Vermögensaufbau Nachhaltige Geldanlage: Laut Marktbericht 2023 auf Wachstumskurs

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Das Forum Nachhaltige Geldanlagen e.V. hat seinen Marktbericht 2023 vorgestellt. Positiv: Der Anteil nachhaltiger Geldanlagen am Gesamtmarkt hat sich seit 2018 verdreifacht. Im Vergleich zum Vorjahr betrug der Zuwachs 15 Prozent. Insgesamt steckten Ende 2022 nun 578,1 Milliarden Euro in grünen Investments. Negativ: Die Debatte um Greenwashing kostet das Vertrauen der Anleger. Wie die Branche gleichzeitig ihren Wachstumskurs beibehalten und Qualität und Glaubwürdigkeit grüner Produkte garantieren will.

Die meisten nachhaltigen Fonds verfolgen nicht nur eine Strategie, sondern koppeln verschiedene Nachhaltigkeitsansätze. - © zwehren - stock.adobe.com

In Deutschland beträgt der Anteil nachhaltiger Anlagen (Publikumsfonds, Mandate und Spezialfonds) am Gesamtmarkt 12,5 Prozent. Im Vorjahr waren es erst 9,4 Prozent. Damit beträgt der Zuwachs laut Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) 15 Prozent. Und: Allein die Publikumsfonds, also jene grünen Investmentfonds, die jedermann an der Börse kaufen kann, haben ein Volumen von 317 Milliarden Euro erreicht - ein Plus von 29 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Zum Vergleich die Zahlen des Gesamtmarkts aller Investmentfonds, ermittelt vom Bundesverband Investment und Asset Management (BVI): Das Volumen aller Fonds und Mandate in Deutschland betrug zum 31. Dezember 2022 rund 3,8 Billionen Euro. Das ist ein Rückgang von 12 Prozent zum Vorjahr.

Nachhaltige Geldanlagen legen zweistellig zu

Während also der Gesamtmarkt schrumpft, legen die nachhaltigen Anlagen im zweistelligen Prozentbereich zu.

"Das vergangene Jahr war von vielen Unsicherheiten geprägt. Zudem belastete das schwierige Börsenjahr. Nachhaltige Geldanlagen erreichen ... zwar nicht die Wachstumsraten der früheren Jahre, legen aber weiter deutlich zu. Mehrere wissenschaftliche Studien belegen, dass nachhaltige Geldanlagen krisenresistenter als konventionelle Produkte sind. Sie sind weiterhin sehr gefragt", beurteilt Bernhard Engl, Vorstandsvorsitzender des FNG die Ergebnisse des Marktberichts.

Welche grünen Anlagestrategien gefragt sind

Im Marktbericht wurden erneut die häufigsten nachhaltigen Anlagestrategien analysiert. Dabei verfolgen die Fonds oftmals nicht nur eine Strategie, sondern koppeln verschiedene Nachhaltigkeitsansätze.

  • 95 Prozent aller Fonds legen das Geld ihrer Investoren nach Ausschlusskriterien an. Also beispielsweise keine Chemiewerte, keine Waffen oder ähnliches.

  • 90 Prozent aller Fonds geben das Engagement als Anlagekriterium an. Das heißt: Das Fondsmanagement steht im aktiven Austausch mit den Unternehmen, in denen das Fondsvermögen investiert ist. Dabei ist es das Ziel, die Unternehmensführung zu einer stärkeren Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien zu bewegen.

  • 88 Prozent aller Fonds achten darauf, dass sie ihre Stimmrechte und Aktionärsanträge auf Hauptversammlungen im Sinne der Nachhaltigkeit nutzen, damit sich das jeweilige Unternehmen verantwortlicher und umweltfreundlicher aufstellt.

Greenwashing: Nicht nur ein Definitionsproblem

"Schon 2019 war klar, dass Greenwashing ein Problem war und bleiben würde", schreiben die Autoren des Marktberichts. Um Das Problem in den Griff zu bekommen, hat die EU die Offenlegungsverordnung (OffVO - (EU) Nr. 2019/2088) beschlossen. In der OffVO hat sie sehr weit gefasste nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungskriterien für die sogenannten Artikel-8-Fonds formuliert. Anders für Artikel-9-Fonds, die sehr enge Vorgaben haben. Nun nutzen die Fondsanbieter diese beiden Kategorien, um ihre Fonds zu vermarkten. Damit hat sich ein Qualitätsstandard etabliert, der eigentlicher keiner ist, "da in der Verordnung z. B. keine Mindestwerte festgelegt sind, was bei einem Standard zu erwarten wäre. Folgen sind eine Marktfragmentierung – und genau das, was die Verordnung eigentlich verringern sollte: Greenwashing-Risiken", so die Autoren der Studie. Kurz gesagt: Fondsanbieter nutzen die unklare Definition von Artikel 8- und Artikel-9-Fonds, um mit diesen Labels zu werben. Für private Anleger ist es deshalb besonders schwierig, die grünen von den grün angestrichenen Fonds zu unterscheiden.

"Greenwashing ist die Praxis der Irreführung von Finanzmarktakteuren und Anleger:innen, insbesondere (aber nicht ausschließlich) im Zusammenhang mit der Erlangung eines unlauteren Wettbewerbsvorteils, indem eine unbegründete ESG-Behauptung über ein Finanzprodukt oder eine Finanzdienstleistung aufgestellt wird (angelehnt an die Definition der ESMA Securities and Markets Stakeholder Group). Es ist zu unterscheiden zwischen Fällen, in denen eine objektive Falschaussage vorliegt (Greenwashing) und Fällen, in denen subjektive Meinungen dazu, was nachhaltig ist, aufeinandertreffen. Letzteres kann zu Greenwashing-Vorwürfen führen."

FNG Forum Nachhaltige Geldanlagen, Marktbericht 2023

Das Problem mit den Artikel 9-Fonds

Wie unterschiedlich Artikel 9-Fonds sein können, hat eine Analyse von über 1.000 Artikel 9-Fonds gezeigt: Während 60 Prozent der Fonds eine wirkungsorientierte (Impact) Anlagestrategie verfolgen, verfolgen 40 Prozent eine (nicht Impact bezogene) ESG-orientierte Anlagestrategie.

Und das macht inhaltlich einen riesigen Unterschied. Denn Impact bedeutet, dass in Unternehmen, Organisationen und Fonds investiert wird, die neben einer finanziellen Rendite messbare, positive Auswirkungen auf die Umwelt oder die Gesellschaft erreichen. ESG bedeutet hingegen nur, dass die Zielunternehmen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung im Sinne der Nachhaltigkeit (irgendwie) berücksichtigen.

Übrigens: Bei den Renditen gibt es keine signifikanten Unterschiede zwischen Impact und ESG - allerdings haben Impact Fonds meist höhere Verwaltungsgebühren. Das liegt wohl vor allem an dem deutlich höheren Aufwand, den das Fondsmanagement betreiben muss, um Impact Investments aufzuspüren und zu analysieren.

Wichtig auch: Viele Fondsgesellschaften haben ihre ehemals als Artikel 9-Fonds vermarkteten grünen Fonds im Januar 2023 herabgestuft. Sie erzielten seitdem geringere Renditen als Fonds, die ihre Status beibehalten haben - also von Anfang an Artikel 8-Fonds waren.

Wie das Greenwashing beendet werden kann

"In Brüssel werden zwei verschiedene Möglichkeiten diskutiert, das strukturelle Problem der Offenlegungsverordnung zu lösen: ein Weg könnte sein, die Offenlegungsverordnung als reine Transparenzverordnung beizubehalten, sie dann aber durch ein Labelling-Regime zu ergänzen, dass die Qualität sichert. Der andere Weg wäre, die OffVO mit Standards zu versehen und sie damit dem Verständnis des Marktes anzupassen", erklären die Autoren.

FNG-Siegel für geprüfte Nachhaltigkeitsfonds

Wer geprüfte Sicherheit, quasi einen TÜV für seine nachhaltigen Fondsinvestments möchte, kann sich am Prüfsiegel des FNG orientieren. Seit 2015 analysieren die Experten inzwischen rund 111 Nachhaltigkeitsaspekte eines Fonds, bevor sie ihr Siegel vergeben. Eine Liste mit geprüften Fonds finden Sie hier: https://fng-siegel.org/fng-siegel-2023/

Achtung: Fondsanbieter können sich mit ihren Fonds selbstständig auf der Internetseite des FNG listen - das FNG überprüft diese Angaben nicht. Die Fonds erscheinen dort mit ihren Nachhaltigkeitsprofilen. Sie ergeben sich aus der Beantwortung eines Fragenkatalogs des FNG. Wer auf der Seite des FNG nach passenden Nachhaltigkeitsfonds sucht und dabei seine persönlichen Ziele und Präferenzen in eine Suchmaske eingibt, erhält eine Liste mit den entsprechenden Fonds. Sie besteht aus Fonds mit Siegel (gekennzeichnet) und solchen mit Nachhaltigkeitsprofilen.

Prüfverfahren des FNG

So prüft das FNG die Nachhaltigkeit von Fonds.
So prüft das FNG die Nachhaltigkeit von Fonds. - © Forum Nachhaltige Geldanlage e.V.