Rückzahlung von Coronahilfen Schlussabrechnung: So prüfen Soloselbstständige den Bescheid und legen Widerspruch ein

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Viele Soloselbstständige haben während der Pandemie Soforthilfen erhalten, die sie jetzt zurückzahlen sollen. Grundlage dafür sind die Schlussabrechnungen. Betroffene sollten die Bescheide kritisch prüfen, weil sie mitunter fehlerhaft sind. Worauf zu achten ist.

Schlussabrechnung Coronahilfen
Die Coronahilfen haben viele Handwerksunternehmer, die als Soloselbstständige tätig sind, durch die Krise gebracht. Nach den Schlussabrechnungen kommen jetzt teilweise Bescheide mit hohen Rückforderungen. - © MQ-Illustrations-stock.adobe.com

Die Coronahilfen haben viele Handwerksunternehmer, die als Soloselbstständige tätig sind, durch die Krise gebracht. Doch als sie ihren Antrag stellen konnten, wussten viele dieser Unternehmer nicht, wie viel Umsatz sie am Ende tatsächlich verlieren und welche Kosten sie zu tragen haben. Die Anträge überprüften die Behörden vielfach auch nicht, sie winkten sie einfach durch, um schnell und möglichst zeitnah zu helfen. Nach den Schlussabrechnungen kommen jetzt teilweise Bescheide mit hohen Rückforderungen. Marc Baschin ist Rechtsanwalt der Wirtschaftskanzlei Goldenstein in Potsdam. Er hat die Erfahrung gemacht, dass zahlreiche dieser Bescheide nicht richtig und „daher juristisch anfechtbar sind“, so der Experte.  

Das Problem: Die zuständigen Behörden prüfen, inwieweit die Angaben im Antrag von jenen in der Schlussabrechnung differieren. „Sobald sich hier Abweichungen ergeben und der Liquiditätsengpass beispielsweise geringer ausfiel als zunächst angegeben, erfolgen Rückforderungen“, so Baschin. Zwar wird hierfür mitunter eine Frist von mehreren Monaten gewährt. Aber dennoch belasten die Zahlungen die Liquidität der Soloselbstständigen. In den Bundesländern Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen sind die Beträge bis Ende Juni dieses Jahres zu überweisen.

Tipp: Die Bundesländer geben in der Regel die Möglichkeit, in Raten zurückzuzahlen. Das ist allerdings zu beantragen, zumeist bei den Staats- und Wirtschaftsministerien oder den Landesbanken. Ansprechpartner ist die Behörde, die den Bescheid erlassen haben.  

Die Abwicklung läuft in jedem Bundesland anders

Unterm Strich geht es immer darum, nicht mehr als notwendig zurückzuzahlen. In jedem Bundesland läuft die Abwicklung aber anders. „Das bedeutet: Die Bescheide kommen zu unterschiedlichen Zeiten bei den Unternehmen und Soloselbständigen an. Zudem sollen Zahlungsempfänger in einigen Bundesländern wie Bayern eine mögliche Rückerstattung ihrer Hilfen selbstständig auf einer eigens dafür eingerichteten Webseite überprüfen“, so Baschin. Das macht die Sache sehr kompliziert. Was es prinzipiell zu beachten gilt:  

Die Frist wahren:  

Ein Widerspruch ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe möglich. In einigen Bundesländern müssen die Soloselbstständigen anstelle des Widerspruchs innerhalb eines Monats direkt Klage einzureichen, falls man mit dem Bescheid nicht einverstanden ist.

Tipp: Im Zweifel braucht man einen Anwalt. Das kostet – insofern ist es eine Frage der Abwägung. Aber viele Kanzleien bieten kostenlose Erstgespräche an. Wichtig: Wenn die Fristen verstrichen sind, geht nichts mehr. Dann wird der Bescheid bestandskräftig. Der Unternehmer und Soloselbstständige muss zahlen.  

Gründe für einen Widerspruch:  

Einige Selbstständige haben zum Beispiel schon beim Antrag angegeben, dass sie das Geld auch für private Zwecke verwenden wollen. „In diesen Fällen ist es unter Umständen möglich, die Hilfen behalten zu können. Die Behörden fordern sie aber oft zurück“, so Baschin. „Noch eindeutiger ist es, wenn Bewilligungsbescheide nicht nur vorläufig erlassen worden sind bzw. falls keine Verpflichtung zur Rückzahlung vorgesehen war. Das war beispielsweise in Nordrhein-Westfalen der Fall. Mehrere Gerichte haben entsprechende Rückforderungsbescheide daher bereits als unwirksam bewertet”, ergänzt der Anwalt.  

Auch wenn am Ende festgestellt wird, dass der Soloselbstständige nebenberuflich tätig war – falls also noch hohe Einnahmen aus anderen Tätigkeiten erzielt wurden – gibt es Rückforderungen. Wer hier nachweisen kann, dass die Soloselbstständigkeit primär ist und mindestens 51 Prozent des Umsatzes ausmachte, kann sich wehren. Einige Antragsteller haben auch vorab schon angekündigt, dass sie den Betrag erst nach Ende des Förderzeitraums ausgeben wollen. In diesem Fall besteht Vertrauensschutz, man muss nicht zurückzahlen.  

Zumeist handelt es sich allerdings um Fälle, bei denen der finanzielle Engpass weniger eng ausgefallen ist als ursprünglich gedacht – so genannte Überkompensation. Dann sind die Rückforderungen in der Regel rechtens. Aber auch hier kann sich der Gegencheck lohnen: Wurden tatsächlich alle Ausgaben angegeben? Wurde nichts vergessen? Das kann passieren. Wer rechtzeitig Widerspruch oder Klage einlegt, kann notfalls nachreichen. Entsprechend müssen Kostenbelege vorliegen, als Nachweis für die Notwendigkeit der Hilfen. Es zählt nur Sach- und Finanzaufwand wie Kosten für Material oder das Firmenfahrzeug.

Wichtig: Die Lebenshaltungskosten sind nicht relevant. Wer sich während der Corona-Zeit nicht mehr selbst versorgen konnte, hatte schließlich die Möglichkeit, Grundsicherung zu beantragen.  

Nach dem Widerspruch: 

Bleibt ein Widerspruch erfolglos, besteht die Möglichkeit der Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht. Das dürfte häufiger der Fall sein. Hintergrund ist, dass die Abrechnung sehr kompliziert ist. Darüber hinaus ist eine ganze Reihe von Rechtsfragen noch nicht geklärt, sodass es bei der Auslegung einiger offener Themen auch auf künftige verwaltungsgerichtliche Entscheidungen ankommen dürfte.

Für viele Soloselbständige sowie kleine und mittelständige Unternehmen wird es im Wesentlichen darum gehen, wann ein Umsatzrückgang coronabedingt ist und wann dieser auf andere Gründe zurückzuführen sein wird. Die zuständigen Behörden fordern aktuell oft einen direkten Bezug zu staatlichen Schließungsanordnungen in der Branche des Antragstellers. Diese enge Auslegung dürften den FAQs, die die Bundesländer zum Zeitpunkt der Antragstellung veröffentlicht haben, widersprechen. Deshalb sollte stets geprüft werden, ob ein Vorgehen gegen den Ablehnungsbescheid erfolgsversprechend sein kann.