Die Baumann-Kolumne "Neues von der Werkbank" Kommentar: Bürokratie und Überregulierung – der Staat sollte seine Grenzen kennen!

Zugehörige Themenseiten:
Neues von der Werkbank – Kolumne von Ruth Baumann

Eine alte Redewendung besagt: "Schuster, bleib' bei deinen Leisten." Hätte es nicht auch Charme, diesen Gedanken auf die Politik zu übertragen? Wo wären Kernkompetenzen zu setzen, wo sollten Schwerpunkte liegen und wo wäre es besser, sich zurückzunehmen? Eine Antwort auf diese Fragen hat Ruth Baumann, Präsidentin der Unternehmerfrauen im Handwerk (UFH) Baden-Württemberg.

Themenseite Kolumne Ruth Baumann
"Der Unternehmer wird immer mehr zum Reparaturbetrieb fehlerhafter politischer Entscheidungen", findet die studierte Politologin und Handwerksunternehmerin Ruth Baumann. - © Antoinette Steinmüller Fotostudio

An der Werkbank gibt es eine klare Rollenaufteilung: Der Baggerfahrer ist nicht der Buchhalter und auch nicht umgekehrt. Jeder an seinem Platz, jeder mit seiner Kompetenz – gegenseitige Wertschätzung eingeschlossen. Überträgt man dieses Bild auf den „Staat“, so würde es in meinen Augen bedeuten, dass dieser die Verantwortung für Sicherheit (innen und außen), das Meldewesen, die Infrastruktur, die Bildungshoheit und natürlich auch die Verantwortung für die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen trägt. Der Bürger ist mündig und nicht entmündigt und bringt sich im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit im Gemeinwesen ein. Wo dies nicht ausreicht, hilft die Solidargemeinschaft. Das schafft Vertrauen.

Staat kann Daten- und Fälschungssicherheit nicht gewährleisten

Doch wie sieht die Realität im staatlichen Handeln aus? Das Thema Sicherheit wird zwar erschöpfend überall analysiert und kommentiert, aber am Beispiel Cyberkriminalität erinnert es immer noch an das Rennen von Hase und Igel. Absoluten Schutz gibt es nicht und wenn es „brennt“ muss man auch hier abwarten, wie es um die technische Ausrüstung der „Feuerwehr“ überhaupt bestellt ist. Die einst in Aussicht gestellte Fälschungssicherheit von Pässen und Geld ist mittlerweile ebenfalls von der Wirklichkeit eingeholt.

Weitere Folgen, der in meinen Augen vernachlässigten staatlichen Kernaufgaben sind der Zustand des Schienennetzes (privatisiert hin oder her), der Zustand des Stromnetzes, die nicht vorhandene Versorgung mit Glasfaser und die Kapitulation vor der Bürokratie. Wenn ein Arzt seine Kassenzulassung aufgrund der „Zwangsjacke der Bürokratie“ zurückgibt, mag das zwar ein Einzelfall sein, trotzdem ist es aber ein Alarmzeichen. Und dies in Zeiten des Normenkontrollrats auf unterschiedlichen Ebenen. Wer Bildungshoheit so ausübt, dass Privatschulen großen Zulauf haben, sollte seine „Hausaufgaben“ machen.

Staatliche Institutionen zeigen sich nicht für Missstände verantwortlich

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass bei vermehrtem Eingreifen des Staates, bei aller guter Absicht, nicht reguliert, sondern stranguliert wird. Hierbei lasse ich auch nicht die Ausrede gelten, dass es die EU, der Bund, das Land, der Landkreis, die Stadt usw. es „so“ beschlossen haben. Das Ziel, auf welches man hinarbeiten will, scheint den unterschiedlichen Ebenen geopfert worden zu sein oder ist auf dem Weg durch die Instanzen verloren gegangen. Hauptsache man schiebt den „Schwarzen Peter“ von sich und seiner Institution weg. Keiner zeigt sich für Missstände verantwortlich.

Die s tarre Regelung der Arbeitszeiten ist in den neuen, verkürzten Öffnungszeiten, zum Beispiel beim Einzelhandel und der Gastronomie deutlich. Die Auswirkungen der Geldpolitik spiegeln sich in der Flucht in Wohnungseigentum und Gold wider. Parallel geführte Diskussionen um Umverteilung von Vermögen oder Zwangsbebauung hinterlassen Spuren der Ratlosigkeit. Die Altersabsicherung wird immer fragiler und es hilft nicht, ein Betriebsrentenstärkungsgesetz auf den Weg zu bringen, wenn die Verzinsung fehlt. Vielleicht ist ja in diesem Zusammenhang der geplante Ablasshandel mit der CO2-Abgabe zu sehen.

Ständig steigende Abgaben und Steuern belasten Unternehmer

Der Unternehmer sinkt somit zum Reparaturbetrieb fehlerhafter politischer Entscheidungen. Ein weiterer Versuch, der Altersarmut und der Schaffung von selbstverschuldeten Sozialfällen zu begegnen. Es gab einige Städte, die durch den Verkauf von Wohnungen den eigenen Haushalt konsolidieren wollten. Jetzt fehlen sie und durch ständig steigende Vorschriften, angedachter Enteignung und der Stigmatisierung von Rendite wird der private Markt wohl kaum anspringen und für Ersatz sorgen. Darlehen, Förderprogramme und Zuschüsse sollen es richten. Ständig wachsende Abgaben und Belastungen durch Steuern, die dann später gnädig wieder als Geschenke durch die Politik verteilt werden, mit einem sehr hohen Verwaltungskostenabschlag... .

Staat sucht sich "Nebenkriegsschauplätze", statt sich um eigentliche Probleme zu kümmern

Einem Schuster, der nicht bei seinen Leisten bleibt, hilft es auch nicht, weitere Betätigungsfelder und "Nebenkriegsschauplätze" wie die Genderdebatte, DGSVO, Social Respondibility etc. zu eröffnen. Es gilt, Kompetenzen zu nennen und Grenzen zu kennen. Nicht finanzierbare, vermeintliche „Serviceleistungen“ der Verwaltung auf den Prüfstand zu stellen. Daraus erwächst dann Verantwortung, die man bereit sein muss, zu tragen, auch ohne ein vermeintliches Schutzschild namens Gutachten. Als Kapitän und Steuermann hat man das Unternehmen und seine Mitarbeiter im Blick, als Staatschef sollte es das Wohl der Bürger sein. Ist das Ziel nicht bekannt, wird ansonsten der Weg dorthin planlos. Sollte dies nicht in der Politik spürbar werden, wird es künftig heißen: im Großen kapitulieren, das Kleine regulieren.