Die Baumann-Kolumne "Neues von der Werkbank" Kommentar: Der Traum vom grünen Wirtschaftswunder wird immer mehr zum Alptraum!

Zugehörige Themenseiten:
Fördermittel, Konjunktur, Neues von der Werkbank – Kolumne von Ruth Baumann und Zukunftsperspektiven im Handwerk

Die Aushöhlung und Abkehr von den Prinzipien der Marktwirtschaft zeigen Wirkung. Trotz exorbitanter Steuereinnahmen ächzt der Staat unter seinen eigenen Versprechen, nimmt schon wieder einen Teil zurück und beglückt weiterhin mit seinem „Füllhorn“. Kolumnistin Ruth Baumann wirft in dieser Folge von “Neues von der Werkbank“ einen kritischen Blick auf die aktuelle Wirtschaftslage der Bundesrepublik.

Ruth Baumann Landesvorsitzende UFH Baden-Württemberg
Ruth Baumann Landesvorsitzende ufh Baden-Württemberg. Gemeinsam mit ihrem Mann führt sie die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. - © privat

Niemand kann mehr behaupten, nicht mitzubekommen, wie sehr der Wirtschaftsstandort Deutschland schwindet. Neben renommierten Industriebetrieben, die teilweise schon im Ausland sind oder aber auf gepackten Koffern sitzen, sind mittlerweile auch die Betriebsschließungen und Insolvenzen im Mittelstand angekommen.

Es ist kein kurzes Pause machen, um Luft zu holen, vielmehr ist hier der Glaube an Prosperität verloren gegangen. Und mit den Unternehmen gehen die Arbeitsplätze sowie Steuereinnahmen. Die Einnahmen sinken, die Füllhörner leeren sich und die Trostpflaster (vgl. Fördermittel) gehen aus.

Abkehr von der sozialen Marktwirtschaft

Nicht einmal in Zeiten größter Steuereinnahmen ist es gelungen, die Koordinaten auf Verlässlichkeit, Transformation und soziale Marktwirtschaft zu justieren. Man huldigte einem Politikstil mit „Scheckheft“ statt mit Inhalten. Es ist eigentlich schon eine Kunst, stets mehr Geld auszugeben als man überhaupt zur Verfügung hat und doch ist genau das in den letzten Jahren gelungen. Und es war nicht allein die Pandemie oder der Ukraine-Krieg, sondern der Hochmut durch die Abkehr von der sozialen Marktwirtschaft.

Die Zahl der Brandbriefe und Hinweise haben immer noch keinen richtig greifbaren Niederschlag in der Politik gefunden. Warum gelingt es uns nicht, Energie bezahlbar bereitzustellen? Schnellere Verfahren, Entbürokratisierung, Steuerreform (in der Abgabenhöhe ist man hier zu Lande zumindest führend) auf den Weg zu bringen? Wo trägt man endlich der demographischen Entwicklung in der Renten- und Sozialversicherung Rechnung? In neuen Abgaben und Belastungen oder nur im weiteren Umverteilen von Geldern bzw. „Sondervermögen“ (Schulden)? Die Chancen von offenen Märkten reguliert man derart stark, dass es den Motor abwürgt, ohne vom Fleck gekommen zu sein. Wir huldigen lieber dem „Lieferkettensorgfaltsgesetz“, als einen Blick in andere Länder zu wagen. Was macht man dort so anders, dass Wachstum und Solidität realistischer sind?

Wenn Abgaben nach Gutsherrenmentalität steigen

Für alle zur Erinnerung: weniger Marktwirtschaft bedeutet Planwirtschaft. Viele sind es leid, einst mit den Kosten einer Kugel Eis geködert worden zu sein, um dann im weiteren Verlauf mit immer neuen Abgaben und Belastungen überzogen zu werden. Die CO2-Abgabe sollte ein grünes Erfolgsmodell und mit den generierten Einnahmen der Bürger nicht nur „mitgenommen“, sondern vielmehr entlastet werden. Mittlerweile steigt die Abgabe nach Gutsherrenmentalität und die versprochene Entlastung wurde bereits wieder „eingefangen“. Glaubwürdigkeit sieht irgendwie anders aus. Logisch wäre doch gewesen, mit der Rücknahme der Entlastung auch die Höhe der Abgabe zu kürzen, oder?

Ähnliches droht beim Bürgergeld: vollmundige Versprechungen und zugesicherte Erhöhungen, die man nun doch nicht einhalten kann. Ob die neue „Tierwohlabgabe“ auch wieder ein trojanisches Pferd für eine zusätzliche Kostenbelastung ist? Nicht pro Landwirtschaft, sondern als neue Einnahmequelle und Baustein für Umerziehung. Man wird Gelder einsammeln, um sie dann wieder in erneuter „Gutsherrenmentalität“ zu verteilen. Es wurde nicht nur Mobilität, Energie und Wohneigentum (vgl. Grundsteuer) zum vermeintlichen Luxusgut, jetzt geht es auch noch um die Steuerung des Essverhaltens. Demokratie ist anstrengend und es sei an dieser Stelle einfach klar und deutlich gesagt: jeder Wähler muss auch die Chance haben, Parteien, deren Ausrichtung er nicht teilt, abzuwählen bzw. nicht zu wählen. Es wird künftig nicht mehr um parteiliche „Vernunftehen“ gehen, sondern um Liebeshochzeiten zwischen Mandatsgeber und Mandatsträger. Eine beschwerliche Sichtweise, dafür aber ehrlich!

Eine Planwirtschaft, die nicht sexy ist

Erneut folgt hier der Appell, endlich eine staatliche Inventur zu machen. Wer Wohnraum verspricht, kann nicht mit dem Fabulieren über Luftschlösser zufrieden sein. Wer nicht versteht, dass die Investitionsbereitschaft aufgrund vieler (staatlicher) Vorgaben schwindet, sollte mal MARKTWIRTSCHAFTLICHE Ursachenforschung betreiben. Forschung und Entwicklung brauchen ebenfalls Freiheit. Marktreife Produkte lechzen nach Rahmenbedingungen, in denen man einfach mal machen kann.

Wir dagegen lassen sie ziehen, weil unsere Planwirtschaft nun mal nicht „sexy“ ist. Da helfen auch keine nachgetragenen „Füllhörner“ in Form von Schecks. Der Staat muss sich endlich mal Gedanken über seine Pflichten und erst dann über seine Kür machen. Bei Effizienz und lean management darf er sich selbst nicht ausnehmen, im Gegenteil. Der Staat muss Beispielgeber und Vorreiter zugleich sein. Auf „Sondervermögen“ zu setzen, ist kein Wettbewerbsvorteil, sondern Brandbeschleuniger für die Zukunft.

Zeit für Antworten

Wenn das Heft des Handelns nicht endlich in die Hand genommen wird, wird das ehemalige Qualitätssiegel Made in Germany zur Überschrift des Nachrufs auf den Wirtschaftsstandort. Die Marktwirtschaft toleriert dauerhaft nur rentable Betriebe, schlanke Verwaltung und möglichst wenig Administration, denn dann bleibt noch Geld für Rücklagen, Forschung und Entwicklung. Das wäre doch ein Ansatz, oder?

Wer etwas will, findet Lösungen. Wer etwas nicht will, findet Gründe. Es ist höchste Zeit für Antworten, denn nicht nur BASF, Bosch, Miele und Co. sind des Wartens darauf leid.

Über Autorin Ruth Baumann:

Bei Ruth Baumann war es ein zart gehauchtes "Ja", das sie in einen mittelständischen Straßenbaubetrieb und damit ins Handwerk brachte: Seit ihrer Hochzeit führt sie gemeinsam mit Ehemann Martin Baumann die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. Trotz ihres abgeschlossenen Hochschulstudiums entschied sie sich damals bewusst, in den Familienbetrieb einzusteigen und bekräftigte dies durch eine weitere Ausbildung zur Bürokauffrau. Zunächst im Ehrenamt bei den Unternehmerfrauen im Handwerk Freiburg, später als Präsidentin des Landesverbandes der Unternehmerfrauen im Handwerk Baden-Württemberg, war es ihr immer ein besonderes Anliegen, die Mitglieder mit einem gesunden Selbstbewusstsein und Stolz auf das Handwerk auszustatten. Sie sieht die Unternehmerfrauen als Wirtschaftsverband und vertritt dies auch in der Öffentlichkeit.

Ihre betriebliche Erfahrung wurde in der Folgezeit auch verstärkt in der politischen Theorie nachgefragt und stieß – zu ihrer eigenen Überraschung – auf immer mehr Resonanz. Es folgten unterschiedliche Kommissionen und Funktionen in der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, die sie mittlerweile auch auf Bundesebene ausführt. In Interviews, Vorträgen und Podiumsdiskussionen rund um das Handwerk gibt sie parteiübergreifend Einblicke in die Sorgen und Nöte von Familienbetrieben. Jüngst wurde sie in den Bundesvorstand der CDU gewählt und ist dort als "Handwerk mit Mundwerk und akademischen Grad" Mittler zwischen unterschiedlichen Welten.