Die Baumann-Kolumne "Neues von der Werkbank" Kommentar: Mit den Aufgaben des Staates wachsen die Absichtserklärungen, nicht die Lösungen

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Baustoffe, Neues von der Werkbank – Kolumne von Ruth Baumann und Zukunftsperspektiven im Handwerk

Probleme werden zu Herausforderungen umgedichtet, dennoch bleiben sie bestehen. Die Liste der Themen, die man angehen will, wachsen beständig. Bevor man diese allerdings abarbeiten kann oder gar will, nimmt man die eigene Person und das eigene Handeln aus der Gleichung. Beobachtungen wie diese macht Kolumnistin Ruth Baumann, Präsidentin der Unternehmerfrauen im Handwerk (ufh) Baden-Württemberg, schon seit einiger Zeit. In der aktuellen Folge von „Neues von der Werkbank“ erklärt sie das Aufgabenpensum des Staates, aber auch das Ausbleiben von passenden Lösungen.

Ruth Baumann Landesvorsitzende UFH Baden-Württemberg
Ruth Baumann Landesvorsitzende ufh Baden-Württemberg. Gemeinsam mit ihrem Mann führt sie die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. - © privat

Der Einheitsbrei der Absichtserklärungen, mit dem man ständig und überall konfrontiert wird, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass den Worten kaum Taten folgen. Schon in der Bibel steht: „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen“ und so wundert es nur wenig, dass man so manchen Mandatsträger in seiner Funktion nicht erkennt bzw. ihn meist erst kurz vor einer Wahl auf Plakaten überhaupt identifiziert.

Abriss oder Neubau: Was ist sinnvoll(er)?

Seit Jahren begnügt man sich damit, fehlenden Wohnraum lauthals zu beklagen. Gleichzeitig unternimmt man aber alles, um die Entstehung von neuem oder gar die Nachverdichtung von altem Wohnraum zu verhindern, zu verteuern oder sogar zu verschleppen. Garniert wird das ganze Vorhaben mit der abstrusen Forderung, dass am Ende nur günstige Mieten (Wer definiert das?) erhoben werden sollen. Die unterschiedlichen bürokratischen Vorgaben (Art der Infrastruktur, Wärmeversorgung, Wohnungsgröße, Bauweise etc.) enteignen den Wohnungsbesitzer bereits vor dem eigentlichen Erwerb.

Leider sieht es im gewerblichen Bereich nicht viel besser aus. Will ein Lebensmittelmarkt mit 1.300 Quadratmetern seine Bestandsfläche um einen Lagerraum von 300 Quadratmetern erweitern, bedarf es mehrerer (!) Gutachten über alternativ existierende Standortmöglichkeiten. Heißt: Es ist leichter einen bereits errichteten Lebensmittelmarkt komplett abzureißen statt ihn zu erweitern. So, liebe Leserschaft, sieht behördliches Ressourcen-Management und nachhaltiger Umgang mit Roh- wie auch Baustoffen in Deutschland aus.

Von Bürokratie, Green Washing und Regulierungswut

Worte und Taten: Beide haben auch in Sachen Kreditversorgung sowie im Bankwesen ihre Relevanz. Wie beruhigt waren wir etwa als sich in der Finanzkrise unsere regional aufgestellten Banken und Sparkassen im großen Dschungel der Geldwirtschaft als beständig erwiesen. Und heute? Gerade diese – damals noch gelobten Finanzpartner – werden mittlerweile mit Bürokratie und Regulierungswut überzogen, dass kaum mehr Luft zum Atmen bleibt. Die Versorgung der Betriebe mit Kapital (möglicherweise auch für Investitionen) und die Geldanlage für das Alter werden im eigentlichen Geschäftsbetrieb der Bürokratie geopfert, sodass Papier zur Fußfessel des angestrebten Handelns wird. Unterdessen nennt die Politik Schulden nun Vermögenshaushalt, künftige Zahlungsverpflichtungen bleiben davon allerdings unberührt.

Es wird in Zukunft schlichtweg nicht ausreichen, dass Parlamentarier unser Finanzsystem lobhudeln, während sie gleichzeitig den Banken Kreditzusagen nur nach Green Washing der Betriebe erlauben. Längerfristige Investitionen in den Wirtschaftsstandort Deutschland werden hierdurch jedoch nicht entstehen, vielmehr wird es zu weiteren Abwanderungen oder gar Schließungen von Betrieben kommen. Wohlbemerkt: Es sind nicht die Banken, sondern die Politik und die Verwaltungen die Finanzierungen künftig an essbare Laminierfolien, natürlich ökologisch und biologisch abbaubar, knüpfen – und zwar als Ausdruck des neuen Zeitgeistes.

Die zweifelhaften Grenzen der Mobilität

Bei der Frage der Mobilität sind den Bemühungen auch nach Jahrzehnten Grenzen gesetzt und wir warten noch immer auf zukunftsfähige, bezahlbare Lösungen. Zunächst huldigte man den scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten der Mobilität. Berufspendler sollten durch ihre Flexibilität Interesse am Arbeitsplatz zeigen und dadurch wiederum die teuren Mieten vor Ort umgehen. Fliegen und Urlaub wurden zu nahezu untrennbaren Begriffen. Man „vergaß“ die Bahn zu ertüchtigen und versuchte sich als Wirtschaftsunternehmen zu positionieren.

Bei Autofahrern versucht man hingegen durch Mehrwert-, Energie- und KFZ- Steuer, ergänzt um Erdölbevorratungs- und CO2-Abgabe die Mobilität zum Luxusgut zu erheben. Auch hinsichtlich der Geburt des jüngsten Spross', der E-Mobilität, bejubelte man eine Marktreife sowie eine Nachfrage, bei der man die Normalverdiener irgendwie ausgeschlossen hat. Verlässliche Aussagen zur Grundlastfähigkeit bei der Stromversorgung sind noch immer Mangelware, bevor allerdings die Alternativen Handy oder Herd heißen, lanciert man eben das Fahrrad oder den ÖPNV. Gemeinsam retten wir so alle das Klima – zumal bis heute auch kein Konzept für brennende E-Busse vorliegt.

Zweierlei Maß innerhalb einer Gesellschaft

Alle? Nein! Es gibt unter den gleichen Menschen einer Gesellschaft Menschen, die gleicher sind. Diese dürfen dann im Flugzeug zu zweistündigen Konferenzen fliegen, sich über die Folgen der Erderwärmung auch vor Ort in fernen Ländern erkundigen und sind stattdessen nicht auf verspätete Bahnen hin zu ihrem Arbeitsplatz angewiesen. Während man für das Klima Rettungswege blockiert und sich auf Straßen klebt, steigt man zugleich als Privatperson in den Flieger. Worte und Taten – heißt in Wahrheit: Selbst vorleben. Und das gilt dann eben für alle…

Über Autorin Ruth Baumann:

Bei Ruth Baumann war es ein zart gehauchtes "Ja", das sie in einen mittelständischen Straßenbaubetrieb und damit ins Handwerk brachte: Seit ihrer Hochzeit führt sie gemeinsam mit Ehemann Martin Baumann die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. Trotz ihres abgeschlossenen Hochschulstudiums entschied sie sich damals bewusst, in den Familienbetrieb einzusteigen und bekräftigte dies durch eine weitere Ausbildung zur Bürokauffrau. Zunächst im Ehrenamt bei den Unternehmerfrauen im Handwerk Freiburg, später als Präsidentin des Landesverbandes der Unternehmerfrauen im Handwerk Baden-Württemberg, war es ihr immer ein besonderes Anliegen, die Mitglieder mit einem gesunden Selbstbewusstsein und Stolz auf das Handwerk auszustatten. Sie sieht die Unternehmerfrauen als Wirtschaftsverband und vertritt dies auch in der Öffentlichkeit.

Ihre betriebliche Erfahrung wurde in der Folgezeit auch verstärkt in der politischen Theorie nachgefragt und stieß – zu ihrer eigenen Überraschung – auf immer mehr Resonanz. Es folgten unterschiedliche Kommissionen und Funktionen in der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, die sie mittlerweile auch auf Bundesebene ausführt. In Interviews, Vorträgen und Podiumsdiskussionen rund um das Handwerk gibt sie parteiübergreifend Einblicke in die Sorgen und Nöte von Familienbetrieben. Jüngst wurde sie in den Bundesvorstand der CDU gewählt und ist dort als "Handwerk mit Mundwerk und akademischen Grad" Mittler zwischen unterschiedlichen Welten.