Geldanlage Börse: Was ist Social Trading – und welches Chancen-Risiko-Profil hat es?

Zugehörige Themenseiten:
Altersvorsorge, Geldanlage, Gold als Geldanlage, Indexfonds, Kryptowährungen, Unternehmensanleihen und Vermögensaufbau

Investieren wie die Könner: Social Trading ist das Nachbauen von Depotstrukturen erfolgreicher Investoren. Die Geldanlageprofis veröffentlichen ihre Börsenkäufe und -verkäufe in ihren Netzwerken oder auf Plattformen. Wer mag, folgt diesen Investments und spart sich so eigene Recherche und Finanzberater. Doch wie gut ist das Social Trading - auch Copy Trading genannt - wirklich?

Social Trading: Der Traum vom leicht verdienten Geld.
Social Trading: Der Traum vom leicht verdienten Geld. - © kichigin19 - stock.adobe.com

Die Idee ist einfach - und wahrscheinlich deshalb erfolgreich: Beim Social Trading - oder auch Copy Trading - legt ein Investor sein Depot offen und seine Follower können ihr eigenes Depot entsprechend aufbauen. Das entspricht von der Idee her, der Empfehlungs- und Diskussionskultur, wie sie im Netz bereits in anderen Branchen besteht - etwa bei Hotels und Restaurants. Im Finanzbereich gibt es allerdings so einige Fallstricke.

Die Entwicklung des Social Trading

Bei Online-Brokern treffen private Anleger auf andere Investoren. Was liegt näher, als sich dort über die eigenen und fremde Handelsstrategien auszutauschen? Die Online-Broker haben dies als Kundenbindungsinstrument und Einnahmequelle erkannt. Deshalb stellen sie ihre Plattform als soziales Netzwerk zur Verfügung. Daraus entwickelte sich ebenfalls die Idee, dass die Nutzer die Anlagestrategien erfolgreicher Investoren - auch Signalgeber, Top Trader, Popular Investors oder Social Guru genannt - kopieren können. Wer die Plattformen nutzen will, muss sich anmelden und kann sich dabei entscheiden, ob er sich als Signalgeber oder als einfacher Anleger registrieren möchte. So wurden aus Online-Brokern die Social-Trading-Broker. Einer von ihnen ist eToro. Das Unternehmen gibt an, weltweit über 32 Millionen registrierte Nutzer zu haben. Unter ihnen seien 3.000 Signalgeber, deren Investment-Portfolios von Nutzern via Copy Trader kopiert werden können.

Diese Social-Trading-Broker gibt es

Zu den bekannten Social-Trading-Plattformen gehören diese sechs Broker:

  • eToro
  • Finanzen.net Zero
  • Libertex
  • Naga
  • Wikifolio
  • XTB

Auf allen diesen Social-Trading-Plattformen können Investoren Aktien handeln. Je nach Spezialisierung der Plattform kommen andere Anlagemöglichkeiten hinzu. Dies können etwa Indexfonds (ETF - Exchange Traded Funds) oder auch riskantere Anlagen wie Devisen (Forex-Geschäfte), Rohstoffwertpapiere (ETC - Exchange Traded Commodities mit Emittentenrisiko) oder die hochspekulativen Differenzkontrakte (CFD - Contracts for Difference mit Totalverlustrisiko) sein. Bei Letzterem setzen Investoren auf steigende oder fallende Kurse an internationalen Finanzmärkten oder einzelner Finanzprodukte.

Die Plattform Libertex veröffentlicht beispielsweise (vorschriftsmäßig) diesen Warnhinweis: "CFDs sind komplexe Instrumente und bergen ein hohes Risiko, aufgrund der Hebelwirkung schnell Geld zu verlieren. 77,77 % der Konten von Kleinanlegern verlieren Geld beim Handel mit CFDs bei diesem Anbieter." Und bei Naga heißt es: "CFDs sind komplexe Instrumente und bergen ein hohes Risiko, aufgrund der Hebelwirkung schnell Geld zu verlieren. 82,93 % der Konten von Privatanlegern verlieren Geld beim Handel von CFDs bei diesem Anbieter." Hier wird deutlich gewarnt.

Wer handelt auf den Plattformen - und wie viel Umsatz machen die Social Trader?

Zum Handelsvolumen geben die Social-Trading-Plattformen meist keine Auskunft. eToro verrät aber, dass seine Nutzer im Schnitt 34 Jahre alt sind. "Sie investieren bevorzugt in wachstumsstarke Big-Tech-Aktien wie Microsoft, Apple und Tesla. Der Großteil der Handelsaktivitäten auf eToro bezieht sich auf Aktien. In Bezug auf das Geschlecht überwiegen immer noch die Männer, aber der Anteil weiblicher eToro-Kunden ist seit der Covid-Pandemie um 33 Prozent gestiegen. Wir suchen weiterhin nach Möglichkeiten, die Beteiligung und Teilnahme von Frauen an Investitionen zu erhöhen, um diesen Trend fortzusetzen" sagt Sarah Wiedemann, Dach Retention Team Leader bei eToro.

Wiedemann ist zudem überzeugt, dass Privatanleger nicht in erster Linie auf den kurzfristigen Erfolg aus sind. "Das zeigen die Ergebnisse unseres Retail Investor Beat (RIB), einer vierteljährlichen Umfrage unter 10.000 Privatanlegern weltweit. Nur zwei Prozent von ihnen gehören zu den Daytradern, die ihre Investitionen nur für wenige Tage halten, während 64 Prozent ihre Investitionen jahrelang oder sogar jahrzehntelang halten", so die Finanzexpertin.

Anleger müssen genau wissen, was sie wollen

Wie die Anpassung an das Depot des Signalgebers erfolgt, ist auf den verschiedenen Plattformen unterschiedlich. Investoren sollten deshalb genau wissen, was sie wollen: So ist gibt es Plattformen, auf denen die Anpassung automatisiert erfolgt, wenn der Anleger einen Kopierauftrag erteilt hat. Sobald der Profi-Investor beispielsweise zehn Aktien von Alphabet (Google) kauft, findet dies parallel auch bei seinen Followern statt. Dies ist etwa bei eToro und Naga der Fall. Aber Achtung: Wer einen Kopierauftrag erteilt, muss genau schauen, für was dieser gilt: Ist es nur der jüngste und die folgenden Deal des Signalgebers - oder ist es das ganze Depot. Dann besteht die Gefahr, dass der Anleger ein Depot zu aktuellen Kursen nachkauft, obwohl der Signalgeber die Wertsteigerung in seinem Depot durch einen frühen Einstieg in die Wertpapiere erwirtschaftet hat. Das kann sehr teuer werden.

Tipp: Wählen Sie die Option, dass nur neue Käufe und Verkäufe kopiert werden.

Es gibt aber auch Social-Trading-Plattformen, die Zertifikate auf das Depot eines Signalgebers ausgeben (beispielsweise bei Wikifolio). Diese Zertifikat werden regulär an der Börse gehandelt. Mit dem Kauf dieser Zertifikate heben die Investoren das Depot ihres Signalgebers in ihr eigenes Portfolio. Auch hier gibt es ein Achtung: Jedermann kann Signalgeber sein - Profis oder Laien. Wer sich einen Signalgeber aussucht, sollte also zuvor genau prüfen, mit wem er es zu tun hat.

Mindestanlage erforderlich

Der automatisierte Handel funktioniert nur, wenn der Anleger ausreichend Geld zur Verfügung stellt. Es wird vom Social-Trading-Broker verwaltet und ausschließlich entsprechend der Kopiervorgabe verwendet. Manche Plattformen arbeiten dabei mit Mindestanlagen ab 200 Euro.

Wie verdient der Signalgeber?

Es ist eine Art Bonus oder auch Gehalt, die die Social-Trading-Broker ihren Signalgebern zahlen. Um so mehr Kopierer ein Signalgeber hat, desto größer ist sein Verdienst. Wer sich als Signalgeber probieren möchte, startet ohne finanzielle Unterstützung vom Broker und wird bei Erfolg heraufgestuft.

Was kostet Social Trading?

Jeder Anbieter hat sein eigenes Kostenmodell. Meist gibt es eine Pauschale pro kopiertem Kauf oder Verkauf (ca. ab 0,50 Euro) oder eine Jahresgebühr. Zusätzlich kassieren einige Broker einen prozentualen Gewinnanteil - Achtung, der kann auch mal 30 Prozent betragen -, wenn der Investor mit seinem kopierten Trade mehr als eine bestimmte Summe Gewinn gemacht hat. Es gibt aber auch Plattformen, die keine Extrakosten verursachen. Sie verdienen dann an der Differenz von Kauf- und Verkaufskurs (Spread).

Tipp: Wer neu einsteigt, sollte mit Demo-Depots bei verschiedenen Anbietern starten. Dieses sind meist kostenlos und helfen, das Social Trading und die entstehenden Kosten zu verstehen.

Die Chancen des Social Tradings

  • Das Expertenwissen der Anderen zu nutzen, ist ein guter Einstieg in die Börsenwelt. Wer zudem mit einem oder mehreren Demo-Konten beginnt, kann Erfahrungen sammeln und verschiedene Anlagemöglichkeiten kennenlernen ohne sein Erspartes zu gefährden. Doch auch erfahrene Investoren profitieren von der Kompetenz der Community. Oftmals bieten die Plattformen zudem Charts und Analysen.

  • Der Dialog mit Anderen ist eine gute Möglichkeit, das Denken und Taktieren rund um die Geldanlage zu erlernen - oder den eigenen Horizont zu erweitern. So gelingt ein umfassender Risiko-/Chancen-Abgleich bevor die Anlageentscheidung fällt. Denn das Schwarmwissen über ein Zielinvestment ist wohl immer größer als das Wissen des Einzelnen. Auch das Diskutieren von möglichen Entwicklungen eines Zielunternehmens oder eines Zielmarktes schafft neue Erkenntnisse.

  • Die Erfolge der Anderen in der Vergangenheit sind ein Hinweis - aber keine Garantie - auf die Erfolge in der Zukunft. Anleger, die nicht selbst tief in die Analyse von Kapitalanlagen einsteigen möchten,sparen Zeit und Mühe, indem sie einem erfolgreichen Signalgeber folgen.

Die Risiken des Social Tradings

  • Die Qualifikation des Anderen: Signalgeber müssen keinen Qualifikationsnachweis erbringen - jedermann kann es sein. Und nur, weil jemand einmal für eine gewisse Zeit erfolgreich an der Böse war, heißt das nicht, dass er wirklich kompetent ist. Eventuell hat einfach eine gute Börsenphase den Erfolg verursacht. Ob der Signalgeber das Depot auch durch schlechte Phasen navigieren kann, ist offen. Zudem ist - außer dem Nutzername - kaum etwas bekannt über den Signalgeber. Wer er oder sie wirklich ist, bleibt verborgen.

  • Die Entscheidungen des Anderen können für das Depot des Followers falsch sein. Insbesondere dann, wenn er später (zu einem höheren Kurs) in ein Wertpapier eingestiegen ist. Beispiel: Verkauft der Signalgeber bei einem Kursrückgang, ist er selbst möglicherweise noch im Plus, während der Follower bereits im Minus ist.

  • Die Risikobereitschaft des Anderen kann sich verändern. Oder der Anleger ist durch das Vertrauen in den Signalgeber bereit, viel mehr Risiko zu akzeptieren, als es seiner Persönlichkeit entspricht. Den Beweis für letzteres hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistung erbracht: In einer Umfrage bei der auch User von Social-Trading-Plattformen befragt wurden kam heraus: Auch ohne Vorwissen haben viele der Teilnehmer bereits in riskante Anlagen investiert, so etwa in Kryptowährungen.Mehr unter BaFinJournal-Beitrag 

  • Der unkontrollierte Andere: Weder die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) noch die Social Trading Broker kontrollieren den Signalgeber. Er schreibt einen kurzen Text in sein Profil und ist innerhalb seiner Beschreibung vollkommen frei in der Wahl seiner Anlageprodukte.

So sichern Sie Ihr Geld auf einer Social-Trading-Plattform

  1. Wählen Sie ausschließlich Plattformen mit Einlagensicherung.
  2. Wählen Sie ausschließlich Plattformen, die deutliche Risikohinweise bei bestimmten Geschäften, wie etwa Rohstoff- und Differenzgeschäften haben.
  3. Wählen Sie ausschließlich Plattformen, deren Gebührenordnung transparent und verständlich ist. Fixe und variable Kosten müssen aufgeführt sein. Fragen Sie nach - die Antwort sollte schriftlich erfolgen. Andernfalls kann es im schlimmsten Fall passieren, dass die Social-Trading-Plattform Ihren Gewinn vollständig kassiert.
  4. Wählen Sie Plattformen, auf denen mehr als nur ein paar Signalgeber aktiv sind. Das ist ein Hinweis darauf, dass erfahrene Top Trader auf dieser Plattform agieren. Gleichzeitig können Sie zwischen mehreren Expertendepots wählen.
  5. Wählen Sie ausschließlich Plattformen - und Signalgeber - die ihre eigenes, echtes Geld investieren.

So finden Sie den passenden Signalgeber

Auf Brokervergleich.de finden Interessierte eine detaillierte Erklärung, wie sie den für sie passenden Signalgeber, Social Guru oder Top Trader finden. Die wichtigsten Tipps:

  • Ranking beachten
  • Strategie nachvollziehen
  • Risiko begrenzen
  • Transaktionshistorie analysieren