Energiewende Kleine Photovoltaik-Anlagen: Umsatzsteuer für Kauf und Stromeinspeisung entfällt

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Die Solarpflicht und die hohen Stromkosten nehmen Chefinnen und Chefs zum Anlass, in Photovoltaikanlagen zu investieren. Die Bundesregierung hat die fiskalischen Regeln teilweise rückwirkend verbessert. Was Handwerksunternehmer wissen müssen, die gewerblich oder privat Anlagen betreiben.

Alfred Veith, Geschäftsführer der Firma Veith Gebäudetechnik im baden-württembergischen Bühl.
Alfred Veith, Geschäftsführer der Firma Veith Gebäudetechnik im baden-württembergischen Bühl. - © Annette Cardinale

Alfred Veith, Geschäftsführer der Firma Veith Gebäudetechnik im badischen Bühl, hat bereits seit mehr als zehn Jahren mehrere Photovoltaikanlagen (PV) auf seinen Dächern. „Zuletzt investierten wir 2017“, erklärt Veith. Die Anlagen sind auf seinem Betriebsgebäude wie auch auf seinem Privathaus angebracht. „Rund die Hälfte unseres Energiebedarfs erzeugen wir damit selbst“, so Veith.

Der Handwerksunternehmer installiert die Anlagen auch im Auftrag seiner Kunden. „Wir bekommen momentan so viele Anfragen, dass wir sie nicht mehr alle bedienen können“, sagt Veith. Seine 70 Mitarbeiter sind voll ausgelastet, die Firma arbeitet seit Monaten an ihrer Kapazitätsgrenze. Deshalb nimmt er nur noch Anfragen und Aufträge im näheren Umkreis an. „Wir haben für längere Anfahrtswege zum einen keine Zeit mehr, und wir grenzen damit unsere Nachfrage ein“, so Veith. Die Lieferzeit beträgt für die Kunden rund fünf bis acht Monate – im Vergleich zu den Wettbewerbern, die mitunter mehr als ein Jahr Vorlaufzeit brauchen, ist das nicht lange. Veith kann so schnell sein, weil er im vergangenen Jahr seine Lagerflächen deutlich erweitert hat. „Wir haben jetzt einen rund siebenmal höheren Materialbestand als in den Vorjahren“, so der Handwerksunternehmer. Einen Nachteil gibt es jedoch: Die aktuell durchaus sinnvolle Bevorratung binde Kapital und Liquidität. In den Monaten Oktober bis Dezember vergangenen Jahres kam es für den Firmenchef zu einer schwierigen Situation. „Wir haben im letzten Quartal bewusst auf Wunsch der Auftraggeber Anlagen nicht mehr in Betrieb genommen. Das Problem war, dass die Kunden wegen der geplanten steuerlichen Neuregelungen die Mehrwertsteuer sparen wollten“, so Veith. Die Gesetzgebung aber war noch nicht ausformuliert.

Keine Mehrwertsteuer berechnet

Letztendlich klärten sich alle offenen Fragen erst Ende Februar dieses Jahres. „Wir haben dann keine Mehrwertsteuer bei neuen PV-Anlagen berechnet und uns von den Kunden unterschreiben lassen, dass sie – je nachdem, wie die Regelungen am Ende aussehen – zu Nachzahlungen bereit sind“, so Veith. Diese Änderungen gelten nur für den handwerklichen Part. Seine eigenen Anlagen betreffen die Neuerungen nicht. „Wir führen weiterhin wie gehabt die Umsatzsteuer ab“, so Veith. Unterm Strich seien die Neuregelungen aber positiv zu bewerten.

„Insbesondere für private Immobilieneigentümer ist es eine deutliche Vereinfachung“, sagt Roland Stoerring, Steuerberater der Kanzlei Wessler & Söhngen im westfälischen Schwelm. Zur Erläuterung: Den meisten Unternehmern bringen die Änderungen nicht viel, denn sie beziehen sich auf kleinere Anlagen. Doch es hat lange dauert, bis alle Details rund um die Neuregelungen geklärt waren. „Im Januar und Februar haben wir einige Anfragen bekommen, die wir nicht ausnahmslos und rechtssicher beantworten konnten, da das finale Schreiben des Bundesfinanzministeriums noch nicht vorlag“, sagt Steffen Ellinger, Berater Unternehmensführung des Fachverbandes Elektro- und Informationstechnik Baden-Württemberg in Stuttgart. Das betraf insbesondere die Berechnung der Umsatzsteuer auf Neuinstallationen. „Mittlerweile kommen weniger An­fragen“, so Ellinger.

Nullsteuer ein Novum

Zum Hintergrund: Seit Januar dieses Jahres gilt für die Lieferung und Installation kleinerer PV-Anlagen ein Nullsteuersatz. Dieser wurde mit dem Jahressteuergesetz 2022 eingeführt und steht im Umsatzsteuergesetz. „Das ist eine Neuheit. Einen Nullsteuersatz gab es bisher noch nicht“, so Stoerring. Der Anwendungsbereich umfasst Solarmodule, einschließlich der für den Betrieb einer PV-Anlage wesentlichen Komponenten und Speicher. Das Problem: Was genau unter den Begriff „wesentliche Komponenten“ fällt, war bis Ende Februar nicht klar definiert. Das führte in der Branche zu großer Unsicherheit, wie der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) kritisierte. Der Verband intervenierte – mit Erfolg. Das Bundesfinanzministerium klärte mit einem Schreiben (Az: III C 2 – S 7220/22/10002:010) auf, dass auch rein PV-spezifische Komponenten unter die Nullsteuer fallen. Gemeint sind zum Beispiel Wechselrichter, Dachhalterung, Energiemanagement-System, Solarkabel, Einspeisesteckdose oder Backup-Box und für die Notstromversorgung dienende Einrichtungen.

Auch bleiben eine Zählerschrank-­Erweiterung oder andere Komponenten und Arbeiten umsatzsteuerfrei, soweit sie in direktem Zusammenhang mit der Installation einer PV-Anlage stehen. „Wir freuen uns, dass im Dialog mit dem Finanzministerium eine Lösung gefunden werden konnte, mit der sich die Null­steuer-Regelung für bestimmte PV-An­lagen auch für elektrohandwerkliche Betriebe praxistauglich umsetzen lässt“, sagt ­ZVEH-Hauptgeschäftsführer Alexander Neuhäuser. Wichtig: Die Nullsteuer ist in jeder Rechnung als solche auszuweisen – also mit einem Steuersatz von null. So weit sind Details zur Nullsteuer auf Neuinstallationen geklärt.

Einnahmen bleiben rückwirkend seit 2022 einkommensteuerfrei

Doch die steuerlichen Änderungen betreffen auch bestehende kleinere Anlagen aus den Vorjahren. Zu den Einzelheiten gibt es auf der Homepage des Bundesfinanzministeriums einen Fragen-Antworten-Katalog. Hier finden sich Antworten zur Einkommensteuer: Betroffen sind kleinere Anlagen an oder in Einfamilienhäusern sowie nicht zu Wohnzwecken dienende Gebäude mit einer installierten Bruttoleistung von bis zu 30 kW (Peak). Die Neuregelungen beziehen sich auch auf sonstige Gebäude, soweit sie überwiegend zu Wohnzwecken genutzt werden. Sie betreffen Anlagen mit einer installierten Bruttoleistung von bis zu 15 kW (Peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit – gemeint sind zum Beispiel Mehrfamilienhäuser oder Häuser mit gemischter Nutzung. Pro Steuerpflichtigem oder Mitunternehmerschaft dürfen insgesamt maximal 100 kW (Peak) erzielt werden. Die Einnahmen aus solchen Anlagen bleiben rückwirkend seit 2022 einkommensteuerfrei. Betreiber müssen keinen ­Gewinn mehr aus den Anlagen ermitteln. Sie setzen Aufwendungen nicht ab – ­soweit sie kleinere Anlagen betreiben.

Handwerksunternehmer Jörg Gauger, der gemeinsam mit seiner Frau, Bäckermeisterin Antje Mieske, in Trebbin die Landbäckerei Röhrig führt, gehört nicht dazu. Die beiden können ihre Aufwendungen weiter absetzen. Seit vielen Jahren betreibt das Paar PV-Anlagen. Die beiden investierten bereits 2010 in die Technik und stockten zuletzt im vergangenen Jahr zum dritten Mal weiter auf. Den größten Teil der erzeugten Energie nutzt die Bäckerei selbst. „Da wir auch noch ein Blockheizkraftwerk und einen Batteriespeicher von 20 kW haben, können wir uns fast vollständig selbst versorgen“, sagt der Unternehmer. Parallel profitiert er von der Einspeisung ins Netz. Gauger versteuert die Gewinne und führt Umsatzsteuer auf die Einspeisung ab. „Die Investitionen schreiben wir weiter langfristig ab“, so Gauger.

Photovoltaik: Steuerliche Regeln im Detail

Regeln für Anschaffung und Betrieb einer Photovoltaikanlage wurden wesentlich vereinfacht. Ob Sie als Handwerksbetrieb selbst eine kleine Anlage auf das Betriebsdach bzw. die private Immobilie setzen oder ob Sie sich für Kundengespräche informieren wollen – hier der Überblick:

  • Wichtig für Neuinstallationen:
    Der Nullsteuersatz gilt seit Jahresanfang 2023 und betrifft jene Fälle, in denen die Photovoltaikanlage (PV) seitdem vollständig installiert wurde. Wird die PV-Anlage nur gekauft, ohne dass sie zu installieren ist, kommt es laut Bundesfinanzministerium darauf an, wann sie geliefert wurde – noch 2022 oder erst 2023. Liegt das Datum ab Januar 2023, fällt Umsatzsteuer von null Euro an. Auch Erweiterungen inklusive Installation sind mit einem Umsatzsteuersatz von null belegt. Auf Garantie und Wartungsverträge fällt weiterhin der normale Satz von 19 Prozent Umsatzsteuer an.
  • Anmeldung erforderlich:
    Anlagenbetreiber müssen sich grundsätzlich beim Finanzamt anmelden, wenn sie Strom einspeisen. Sie brauchen allerdings keinen Antrag mehr auf Liebhaberei zu stellen, wenn sie kleinere Anlagen betreiben. Die Einnahmen bleiben automatisch steuerfrei, wobei sich die Anschaffungskosten nicht mehr geltend machen lassen.
  • Umsatzsteuer auf Zubehör:
    Schrauben, Nägel und Kabel unterliegen dem regulären Umsatzsteuersatz von 19 Prozent, wenn sie für die Installation der Anlage notwendig sind. Gleiches gilt für Wärmepumpe oder Wasserstoffspeicher und Ladeinfrastruktur. Diese wertet das Finanzamt nicht als wesentliche Komponente einer PV-Anlage.

Beispiele:
- Ein Unternehmer kauft im Baumarkt Schrauben und Kabel, um die Anlage in Eigenleistung auf seinem Privathaus zu errichten. Das Material unterliegt dem Steuersatz von 19 Prozent.

- Der Unternehmer beauftragt ein Solarunternehmen im Rahmen einer sogenannten Paketlösung – es ist nur ein Unternehmen beauftragt –, eine Photovoltaikanlage auf seinem Privathaus zu installieren. In den Materialkosten sind auch Kabel und Schrauben enthalten. Die Lieferung der nicht wesentlichen Komponenten (Kabel und Schrauben) erfolgt dann im Rahmen einer einheitlichen Leistung und unterliegt dem Nullsteuersatz.

- Angenommen, Unternehmer U errichtet in Eigenleistung eine PV-Anlage auf seinem Privathaus. Für die erforderlichen Bodenarbeiten beauftragt er eine Baufirma B und für die Erweiterung seines Zählerschranks das Elektrounternehmen E. Des Weiteren ist eine Verstärkung der Dachsparren erforderlich. U beauftragt hierfür das Dachdeckerunternehmen D. Die Erweiterung des Zählerschranks und die Bodenarbeiten unterliegen ebenso dem Regelsteuersatz in Höhe von 19 Prozent wie die Dacharbeiten. Das hat das Bundesfinanzministerium so klargestellt.

- Nochmals errichtet Unternehmer U in Eigenleistung eine Photovoltaikanlage auf seinem Privathaus. Das Gebäude des U wird gleichzeitig und unabhängig von der Errichtung der Photovoltaikanlage grundlegend renoviert. So werden umfassende Elektroarbeiten durchgeführt, bei denen auch eine Erneuerung des Zählerschranks erforderlich ist. In diesem Zusammenhang wird die Photovoltaikanlage berücksichtigt und angeschlossen. Die am Privathaus des U durchgeführten Elektroarbeiten unterliegen insgesamt dem Regelsteuersatz in Höhe von 19 Prozent.

  • Einkommensteuer:
    Ab 2022 brauchen Betreiber kleinerer Anlagen mit bis zu 30 kWp keine Einnahmen-Überschuss-Rechnung mehr zu erstellen – egal, wann diese in Betrieb gingen. Weil die Einnahmen nicht mehr steuerpflichtig sind, sind die Ausgaben im Gegenzug nicht mehr absetzbar. Das bedeutet: Eine Abschreibung der Anschaffungskosten entfällt. Wie der Strom verwendet wird, ist egal. Er kann ganz oder teilweise ins Netz eingestellt werden.
  • Umsatzsteuer bei Einspeisung:
    Bei bestehenden Anlagen – soweit kein Kleinunternehmer – fällt weiterhin Umsatzsteuer an. Da hat sich nichts durch die Neuregelungen geändert.