Die Baumann-Kolumne "Neues von der Werkbank" Kommentar: Lieber Staat, konzentriere Dich auf Deine Kernbereiche Sicherheit, Bildung, Gesundheit und Energie!

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Neues von der Werkbank – Kolumne von Ruth Baumann

"Erst besinnen, dann beginnen" – so lautet ein Wandspruch in der Kleinen Gilde in Riga, dem Versammlungshaus der Handwerker. Selbst nach mehr als 100 Jahren ist er noch zeitgemäß. Die Eingriffe und Reglementierungen seitens des Staats nehmen dessen unbeachtet aber jährlich zu. Was dagegen tun? Kolumnistin Ruth Baumann, Präsidentin der Unternehmerfrauen im Handwerk (ufh) Baden-Württemberg, ist in der aktuellen "Neues von der Werkbank"-Folge der Meinung, dass sich der Staat gerade in Krisenzeiten zurücknehmen und auf seine eigentlichen Kernaufgaben konzentrieren sollte.

Ruth Baumann Landesvorsitzende UFH Baden-Württemberg
Ruth Baumann Landesvorsitzende ufh Baden-Württemberg. Gemeinsam mit ihrem Mann führt sie die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. - © privat

Die Zeit, in der wir Entscheidungen treffen müssen, das weiß jeder Unternehmer nur zu gut, ist nicht verhandelbar und oftmals sehr knapp. Umso wichtiger ist, dass es konstante Größen gibt, die die Urteilsfindung erleichtern. Kopfloses Agieren führt in der Regel nicht zum Erfolg. Was muss ich also tun? Was kann ich überhaupt tun? Und wie komme ich schlussendlich zum Ziel? Das Aufgabenheft eines Betriebsinhabers ist groß: Soziale Verantwortung gegenüber Mitarbeitern, verlässliche Kunden-/Lieferantenbeziehungen, wirtschaftlicher Erfolg, finanzielle Verpflichtungen gegenüber Staat als auch Gesellschaft und nicht zuletzt auch der sparsame sowie nachhaltige Umgang mit Gütern.

Nicht so gelaufen wie es sollte

Um dieses Pensum aber auch erfüllen zu können, braucht es an anderer Stelle ebenfalls „Partner“, die ihren Aufgaben nicht nur gerecht werden, sondern sie auch tatsächlich erledigen. Gerade in den letzten Jahren glaubte „Vater Staat“ viele Dinge in einer Art „Zwangsbeglückung“ an sich reißen zu müssen. Das eigentliche Aufgabenheft wurde dabei allerdings oft vernachlässigt. Innere und äußere Sicherheit sind nicht selbstverständlich und die Weichen hierfür stellt nur die Politik. Bildung ist das Rüstzeug einer jeden Gesellschaft in ein selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Leben. Bei dem Zustand und der Ausstattung so mancher Schulen scheint man sich dieser Verantwortung jedoch nicht bewusst zu sein.

Nicht nur die Pandemie hat gezeigt, dass das Gesundheitswesen mittlerweile selbst zum Patienten wurde. Kliniksterben, Fallpauschalen, Budgetierung, Personalmangel auf der einen Seite und die große „Gießkanne“ beim Maskenkauf, Testzentren und Versprechungen wiederum auf der anderen Seite. Und wenn Lösungen nicht greifbar sind, dann widmet man Corona- Maßnahmen eben zum Arbeitsschutz (nebst Datenschutzgrundverordnung) um. Ein ehemals auf Wettbewerb unter den Krankenkassen ausgerichtetes System, das bisher funktioniert hatte, hat der Staat einfach umstrukturiert. Eine Erfolgsgeschichte? Vollmundig versprach man den Betrieben die Einwanderung von Fachkräften, mittlerweile fehlen jedoch auch Arbeitskräfte. Unternehmen, die sich selbst auf die Suche machen, wären schon mit kurzen und unbürokratischen Hilfestellungen bzw. Terminen bei Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis oder Führerscheinstellen geholfen. Die „Erfolge“ jahrzehntelanger Projekte zeigen, dass Hoffnungen zwar geweckt, aber Aufgaben nicht erfüllt wurden.

Die Sache mit der Energie

Jeder Haushalt und auch jeder Betrieb benötigen Energie. Ein begrenztes, aber vor allem teures Gut. Eine „Milchkuh“, die vermeintlich ewig sprudelnde Staatseinnahmen verhieß. Obwohl man durch weitere Abgaben die Preisspirale, politisch gewollt, nach oben trieb, ist man jetzt „betroffen“, dass jeder einzelne dies nun auch im Geldbeutel merkt. Transformation der Wirtschaft und Green Deals sollten weltweit als Erfolgsmodell Nachahmer finden, den nötigen Griff in den Geldbeutel jedes einzelnen blendete man dabei aus. Nicht nur durch den Ukraine-Krieg haben wir Verlässlichkeit und Planbarkeit unserer Versorgung verloren. Nach Geothermie, Gas oder Pellett gelten nun Photovoltaik, Windräder oder Wasserkraft als Retter. Wer so schnell die Pferde wechselt, büßt Vertrauen ein. Die Kosten für derartige pädagogische Ausflüge zeigen sich entsprechend auch in der Inflation.

Mobilität, ein schwieriges Thema

Mobilität – das steht nicht nur für Urlaubsfahrten, sondern auch für Lebensmittel- und Materialtransporte, Arbeitswege, Krankentransporte und vieles mehr. Es braucht hierbei keine weiteren staatlichen Vorgaben, sondern lediglich die Einsicht, dass eben nicht alles mit dem Mantra des ÖPNV oder der Seligsprechung des Fahrrades zu bewerkstelligen ist. Wie frei die Politik selbst in der Wahl der Form der eigenen Mobilität ist, kann man der Presse entnehmen. Aber will man künftig unseren Mitarbeitern den Arbeitsplatz passend zum Wohnort vorschreiben?

Wie kann ein Staat den Teufelskreis durchbrechen?

Jeder Eingriff und jede Reglementierung seitens des Staates lösen weitere aus. Ob bei Finanzen, Renten, Wohnungsbau, Energieversorgung, Lieferketten … einmal angefangen, ist der Teufelskreis – trotz wachsenden Personals – nicht mehr zu durchbrechen. Besinnen wir uns also endlich! Das unternehmerische Aufgabenheft ist übervoll, wir wollen es abarbeiten können und nicht tagtäglich erweitert bekommen. Die Zukunft einer Gesellschaft wird von Standortfaktoren und Vertrauen in Rahmenbedingungen, nicht von gegenderter Amtssprache entschieden. Jeder sollte sich auf seine Aufgaben konzentrieren, anstatt sie anderen in das Pflichtenheft zu schreiben. Und das gilt auch für „Vater Staat“!

Über Autorin Ruth Baumann:

Bei Ruth Baumann war es ein zart gehauchtes "Ja", das sie in einen mittelständischen Straßenbaubetrieb und damit ins Handwerk brachte: Seit ihrer Hochzeit führt sie gemeinsam mit Ehemann Martin Baumann die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. Trotz ihres abgeschlossenen Hochschulstudiums entschied sie sich damals bewusst, in den Familienbetrieb einzusteigen und bekräftigte dies durch eine weitere Ausbildung zur Bürokauffrau. Zunächst im Ehrenamt bei den Unternehmerfrauen im Handwerk Freiburg, später als Präsidentin des Landesverbandes der Unternehmerfrauen im Handwerk Baden-Württemberg, war es ihr immer ein besonderes Anliegen, die Mitglieder mit einem gesunden Selbstbewusstsein und Stolz auf das Handwerk auszustatten. Sie sieht die Unternehmerfrauen als Wirtschaftsverband und vertritt dies auch in der Öffentlichkeit.

Ihre betriebliche Erfahrung wurde in der Folgezeit auch verstärkt in der politischen Theorie nachgefragt und stieß – zu ihrer eigenen Überraschung – auf immer mehr Resonanz. Es folgten unterschiedliche Kommissionen und Funktionen in der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, die sie mittlerweile auch auf Bundesebene ausführt. In Interviews, Vorträgen und Podiumsdiskussionen rund um das Handwerk gibt sie parteiübergreifend Einblicke in die Sorgen und Nöte von Familienbetrieben. Jüngst wurde sie in den Bundesvorstand der CDU gewählt und ist dort als "Handwerk mit Mundwerk und akademischen Grad" Mittler zwischen unterschiedlichen Welten.