Schulden Liquidität: So können Sie Corona-Hilfen zurückzahlen, ohne in Zahlungsschwierigkeiten zu geraten

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Die Rückzahlung von Corona-Hilfen und KfW-Schnellkrediten stellt aktuell viele Unternehmen vor Schwierigkeiten. Die derzeitige Multi-Krise und die komplexe Finanzierungssituation vertiefen die Probleme noch. Wer seine Unternehmensfinanzierung anpasst, sichert seine Liquidität und kommt besser durch schwierige Zeiten. Reicht das nicht, sollten Unternehmer über Sanierungsoptionen nachdenken. Ein Gastbeitrag von Ronny Baar, Geschäftsführer ABG Consulting-Partner.

Schulden zurückzuzahlen und trotzdem liquide zu bleiben, ist für Unternehmer und Unternehmerinnen aktuell eine große Herausforderung.
Schulden zurückzuzahlen und trotzdem liquide zu bleiben, ist für Unternehmer und Unternehmerinnen aktuell eine große Herausforderung. - © Юрий Маслов - stock.adobe.com

Staatliche Soforthilfen sollten in der Hochphase der Coronapandemie dazu dienen, die Liquidität von Betrieben zu schützen und Firmenpleiten zu verhindern. Dazu musste die drohende Lücke in der Liquidität vom Betrieb zunächst prognostiziert und später nachgewiesen werden. Da die Betriebe in vielen Fällen wider Erwarten doch Einnahmen erzielten, mussten sie diese mit der erhaltenen Förderung verrechnen. Deshalb stehen aktuell für zahlreiche Unternehmen Rückzahlungen an.

Liquidität: Schnellkredite schnell zurückzahlen

Auch die von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) während der Pandemie ausgegebenen Schnellkredite überfordern durch ihre Rückführung die Finanzen vieler kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU).

Wie ein Katalysator wirkt dabei die Mehrfachbelastung durch die aktuelle gesamtwirtschaftliche Lage: die hohe Inflation und entsprechend schwache Nachfrage, das Schrumpfen des Bruttoinlandsproduktes, die Unsicherheit angesichts der weltpolitischen Situation, der erschwerte Kapitaldienst durch die Zinsanhebungen der EZB.

Betriebe in Finanzierungsschwierigkeiten

Laut Umfrage der Creditreform Wirtschaftsforschung ist die Lage im Mittelstand derzeit so schlecht, wie seit dem Höhepunkt der Corona-Pandemie nicht mehr. Fast 27 Prozent der Unternehmen melden demnach Umsatzeinbußen – sechs Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Zudem verzeichnet annähernd jeder dritte Befragte einen Rückgang bei seinen Aufträgen. Auch die Eigenkapitalsituation hat sich durch Corona und Energiekrise bei vielen kleinen und mittleren Unternehmen verschärft. Aktuell haben, laut der Creditreform-Umfrage, rund 28 Prozent der Firmen eine Eigenkapitalquote von unter zehn Prozent. Angesichts der Konjunkturlage und der hohen Finanzierungskosten können sich viele Unternehmen Bankkredite nicht mehr leisten. Nur noch knapp 21 Prozent der Befragten hätten in den letzten Monaten ein Darlehen beantragt; über 56 Prozent würden bei fortgesetzt hohen Zinsen künftig auf einen Kreditantrag verzichten. Doch auch kreditwillige Unternehmen stehen vor Schwierigkeiten. So meldeten fast 56 Prozent eine Verschärfung der Finanzierungsbedingungen: Annähernd 97 Prozent sprachen von höheren Zinsen; rund 47 Prozent nannten strengere Anforderungen der Banken an die Sicherheiten.

Liquidität sichern

Die KfW-ifo-Kredithürde zeichnet ein ähnliches Bild: Demnach berichteten fast 32 Prozent der Mittelständler von restriktiven Banken in den Kreditverhandlungen. Das ist der höchste gemessene Wert seit 2017. Die anhaltenden Finanzierungssorgen der Unternehmen können in der angespannten Wirtschaftslage leicht in Zahlungsschwierigkeiten resultieren, die bis hin zur Insolvenz führen.

Diese Tipps helfen Unternehmern:

  • Betriebe sollten ihre Liquiditätsplanung aktuell in sehr kurzen Zeitabständen überprüfen.
  • Sie sollten längere Zahlungsziele mit den eigenen Lieferanten vereinbaren, um für eine gewisse Entspannung zu sorgen.
  • Gleichzeitig sollte das Forderungsmanagement stringent durchgeführt werden – werden Rechnungen zeitnah nach Leistungserfüllung gestellt und kommen Zahlungseingänge dafür fristgerecht an?
  • Der Blick auf die Kostenseite kann helfen, kurz- und mittelfristig Geld einzusparen.

Frisches Geld für mehr Liquidität

Benötigt der Betrieb auf mittel- bis langfristige Sicht frisches Kapital, kann ein Bankkredit hilfreich sein - wenn die Hausbank ihn gewährt. Für den Fall, dass dieser verweigert wird, gibt es Alternativen. Sie sind meist auf einen ganz bestimmten Bedarf hin ausgerichtet. So etwa das Factoring, das sofortige Liquidität für die Finanzierung von Betriebsmitteln liefert; Finetrading, das Einkäufe vorfinanziert oder objektbasierte Kredite, zum Beispiel zur Überbrückung von Umsatzflauten. Da die Modelle meist jedoch nur in bestimmten Zusammenhängen greifen, sollten sich die Unternehmerinnen und Unternehmer genauer mit ihnen beschäftigen und einen strategischen Finanzierungsmix entwickeln.

Restrukturierung als letztes Mittel vor der Insolvenz

Es gibt auch Fälle, in denen eine reine Nutzung eines neuen Finanzierungsansatzes oder eine ausgabenseitige Verschlankung das Steuer nicht mehr herumreißen kann. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Kapitaldienst für die Rückführung der damaligen Corona-Kredite durch die aktuelle wirtschaftliche Situation zu hoch und somit nicht zu leisten. Zur Abwendung einer drohenden Insolvenz kann eine außergerichtliche Restrukturierung nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz StaRUG aussichtsreich sein. Mit diesem Ansatz können Unternehmen in Eigenregie einen Restrukturierungsplan entwickeln und diesen mit den Gläubigern verhandeln. Der Plan kann etwa eine Stundung oder einen teilweisen Erlass von Forderungen vorsehen. Abgestimmt wird über die Maßnahmen mit den einzelnen Gläubigergruppen nach dem Mehrheitsprinzip. Gerade für eine rein finanzwirtschaftliche Neuaufstellung kann das StaRUG ein geeignetes Werkzeug sein. Allerdings entsteht durch die Restrukturierung und die Entwicklung des entsprechenden Plans ein erheblicher Mehraufwand neben dem Tagesgeschäft. Zudem verlangt das Verfahren umfassendes Sanierungs-Know-how. Häufig macht dies das Heranziehen externer Berater nötig.

Schutzschirmverfahren bei drohender Insolvenz

Muss die Sanierung tiefer gehen, also auch leistungswirtschaftliche Aspekte mit einbeziehen, kann ein Schutzschirmverfahren weiterhelfen. Dieses können Unternehmer bei einer drohenden Insolvenz beim zuständigen Amtsgericht beantragen. Dem Antrag müssen sie dabei unter anderem ein unabhängiges Gutachten eines Dritten zur Sanierungsfähigkeit des Unternehmens beilegen. Das kann beispielsweise ein Wirtschaftsprüfer, ein Steuerberater oder ein Rechtsanwalt mit Insolvenzexpertise sein. Unter dem Schutzschirm bleibt die Unternehmensführung vollständig handlungsfähig. Ihr wird lediglich ein Sachwalter zur Seite gestellt, der sie im Interesse der Gläubiger überwacht. Das Verfahren ist dazu gedacht, dass das Unternehmen eigenständig einen Insolvenzplan entwickelt, der anschließend mit den Gläubigern verhandelt wird. Dazu ist der Betrieb bis zu drei Monate vor den Vollstreckungsmaßnahmen seiner Gläubiger geschützt. Außerdem besteht ein Sonderkündigungsrecht für langfristige Verträge und die Löhne und Gehälter der Angestellten können bei Bedarf über das vorfinanzierte Insolvenzgeld gezahlt werden. Bei Fragen zu insolvenzrechtlichen Themen sollte stets ein Rechtsanwalt mit entsprechender Expertise hinzugezogen werden.