Die Baumann-Kolumne "Neues von der Werkbank" Kommentar: Soll der konstante Griff in den Steuerzahler-Geldbeutel den Schein der Spaßgesellschaft retten?

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Neues von der Werkbank – Kolumne von Ruth Baumann und Zukunftsperspektiven im Handwerk

Es ist soweit: Die Politik gibt nach und nach zu, dass eine Zeitenwende ansteht. Mittlerweile ist auch der Krieg in der Ukraine bei uns angekommen: nicht mehr als Berichterstattung, sondern mit spürbaren Auswirkungen weltweit. Ist jetzt „Schluss mit lustig“ oder versucht man den unbeschwerten Schein zu wahren, in dem man bisherige Geldquellen einfach weiter auspresst? Genau dieser Fragestellung nimmt sich Kolumnistin Ruth Baumann, Präsidentin der Unternehmerfrauen im Handwerk (UFH) Baden-Württemberg, in der heutigen Folge von “Neues von der Werkbank“ an.

Ruth Baumann Landesvorsitzende UFH Baden-Württemberg
Ruth Baumann Landesvorsitzende UFH Baden-Württemberg. Gemeinsam mit ihrem Mann führt sie die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. - © privat

In meinen Augen ist die jahrzehntelange Party der Spaßgesellschaft, die auf Kosten und Leistungen vorangegangener Generationen gelebt hat, vorbei. Jetzt ist der Moment eingetreten, wo die Musik nicht mehr spielt, die Lichter angehen und die Überbleibsel der großen „Sause“ aufgeräumt und entfernt werden müssen. Der Wohlfahrtsstaat erfährt seine Grenzen.

Boten der Zeitenwende?

Freiheiten und Annehmlichkeiten, die bis vor kurzem noch als selbstverständlich galten, sind es plötzlich nicht mehr. Wie leicht war es doch, sich mit der Umsetzung des Green Deals zu befassen und die Welt retten zu wollen. Mittlerweile wird allerdings immer deutlicher, dass dies eine Gesellschaft und Wirtschaft auch leisten können muss. Wo liegt die künftige Priorität bei Flächen? Eher bei landwirtschaftlicher Nutzung oder bei Energiegewinnung? Die Bereitschaft, bei der Berufswahl aktiv Klimaschutz zu betreiben, vielleicht sogar auch in einem Handwerksberuf, ist noch immer übersichtlich. Einfacher ist es dagegen, Straßen zu blockieren, öffentlichkeitswirksame Aktionen zu planen und davon auszugehen, mittels Symbolik Handeln ersetzen zu können.

Man möchte immer noch glauben, dass es reicht, wortreich über die Formen der künftigen Energiegewinnung zu philosophieren, während die Rohstoffe immer knapper und teurer werden. Viele sind der Überzeugung, dass die Zeiten als Zuschauer und Kommentator ewig währen. Manche naive, fast kindliche Haltung erlebt bei dem Blick auf den Tankbeleg, in die Regale des Supermarkts, den Lieferzeiten von Materialien oder den steigenden Kosten bei Verbrauchsgütern einen Realitätsschock. Sind das die Boten der Zeitenwende?

Die Machenschaften von Vater Staat

Während die Politik bereits die Öffentlichkeit auf künftige Einschränkungen, ja gar eine Zeitenwende, einstimmt, steigt die Inflation und die Jagd nach neuen oder weiteren Geldquellen ist eröffnet. Wenn Vater Staat durch Energiesteuer, CO₂-Abgabe und Mehrwertsteuer Einnahmen generiert, um so sich und (vielleicht auch) die Welt zu retten, grenzt es schon an Scheinheiligkeit, jetzt einen Energiekostenzuschuss zu erfinden, um auf diese Weise die Belastungen für den einzelnen abzufedern. Die Preissteigerung ist zumindest in Teilen hausgemacht und weitaus höher, wie die zu erwartende Erleichterung durch einen Zuschuss. Und nebenbei bemerkt: die Umsetzung will Vater Staat auch noch sang- und klanglos auf die Schreibtische der heimischen Betriebe wälzen.

Ehrlicher wäre es jedoch gleich an die Steuerschraube zu gehen oder sich selbst bei der Ausgabenpolitik zu disziplinieren. So erweist sich der vermeintliche Zuschuss als Mogelpackung, weil er – im Unterschied zur Coronaprämie, welche die Betriebe aus eigenen Mitteln bestritten haben – hierauf noch Sozialabgaben erhebt, die Abgabe zur Einkommensteuererklärung durch die Hintertür einführt und noch zusätzlich den Unternehmen durch die Steigerung der Bruttolohnsumme höhere Beiträge bei Berufsgenossenschaft und Haftpflichtversicherung „schenkt“.

Wer bestellt, muss auch bezahlen

Es soll künftig auch mehr „bezahlbaren“ Wohnraum (Wer trifft hier eigentlich die Einschätzung, was aktuell als bezahlbar gelten kann?) geben. Gleichzeitig wird mit unterschiedlichen Vorgaben alles dafür getan, die Mietkosten zu steigern. Die CO₂- Abgabe soll nun zwischen Vermieter und Mieter, nach Gutdünken des Staates bzw. CO₂-Ausstoß, aufgeteilt werden. Fakt ist: Wer bestellt, muss auch bezahlen. Da hilft es meiner Auffassung nach nicht, die Augen vor den ersten Anzeichen einer schleichenden Enteignung zu verschließen bzw. die Realität nur selektiv wahrnehmen zu wollen. Jüngst galt es noch als nachhaltig, Gas- oder Pelletheizung zu nutzen. Aktuell wird dies nun zur Kostenfalle für alle. Ergänzt durch die abstrusen und bürokratischen Berechnungen der künftigen Grundsteuer. Selbst die eigene Altersabsicherung mit Wohneigentum steht in den aktuellen Zeiten zur Disposition.

Am Ende trifft es immer den einzelnen Verbraucher

Alle noch so gut gemeinten Teuerungen muss am Ende jeder einzelne Verbraucher zahlen. Die Bereitschaft der Steuerzahler, unabhängig ob Arbeitnehmer oder Arbeitgeber, den ständig ausufernden Griff in den Geldbeutel zu spüren, wird endlich. Die vermeintlichen Gewinne aus der Globalisierung fallen nun der Gesellschaft auf die Füße. Billigere Auslandsproduktionen verminderten nicht nur Steuereinnahmen, sondern haben ein Konsumverhalten generiert, welches im Green Deal und der Lieferkettenabhängigkeit nur noch bedingt finanzierbar ist. Ideologische Politik, Steuererhöhungen, Inflation, Überstunden der Geldpressen (Fiat Money), ergänzt um das Trostpflaster „Zuschüsse jeglicher Art“, sind keine zukunftsfähigen Geschäftsmodelle.

Es ist Zeit für (mehr) Realismus

Wir haben eine Zeitenwende: Handwerkliche Meisterleistungen haben Konjunktur, aber auch ihren Preis. Politik mit handwerklichen Fehlern und fernab der Realität ist nicht mehr finanzierbar- bzw. wählbar. Wer unbeeindruckt konsumiert und fordert, muss erkennen, dass fehlender erarbeiteter Wohlstand auch den Griff in den eigenen Geldbeutel bedeutet.

Über Autorin Ruth Baumann:

Bei Ruth Baumann war es ein zart gehauchtes "Ja", das sie in einen mittelständischen Straßenbaubetrieb und damit ins Handwerk brachte: Seit ihrer Hochzeit führt sie gemeinsam mit Ehemann Martin Baumann die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. Trotz ihres abgeschlossenen Hochschulstudiums entschied sie sich damals bewusst, in den Familienbetrieb einzusteigen und bekräftigte dies durch eine weitere Ausbildung zur Bürokauffrau. Zunächst im Ehrenamt bei den Unternehmerfrauen im Handwerk Freiburg, später als Präsidentin des Landesverbandes der Unternehmerfrauen im Handwerk Baden-Württemberg, war es ihr immer ein besonderes Anliegen, die Mitglieder mit einem gesunden Selbstbewusstsein und Stolz auf das Handwerk auszustatten. Sie sieht die Unternehmerfrauen als Wirtschaftsverband und vertritt dies auch in der Öffentlichkeit.

Ihre betriebliche Erfahrung wurde in der Folgezeit auch verstärkt in der politischen Theorie nachgefragt und stieß – zu ihrer eigenen Überraschung – auf immer mehr Resonanz. Es folgten unterschiedliche Kommissionen und Funktionen in der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, die sie mittlerweile auch auf Bundesebene ausführt. In Interviews, Vorträgen und Podiumsdiskussionen rund um das Handwerk gibt sie parteiübergreifend Einblicke in die Sorgen und Nöte von Familienbetrieben. Jüngst wurde sie in den Bundesvorstand der CDU gewählt und ist dort als "Handwerk mit Mundwerk und akademischen Grad" Mittler zwischen unterschiedlichen Welten.