Branchencheck Holzbau: Ukraine-Konflikt, Corona und Klimawandel – Krisen rücken regionales Holz in den Fokus

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Einerseits ist deutsches Holz durch Corona, Ukraine-Konflikt und Klimawandel gefragter denn je, andererseits gibt es nicht genügend Fachkräfte, um es zu verarbeiten. Die Marschroute lautet also: Europäischer Nachwuchs für regionales Holz!

regionales Holz
Peter Aicher (LIV): "Immer mehr Länder und Kommunen ­planen, den ­Anteil des Holzbaus deutlich zu steigern." - © Lilli - stock.adobe.com

Vorausschauendes Handeln ist gefragt – so könnte man die aktuelle Situation im Holzbau auf den Punkt bringen. Das gilt für beiden große Herausforderungen: den Fachkräftemangel sowie den Mangel an Material und Ressourcen. „Das Zimmererhandwerk genießt in Gesellschaft und Politik ein hohes Ansehen. Immer mehr Länder und Kommunen planen, den Anteil des Holzbaus deutlich zu steigern“, so Peter Aicher, Präsident des Landesinnungsverbands des Bayerischen Zimmererhandwerks (LIV) und Vorsitzender von Holzbau Deutschland im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes. Trotzdem habe die Klimaveränderung Auswirkungen auf das Bauen, auf Rohstoffe und auf den Umgang mit den vorhandenen Ressourcen. „Die Aufgaben sind vielfältig und vieles wird sich ändern“, fasste Aicher die aktuelle Lage der Branche in einer Webkonferenz Ende des Jahres 2021 zusammen.

Kalamitätsholz und Kreislaufwirtschaft

Mit der von ihm erwarteten „Veränderung“ spielt der LIV-Präsident auf den ökonomisch wie auch ökologisch sinnvollen und effizienten Umgang mit der Ressource Holz an. Die Zeiten der Verschwendung sind jedenfalls definitiv vorbei – darauf müssen sich die verarbeitenden Betriebe, vor allem aber auch die Bauherren einstellen. Neben dem ressourcenschonenden Materialeinsatz wird in diesem Sinne auch immer mehr ein Auge auf Holz geworfen, das durch klimatische Einflüsse oder den Borkenkäfer betroffen ist. Dieses sogenannte „Kalamitätsholz“, das ursprünglich nur zur Überbrückung der Engpässe infolge der Coronapandemie gedacht war, wird laut einem Bericht des Thünen-Instituts, dem Bundesforschungsinstitut für ländliche Räume, Wald und Fischerei, nicht zuletzt auch durch den Wegfall von Holzimporten aus Russland, Belarus und der Ukraine keine temporäre Erscheinung bleiben, sondern die Branche noch mindestens das ganze Jahrzehnt beschäftigen. Auch die Kreislaufwirtschaft wird aufgrund der Knappheit weiter an ­Bedeutung gewinnen. Nachhaltiges Bauen erfordert dabei laut der Fördergesellschaft Holzbau und Ausbau eine ganzheitliche Denkweise von der Herstellung der Baustoffe über ihre Nutzungsphase bis hin zu den Recyclingmöglichkeiten nach dem Rückbau. Vorausschauendes Handeln ist also gefragt!

Fachkräfte aus dem europäischen Ausland

Mit Weitblick agieren – das gilt auch für den Fachkräftemangel. Obwohl das Zimmererhandwerk in Sachen Nachwuchsgewinnung mit einer seit Jahren steigenden Tendenz vergleichsweise gut dasteht, reicht das nicht aus, um den wachsenden Bedarf zu decken. Ein Lösungsansatz sind qualifizierte Kräfte aus dem europäischen Ausland, die im Rahmen des europäischen Qualifikationsrahmens (EQF) für den Bereich des Holzbaus (EQF-Timber) ausgebildet wurden. So könne neben dem eigenen Nachwuchs künftig auch auf Kompetenz aus anderen europäischen Ländern gesetzt werden – dank vergleichbarer Bildungsabschlüsse und Kompetenzniveaus.

Nationales und internationales Agieren

Bei beiden Herausforderungen setzt die Branche also auf vorausschauendes Handeln – allerdings unter umgekehrten Vorzeichen: Während beim Holz der Fokus verstärkt auf regionales Kalamitätsholz gelegt wird, schaut der Holzbau in Sachen Fachkräfte- und Mitarbeitergewinnung bewusst ins europäische Ausland. Dieser Mix aus nationalem und internationalem Agieren wird die kommenden Monate und Jahre prägen.

Branchentrends

  • Klimaschutz
    Der Holzbau leistet wegen seiner kohlenstoffsenkenden Eigenschaft einen entscheidenden Beitrag zum Erreichen der Klimaziele von Paris. Solange der Baum wächst, entzieht er der Atmosphäre CO2 und bindet Kohlenstoff. Wird das Holz zum Bauen genutzt, bleibt der Kohlenstoff langfristig gebunden.

  • Ressourcenverfügbarkeit
    Durch Klimawandel und coronabedingte Lieferschwierigkeiten bleibt die Ressource Holz weiterhin ein rares und wertvolles Gut.

  • Ressourceneffizienz
    Die Holzknappheit verändert die Anforderungen an die Ressourceneffizienz: Einerseits muss auf ressourcenschonenden Materialeinsatz geachtet werden, andererseits auch Material verwendet werden, das durch klimatische Einflüsse oder den Borkenkäfer geschädigt ist (sogenanntes „Kalamitätsholz“). Die Verwendung von Kalamitätsholz ist einer der Top-Trends im Holzbau.

  • Kreislaufwirtschaft
    Auch die Kreislaufwirtschaft wird weiter an Bedeutung gewinnen. Nachhaltiges Bauen erfordert eine ganzheitliche Denkweise von der Herstellung der Baustoffe über ihre Nutzungsphase bis hin zu den Recyclingmöglichkeiten nach dem Rückbau.

  • Internationale Fachkräfte
    Der heimische Arbeitsmarkt reicht für den Bedarf nicht mehr aus, daher bemühen sich die Verbände um einen einheitlichen europäischen Qualifikationsrahmen (EQF-Timber). So sollen bald auch verstärkt internationale Fachkräfte der Branche helfen.

  • Digitalisierung
    Das Zimmererhandwerk ist im Baugewerbe ein Vorreiter bei der Digitalisierung. Schon seit mehr als 30 Jahren arbeiten die Betriebe mit vollautomatischen Abbundanlagen. Viele Zimmerer bereiten zudem ihre Planung digital vor. Durch optimierte und durchgängige Planungen werden sich die Abläufe beim Bauen künftig noch weiter verändern und die Gewerke enger verzahnt.

  • Vorfertigung von Holzbauelementen
    Das elementierte Bauen gewinnt für Betriebe weiter an Bedeutung. Es spart laut FG Holzbau nicht nur Zeit und Kosten, sondern schafft auf Baustellen auch ein sichereres Arbeitsumfeld.

Aufschwung in (fast) allen Bereichen

Das Zimmererhandwerk ist sowohl beim Umsatz als auch bei der Anzahl der Beschäftigten und Auszubildenden im Aufwärtstrend. Nur bei der Gesamtzahl der Betriebe bleibt das Niveau, nach einem kleinen Rückgang 2018, konstant.

Umsatz

Prognose: Auch für das Jahr 2022 erwartet der Branchenverband Holzbau Deutschland einen anhaltenden Positivtrend (Prognose = kursiv).

JahrUmsatz in Mio.Euro
20176.866
20187.382
20197.829
20209.026
20219.712
202210.246
Beschäftigte

Prognose: Bei der Anzahl der Beschäftigten sieht das Zimmererhandwerk ebenfalls weiterhin eine leicht steigende Tendenz.

JahrBeschäftigte
201766.771
201867.905
201969.651
202071.561
202173.727
Anzahl der Betriebe

Prognose: Das leichte Plus aus den beiden Vorjahren hat sich auch 2021 fortgesetzt. Auch hier sieht es nach einem anhaltenden Trend aus.

JahrAnzahl der Betriebe
201711.530
201811.435
201911.622
202011.864
202112.014
Auszubildende

Prognose: Die Branche zählt zu den beliebtesten Handwerksausbildungen. Der Verband rechnet wegen des Klimawandels mit weiter wachsendem Zuspruch.

JahrAnzahl Auszubildende
20177.328
20187.572
20197.606
20208.093
20218.776