Steuern sparen Steuerendspurt 2022: 10 Spartipps für Unternehmer

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Liquiditätsmanagement und Steuerstrategien

Steuerlich sind eine ganze Reihe Änderungen in der Pipeline – mit guten Chancen auf Verbesserungen für Betriebe. Was Firmenchefs noch vor Silvester 2022 realisieren und was sie mit Blick auf das kommende Jahr jetzt schon anschieben sollten.

Axel Oppenborn, Bäckermeister und Geschäftsführer der Calenberger Backstube mit 25 Filialen im niedersächsischen Pattensen.
Axel Oppenborn, Bäckermeister und Geschäftsführer der Calenberger Backstube mit 25 Filialen im niedersächsischen Pattensen. - © Franz Fender

Bäckermeister Axel Oppenborn hat sowohl mit dem ehemaligen niedersächsischen Wirtschaftsminister Bernd Althusmann als auch mit dem Ministerpräsidenten von Niedersachsen Stephan Weil gesprochen. „In den Gesprächen konnten wir die Schwierigkeiten und die daraus resultierenden Folgen der aktuellen Energiekrise klären“, sagt der Handwerksunternehmer. Axel Oppenborn führt gemeinsam mit seinem Bruder Kai Oppenborn im niedersächsischen Pattensen die Calenberger Backstube mit 25 Filialen und 260 Mitarbeitern. Der Unternehmer steht vor großen Herausforderungen: „Kurz nach Beginn des Ukraine-Krieges wurden uns die Stromverträge gekündigt, auch die Gasverträge laufen zum Ende des Jahres aus. Wenn wir keine Unterstützung bekommen, müssen wir aus eigener Kraft mehr als 1,4 Millionen Euro stemmen. Das schaffen wir nicht“, erklärt der Handwerkschef. Oppenborn schätzt, dass seine Energiekosten künftig siebenmal höher sein könnten als zurzeit.

Deshalb initiierte er im September gemeinsam mit weiteren Betrieben in Hannover eine Protestaktion. Mehr als 2.000 Handwerksunternehmer und deren Mitarbeiter nahmen teil, um auf die Existenzsorgen der Branche aufmerksam zu machen. Dabei geht es nicht nur um den Preisschub für Energie. Oppenborn zahlte zum Beispiel in diesem Jahr deutlich mehr für Mehl als in den Vorjahren. „Die Preise zogen an, als die Lieferungen aus der Ukraine ausblieben“, erläutert der Bäckereichef. Inzwischen haben sich die Lieferengpässe etwas entschärft, „aber nun sind die Mühlen genauso wie wir von den hohen Energiepreisen betroffen“, so der Unternehmer. Auch Zucker ist doppelt so teuer wie früher. „Wir versuchen, die Preissteigerungen teilweise weiterzugeben. Das führt allerdings möglicherweise zu einer Kauf­zurückhaltung, zum Umsatzeinbruch und damit einhergehend zu noch weniger Rendite“, befürchtet er.

In der Krise bleibt kein Spielraum

Momentan lautet das Ziel, ohne zu großes Federnlassen durch den Winter zu kommen. Dabei steigen die Kosten weiter. „Die Mindestlohnerhöhung zum Oktober führt bei uns insgesamt zu einem steigenden Lohnniveau, weil wir ja die gesamte Gehaltsstruktur wahren müssen“, erklärt Oppenborn. Wenn die Mitarbeiter mehr verdienen, fallen auch höhere Sozialabgaben an.

Für größere Vorhaben hat er jetzt keine großen Spielräume. „Wir haben kapitalintensive Investitionen schon im Sommer auf Eis gelegt“, so Oppenborn. Die bereits geplante Anschaffung einer neuen Personalsoftware hat er gestoppt. In 2022 realisierte der Handwerksunternehmer nur Projekte, die im Frühjahr bereits angeschoben waren. Zum Beispiel schaffte die Bäckerei eine Wärmerückgewinnungsanlage für rund 200.000 Euro an, „mit der wir etwa 20 Prozent Gas einsparen“, erklärt der Firmenchef. Außerdem eröffnet er in den nächsten Monaten drei neue Filialen. „Auf die hätten wir vermutlich verzichtet, hätten wir die Entwicklung vorhergesehen“, resümiert er.

Trotz allem will er in den nächsten Wochen alle betrieblichen Bereiche durchgehen und checken, wo sich zur Entlastung steuerlich noch etwas herausholen lässt. Der Bäckermeister hat vor, beim Finanzamt niedrigere Gewerbesteuer- und Einkommensteuervorauszahlungen zu beantragen. „Wir sparen damit keine Steuern. Das hilft uns aber, unsere Liquidität zu schonen“, sagt der Unternehmer. Zum neuen Jahr wird er sich auf einige Neuerungen einstellen und sich steuerliche Vorteile sichern:

1. Mehr Möglichkeiten für Midi-Jobber

Zum 1. Oktober dieses Jahres erhöhte die Bundesregierung den Übergangsbereich bei den sogenannten Midijobbern. Die Verdienstspanne beträgt zwischen 520,01 Euro und bis zu 1.600 Euro im Monat. Wenn Mitarbeiter innerhalb dieser Spanne arbeiten, berechnen sich die Sozialabgaben auf einer niedrigeren Bemessungsgrundlage. Damit sparen die Arbeitnehmer Steuern. Ab dem kommenden Jahr erhöht sich dieser begünstigte Bereich möglicherweise auf bis zu 2.000 Euro im Monat.

Hinweis: Für die Mitarbeiter bringt die Neuregelung Entlastung. Unternehmer setzen Midijobber flexibler ein als bisher. Sie können qualifizierten Midijobbern anbieten, zu reduzierten Abgaben länger oder zu einem höheren Gehalt zu ar­beiten. Alle Beschäftigungsverhältnisse
sollten allerdings daraufhin geprüft werden, dass der neue Mindestlohn von zwölf Euro eingehalten wird.

2. Höherer Verdienst für Aushilfen

Arbeit ist aufgrund der Lieferengpässe schwerer planbar. Handwerksunternehmer setzten daher häufiger Aushilfen ein, die sie kurzfristig buchen. In der Regel führen die Arbeit­geber hier pauschal 25 Prozent Lohnsteuer ab, um deren Gehalt steuerfrei auszahlen zu können. Voraussetzung ist, dass die Arbeitnehmer nur gelegentlich in den Betrieb kommen – maximal 18 Tage am Stück. Im Schnitt darf der Lohn höchstens 120 Euro am Tag betragen, der Stundenlohn maximal 15 Euro.

Hinweis: Ab dem kommenden Jahr können es durchschnittlich 150 Euro pro Arbeitstag sein. Der maximale Stundenlohn bei Aushilfen beträgt dann 19 Euro. Diese Neuregelung sieht das Jahressteuergesetz 2022 vor, das aber noch nicht beschlossen ist. Unternehmer sollten vorausschauend mit den betreffenden Mitarbeitern sprechen, ob sie die neuen Freiräume ausnutzen wollen.

3. Vorsicht beim Minijob

Seit Oktober dieses Jahres gilt für Minijobber die neue Verdienstgrenze von 520 Euro statt 450 Euro im Monat. Neu ist auch: Die Geringfügigkeitsgrenze kann in zwei Kalendermonaten innerhalb eines Zeitjahres überschritten werden. Die Mitarbeiter dürfen in diesen beiden Monaten aber höchstens je 1.040 Euro erhalten.

Wichtig: Entscheidend ist, dass der Unternehmer den Mehreinsatz nicht vorhersehen konnte – es muss also ein besonderer Grund für die Beschäftigung des Minijobbers vorliegen.

4. Rentner beschäftigen

Viele Arbeitnehmer träumen vom frühzeitigen Ruhestand. Das lässt sich oft nur mit Abschlägen realisieren. Deshalb wollen sich einige Frührentner noch etwas hinzuverdienen. Ab dem kommenden Jahr sollen besondere Regeln gelten. Der Verdienst wird bei Frührentnern nicht mehr auf die Rente angerechnet. Besondere Regeln sollen allerdings für Mitarbeiter gelten, die aufgrund einer Erwerbsminderung ausscheiden. Hier bleiben grundsätzlich Hinzuverdienstgrenzen bestehen, allerdings steigen die Beträge: Bei teilweiser Erwerbsminderung sind es 35.647 Euro (bisher 15.989 Euro). Bei voller Erwerbsminderung sind es 17.824 Euro, ebenfalls deutlich mehr als zuvor 6.300 Euro.

5. Gutachten beauftragen

Mit dem Jahressteuergesetz 2022 will die Bundesregierung eine großzügige Regel für private Immobilieneigentümer schließen. Darum geht es: Käufer und Bauherren können für ihre Objekte abhängig vom Baujahr des Gebäudes bisher jährlich eine AfA (steht für Absetzung für Abnutzung) von zwei Prozent, 2,5 Prozent oder drei Prozent beanspruchen. Die Nutzungsdauer beträgt entsprechend zwischen 50 Jahren und 33 Jahren. Eine kürzere Zeitspanne lässt sich etwa mit einem Gutachten begründen und belegen. Momentan akzeptieren die Finanzämter das noch. „Künftig soll dies nicht mehr möglich sein“, sagt Gregor B. Sprißler, Fachanwalt für Steuerrecht der Kanzlei Korte und Partner in Recklinghausen.

Tipp: „Wir geben unseren Klienten den Rat, möglicherweise kurzfristig für Objekte im Bestand ein Gutachten zu beauftragen. So können sich Vermieter gegebenenfalls eine kürzere Abschreibungsfrist sichern“, erklärt Sprißler.

Für Immobilienkäufer: Jene, die für das nächste Jahr einen Immobilienkauf planen, gehen nicht leer aus. Sie profitieren von einer linearen Abschreibung in Höhe von drei Prozent statt bisher zwei Prozent. „Das heißt: Die Abschreibungsfrist reduziert sich prinzipiell auf 33 Jahre“,
so Sprißler.

6. Degressive Afa noch einmal nutzen

Bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die bis 31. Dezember 2022 angeschafft werden, dürfen noch degressiv abgeschrieben werden. Das wurde mit dem zweiten Corona-Steuerhilfegesetz eingeführt.

Hinweis: Ab kommendem Jahr gibt es für Neuanschaffungen nur noch die lineare Abschreibung über den Zeitraum der Nutzung. Mit der günstigen Regel ist dann Schluss.

7. Kleinere Anschaffungen schnell ­bestellen

Bewegliche Wirtschaftsgüter bis zu 800 Euro im Jahr netto lassen sich sofort steuerlich geltend machen. Das bringt zwar keine Steuerersparnis mehr für dieses Jahr, aber doch ein wenig Entlastung.

Tipp: Das Finanzamt akzeptiert bei neuen digitalen Wirtschaftsgütern prinzipiell die Sofortabschreibung, unabhängig vom Preis. Unternehmer können nach einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (Az: IV C 3 – S 2190/ 21/ 1002:025) alternativ zeitanteilig abschreiben oder die Aufwendungen auf drei Jahre verteilen. „Chefs sollten überlegen, welche Anschaffungen sie noch bis Jahresende realisieren“, sagt Oliver Hubl, Steuerberater der Kanzlei Hubl und Partner in Alfter bei Bonn. Er rät, eine Investitions- und eine Finanzplanung für das kommende Jahr zu erstellen. „Die detaillierte Vorausschau ist gerade in diesen Zeiten für die Betriebsführung wichtig und gehört zum Jahresendspurt sicherlich dazu“, so Hubl.

8. Größere Investitionen planen

Der Investitionsabzugsbetrag entlastet durch einen Liquiditätsvorteil. Kleine und mittlere Unternehmen mit einem Gewinn von höchstens 200.000 Euro können bis zu 50 Prozent der vorgesehenen Aufwendungen vorab steuerlich geltend machen. Innerhalb der nächsten drei Jahre muss das Wirtschaftsgut dann aber gekauft werden. Die Summe der Investitionsabzugsbeträge darf maximal 200.000 Euro betragen. Jegliche abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sind begünstigt – nur Software normalerweise nicht.

Vorsicht: Die Investitionsgüter dürfen neu oder gebraucht sein. Das Wirtschaftsgut muss aber zu mindestens 90 Prozent betrieblich eingesetzt sein – bis Ende des Folgejahres nach dem Kauf. „Die Nutzung ist im Zweifel nachzuweisen“, so Hubl.

9. Geschäftspartner einladen

Zum Jahresende gibt es unter Geschäftspartnern jede Menge zu besprechen – zum Beispiel neue Projekte, die 2023 laufen sollen. Unternehmer können Geschäftspartner zum Essen ein­laden und 70 Prozent der Bewirtungskosten absetzen. Die Umsatzsteuer wird in der Regel komplett erstattet.

Tipp: Steuerlich geltend machen lassen sich nicht nur Speisen und Getränke, sondern auch Trinkgelder und Garderobenkosten. Neu: „Bewirtungsbelege dürfen inzwischen digital erstellt und auch vom Unternehmer digitalisiert werden, wenn sie per elektronischer Unterschrift autorisiert werden“, erläutert Hubl.

10. Mit dem Team feiern

Die Weihnachtsfeier darf nicht fehlen – wobei sich Firmen vermehrt entscheiden, das Event ins neue Jahr zu verlegen. Die Aufwendungen lassen sich steuerlich geltend machen. Die Leistung bleibt für die Mitarbeiter steuerfrei, wenn die Veranstaltung pro Arbeitnehmer nicht mehr als 110 Euro kostet. Das Finanzamt lässt den Steuerabzug für zwei Feiern im Jahr zu.

Tipp: Mitarbeiter schätzen es, wenn die Firma sich zu einem persönlichen Anlass mit einem Präsent erkenntlich zeigt. Bis zu 60 Euro brutto darf es steuerfrei kosten.

Auch Axel Oppenborn motiviert sein Team mit Geburtstags- und Jubiläumsgeschenken. Außerdem bietet er seinen Mitarbeitern Tankgutscheine an. Das lohnt sich für Arbeitnehmer, weil diese zusätzlich zum Lohn fließen und komplett steuerfrei bleiben. „Diese Extraleistung nehmen unsere Beschäftigten gern an. Und wir binden Arbeitnehmer an ­unsere Bäckerei“, so Oppenborn.

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© ZDH-Betriebsbefragung September 2022/handwerk magazin