Nichteuropäische Arbeitnehmer Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Mit der Ausländerbehörde Mitarbeiter aus Drittländern rekrutieren

Wer Mitarbeiter aus dem nichteuropäischen Ausland beschäftigt, muss nach dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz einige Formalitäten erfüllen, um die Fachkraft in den Betrieb zu holen. Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Breidenbach, Fachanwalt für Sozialrecht und Partner der Kanzlei Flöther & Wissing in Halle an der Saale, sowie Berater des Netzwerks Unternehmen Integrieren Flüchtlinge (NUIF) erklärt, wie kleine und mittlere Betriebe korrekt vorgehen.

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Diverse Teams sind tatsächlich erfolgreicher, belegen Studien. Mit Mitarbeitern aus Drittländern machen viele Chefs bereits gute Erfahrungen. - © Ilka Burckhardt - stock.adobe.com
Herr Dr. Breidenbach, kann die Beschäftigung von Fachkräften aus dem Nicht-EU-Ausland das Fachkräfteproblem in Handwerksbetrieben lösen? Und welche Rolle spielt das Fachkräfteeinwanderungsgesetz?

Dr. Wolfgang Breidenbach: Die Novellierung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FEG) hat in der Tat erhebliche Erleichterungen gebracht für Menschen, die eine Qualifikation mitbringen. Ich rede über Akademiker, also Blue-Card-Anwärter, aber auch über Menschen aus bestimmten Mangelberufen und über ausgebildete Fachkräfte. Die berufliche Qualifikation muss in Deutschland anerkannt werden, damit die Fachkraft in einem deutschen Betrieb arbeiten kann und damit die Integration funktioniert. Dazu hat es innerhalb des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes erhebliche Erleichterungen gegeben, die etwa dazu geführt haben, dass die Zahlen der Aufenthaltstitel seit dem Inkrafttreten der Regelungen des FEG enorm angestiegen sind.

Könnten Sie zu den Novellierungen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes bitte einen kleinen Überblick geben?

Die Regelungen nach dem FEG 2.0, wie ich die Novellierung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes gerne nenne, sind zu unterschiedlichen Zeitpunkten wirksam geworden. Die wichtigsten Neuregelungen kann ich gern kurz zusammenfassen:

  • Die erste Stufe des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes trat im November 2023 in Kraft - mit Erweiterungen der Blauen Karte EU.  So wurden etwa die Gehaltsgrenzen in Regel- und Mangelberufen – meist betrifft dies aber Akademiker - deutlich abgesenkt und der berechtigte Personenkreis erweitert. Zudem wurden der Zugang zu den – nationalen – Titeln für akademische und berufliche Fachkräfte erheblich vereinfacht.
  • Weitere Vereinfachungen im Fachkräfteeinwanderungsgesetz kamen am 1. März 2024 dazu. Mit dem Abschluss einer Anerkennungspartnerschaft wird seither ermöglicht, dass Fachkräfte aus Drittstaaten erst nach der Einreise die Anerkennung ihrer ausländischen Qualifikation einleiten müssen und nebenher bereits eine qualifizierte Beschäftigung in einem Betrieb ausüben dürfen. Vorteil als Betriebschef: Sie können die Fachkräfte mit ausländischer Berufsqualifikationen für zunächst ein Jahr einstellen, ohne den Nachweis über eine Berufsanerkennung erbringen zu müssen. Die Vergütung muss auf ortsüblichem Niveau erfolgen bzw. bei Tarifbindung den tariflichen Bestimmungen entsprechen. Und noch etwas ist hier wichtig: Die angehende Fachkraft und der Arbeitgeber müssen die Anerkennung der vorhandenen Qualifikation aktiv vorantreiben. Für diese Form der Einreise sind deutsche Sprachkenntnisse auf Niveau A2 erforderlich.
  • Zudem gibt es im Fachkräfteeinwanderungsgesetz nun Sonderregelungen für Berufspraktiker, die einreisen möchten: Die Anforderung ist, dass sie einen Berufs- oder Hochschulabschluss, der vom jeweiligen Ausbildungsstaat anerkannt ist, vorweisen können. Die zuvor absolvierte Ausbildung muss mindestens zwei Jahre gedauert haben. Alternativ zu einem staatlich anerkannten Abschluss ist unter bestimmten Voraussetzungen ein Abschluss einer deutschen Auslandshandelskammer ausreichend. Zudem sind mindestens zwei Jahre Erfahrung im Beruf vorausgesetzt. Die formale Anerkennung des Abschlusses in Deutschland ist dann nach dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz nicht erforderlich. Das Arbeitsplatzangebot in Deutschland muss ein Bruttojahresgehalt von mindestens 43.470 Euro (Jahr 2025) zusichern, bei Tarifbindung des Arbeitgebers genügt eine Entlohnung entsprechend des Tarifvertrags.
  • Auch zum Zweck der Ausbildungsplatzsuche können Drittstaatsangehörige laut Fachkräfteeinwanderungsgesetz weiter einreisen. Die Altersgrenze für Bewerberinnen und Bewerber wurde von 25 auf 35 Jahre angehoben, die Anforderungen an deutsche Sprachkenntnisse auf Niveau B1 abgesenkt. Die Höchstaufenthaltsdauer beträgt nun neun Monate (vorher: sechs Monate). Darüber hinaus können Personen mit einem Aufenthaltstitel für die Ausbildungsplatzsuche eine Nebenbeschäftigung im Umfang von 20 Stunden in der Woche sowie Probebeschäftigungen von bis zu zwei Wochen ausüben. Auch junge Menschen, die in der Berufsausbildung sind, dürfen Nebenbeschäftigungen von bis zu 20 Stunden pro Woche annehmen, selbst bei einem anderen Betrieb, was so vorher nicht möglich war.
  • Zum 1. Juni 2024 wurde zudem mit Novellierung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes die Chancenkarte eingeführt. Sie erleichtert Fachkräften aber auch Nicht-Fachkräften aus dem Nicht-EU-Ausland, die bestimmte Kriterien erfüllen, die Einwanderung zur Jobsuche, wenn der Lebensunterhalt selbst bestritten werden kann . Auch hier sind auch Probe- und Nebenbeschäftigungen bis zu 20 Stunden in der Woche möglich.
  • Zeitgleich mit den Regelungen zur Chancenkarte wurde die Westbalkanregelung entfristet. Seit Juni 2024 beträgt das Kontingent jährlich 50.000 Menschen, die aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, dem Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit für den Arbeitsmarktzugang nach Deutschland einreisen dürfen. 
Reichen denn diese Regeln im Fachkräfteeinwanderungsgesetz aus, um den Fachkräftemangel einzudämmen?

Ich höre von Handwerksbetrieben, dass wir alleine mit diesen erleichterten Bedingungen, um Fachkräfte aus Drittstaaten gewinnen zu können, dem Fachkräfte-Problem nicht Herr werden. Als Gesellschaft sollten wir dafür Sorge tragen, dass junge Menschen, die sich noch in schulischer Ausbildung befinden, gefördert werden, um in ein Ausbildungsverhältnis zu kommen. Es ist zudem ein Problem, dass viele qualifizierte junge Menschen eher zum Studium neigen als zu einer beruflichen Ausbildung. Da muss noch einiges an Überzeugungsarbeit geleistet werden. Letztlich geht es bei den Fachkräftemangel auch darum, ältere Arbeitnehmer, die man früher jenseits der 55 langsam in den Ruhestand verabschiedet hat, über das Renteneintrittsalter hinaus im Betrieb zu halten.

Worin sehen Sie die größte Herausforderung für Arbeitgeber aus dem Handwerk, wenn sie Nicht-EU-Mitarbeiter in den Betrieb holen möchten? Bemerken Sie, dass das Fachkräfteeinwanderungsgesetz insgesamt Erleichterungen gebracht hat?

Die wirklich größte Erleichterung war die Einführung des beschleunigten Fachkräfteverfahrens bereits zum 1. März 2020. Dies hat dazu geführt, dass die Verfahren zur Rekrutierung von jungen Menschen – wenn es um Ausbildungsplätze ging, aber auch von Fachkräften - erheblich beschleunigt worden sind. Ziel dieses Verfahrens ist, dass nur vier bis sechs Monate von der Kontaktaufnahme zur Ausländerbehörde vor Ort bis zur Erteilung des entsprechenden Visums vergehen sollten. Und das ist eine erhebliche Beschleunigung gegenüber dem Zustand davor. Die rechtlichen Hürden sind allerdings nach wie vor da und die größte Hürde sehe ich bei der Anerkennung von ausländischen, beruflichen und auch teilweise akademischen Fachqualifikationen.

Ich habe zum Beispiel gerade einen Fall auf dem Tisch, da geht es um die Anerkennung einer Physiotherapieausbildung in Nordmazedonien. Und der junge Mann hatte sogar im Anschluss daran noch ein Studium absolviert. Das Studium wurde anerkannt, aber die Gleichwertigkeit mit dem Beruf eines Physiotherapeuten in Deutschland noch nicht. Und da streiten wir jetzt schon seit Monaten, ob diese Anerkennung erfolgen kann oder nicht.

Wann genau kommen Sie bei der Gewinnung von Fachkräften aus Drittländern nach dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz als Rechtsanwalt ins Spiel?

In vielen Fällen brauchen Betriebe keinen Rechtsanwalt. Es wird ja im beschleunigten Fachkräfteverfahren eine Vereinbarung geschlossen zwischen der Ausländerbehörde und dem Arbeitgeber, der eine Vollmacht des Menschen vorlegt, der nach Deutschland kommen möchte, um hier zu arbeiten. Und wenn es damit keine Probleme gibt, nimmt das Verfahren auch ohne Rechtsanwalt Fahrt auf. Ich werde erst dann herangezogen, wenn es Probleme gibt.

Zum Beispiel hatte ich jüngst diesen Fall auf dem Tisch: Es ging um eine Berufsausbildung in einem IHK-Betrieb. Das große Problem ist in der Regel die Lebensunterhaltssicherung. Das Gesetz orientiert sich an den BAföG-Sätzen, das heißt, wir brauchen ungefähr einen Monatsbetrag zwischen 800 und 900 Euro für den jungen Menschen. Nun reicht die Ausbildungsvergütung aber nicht aus und es war unklar, ob Berufsausbildungsbeihilfe gezahlt werden kann. In der Praxis ergibt sich hier eine Lücke, die noch aufzufüllen ist. Und das fällt oft - so meine Erfahrung – erst bei der Botschaft auf, die offenbar etwas genauer hinsieht als die Ausländerbehörde vor Ort. In so einem Fall empfehle ich dem Ausbildungsbetrieb, eine sogenannte Verpflichtungserklärung abzugeben für den Fall, dass Ausbildungsvergütung plus Berufsausbildungsbeihilfe nicht ausreichen sollten. Er kann dann in die Bresche springen und den Differenzbetrag übernehmen, damit das Verfahren an dieser Stell nicht unnötig verzögert wird.

Die Botschaften verhindern quasi die Einreise aufgrund der zu geringen Vergütung?

Ja, in der Tat ist die Vergütung oder vielmehr die mangelnde Aussicht auf eine adäquate Vergütung ein Problem. Die Ausländerbehörde gibt ja in diesem Prozess eine sogenannte Vorabzustimmung, nachdem sie alles geprüft hat. Ich erlebe dann – und das ist vom Gesetzgeber nicht gewollt – dass die Auslandsvertretungen, also die deutschen Botschaften feststellen, dass beispielsweise noch 100 Euro im Monat fehlen. Hier kommt der Sachverhalt dann auf meinen Schreibtisch.

Betrifft dies nur die Ausbildungen oder kommen auch Fachkräfte damit zu Ihnen?

Es betrifft nach meinem Kenntnisstand in aller Regel nur die Ausbildung. Für die Fachkräfte wird ja ein Arbeitsvertrag vorgelegt. Für die Blue Card sind bestimmte Gehaltsgrenzen zu erreichen. Das wird abgeprüft, auch von der Agentur für Arbeit, die zustimmen muss. In den Fällen, die ich Ihnen geschildert habe, ging es um Auszubildende.

Auch das Thema Sprachkenntnisse soll immer wieder für Wirbel sorgen?

Das ist in der Tat so. Ein Unternehmen, das ich vertreten habe, hatte Auszubildende aus Indien eingestellt. Und von den fünf Azubis sind dann letztlich nur drei geblieben. Der Grund: Selbst die im Verfahren bei der Botschaft nachgewiesenen A1-Deutschkenntnisse haben nicht ausgereicht, um in der Berufsschule zurechtzukommen. Das Unternehmen hat dann vorbildlich Deutschsprachkurse im Unternehmen organisiert. Aber zwei sind dennoch abgesprungen. Es handelte sich dabei aber weniger um eine rechtliche Hürde.

Wie steht es um die Anerkennung der beruflichen Qualifikation im Handwerk nach dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz?

Hier sind die Handwerkskammern zuständig. Sie prüfen für die Ausländerbehörde, ob die Qualifikation, die derjenige mitbringt, ausreicht, um eine Gleichwertigkeit festzustellen. Ist die Gleichwertigkeit nicht gegeben, heißt das aber nicht, dass der Antrag komplett abgelehnt werden muss. Die Kammern können einen sogenannten Defizitbescheid ausstellen und dann switcht man das Verfahren um auf eine Nachqualifizierung. Das klappt nach meiner Erfahrung sehr gut.

Wie genau kann man sich Ihre Arbeit beim Netzwerk Unternehmen Integrieren Flüchtlinge (NUIF) vorstellen, für das Sie aktiv sind? Welche Probleme mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz werden an Sie herangetragen?

Das NUIF ist beim DIHK in Berlin angesiedelt und gibt Unterstützung bei der Integration. Die Menschen, die dort arbeiten, organisieren für Unternehmer Fortbildungsveranstaltungen, Webinare und sogenannte Jour-Fixes, bei denen die Unternehmen, das sind in aller Regel IHK-Betriebe aber auch Handwerksbetriebe, Fragen an das Netzwerk herantragen können. Das NUIF arbeitet bundesweit und in den meisten Kammern gibt es sogenannte Integrations- oder Willkommenslotsen, die einen engen Draht zu diesem Netzwerk unterhalten und komplexe Fälle zur Klärung an das Netzwerk weiterreichen. In kniffeligeren Fällen wenden sich die NUIF-Mitarbeiter an mich – seit einigen Jahren stehe ich dem Netzwerk Rede und Antwort. Alle zwei bis drei Wochen erhalte ich dann einen Katalog mit Fragen und Fällen.

Im Jour-Fix trage ich die Fälle noch einmal vor und versuche, Vorschläge zur rechtlich korrekten Umsetzung zu geben. In den Ländern gibt es vergleichbare Landesinitiativen, etwa in Sachsen-Anhalt die Initiative „Fachkraft im Fokus“, die Unterstützung durch das Arbeitsministerium in Magdeburg erhält. Diese Initiativen richten ihr Augenmerk auch auf die Praxis von Ausländerbehörden. Etwa, wo fehlt es an konkreten Ansprechpartnern, wo gibt es lange Verfahrensdauern.

Immer wieder hört und liest man, dass die Ausländerbehörden recht willkürlich entscheiden, ob sie Fachkräfte einreisen lassen oder nicht. Haben Sie dazu Erfahrungswerte und macht das Fachkräfteeinwanderungsgesetz hier nicht spezifische Vorgaben?

Nach meinen Erfahrungen arbeiten die Ausländerbehörden im Bereich der Fachkräftezuwanderung sehr ordentlich. Es gibt natürlich Unterschiede zwischen den einzelnen Behörden, die aber in aller Regel nur die Verfahrensdauer betreffen. Womöglich bezieht sich die Kritik darauf: Was man dazu vielleicht wissen sollte: Es gibt Bundesländer, die eine sogenannte zentrale Ausländerbehörde eingeführt haben. In Sachsen-Anhalt ist die Behörde vor Ort zuständig, was von Vorteil ist. In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel gibt es eine zentrale Ausländerbehörde, was zu Zeit- und Reibungsverlusten führt. Mit anderen Worten: Es dauert einfach länger. Wenn man das Glück hat, dass die Behörde vor Ort zuständig ist, fährt man dorthin, macht einen Termin, schließt die Vereinbarung. Man kennt die Sachbearbeiter und dann geht das eigentlich seinen geordneten Gang.

Welche Fragen sind aus Ihrer Sicht vom Gesetzgeber noch nicht abschließend gelöst? Wo benötigen vor allem kleine und mittlere Handwerksbetriebe weitere Entlastungen, die möglichst das Fachkräfteeinwanderungsgesetz festschreibt?

Die berufliche Anerkennung ist in manchen Bereichen noch recht komplex, denken Sie an das Beispiel, das ich Ihnen geschildert habe, mit dem Physiotherapeuten. Im Bereich der nicht reglementierten Berufe – für das Handwerk übernehmen das die Handwerkskammern laufen die Verfahren deutlich schneller. Bei der Handwerkskammer vor Ort bekommen Unternehmer viele Hilfestellungen. Die Zuständigen dort kennen inzwischen auch die Länder, aus denen die meisten Menschen kommen und die Gegebenheiten vor Ort. Da bekomme ich keine negativen Rückmeldungen, eher im Gegenteil. Meine Mandanten loben die schnellen Prozesse in den Handwerkskammern.

Wir müssen davon ausgehen, dass sich viele kleine Betriebe trotz Fachkräftemangels scheuen, sich für eine Fachkraft aus dem Nicht-EU-Ausland zu entscheiden. Wie machen Sie Zauderern Mut?

Die Handwerkskammern vor Ort wie auch die Industrie- und Handelskammern organisieren regelmäßig Infoveranstaltungen. Sie zeigen interessierten Betrieben, welche Ansprechpartner es bei den jeweiligen Kammern oder den verschiedenen Initiativen gibt. Auch Rechtsanwälte und Mitarbeiter von Ausländerbehörden sind häufig als Referenten bzw. Ansprechpartner vor Ort und nehmen den Handwerksbetrieben, auch den kleinen Handwerksbetrieben, die Scheu davor, direkt Kontakt mit Kammern und Behörden aufzunehmen.

Beschreiben Sie bitte das optimale Procedere für einen Handwerkschef mit kleinem Betrieb, wie er sich am Fachkräfteeinwanderungsgesetz orientieren kann und chronologisch korrekt vorgeht?

Wenn der Handwerkschef Kontakt zu einem Menschen in einem Drittstaat aufgenommen und sich für den neuen Mitarbeiter aus einem Drittstaat entschieden hat, dann wäre der erste Weg entweder zu einem Berater bei der zuständigen Kammer oder aber auch direkt zur Ausländerbehörde vor Ort. Und wenn die Mitarbeiter dort Fragen nicht klären können oder der Chef erreicht nicht direkt jemanden bei der Ausländerbehörde, dann würde es Sinn machen, eine Beratung beim Anwalt oder bei der Anwältin in Anspruch zu nehmen. Man muss tatsächlich prüfen, ob man in das beschleunigte Fachkräfteverfahren gehen möchte, was in aller Regel Sinn macht. Aber daneben gibt es auch noch weitere Verfahren. Zum Beispiel ein Verfahren mit Vorabzustimmung der Bundesagentur für Arbeit, das die Beschäftigungsverordnung regelt. Das kann in bestimmten Konstellationen auch Sinn machen. Denn es kostet nicht die 411 Euro, wie das beschleunigte Fachkräfteverfahren.

Ansonsten macht es meines Erachtens Sinn, dass man relativ schnell versucht, das beschleunigte Fachkräfteverfahren nach Paragraf 81a Aufenthaltsgesetz in Gang zu setzen. Was das Verfahren tatsächlich beschleunigt, allerdings wie bereits erwähnt 411 Euro kostet. Das muss man wissen. Aber wenn man sich überlegt, dass die Ausländerbehörden einen an die Hand nimmt Handwerksbetrieb und Behörde schließen eine Vereinbarung, die alle Rechte und Pflichten in beiden Richtungen regelt dann ist das meines Erachtens gut angelegtes Geld.

Vielen Dank!

Der Interviewpartner

Dr. Wolfgang Breidenbach ist Fachanwalt für Sozialrecht und Partner der Kanzlei Flöther & Wissing in Halle an der Saale, sowie Berater des Netzwerks Unternehmen Integrieren Flüchtlinge (NUIF). Er hat einen Lehrauftrag an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Bereich Migrationsrecht (seit 2010), ist seit 2012 Referent in Fortbildungsseminaren für Bedienstete in Ausländer- und Sozialbehörden und Vorstandsmitglied des Instituts für Kammerrecht e.V. Zudem ist er Mitglied des Landesjustizprüfungsamtes beim Ministerium der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt, Mitglied im Gesetzgebungsausschuss für Migrationsrecht des Deutschen Anwaltvereins und Mitglied der Rechtsberaterkonferenz der mit den Wohlfahrtsverbänden und dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) zusammenarbeitenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten (RBK).

Zugehörige Themenseiten:
Anerkennungsgesetz, Arbeitsrecht, Fachkräftemangel, Flüchtlinge, Rechts- und Steuerberatung und Rechtstrends