Geschickte Staffelübergabe Nachfolge: So gelingt die steuerfreie Übergabe auch in Krisenzeiten

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Handwerksunternehmerinnen und Handwerksunternehmer übergeben den Betrieb in der Regel ­steuerfrei an die Kinder. In einer Krise kann es jedoch schwieriger sein, die Kriterien dafür einzuhalten. Worauf ­Firmenchefs achten sollten, wenn sie die Nachfolge vorbereiten.

Clara-Maria Nocker, Geschäftsführerin der Bauunternehmung Nocker GmbH in Köln
Clara-Maria Nocker, Geschäftsführerin der Bauunternehmung Nocker GmbH in Köln. - © Markus J. Feger

Clara-Maria Nocker übernimmt in der fünften Generation die Bauunternehmung Nocker GmbH in Köln, die ihr Ur-Ur-Großvater 1906 gegründet hat. Sie ist stolz auf das Vertrauen, das ihr Vater, Belegschaft und Kunden entgegenbringen. Einige der insgesamt 22 Mitarbeiter des Betriebs kennen die Bauingenieurin seit ihrer Kindheit. „Sie haben sich richtig gefreut, dass ich in die Firma eingestiegen bin. So können sie sicher sein, dass das Unternehmen auch nach dem Ausscheiden meines Vaters weitergeführt wird“, sagt sie.

Offene Fragen mit der Steuerkanzlei vorab klären

Akzeptanzprobleme hat sie keine. Im Gegenteil: „Es ist eine sehr gute Zusammenarbeit. Unsere erfahrenen Mitarbeiter aus der Praxis wissen zum Teil besser als ich, wie sich die Planung umsetzen lässt, und stehen mir mit Rat und Tat zur Seite“, sagt die 33-Jährige. Auch die Kunden reagieren positiv auf die neue Chefin. „Manche fragen mich zwar, ob ich hier die Architektin sei“, so Nocker. Aber das nimmt sie gelassen.

Seit drei Jahren arbeitet Clara-Maria Nocker in der Firma ihres Vaters als Bauleiterin, seit einem Jahr als bauleitende Geschäftsführerin, jetzt übertrug Martin Nocker (62) ihr die ersten Anteile. Mit der Steuerkanzlei haben Vater und Tochter vorab die steuerlichen Fragen geklärt. „Das gemeinsame Vorgehen mit unserem Steuerberater war gut, da die Regeln doch sehr komplex sind. Wir wollten auf jeden Fall sichergehen, dass keine Fehler passieren“, betont Nocker.

Vorbereitung ist das A und O

Damit eine Staffelübergabe auf die Kinder reibungslos und vor allem steuerfrei laufen kann, bedarf es einiger Vorbereitung. So bleibt Betriebsvermögen nur unter bestimmten Bedingungen vom Zugriff des Fiskus verschont. Zum Beispiel darf der Nachfolger in den nächsten fünf bis sieben Jahren quasi keine Arbeitsplätze abbauen – oder präziser gesagt: Er muss die Lohnsummen zum Zeitpunkt der Nachfolge halten. „Wenn in Handwerksbranchen jetzt infolge der Pandemie oder der Entwicklungen in der Ukraine sowie der schleppenden Konjunktur Umsatzverluste drohen, können steuerliche Vorgaben den betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten gegenüberstehen“, bestätigt Jörg Simm, Geschäfts­­f­ührer der auf Nachfolge in Klein- und Mittelbetrieben spezialisierten Unternehmensberatung Simmcon GmbH in Herrsching am Ammersee sowie Gründer der Nachfolgeakademie in Berlin. „Im Prinzip kann das jeden Junior betreffen, der in den vergangenen fünf Jahren übernommen hat“, konstatiert er.

Nur für den Zeitraum zwischen März 2020 und Ende Juni 2022 existiert eine Sonderregel. Wer innerhalb dieser Spanne entlassen musste, hat erst einmal nichts zu befürchten. Voraussetzung ist allerdings hier, dass der Betrieb wegen der Pandemie Kurzarbeitergeld gezahlt hat. Außerdem muss der Handwerkschef unmittelbar von Schließungen betroffen gewesen sein. Dazu gibt es einen Ländererlass vom 31. Dezember 2021. Der besagt, dass keine anderen Gründe für die Unterschreitung der Mindestlohnsumme vorliegen durften – wie etwa betriebsbedingte Kündigungen oder Kurz­arbeitergeld aufgrund anderer Ursachen. Der Erlass entschärft die Situation für einige Betriebe – allerdings nur in Bezug auf die Folgen der Pandemie.

So bleibt die Übergabe steuerfrei

Unter der Ampelregierung wird es wohl erst einmal keine Erbschaftsteuer-­Reform geben. Handwerksunternehmer und ihre übernehmenden Kinder orientieren sich daher steuerlich an den geltenden ­Regeln. Mindestens 85 Prozent des übertragenen Wertes bleiben in der Regel vom Zugriff des Fiskus verschont, wobei noch ein ­Abzugsbetrag von 150.000 Euro hinzukommt. Dies gilt aber nur, wenn bestimmte Vorgaben erfüllt sind, und ­bezieht sich auf die sogenannte Regel­verschonung.

Es gibt aber auch noch die Optionsverschonung. Hier kann das Betriebsvermögen übergeben werden – ohne dass sich das Finanzamt für dessen Wert interessiert. Voraussetzung für die Optionsverschonung ist, dass das Unternehmen innerhalb von sieben Jahren nicht veräußert und die verschärfte Lohnsummenregel eingehalten wird. Bei sechs bis zu zehn Mitarbeitern müssen mindestens 500 Prozent der Lohnsumme erhalten bleiben, ab 16 Mitarbeitern sind es dann 700 Prozent „Selbst wenn diese Quoten nicht eingehalten werden, kippt steuerlich nicht gleich die gesamte Nachfolgelösung“, erklärt Steuerberater Michael Krumwiede von Theopark Rechtsanwälte und Steuerberater in Nürnberg. Vielmehr ist nur ein Teil der Schenkung rückwirkend steuerpflichtig und zwar mit Blick darauf, um wie viel Prozent die Lohnsummenquoten verfehlt wurden. Steuervergünstigungen fallen zudem rückwirkend weg, wenn gegen die Behaltensfristen verstoßen wird. Anders sieht es beim Verwaltungsvermögen aus. Dessen Anteil darf bei der Optionsverschonung maximal 20 Prozent betragen. „Wer sie reißt, muss mit Steuerzahlungen rechnen“, sagt Krumwiede. Daher sei hier Vorsicht geboten – und ein Profi hinzuzuziehen.

Familienbande im Blick: Was Chefs beachten sollten

Eine gelungene Staffelübergabe ist eine höchst komplexe Sache. Sie betrifft Betrieb und Familie gleichermaßen. Unternehmer machen sich vorab über diese Punkte Gedanken, die dann im Detail und mit Vorlauf mit einem Steuerberater durchzusprechen sind:

  1. Wer bekommt den Betrieb? Oft übernimmt ein Kind die Firma. Die Geschwister wollen nicht leer ausgehen. Daher sind Regelungen zu treffen, wie diese entschädigt werden. Das kann zum Beispiel in Form einer Abfindung, einer Nießbrauchsregelung oder einer zeitlich befristeten Rentenleistung passieren. „Wir raten eher davon ab, an Minderjährige zu übertragen“, sagt Mathias Becker, Rechtsanwalt der Kanzlei Theopark in Nürnberg. Das löst oft eine Vielzahl rechtlicher Folgen aus – zum Beispiel kann es sein, dass ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist. Er prüft, ob die Vermögensübertragung für den Nachwuchs nicht mit rechtlichen Nachteilen verbunden ist.

  2. Was ist mit der Altersvorsorge? Wer Vermögen überträgt, hat keinen Zugriff mehr. Deshalb sollte der Firmenchef vorab klären, ob er sich die Schenkung leisten kann. Sonst können Regelungen getroffen werden, um ihn abzusichern – etwa in Form von Nießbrauchs- oder Rentenleistungen. „Das ist schwierig, weil diese ja erwirtschaftet werden müssen“, warnt Steuerberater Michael Krumwiede von Theopark.

  3. Was passiert in puncto Immobilien? Die private Sphäre sollte von der Betriebsübergabe nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Deshalb bespricht man sich frühzeitig mit dem Steuerberater, wenn Betriebsimmobilien privat gehalten und an die Firma vermietet sind.

  4. Was sollte vertraglich mit geregelt sein? Der Nachfolger kann verpflichtet werden, bei einer Heirat einen Ehevertrag abzuschließen. „Im Fall einer Scheidung kann die Firma so außen vor bleiben. Das ist wichtig, um zu vermeiden, dass der Betrieb zum finanziellen Ausgleich des Partners verkauft werden muss“, sagt Becker. Der Senior kann sich überdies vertraglich die Möglichkeit offen halten, bei einer Privatinsolvenz die Schenkung zu widerrufen.