Frauen im Handwerk "Frauen können Handwerk": Der große handwerk-magazin-Klischeecheck

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Es herrscht ein rauer Ton, die Arbeiten sind oft schmutzig und vieles ist fürs „schwache Geschlecht“ schlicht zu schwer? Was an solchen Vorurteilen dran ist und warum es in vielen Berufen nur wenige Frauen gibt, zeigt handwerk magazin im großen Klischeecheck über Frauen im Handwerk.

Frauen können Handwerk
Handwerk, ein Mädchentraum: Zu schwer, zu schmutzig, zu laut? Von wegen! Frauen lieben und können Handwerk – man muss sie nur machen lassen. - © Luci Götz/Jutta Fricke Ilustrators

Barbara Hagedorn steht auf der Baustelle, in Jeans mit Lochdesign, dazu eine blaue Bluse. Unter dem weißen Helm blitzt ihre blonde Langhaarmähne hervor. Ihr Outfit spricht Bände: Feminin sein und einen Bagger bedienen? Das geht! Hagedorn, die mit ihrem Mann Thomas Hagedorn das gleichnamige Abbruchunternehmen leitet, will mehr Frauen für ihren Beruf im Bauhandwerk begeistern – denn bisher gibt es davon noch recht wenige. Hagedorn weiß, warum: „Es fehlt an weiblichen Vorbildern, die klassisch-männliche Handwerksberufe ausüben.“

Frauen genauso gut wie Männer

    Barbara Hagedorn
Barbara Hagedorn, Geschäftsführerin bei der Unternehmensgruppe Hagedorn. - © Philipp Oesterle

Um ihre Ansicht kundzutun, hat sie die Studie „Frau am Bau“ initiiert und 828 Meinungen von Mitarbeitern im Baugewerbe eingeholt, 82 Prozent davon sind von Männern, 18 Prozent von Frauen. Tatsächlich: In ihrer Studie sagen 95 Prozent der Männer, dass Frauen in der Branche einen genauso guten Job machen wie sie selbst. Frauen wünschen sich dafür jedoch bessere Bedingungen: Mit 92 Prozent hätten die meisten gerne mehr weibliche Vorbilder in der Branche sowie eine stärkere berufliche Förderung.

Die bisherigen Erfolge, Frauen als Mitarbeiterinnen zu gewinnen, die aktiv mit anpacken, sind noch recht dürftig. Dieter Vierlbeck, Geschäftsführer beim Bayerischen Handwerkstag (BHT) und stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für München und Ober­bayern, stellt sogar einen Abwärtstrend fest. Von den rund 24.000 neu abgeschlossenen Azubi-Verträgen im bayerischen Handwerk im Jahr 2020 sind nur 18 Prozent von weiblichen Auszubildenden unterschrieben worden. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren waren es noch 24 Prozent. Diese Zahlen spiegeln sich auch auf Bundesebene wider. Dem Statistischen Bundesamt (Destatis) zufolge dominieren bei den stärksten Ausbildungsberufen wie dem Kraftfahrzeugmechatroniker nach wie vor die Männer, während sich Frauen am liebsten dem Büromanagement zuwenden. „Dabei sind die Ausbildungsvergütungen in gewerblich-technischen Berufen wie im Bauhandwerk weitaus höher als in kaufmännischen Berufen“, vergleicht Vierlbeck.

Am Bau gibt es noch wenige Frauen

Über alle Berufsqualifikationen hinweg sind mit 36 Prozent gut ein Drittel der Belegschaft Frauen. Das belegen die Zahlen des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH). Die meisten davon arbeiten im Umfeld der personenbezogenen Dienstleistungen wie Friseur (81 Prozent), gefolgt von den Bereichen Lebensmittel (66 Prozent) und Gesundheit (61 Prozent). Im Bauhandwerk liegt der Frauenanteil dagegen nur bei mageren zehn Prozent. Um mehr Frauen für solche Berufe zu interessieren, um darüber letztlich auch das Nachwuchsproblem im Handwerk in den Griff zu bekommen, müsse noch mehr getan werden, findet Vierlbeck. Er fordert: „Wir müssen Frauen eine Bühne geben.“

Wenn Mädchen mit Baggern spielen

Unternehmerin Hagedorn trägt ihren Anteil dazu bei – und setzt dabei bewusst früh an. Auf ihrem Firmengelände gibt sie Jungs und Mädchen die Möglichkeit, mit Bagger-Simulatoren zu spielen und zu entdecken, wie viel Spaß es macht, Dinge einzureißen und neu aufzubauen. „Wir müssen Frauen einfach machen lassen“, findet Hagedorn.
Bis zum Jahresende will sie drei weibliche Azubis einstellen. Die Mitarbeiterinnen, die schon aktiv auf der Baustelle mitarbeiten, stellt sie auf der Firmen-Website vor und zeigt gemeinsam mit ihnen, was Frauen an ihrem Beruf schätzen, was sie sich wünschen und was letztlich dran ist, an den vielen Mythen über Frauen im Handwerk. handwerk magazin stellt die größten Klischees auf den Prüfstand.

Klischee 1: "Das Handwerk ist sexistisch und es herrscht ein rauher Ton"

Klischee 1
Klischee 1: »Das Handwerk ist sexistisch und es herrscht ein rauer Ton« - © Luci Götz/Jutta Fricke Illustrators

Bitte recht freundlich? Im Handwerk geht es tatsächlich etwas lauter und direkter zur Sache. Doch das ändert sich gerade.

Das Handwerk hat seine Schattenseiten. Die Zahlen aus der Hagedorn- Studie „Frau am Bau“ werfen ein Licht darauf – und zeigen deutlich, wie harsch es auf Deutschlands Bau­stellen zugeht. Laut der Studie sagen mit 75 Prozent drei Viertel der befragten Frauen, dass Sexismus und Vorurteile gegenüber weiblichen Mitarbeitern ein Problem in der Branche sind. Selbst rund 80 Prozent der befragten Männer sind dieser Ansicht .

Diese Tatsache will auch Studien-Initiatorin Barbara Hagedorn nicht schönreden. Als Geschäftsführerin bei der Hagedorn Unternehmensgruppe sieht sie sich in der Pflicht, darauf zu achten, dass ein harmonisches Betriebsklima herrscht und ihre weiblichen und männlichen Mitarbeiter gut miteinander umgehen. Gerade bei den jungen Azubis stellt sie ohnehin ein neues Gemeinschaftsgefühl mit einer Kommunikation auf Augen­höhe fest: „Je normaler es wird, dass auf dem Bau Männer und Frauen zusammenarbeiten, desto mehr gegenseitiges Verständnis und Wertschätzung gibt es.“

Ein feines Zusammenspiel, das auch Dieter Vierlbeck erkennt. Dem Vize-Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für München und Oberbayern ist es ein Anliegen, das Handwerk von seinem frauenfeindlichen Image zu befreien, damit sich mehr Frauen für einen Beruf in männerdominierten Gewerken interessieren. „Sind mehr Frauen präsent, verändert sich der Ton von ganz allein“, glaubt er. Einige Fortschritte gebe es schon. „In der Gesellschaft findet derzeit ein Umdenken statt“, beobachtet er. „Überall wird heute darauf geachtet, dass Frauen gleichberechtigt behandelt werden und im Arbeits­leben eine größere Rolle spielen.“

Im nächsten Schritt gehe es darum, die Rahmenbedingungen in den männerdominierten Gewerken zu verbessern. Dazu zählen beispielsweise sanitäre Anlagen für Frauen in Betrieben. Dass solche vermeintlichen Kleinigkeiten keine sind, hat sich für Vierlbeck bereits an der professionellen Handwerkskleidung gezeigt. „Noch zu Beginn der 2000er-Jahre gab es für Frauen kein eigenes Arbeitsoutfit. Stattdessen mussten sie Männerklamotten tragen, die natürlich nicht passten.“

Fazit: Vorgesetzte müssen auf gute Rahmenbedingungen achten. Wenn dann erst mehr Frauen im Betrieb mitarbeiten, ändert sich vieles von allein.

Klischee 2: "Frauen haben zwei linke Hände und sind zu schwach"

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Klischee 2: »Frauen haben zwei linke Hände und sind zu schwach«. - © Luci Götz/Jutta Fricke Illustrators

Fehlende Muskelkraft? Dass Frauen gute Handwerkerinnen sind, hat nur wenig mit körperlicher Stärke zu tun.

Die Studie „Frau am Bau“ zeigt außerdem, dass körperliche Stärke längst nicht mehr so wichtig ist. In der Studie nennen Frauen wie Männer gleichermaßen Nervenstärke, Durchsetzungsvermögen und Kreativität als die entscheidenden Parameter. Hinzu kommt: Maschinen bis hin zu technischen Hilfsmitteln nehmen im Handwerk heute viel Arbeit ab. Die Digitalisierung beschert weitere Unterstützung in vielen Bereichen. In Autowerkstätten zum Beispiel arbeiten die Kfz-Mechatroniker vor allem am Computer und untersuchen das Fahrzeug mithilfe von elek­tronischen Diagnosegeräten.

Obwohl also kein Werkstattmitarbeiter ständig unter einem Auto liegen muss, um zu tüfteln und zu schrauben, werden Berufe im Kfz-Bereich nach wie vor selten von Frauen ausgeübt. Laut Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) liegt die Anzahl weiblicher Mitarbeiter bei 20 Prozent. Im Bauhauptgewerbe sind es sogar nur zehn Prozent, obwohl es laut Barbara Hagedorn, Geschäftsführerin der Hagedorn Unternehmensgruppe, im Jahr 2021 selbst auf dem Bau keinen Beruf mehr gebe, den eine Frau nicht ausüben könnte.

Als Grund für die weibliche Zurückhaltung nennt Hagedorn das mangelnde Vertrauen der Kollegen . Ihre Studie bestätigt das: Danach nennen 75 Prozent der Männer, dass das fehlende Vertrauen der männlichen Kollegen zu den größten Hindernissen für Frauen am Bau zählt. Bei den befragten Frauen halten weniger als ein Drittel ihr mangelndes Vertrauen für eine Hürde.

Fazit: Dank des technischen Fortschritts gibt es keine reinen Männerberufe mehr. Statt purer Muskelkraft zählt heute der Umgang mit komplexen Maschinen – und die Bereitschaft, Frauen einfach mal machen zu lassen!

Klischee 3: "Baggerfahren, Bohren, Löten: Das sind doch alles keine Mädchenträume"

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Klischee 3: »Baggerfahren, Bohren, Löten: Das sind doch alles keine Mädchenträume« - © Luci Götz/Jutta Fricke Illustrators

Was Jungs können, stemmen Mädchen längst – wenn man sie nur lässt.

Wer das behauptet, bekommt auf den ersten Blick Recht durch die Statistik: Frauen sind in handwerklichen Ausbildungsberufen mit nur 18,3 Prozent vertreten, wählen dabei vor allem Berufe aus dem kreativen Bereich. Ganz vorne befindet sich die Kosmetik ( Frauenanteil 99,2 Prozent), gefolgt vom Maßschneider- (84 Prozent) und Konditorenhandwerk (80,4 Prozent), den Gold- und Silberschmieden (76,6 Prozent) und Friseuren mit 74,7 Prozent. Dagegen finden sich unter den Maurern und Betonbauern nur 1,1 Prozent Frauen, bei Informationstechnikern 1,9 Prozent oder bei Klempnern/Spenglern 2,1 Prozent. Frauen zieht es laut Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn eher in schulische Ausbildungen oder an die Hochschulen. Auch spielt das Image eines Berufes eine Rolle. Dass Jungsberufe Mädchenträume sein können, zeigen Praxisbeispiele quer durch die Republik: ob die von Frauen geführte Kfz-Werkstatt im Allgäu oder das Frauen-Handwerkerinnen-Netzwerk in Berlin. Dr. Britta Matthes, Leiterin der Forschungsgruppe „Berufe in der Transformation“ am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ( IAB) in Nürnberg, sagt: „Rollenstereotype werden bereits früh gefestigt.“ Ihr Appell: „Lasst die Kinder in Kita und Kindergarten unabhängig vom Geschlecht handwerklich arbeiten und sich ausprobieren.“ Elisabeth Schöppner, Leiterin der Bundeskoordinierungsstelle Girls‘ Day am Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e.V. ( www.girls-day.de), hat die Erfahrung gemacht: „Steckt man Mädchen in ein Projekt, in dem sie unter Anleitung Solarmodule löten sollen, sind sie so begeistert dabei, dass sie sogar die Pausen ausfallen lassen.“ Allerdings bestätigt sie: „Mädchen orientieren sich nach wie vor eher an der Mutter, Jungs am Vater.“ Deshalb halten sich Rollenbilder hartnäckig. Umso eindrück­licher ist Schöppners Bilanz nach erfolgreicher Durchführung der Girls‘ Days: 70 Prozent der Mädchen melden zurück, dass sie einen Männerberuf kennengelernt haben, der ihre Begeisterung geweckt hat. Klaus Weber, stellvertretender Leiter der BIBB-Abteilung "Initiativen für die Berufsbildung" appelliert an Chefs: "Handwerksbetriebe sollten sich öffnen für eine diversere Belegschaft und beispielsweise gezielt junge Frauen ansprechen." Er verweist auf Vernetzungsmöglichkeiten mit anderen Betrieben und gute Praxisbeispiele bei der Initiative Klischeefrei .

Fazit: Es dauert, bis Stereotype aus unseren Köpfen weichen. Noch 2009 lag der Anteil der neuen weiblichen Azubis im Tischlerhandwerk bei 9,1 Prozent, 2019 sind es bereits 14,2 Prozent, ähnlich die Zuwächse bei Schornstein­fegerinnen und Malerinnen/ Lackie-r­erinnen. Ergreifen Mädchen „männ­liche“ Handwerks­berufe, sind sie besonders zufrieden. Und: Jeder fünfte Handwerksbetrieb wird bereits von einer Frau geführt.

Klischee 4: "Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren ist unmöglich"

Klischee 4
Klischee 4: »Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren ist unmöglich« - © Luci Götz/Jutta Fricke Illustrators

Kinderbetreuung kostet Zeit und Nerven, Männer halten sich da gerne noch zurück, belegen Studien.

Eines möchte Julia Riese, Leiterin des Zentrums „Handwerk + Bildung“ in Sonderhausen (Thüringen), gleich klarstellen: „Job und Familie unter einen Hut zu bekommen war in den neuen Bundesländern auch vor der Wende nicht leicht, doch Frauen in Führungspositionen waren völlig normal.“ Das lag nach ihrer Einschätzung nicht nur an der vom Staat organisierten Kinderbetreuung, sondern vor allem am gesellschaftlich verankerten Rollenbild, dass Frauen und Männern im Job gleiche Chancen einräumte.

Davon sind wir aktuell weit entfernt, wie eine Analyse des Kompetenz­zentrums Fachkräftesicherung ( KOFA) zeigt. Obwohl Frauen fast die Hälfte der Erwerbstätigen stellen, liegt ihr Anteil in den Aufsichts- und Führungsberufen nur bei 27 Prozent. Als eine Ursache vermuten die KOFA-Experten, dass Frauen nach wie vor mehr Familienarbeit übernehmen als Männer, was jedoch mit dem hohen zeitlichen Einsatz bei Führungsjobs kollidiert. Und Führen in Teilzeit sei eben bislang nur wenig verbreitet.

Was es also für eine bessere Vereinbarkeit braucht, sind nicht nur ausreichende Möglichkeiten zur Kinderbetreuung und flexible Arbeitszeitmodelle , sondern – wie Julia Riese es formuliert – „weniger Schranken im Kopf“. Das gilt für die Gesellschaft als Ganzes genauso wie für Unternehmer und auch für manche Väter . Die nehmen zwar inzwischen gerne ihre zwei Elternzeit-Monate, halten sich aber bei der lästigen Sorge- und Hausarbeit zurück. Wie eine im Auftrag der Bundesregierung vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin durchgeführte Studie zeigt, werden zwei Drittel der Sorge- und Hausarbeit in Paarhaushalten von Frauen geleistet. Arbeiten beide Partner im Homeoffice, dehnen Frauen die Sorgearbeit um 1,7 Stunden aus, Männer gerade mal um 40 Minuten.

Fazit: Kind und Karriere kann klappen, wenn die Rahmen­bedingungen stimmen. Aktuell belegt das Handwerk im Kununu-Ranking der flexiblen Arbeitsbedingungen noch den letzten Platz – so lassen sich junge Frauen jedoch kaum für eine Handwerkskarriere begeistern.

Klischee 5: "Frauen werden schlechter bezahlt als Männer"

Klischee 5
Klischee 5: »Frauen werden schlechter bezahlt als Männer« - © Luci Götz/Jutta Fricke Illustrators

Darf es ein wenig mehr sein? Aber unbedingt! Der Männerbonus ist ungerecht und unfair.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit? Leider auch im Jahr 2021 noch weit gefehlt. Laut Auswertung des Statistischen Bundesamts (Destatis) verdienten Frauen vergangenes Jahr 18 Prozent weniger als Männer, das entspricht im Schnitt 4,16 Euro pro Stunde. Die gute Nachricht: Die Lohnlücke ging gegenüber 2019 um einen Prozentpunkt zurück und wird seit 2006 (23 Prozent) kontinuierlich kleiner.

Spannend ist der Vergleich zwischen Ost und West: Auch 30 Jahre nach der Wiedervereinigung liegt der Gender Pay Gap in den neuen Ländern nur bei vergleichsweise geringen sechs Prozent. Beruf und Karriere war für Frauen in der ehemaligen DDR selbstverständlich, dieser Effekt scheint bis heute noch nachzuwirken (siehe auch Klischee 4). Nimmt man die Tatsache außen vor, dass Frauen oft in schlechter bezahlten Berufen oder in Teilzeit arbeiten, und vergleicht Frauen und Männer mit gleichen Jobs, Arbeitszeiten und Berufserfahrung, bleibt beim dergestalt bereinigten Gender Pay Gap bundesweit immer noch ein Unterschied von sechs Prozent. Das Handwerk liegt mit einem Wert von 7,26 Prozent zwar im Mittelfeld der Branchen, aber immer noch ein gutes Prozent über dem Bundesdurchschnitt.

Fazit: Ein klarer Appell an alle Arbeitgeber: Macht endlich Schluss mit dem Männerbonus!

Klischee 6: "Frauen sind die besseren Handwerker"

Klischee 6
Klischee 6: »Frauen sind die besseren Handwerker« - © Luci Götz/Jutta Fricke Illustrators

Ist er besser oder sie? Weder noch: Erst die individuellen Stärken jedes einzelnen Mitarbeiters machen ein Team komplett – und erfolgreich.

Barbara Hagedorn beobachtet bei ihren Mitarbeiterinnen häufig mehr Feingefühl und Ordnungsliebe als bei Männern, etwa bei der Beladung eines Lkw. „Männliche Kollegen fragen dann gerne mal, ob die weibliche Kollegin diese Arbeit übernehmen kann“, sagt die Geschäftsführerin der Hagedorn Unternehmensgruppe.

Mehr Sorgfalt, mehr Fingerspitzengefühl, mehr Ruhe: Wenn Frauen wirklich so gute Arbeit verrichten im Handwerk – sind sie dann die besseren Handwerker?

Manche Aufgaben meistern Frauen schließlich sogar besser, wie handwerk magazin gemeinsam mit Madita Brauer in der Aktion #besseralsmaenner zeigt (siehe: handwerk-magazin.de/besseralsmaenner). Brauer, die eine Ausbildung zur Anlagenmechanikerin absolviert hat und gleichzeitig Handwerksmanagement studierte, sagt über sich: „Ich bin recht klein und schmal gebaut. Ich habe also gute Maße, um in kleinen, verwinkelten Ecken arbeiten zu können.“ Das erleichtert die Arbeit für alle, der Teamgeist steigt. „Ein gutes Team ergänzt die Schwächen der einen mit den Stärken der anderen“, bilanziert die 22-jährige Handwerkerin. Das heißt: Männer helfen Frauen, Frauen helfen Männern – so entsteht echter Teamgeist.

Die Wahrheit liegt daher, wie so oft, in der Mitte: Gemischte Teams reüssieren am besten . Das belegt auch die Studie der McKinsey-Berater zur Diversität: Bei Unternehmen, die einen hohen Anteil weiblicher Führungskräfte beschäftigen, verdoppelt sich laut McKinsey sogar die Wahrscheinlichkeit eines überdurchschnittlichen Geschäftserfolgs. Letztlich entscheidet nicht das Geschlecht, findet Hagedorn. „Viel wichtiger ist, dass jemand für seinen Beruf brennt.“

Fazit: Egal ob Frau oder Mann, jedes Teammitglied hat seine individuellen Stärken und Schwächen. Aufgabe des Chefs ist es, dies zu akzeptieren und die Teams so zusammen­zustellen, das jeder seine Stärken optimal einbringen kann.


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