Immobilien übergeben Schenkung und Erbe: Höhere Immobilienbewertung wird für Unternehmer zur Steuerfalle

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Erbrecht, Erbschaftsteuer, Immobilien und Nachfolge

Seit Jahresbeginn 2023 bewertet das Finanzamt Immobilien höher. Das führt in vielen Unternehmerfamilien dazu, dass sowohl mit einer Schenkung als auch im Erbfall mehr ­Steuern zu zahlen sind. Wie Firmenchefs reagieren können und was sie beachten sollten.

Peter Bode, Elektromeister und geschäftsführender Gesellschafter der Habotec GmbH in Lübeck.
Peter Bode, Elektromeister und geschäftsführender Gesellschafter der Habotec GmbH in Lübeck: "Ich überlege, meine Immobilien frühzeitig an die Kinder zu übertragen." - © Jörg Brockstedt

Seine Nachfolge will Peter Bode langsam vorbereiten. Der Elektromeister gründete vor 25 Jahren als geschäftsführender Gesellschafter das Unternehmen Habotec GmbH in Lübeck. Die Firma arbeitet mit 180 Mitarbeitern im Bereich der Elektrotechnik. „Unsere Auftraggeber kommen aus der Industrie. Wir installieren nur große Anlagen. Daher haben wir keine privaten Kunden“, erläutert Bode das unternehmerische Tätigkeitsfeld.

Seine Arbeit macht ihm Spaß. Aber weil er mit 59 Jahren nicht mehr ganz so weit davon entfernt ist, in den Ruhestand zu gehen, will er mittelfristig die Vorbereitungen für eine gelungene Nachfolge treffen. Das hat er nicht nur vor, weil die allgemeine Empfehlung lautet, in seinem Alter mit der Planung der Staffelübergabe zu beginnen. Das erwarten zum Beispiel auch die Banken. Wenn Unternehmer nicht aktiv werden, verschlechtern sie ihr Rating.

Seine Überlegungen haben überdies noch einen aktuellen fiskalischen Anlass: Mit dem Jahressteuergesetz 2022 trat zum 1. Januar 2023 eine neue Bewertung bei Immobilienübertragungen in Kraft. Die Bemessungsgrundlage für Erbschaften und Schenkungen hat sich in vielen Fällen damit erhöht. „Daher möchte ich die Freibeträge innerhalb der Familie optimal ausnutzen, was nicht von heute auf morgen realisierbar ist“, erklärt Bode.

Betriebsimmobilie bleibt in eigener Gesellschaft

Bei Handwerksmeister Bode liegt ein besonderer Fall vor. Er hält das Büroge­bäude mit Lagerhalle in einer eigenen Gesellschaft. Bode wählte das Konstrukt einer Betriebsaufspaltung. Das funktioniert so: Er gründete eine sogenannte Betriebsgesellschaft. Dieser gehört die Immobilie, der Unternehmer ist Gesellschafter der Firma. Die Räumlichkeiten vermietet die Betriebsgesellschaft an die Habotec GmbH. „Das hat für uns unter anderem den Vorteil, dass wir nach der Staffelübergabe die Immobilie weiter an die GmbH vermieten können. Falls der Übernehmer das nicht will, können wir das Haus verkaufen oder anderweitig verwerten. Wir verschaffen uns damit also Flexibilität“, sagt Elektromeister Bode.

Neue Bewertung und alte Freibeträge

Darüber hinaus hält der Firmenchef Immobilien im Privatvermögen. „Ich überlege, diese frühzeitig an die Kinder zu übertragen“, wägt Bode ab. Er befürchtet, dass die Freibeträge von 400.000 Euro pro Kind aufgrund der mit dem Jahressteuergesetz eingeführten Neubewertung ausgeschöpft werden könnten, womit Steuern anfallen. „Deshalb plane ich, Anteile an den Objekten vorab zu schenken“, meint Bode. Hintergrund ist: Die Freibeträge dürfen innerhalb der Familie alle zehn Jahre erneut ausgeschöpft werden.

Doch was hat es mit der Neubewertung der Immobilien auf sich? Man muss wissen: Das Finanzamt wendet zur Bewertung von Immobilien drei Verfahren an, abhängig von der Art des Gebäudes. So regelt es das Gesetz.

  • Beim sogenannten Vergleichswertverfahren entspricht die Bemessungsgrundlage für die Erbschaft- und Schenkungsteuer am Ende in etwa dem Verkehrswert. „Das ist der am Markt erzielbare Verkaufspreis“, erklärt Christopher Gampert, Steuerberater der Kanzlei Ecovis in Bayreuth.
  • Dann gibt es noch das Sachwertverfahren, bei dem das Alter des Gebäudes mit einem entsprechenden Abschlag eingerechnet wird. „Der Sachwert fällt meist etwas niedriger als der Verkehrswert aus“, erläutert Gampert. Er berücksichtigt den baulichen Wert und den erzielbaren Verkaufspreis am Ort.
  • Und beim Ertragswertverfahren geht es um den nachhaltig erzielbaren Ertrag, womit sich diese Bewertungsmethode vor allem auf die Vermieter auswirkt. An den Verfahren an sich ändert sich nichts. Aber einzelne Berechnungsfaktoren passte der Gesetzgeber an. „Und dies führt zu den höheren Werten“, kommentiert Gampert.

Übersicht: Was Ein- und Zweifamilienhäuser kosten

Das Institut Empirica ermittelt regelmäßig die Immobilienpreise für Städte und Gemeinden in Deutschland. Das kosteten neue Ein- und Zweifamilienhäuser je Quadratmeter im vierten Quartal 2022:

OrtPreis je Qudratmeter
in Euro
München12.284
Heidelberg9.069
Rosenheim8.799
Köln 6.937
Stuttgart6.844
Frankfurt6.429
Hamburg6.218
Berlin6.006
Potsdam5.885
Quelle: Empirica-Preisdatenbank (Basis: VALUE Marktdaten)

Einheitliche Immobilienbewertung

Die neuen Regeln dienen dazu, die Immobilienbewertung zu vereinheitlichen. Man will einen marktgerechten Ansatz. Dennoch: „Es wird wohl keine Immobilie geben, die von höheren Werten verschont bleibt. Wir erwarten aber, dass vor allem wohnwirtschaftlich genutzte Immobilien betroffen sind. Bei Grundstücken rechnen wir nur mit geringen Wertberichtigungen“, erklärt Manfred Gabler, Geschäftsführer der Firma ErbTeilung in Weilheim. Laut Eigentümerverband Haus & Grund können die Wertsteigerungen bei 20 bis 30 Prozent liegen, andere Quellen gehen sogar von bis zu 50 Prozent aus. Wenn eine Immobilie mit einem bisherigen Wert von 400.000 Euro künftig mit bis zu 600.000 Euro veranschlagt wird, dann ist klar: Für die Kinder fallen Steuern in Höhe von mehreren Tausend Euro an.

Deshalb hagelt es Kritik: „Es muss auch in Zukunft möglich sein, eine vermietete oder selbst genutzte Immobilie ohne finanzielles Desaster an seine Kinder zu vererben“, sagt Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund. Der Verband plädiert dafür, jetzt zügig höhere Freibeträge bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer einzuführen. Diese sind seit 2009 nicht mehr gestiegen. Die FDP sieht wohl das Problem und will sich für eine Anhebung stark machen. Die CSU in Bayern bereitet nach Aussage von Finanzminister Albert Füracker derweil eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht vor. Sie fordert regional differenzierte Freibeträge für Immobilienerbschaften.

Beispielfall So wirkt die Neubewertung steuerlich

Die Bewertung von Immobilienvermögen beeinflusst die Höhe der Steuer, wie dieses Beispiel zeigt: Ein Mietobjekt in Frankfurt am Main mit einem Wert von rund drei Millionen Euro wird an drei Kinder vererbt oder verschenkt. Erhöht sich die Bewertungsbasis aufgrund der neuen Rechtslage auf 4,5 Millionen Euro, steigen Steuersatz und Steuerschuld.

Beispielfall So wirkt die Neubewertung steuerlich
© handwerk magazin

Fazit: Für die Immobilie werden durch die Neubewertung je Kind 209.000 Euro Erbschaftsteuer fällig. Die Differenz beträgt 119.000 Euro gegenüber der bisherigen Regelung. Das Finanzamt erhebt die Erbschaftsteuer für jeden Miterben unabhängig von seiner persönlichen Finanzsituation sofort.

Die Optionen prüfen

Handwerkschefs planen aktuell ihre Immobilienübertragungen auf Basis der geltenden Regeln. Bei hohen Objektwerten kann es Sinn ergeben, in Tranchen zu übertragen. Schließlich lassen sich die Freibeträge für Ehepartner und Kinder alle zehn Jahre erneut ausschöpfen. Schenkungen sind vorab gut zu durchdenken. Zum einen lässt sich weiterhin ein niedriger Wert prinzipiell per Gutachten dokumentieren, der dann die Bemessungsgrundlage für die Steuer sein kann. Das kann je nach Preisniveau am Ort funktionieren. Die Rechtsanwälte Oliver Ehrmann und Yusuf Yildirim der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen & Partner mit Sitz in Köln allerdings machen nicht allzu große Hoffnungen: „Angesichts des Preisniveaus am Immobilienmarkt wird dies nur noch selten gelingen.“

Niessbrauch und Wohnrecht

Zum anderen ist geschenkt bekanntlich geschenkt. Die Eltern verlieren nach der Übertragung jeglichen Zugriff. Experten wie Gampert raten dazu, sämtliche Optionen detailliert zu prüfen. So besteht etwa alternativ die Möglichkeit, sich ein Nießbrauchsrecht oder ein Wohnrecht zu sichern – was beides für das Finanzamt den Wert der Schenkung mindert. „Allein aus fiskalischen Gründen sollte niemand seinen Kindern ein Haus oder eine Wohnung schenken“, rät Gampert.

Allerdings können noch andere Überlegungen dafür sprechen, Vorsorge zu treffen. Experte Gabler erläutert den Hintergrund: „In zwei Dritteln aller Fälle erbt nicht einer allein, sondern mehrere Personen gemeinsam. Wenn vorab nichts geregelt ist, befinden sich die Erben mit dem Tod des Erblassers in einer gesetzlichen Zwangsgesellschaft, also einer Erbengemeinschaft.“ Er warnt davor: „Gerade bei Immobilienvermögen im Nachlass ist das Streitpotenzial sehr groß. Denn das Objekt lässt sich anders als Geld und Aktien nicht einfach teilen, sondern muss verkauft werden.“ Genau hier sieht der Experte mit Blick auf die höhere Neubewertung ein Risiko: „Das Finanzamt verlangt seine Steuer von jedem Erben entsprechend seines Erbanteils schon kurze Zeit nach dem Erbfall – und zwar unabhängig davon, ob die Erbengemeinschaft den vom Finanzamt ermittelten Wert erzielt oder nicht.“

Erbschaft und die Banken

Hier besteht noch ein weiteres Problem: „Eine Immobilie wird von den Banken immer nur als Ganzes beliehen. Sie werden die gesamte Immobilie als Pfandobjekt haben wollen“, erklärt Gabler. Dies gelingt nur Alleinerben, die über ihre geerbte Immobilie auch ganz autark entscheiden können und der Bank gestatten, etwa eine Grundschuld eintragen zu lassen. Bei Erbengemeinschaften klappt eine klassische Finanzierung leider überhaupt nicht, „da der erbschaftsteuerpflichtige Teilerbe nur einen Anteil am Nachlass besitzt“, so Gabler. Das Ergebnis findet der Experte absurd: „Auch wenn sein Anteil am Nachlass eine Million Euro Wert hat, wird der Miterbe keine fünf Euro als Darlehen von der Bank erhalten.“ Entsprechend kann es schwierig werden, trotz des beachtlichen Vermögens die geforderten Steuern zu zahlen.

All das sind gute Gründe für Immobilieneigentümer, sich frühzeitig mit einer möglichen Immobilienübertragung an die Nachkommen zu beschäftigen – so wie es auch Unternehmer Peter Bode aus Lübeck jetzt angehen will.