gewonnenen Erfahrungen werden wissenschaftlich ausgewertet und für eine erfolgreiche Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes genutzt“, erklärt Schacknat den Hintergrund.

Mehrfach im Ausland, mehrfach gefördert

Zurück zu Lara Fabienne Schäfer: Im Anschluss an ihren Frankreich-Aufenthalt hat sie 2019 eine Ausbildung zur Bäckerin begonnen und diese 2021 bereits abgeschlossen. Auch für diese Ausbildung war sie im Ausland: drei Wochen Südtirol, mit intensivem Lernen in einer Bäckerei – wieder unterstützt von Kammer und Sequa. „Dort habe ich noch mal viel Selbstbewusstsein getankt und arbeitstechnisch vollkommen Neues gelernt“, ist Schäfer zufrieden. Weitere Auslandspläne hat sie derzeit nicht, denn die Meisterausbildung im Bäckerhandwerk, die sie begonnen hat, kostet viel Zeit. „Grundsätzlich wäre jedoch auch eine dritte Walz finanzierbar – auch während oder bis zu einem Jahr nach der Meisterschule“, informiert Schacknat.

Zukunftsperspektive: Unternehmerin im Handwerk

Schäfer ist nun rundum ausgebildet und möchte irgendwann den Betrieb ihrer Eltern übernehmen. „Unsere Backstube ist komplett neu, das ist toll. Mein Handwerk ist meine Passion, es macht mir einfach riesig Spaß“, sagt sie und fühlt sich gut gerüstet für die Zukunft. Sorgen bereitet ihr, dass es kaum Fachkräfte gibt. Immer mehr kleine Bäckereien schließen und die in den Supermärkten werden immer größer. „Wir brauchen junge Leute, die am Handwerk interessiert sind. Die eine Meisterausbildung haben, auch Gesellen, auf die ich mich verlassen kann, wären wichtig“, sagt sie. Dass Schäfer deren Ausbildung im Ausland unterstützen würde, versteht sich von selbst.

Mit ihrer Erfahrung im Rücken hat Schäfer einen wichtigen Tipp für alle Handwerker, die im Ausland arbeiten möchten: „Redet mit eurem Chef, spielt mit offenen Karten. Sagt, dass ihr bleiben und Ideen und Kreativität einbringen wollt. Dass ihr aber vorher noch ins Ausland möchtet. Macht eurem Arbeitgeber klar, dass der Betrieb von eurer Auslandserfahrung profitiert.“

So finanziert Sequa den Handwerker-Nachwuchs

Wer zeitlich befristet im Ausland lernen und arbeiten möchte, erhält meist keinen Lohn. Damit diese Aufenthalte trotzdem möglich sind, unterstützt Sequa junge Menschen, die ihre Fertigkeiten im Ausland vertiefen möchten – unter den folgenden Voraussetzungen.

  • Das Förderprogramm von Sequa heißt Sindbad und ist Teil des Erasmus+-Programms.
  • Es ist gedacht für Berufsfachschüler, duale Studenten mit eingetragenem Ausbildungsvertrag bei einer Kammer, Umschüler und Personen in einem formal geordneten Weiterbildungsgang nach Landes- oder Bundesrecht (wie etwa Meister oder staatlich geprüfte Techniker).
  • Antragsteller müssen mindestens 18 Jahre alt und offen für fremde Kulturen sein.
  • Antragsteller müssen einen deutschen Wohnsitz und einen Arbeitgeber in Deutschland haben. Die deutsche Staatsbürgerschaft ist nicht Voraussetzung.
  • Gefördert werden Aufenthalte in EU-Ländern, Türkei, Liechtenstein, Island, Serbien, Nordmazedonien, Norwegen und – bis Ende dieses Jahres – Großbritannien.

  • Lernziel, Zeitpunkt, Aufenthaltsdauer und Arbeitgeber im Ausland müssen benannt werden.
  • Keine Förderung, wenn der Auslandsaufenthalt in die Urlaubszeit gelegt wurde.
  • Förderdauer: 2 Wochen bis 12 Monate, mindestens 10 Arbeitstage im Gastbetrieb
  • Unterbringung in Hotel, Jugendherbergen oder Gastfamilien.
  • Im Schnitt vergehen sechs Wochen von der Antragstellung bis zur Förderzusage.
  • Ab Juni 2022 wird die Teilnahme an Berufswettbewerben (ab einem Tag) gefördert.
  • Die Förderhöhe ist abhängig vom Gastland. Der Reisekostenzuschuss liegt zwischen 20 und 1.500 Euro, die Tagessätze variieren zwischen 26 und 50 Euro .