Jahressteuergesetz 2022 Nullsteuer für Photovoltaik: Neue Regeln für die korrekte Abrechnung mit dem Finanzamt

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Seit Jahresanfang 2023 gelten teilweise rückwirkend für 2022 neue Steuerregeln für kleine Photovoltaikanlagen, die auch eine gemischte Nutzung betreffen – etwa, wenn Sie eine Anlage auf dem Dach Ihres Hauses errichten, die auch das angrenzende Firmengebäude mit Strom versorgt. Jetzt konkretisierte das Bundesfinanzministerium einige Regeln.

Solarfassade an Firmengebäude
Sowohl bei der Einkommensteuer als auch in punkto Umsatzsteuer sind Neuerungen in Kraft getreten. Die Regeln zur Ertragsteuer gelten rückwirkend ab 2022. - © protectnature - stock.adobe.com

Das Bundesfinanzministerium veröffentlichte ein FAQ, das offene Fragen zum Nullsteuersatz für Photovoltaikanlagen klären soll, den das Jahressteuergesetz 2022 vorsieht. Im Fokus steht die Absenkung des Umsatzsteuersatzes bei Lieferung und Installation der Anlagen zum 1. Januar 2023. Etwa fällt keine Umsatzsteuer an, wenn die Anlage samt Modulen, Wechselrichter oder Batteriespeicher auf oder in der Nähe eines Wohngebäudes installiert wird. Auch entfällt die Steuer unter Umständen, wenn die Anlage noch vor Jahreswechsel bestellt wurde, aber erst jetzt ankommt und installiert wird.

Künftig bleibt auch die Einspeisung umsatzsteuerfrei, außer der Betreiber verzichtet auf die Kleinunternehmerregelung. Detailliert wird in dem FAQ beschrieben, was die Änderungen für die Betreiber bedeuten. Auch Handwerksunternehmer sind angesprochen – entweder, wenn sie auf ihren Häusern im Privatvermögen selbst Strom produzieren oder aber, falls sie kleine betriebliche Anlagen betreiben.  

Die Neuregelungen beziehen sich auch auf Solarmodule, die auf einem Balkon aufgestellt werden und mit einer Steckdose verbunden sind – so genannte Balkonkraftwerke. Mobile Anlagen für Camping allerdings fallen nicht darunter. Sogar wer die Technik reparieren muss, profitiert von neuen Regeln. Insgesamt wurden die fiskalischen Vorgaben rund um Solartechnik – also Module, Wechselrichter oder Batteriespeicher – vereinfacht.

Wichtig: Sowohl bei der Einkommensteuer als auch in punkto Umsatzsteuer sind Neuerungen in Kraft getreten. Die Neuerungen zur Ertragsteuer gelten rückwirkend ab 2022. Ein Überblick im Schnell-Check:

Neues zur Einkommensteuer

  • Die Änderungen beziehen sich auf kleinere Anlagen, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Nebengebäuden) sowie nicht zu Wohnzwecken dienenden Gebäuden mit einer installierten Bruttoleistung von bis zu 30 kW (peak). Die Neuregelung betrifft überdies sonstige Gebäude, soweit sie überwiegend zu Wohnzwecken genutzt werden, mit einer installierten Bruttoleistung von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit – gemeint sind zum Beispiel Mehrfamilienhäuser oder Häuser mit gemischter Nutzung. Pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft dürfen insgesamt maximal 100 kW (peak) erzielt werden.
  • Die Einnahmen aus diesen Anlagen bleiben seit 2022 einkommensteuerfrei. Betreiber müssen keinen Gewinn mehr aus den Anlagen ermitteln. „Das ist eine deutliche Vereinfachung. Allerdings muss man bedenken, dass im Gegenzug Abschreibung und sonstige Aufwendungen rund um die Anlage steuerlich auch nicht mehr relevant sind“, sagt Roland Stoerring, Steuerberater der Kanzlei Wessler & Söhngen im westfälischen Schwelm.

So sieht es bei der Umsatzsteuer aus

  • Seit 2023 wird für die Lieferung und die Installation einer Photovoltaikanlage sowie für Zubehör und Speicher ein Steuersatz von Null-Prozent fällig. Das bedeutet: Faktisch ist die Umsatzsteuer damit immer null. „Der Null-Prozent-Steuersatz ist eine Neuheit, die es vorher noch nie gab. Grundsätzlich gilt, dass auch eine Umsatzsteuer von Null auszuweisen ist“, so Stoerring. Neben den Solarmodulen und dem Batteriespeicher (auch nachträglich eingebaute Speicher) unterliegen „wesentliche Komponenten“ dem Nullsteuersatz. So sieht es der Entwurf zu einem neuen Schreiben des Bundesfinanzministeriums vor (Az: III C 2 - S 7220/22/10002 :010), der Ende Januar veröffentlicht wurde. Wesentliche Komponenten sind danach die Gegenstände, deren Verwendungszweck speziell im Betrieb oder der Installation von Photovoltaikanlagen liegt. Zu den wesentlichen Komponenten gehören die photovoltaikanlagenspezifischen Komponenten wie etwa:
  • Wechselrichter,
  • Dachhalterung,
  • Energiemanagement-System,
  • Solarkabel,
  • Wieland-Steckdose,
  • Backup Box.

    Auch die Lieferung einzelner wesentlicher Komponenten und deren Ersatzteile, sowie deren Installation unterliegt dem Nullsteuersatz
  • Auf die Einspeisevergütung besteht weiterhin die Umsatzsteuerpflicht. Das betrifft Handwerksunternehmer, wenn sie wie üblich die Regelbesteuerung gewählt haben. „Nur wer als Kleinunternehmer tätig ist, braucht keine Umsatzsteuer abzuführen“, so Stoerring.
  • Der Nullsteuersatz gilt seit Jahresanfang 2023 und betrifft jene Fälle, in denen die Photovoltaikanlage seitdem vollständig installiert wurde. Wird die Photovoltaikanlage nur gekauft, ohne dass sie zu installieren ist, kommt es laut Bundesfinanzministerium darauf an, wann sie geliefert wurde – noch 2022 oder erst 2023. Das BMF führt hier weiter aus: „Entscheidend ist, wann die Photovoltaikanlage geliefert bzw. installiert wird.“ Liegt das Datum ab Januar 2023, fällt Umsatzsteuer von Null an. Auch Erweiterungen inklusive Installation sind mit einem Umsatzsteuersatz von Null belegt. Auf Garantie und Wartungsverträge fällt weiterhin der normale Satz von 19 Prozent Umsatzsteuer an.
  • Aufgrund der Neuregelung sollen die Anlagen schon günstiger geworden sein. So wünschte sich das auch das Bundesfinanzministerium: „Händler und Handwerker sollen die niedrigere Umsatzsteuer grundsätzlich an die Kundinnen und Kunden weiter geben“, heißt es im Fragen und Antwort-Katalog.
  • Anlagenbetreiber müssen sich grundsätzlich beim Finanzamt anmelden, wenn sie Strom einspeisen. Wer von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen will, sollte das Finanzamt bei der Anmeldung direkt darauf hinweisen.
  • Wer die Photovoltaik mietet, rechnet mit 19 Prozent Umsatzsteuer. Hier liegt im steuerlichen Sinne keine Lieferung vor. Das Bundesfinanzministerium sieht das im Detail so: Dementsprechend liegt beispielsweise eine Lieferung vor, wenn ein automatischer Eigentumsübergang zum Ende der Vertragslaufzeit vertraglich vereinbart ist. Räumt der Vertrag dem Leasinggeber oder Leasingnehmer in Bezug auf den Eigentumsübergang ein Optionsrecht ein, ist ebenfalls von einer Lieferung auszugehen, wenn keine andere Entscheidung wirtschaftlich sinnvoll ist, als die Übertragung beziehungsweise der Erwerb des Eigentums an dem Leasinggegenstand am Ende der Vertragslaufzeit.

Das BMF nimmt im Sommer 2023 weitere Konkretisierungen vor

In einem neuen Schreiben vom 17. Juli 2023 erläutert das Bundesfinanzministerium Zweifelsfragen (Aktenzeichen: IV C 6 - S 2121/23/10001 :001). Zum Beispiel wird anhand von Beispielen aufgezeigt, wie die Anlagen bei Ehepaaren steuerlich zuzurechnen sind:

  • Angenommen ein Ehemann A und die Ehefrau B betreiben auf ihrem Einfamilienhaus jeweils eine eigenständige Photovoltaikanlage mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von jeweils 12,00 Kilowatt (peak). Die Steuerbefreiung gilt sowohl für A als auch für B.
  • Angenommen Ehemann A und die Ehefrau B betreiben auf ihrem Einfamilienhaus gemeinschaftlich eine Photovoltaikanlage mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von 24,00 Kilowatt (peak). Die Steuerbefreiung gilt für die Mitunternehmerschaft des Ehepaares.

Relevante Grenzwerte im Überblick

Art des Gebäudes Maximale Leistung der Anlage(n) in kW (peak)
je Steuerpflichtigem/Mitunternehmerschaft
(gebäudebezogene Betrachtung)
Wohnzwecken dienendes Zwei- /Mehrfamilienhaus15,00 je Wohneinheit
Gemischt genutzte Immobilie15,00 je Wohn-/Gewerbeeinheit
Nicht zu Wohnzwecken dienendes Gebäude, wie etwa eine Gewerbeimmobilie
mit einer Gewerbeeinheit, ein Garagengrundstück
30,00 je Gewerbeeinheit
Gewerbeimmobilie mit mehreren Gewerbeeinheiten15,00 je Gewerbeeinheit

Nullsteuer - einige Beispiele, wann die Steuer entfällt - und wann nich

  • Angenommen ein Steuerpflichtiger hat auf drei Einfamilienhäusern jeweils eine Anlage mit einer maßgeblichen Leistung von 25,00 kW (peak). Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums sind alle drei Anlagen begünstigt.
  • Ein Steuerpflichtiger hat eine gemischt genutzte Immobilie  - eine Bäckerei mit Ladengeschäft und oben zwei Wohnungen. Auf dem Dach steht eine Photoviltaikanlage mit einer maßgeblichen Leistung von 40,00 kW (peak). Damit bleibt der Steuerzahler unter den zulässigen 45,00 kW (peak) für drei Einheiten.
  • Der Steuerpflichtige hat auf einem Zweifamilienhaus eine Anlage mit einer maßgeblichen Leistung von 25,00 kW (peak) und auf einer Gewerbeimmobilie mit drei Gewerbeeinheiten eine Anlage mit einer maßgeblichen Leistung von 45,00 kW (peak). Beide Anlagen sind begünstigt.

Anders sieht es allerdings in diesen Konstellationen aus:

  • Ein Steuerzahler hat auf seinem Einfamilienhaus eine Anlage mit einer maßgeblichen Leistung von 34,00 kW (peak). Diese ist nicht begünstigt, sie ist steuerpflichtig.
  • A und B gehört gemeinsam ein Mehrfamilienhaus mit drei Wohneinheiten.
    A betreibt eine Anlage mit 50,00 kW (peak). B stellt auf die Garagen eine Anlage mit 10,00 kW (peak). Die Anlage des A überschreitet die maßgebliche Leistung von 45,00 kW (peak) für das Mehrfamilienhaus einschließlich der Garagen und ist daher nicht begünstigt. B profitiert von der Neuregelung, seine Anlage ist begünstigt.

Was fällt unter die Kategorie der Einnahmen und Entnahmen genau?

In dem BMF-Schreiben definiert das Bundesfinanzministerium überdies, was genau unter Einnahmen im Zusammenhang mit der Anlage zu verstehen ist. Dazu zählen insbesondere:

  • die Einspeisevergütung,
  • Entgelte für anderweitige Stromlieferungen, zum Beispiel an Mieter,
  • Vergütungen für das Aufladen von Elektro- oder Hybridelektrofahrzeugen,
  • Zuschüsse und  vereinnahmte und erstattete Umsatzsteuer.

Wenn der Strom für betriebsfremde Zwecke verwendet wird

Dagegen definiert das Bundesfinanzministerium als Entnahmen, wenn der Strom für betriebsfremde Zwecke verwendet wird. Einige Beispiele dazu:

  • Angenommen den erzeugten Strom verwendet der Eigentümer selbst und speist darüber hinaus auch ins Netz ein. Dann ist das eine Entnahme. Diese liegt allerdings nicht vor, "wenn die Stromlieferung im Zusammenhang mit der Überlassung der Räume an einen Arbeitnehmer des die Photovoltaikanlage betreibenden Betriebs erfolgt", so das BMF.  
  • Wenn der Strom neben der teilweisen Netzeinspeisung im häuslichen Arbeitszimmer zum Einsatz kommt, handelt es sich auch um eine Entnahme.  „Diese liegt auch vor, wenn der Betreiber aus einer anderen Einkunftsquelle Einkünfte erzielt und dafür den Strom nutzt“, erklärt dazu Ecovis-Steuerberater Simon Gossert. Nun wird der Strom neben der teilweisen Netzeinspeisung auch sehr häufig für das Aufladen eines Elektro- oder Hybridelektrofahrzeugs genutzt. „Eine Entnahme liegt dann nicht vor, wenn das Fahrzeug zum Betriebsvermögen des die Photovoltaikanlage betreibenden Betriebs gehört“, so das BMF in seinem Schreiben.