Betriebsprüfung und Steuerstrategien
Steht der Kauf neuer Maschinen oder teurer Arbeitsmittel an, gewährt Ihnen der Staat mit dem Investitionsabzugsbetrag einen Steuervorteil. So schöpfen Sie die Potenziale voll aus.
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Investitionsabzugsbetrag(PDF, 86,56 kB)
Der Investitionsabzugsbetrag (IAB) ist ein bewährtes Instrument, Investitionen bereits abzuschreiben, obwohl sie erst in naher Zukunft getätigt werden. Der Unternehmer mindert seinen Gewinn im Vorfeld der Anschaffung oder der Herstellung betrieblicher Wirtschaftsgüter und reduziert dadurch die Steuerlast. Mit der Unternehmenssteuerreform 2008 wurde die IAB-Option ins Einkommensteuerrecht (§ 7g EStG) aufgenommen und löste die frühere Ansparabschreibung ab. Anpassungen gab es schon während der Finanzmarktkrise, jetzt modifiziert der Gesetzgeber erneut den IAB, der vor allem kleinen und mittleren Unternehmen Anschaffungen erleichtern soll.
Der IAB eignet sich für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (nicht des Umlaufvermögens), darunter fallen alle Maschinen, der Kastenwagen im Fuhrpark, Betriebs- und Geschäftsausstattung, etwa der Tresen der Bäckerei, und Betriebsvorrichtungen, auch wenn sie mit dem Boden verbunden sind. Chefs dürfen auch den Kauf von gebrauchten Wirtschaftsgütern für den IAB nutzen. Auch Start-ups profitieren davon.
Nutzen durch sofortige Liquidität
Im Gegensatz zum IAB ziehen Sie die Anschaffung geringwertiger Wirtschaftsgüter (GWG), die unter 800 Euro kosten, sofort als Betriebsausgaben ab. Im Übrigen lässt sich durch geschickte Gestaltung zunächst der IAB nutzen, und bei der Auflösung in einem zweiten Schritt der Abzug eines GWG in Form von Betriebsausgaben realisieren. Sofern der Anschaffungswert (nach Herabsetzung, dazu später mehr) maximal bei 800 Euro liegt. Doch was genau bringt er? „Mithilfe der Abzugsbeträge, die zu einer Steuerstundung führen, kann Kapital angespart werden, das die Finanzierung geplanter Investitionen erleichtert“, heißt es aus dem Bundesfinanzministerium. Allerdings erhöht sich die Leistung ans Finanzamt dafür in späteren Jahren. „Was zunächst wie ein Aufschub aussieht, kann Betriebe aber gerade in der aktuellen Situation entlasten“, sagt Alexander Kimmerle , Ecovis-Steuerberater in Kempten im Allgäu. Der Steuervorteil mache sich sofort durch höhere Liquidität bemerkbar, was den Betrieben dieser Tage sehr gelegen kommt. Der Experte sieht die Anpassung des IAB im Jahressteuergesetz 2020 daher durchweg positiv. Die Neuausrichtung war ohnehin geplant, sorgt aber gerade in der Corona-Pandemie für Erleichterung.
Die Regelungen im Einzelnen: Die begünstigten Investitionskosten steigen mit dem Jahressteuergesetz 2020 von bisher 40 auf 50 Prozent der geplanten Neuanschaffung. Erstmals angewendet werden sie für den Abzug in Wirtschaftsjahren, die nach dem 31. Dezember 2019 enden. Der IAB reduziert unmittelbar den Gewinn. Besonders attraktiv für Start-ups: Sie dürfen ihn sogar bereits vor der Betriebseröffnung einsetzen. Angenommen, das Unternehmen soll im Frühjahr 2022 an den Start gehen, so lässt sich der IAB für 2021 bilden. Allerdings muss glaubhaft gemacht werden, dass der Betrieb tatsächlich eröffnet werden soll. Kimmerle: „Als Nachweise eignen sich eine Gewerbeanmeldung,
beantragte Kredite oder zum Beispiel Kostenvoranschläge für die geplante Anschaffung oder Herstellung.“
Auch Wirtschaftsgüter, die vermietet werden sollen, sind im § 7g EstG uneingeschränkt zum Abzug vorgesehen, anders als dies in der Vergangenheit der Fall war. Die Dauer der Fremdnutzung spielt jetzt keine Rolle mehr. Im Gegensatz zur bisherigen Regelung können Sie als Betriebschef die Maschinen später auch mehr als drei Monate lang vermieten, ohne die Abschreibungsoption IAB zu verwirken. Kimmerle sieht dies als Vorteil: „Auch mit der Vermietung lässt sich Geld generieren, der Gesetzgeber akzeptiert die Überlassung an Fremde als betriebliche Nutzung.“ Auch weist er darauf hin, dass der IAB jedes Jahr zum Einsatz kommen kann , je nachdem, welche Neuanschaffungen anstehen. Auch die Verteilung einer geplanten Anschaffung und der Abzug via IAB in mehreren Jahren ist denkbar. Man könnte also in Jahr eins 25 Prozent und im Folgejahr weitere 25 Prozent als IAB einsetzen. Die Prozentwerte lassen sich dabei beliebig verteilen. „Das macht vor allem Sinn, wenn man im Vorfeld absehen kann, in welchem Jahr die Auftragslage besser oder schlechter ist“, erklärt Kimmerle.
Betriebliche Nutzung ist Pflicht
Eine Sache nahm der Gesetzgeber zurück: Noch im Referentenentwurf war die Rede davon, dass Maschinen & Co. im Nutzungszeitraum lediglich zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt werden müssen. Davon ist im Gesetz nicht mehr die Rede, es bleibt die Anforderung der fast ausschließlichen Nutzung in der Firma bestehen – wie schon bisher. „Die Gefahr, dass Betriebe dann ihre Firmenwagen, die sie auch privat nutzen, über den IAB vorfinanzieren, war dem Gesetzgeber wohl zu groß“, mutmaßt Kimmerle.
Wer aber profitiert ? Bislang gab es eine Zweiteilung für kleine und mittlere Unternehmen, die das Gesetz nun vereinheitlicht. Die unterschiedlichen Voraussetzungen werden durch eine für alle Einkunftsarten geltende Gewinngrenze von 200.000 Euro ersetzt. Kimmerle: „Bilanzierer durften bisher maximal ein Betriebsvermögen von 235.000 Euro
vorweisen, um den IAB abzuziehen, Unternehmen mit Einnahmen-Überschuss-Rechnung nicht mehr als 100.000 Euro Gewinn.“ Der Steuerprofi betont, dass mit der neuen Gewinngrenze von 200.000 Euro nun mehr Unternehmen mit Einnahmen-Überschuss-Rechnung profitieren können als bislang.
Auch ist sich der Steuerprofi sicher: „In den Gründungsjahren erfüllen Start-ups die Voraussetzungen für den IAB zumeist ganz locker.“ Er weist darauf hin, dass die Gewinngrenze sich auch auf die Sonder-AfA von 20 Prozent bezieht (nach Paragraph 7g EstG, Absatz 5). Allerdings ist hier der Gewinn des Vorjahres maßgebend. Die Kombination von IAB und Sonder-Afa könne Liquidität hervorbringen, die gerade Start-ups in den Anfangsjahren dienlich sei. So lässt sich für eine geplante Investition zunächst der IAB einsetzen und im Jahr der Anschaffung der sofortige Abzug von 20 Prozent.
Pro-Forma-Eintrag nicht ratsam
„Die Änderungen erleichtern dauerhaft, also nicht nur in der derzeit teils schwierigen wirtschaftlichen Lage, die Vorfinanzierung von geplanten Investitionen erheblich“, heißt es aus dem Bundesfinanzministerium (BMFI). Kimmerle gibt aber zu bedenken: Nützlich sei die Neuregelung schon, „aber man kann in der aktuellen Situation nicht zu Investitionen raten, nur um den IAB auszunutzen und temporär die Liquidität zu erhöhen.“ Denn innerhalb von drei Jahren nach Nutzung des IAB müsse investiert werden. Wer also für 2021 einen IAB einsetzt, muss spätestens 2024 investieren. „In der Zwischenzeit kann natürlich viel passieren“, meint Kimmerle, „im ungünstigsten Fall geht der Steuervorteil verloren und Nachzahlungen mit Zinsen drohen, sollte der Unternehmer aus irgendwelchen Gründen doch nicht investieren.“ Auch Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler rät Betriebschefs, die Nutzung des IAB gemeinsam mit einem Steuerberater gut vorzubereiten: „Ihn leichtfertig oder pro forma einzusetzen, lohnt sich definitiv nicht“, sagt sie. Gut zu wissen: Lediglich wer den IAB frühzeitig auflöst, weil sich Planungen verändert haben, vermeidet die Verzinsung. Denn für Nachzahlungen berechnet der Staat nach wie vor sechs Prozent Zinsen pro Jahr.
So beeinflussen Chefs die Afa-Höhe
Doch wie genau geht es weiter, wenn die Maschine tatsächlich in die Werkhalle einzieht, der neue Kastenwagen auf den Hof rollt? „In dem Jahr wird der IAB dem steuerlichen Gewinn hinzugerechnet“, erklärt Kimmerle. Auf die Frage, wie die Abschreibung in den Folgejahren vonstattengeht, weist der Steuerexperte auf folgendes Wahlrecht hin (siehe Beispiel): In dem Jahr, in dem der IAB aufgelöst wird (im Beispiel ist das 2022), hat der Unternehmer das Recht, den Betrag direkt wieder abzuziehen. Er nimmt im Gegenzug in den Folgejahren eine geringere Abschreibung in Kauf. Der Herabsetzungsbetrag lässt sich individuell anpassen: Man könnte also statt 21.000 Euro auch 11.000 Euro wählen, müsste dann in den Folgejahren noch 31.000 Euro mit 4.429 Euro pro Jahr über die sieben Jahre laut Abschreibungstabelle abschreiben.
Für bereits in Anspruch genommene IABs gab es eine Anpassung: Handwerkerchefs, die im Kalenderjahr 2017 einen IAB gebildet hatten, müssen nun erst 2021 investieren, statt 2020. Der Zeitraum wurde aufgrund der aktuellen Corona-Lage von drei auf vier Jahre verlängert. Dennis Makselon, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Cloppenburg: „Dadurch entlastet der Staat Betriebe, die wegen des Eintretens der Corona-Pandemie nicht, wie geplant, im Kalenderjahr 2020 investieren konnten.
Nachzahlung senken ohne IAB?
Etwas wird künftig Steuerberatern und Unternehmern zu schaffen machen: Bislang konnte der IAB auch rückwirkend eingesetzt werden, um Nachzahlungen bei einer Betriebsprüfung zu mindern. „Das wurde zwar von der Finanzverwaltung nicht so gern gesehen, war aber bis jetzt gängige Praxis“, erklärt Kimmerle. Damit sei nach dem neuen Gesetz Schluss. „Da fällt ein beliebtes Instrument weg“, resümiert der Steuerprofi. Auch Makselon sieht den Wegfall dieser Option mit Bedauern. Er macht auf ein steuerliches Buchungsinstrument aufmerksam, das eventuell im Einzelfall greifen kann: „Zur nachträglichen Reduzierung des Mehrergebnisses kommt die Buchung einer Rücklage nach § 6b EStG infrage.“ Ein schöner Nebeneffekt sei, dass dadurch die drohende Mehrverzinsung vermieden werde. Makselon schränkt aber ein, dass sich dieser Schachzug nur für Handwerker eignet, deren Portfolio eventuell Immobilien und Grundstücke enthält.
Juristen indes sind davon überzeugt, dass Steuerexperten nach Wegfall der IAB-Möglichkeit nun neue Modelle entwerfen werden, um die Steuerlast der Mandanten nach einer Betriebsprüfung aufzufangen. Ob die immer funktionieren, werden die Gerichte in absehbarer Zeit zu prüfen haben. Kimmerle kommentiert dies mit einem Schmunzeln: „Noch besser wäre natürlich, der Betriebsprüfer stellt gar nichts fest.“
Beispiel: So funktioniert der Investitionsabzugsbetrag
Ein Schreiner will eine CNC-Fräse für 42.000 Euro anschaffen. Dafür bildet er 2021 einen gewinnmindernden IAB in Höhe von 21.000 Euro, also 50 Prozent der geplanten Anschaffungskosten. 2022 kauft er die Fräse wie geplant für 42.000 Euro und löst den 2021 gewinnmindernden IAB wieder gewinnerhöhend auf.
- Variante 1: Bei einer Nutzungsdauer von sieben Jahren beträgt die jährliche Absetzung für Abnutzung (AfA) 6.000 Euro.
- Variante 2: Um die Gewinnerhöhung durch die IAB-Auflösung zu neutralisieren, kann der Schreiner einen Herabsetzungsbetrag von bis zu 21.000 Euro (50 Prozent der Anschaffungskosten von 42.000 Euro) im Jahr der Anschaffung wählen. Dadurch sinkt der Buchwert der Fräse auf 21.000 Euro. Bei einer linearen Abschreibung über sieben Jahre sinkt somit die jährliche AfA auf 3.000 Euro.