Interview mit Berthold Schröder Energiekosten und Lieferverzögerungen: "Keine Preisrückgänge auf breiter Front"

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Die steigenden Energiepreise machen vielen Betrieben in diesem Frühjahr zu schaffen. Die Handwerkskammer Dortmund hat für ihre Region ein Stimmungsbarometer erhoben, das zeigt: Die Betriebe suchen für die aktuellen Schwierigkeiten bei Mehrkosten und Lieferverzögerungen nach Lösungswegen. Kammer-Präsident Berthold Schröder stellt die zukunftsweisenden Auswege vor.

Berthold Schröder ist Präsident der Handwerkskammer Dortmund. - © Handwerkskammer Dortmund
In einer Umfrage zur Konjunktur hat die Handwerkskammer Dortmund die Betriebe in der Region nach ihrer Geschäftslage und Stimmungslage in diesem Frühjahr befragt, die in vielen Betrieben nicht so rosig ausfällt. Was sind derzeit die größten Herausforderungen?

Berthold Schröder: Nach der Erholung von der Coronapandemie, die wir letztes Jahr Stück für Stück feststellen konnten, hat sich die Entwicklung durch den Ukraine-Krieg deutlich eingetrübt. Die Einschätzung der geschäftlichen Lage als auch der Ausblick in die Zukunft hat sich über alle Gewerke hinweg verschlechtert, in unterschiedlich starker Ausprägung. Die Ursachen dahinter sind die extremen Preiserhöhungen im Bereich Energie, vor allem bei Gas und Kraftstoffen. Im Straßenbau werden Maschinen schließlich den gesamten Tag über mit Diesel betrieben – das macht sich preislich natürlich stark bemerkbar. Daneben gibt es Materialpreiserhöhungen, die auch durch Energiepreissteigerungen getrieben sind, sowie große Probleme bei den Lieferketten. Vieles ist nur schwer lieferbar, teilweise gar nicht mehr verfügbar, oder mit so enorm langen Lieferzeiten verbunden, so dass sich viele Betriebe darüber sorgen, dass ihre gesamten Liefer- und Produktionsketten reißen. Im Baubereich zählen vor allem Baustahl und Aluminium zu den knappen Gütern. Häufig ist beim Hausbau zwar das Holz auf der Baustelle vorhanden, aber der Betonstahl für die Decke darunter fehlt – so kommt das Bauprojekt natürlich nicht weiter. Im Bereich der personengebundenen Dienstleistungen bei Kosmetikern und Frisören ist die Stimmungslage noch schlechter, denn dort gibt es tatsächlich auch erhebliche Rückgänge zu verzeichnen. Diese gehen auf die geschilderte aktuelle Situation zurück, die die Verbraucher verunsichert und sie ihr Geld zurückhalten lässt.

Wie gehen Betriebe damit um: Gibt es Lösungsansätze, die sich hervortun?

Bei den Energiepreise investieren viele Betriebe derzeit in energieärmere Produktionsverfahren und Maßnahmen, um ihren Energieverbrauch zu senken. Das Hallendach statten sie mit Photovoltaik als regenerativer Energie aus, die Räume beheizen sie über zusätzliche Dämmungsmaßnahmen oder setzen Technologie ein wie zum Beispiel Wärmepumpen. Im Bereich der Kfz-Nutzung besteht der Trend in den Betrieben, zur Elektromobilität zu wechseln. Wir sehen also eine gewisse Bewegung dahin, Energie und damit auch Kosten einzusparen.

Wie unterstützen die Handwerkskammern bei den Bemühungen?

Unsere Handwerkskammer gibt Hilfestellungen über die Berater, daneben gibt es auch das regionale Kooperationsprojekt Ökoprofit, bei dem Kommunen und die örtliche Wirtschaft zusammenarbeiten, um die Betriebskosten zu senken und dabei die natürlichen Ressourcen wie Wasser und Energie zu schonen. In Veranstaltungen werden dabei gemeinsam Lösungen erarbeitet. In manchen Produktionsbetrieben spielt Druckluftversorgung eine große Rolle – hier gibt es viel Potenzial, Energie zu sparen. Wichtig bei allen Optimierungsansätzen ist es immer, zunächst die eigene Situation zu analysieren und genau festzustellen, woher die Energieverbräuche kommen. Anschließend helfen auch Gebäudeenergieberater dabei, diese Verbräuche zu minimieren.

Gibt es in Ihrer Region bereits Betriebe, die ihre Geschäftstätigkeit aufgrund der Krise einstellen mussten?

Das haben wir bisher noch nicht beobachtet. Die stark steigenden Energiekosten belasten alle Betriebe, doch gibt es einige wie zum Beispiel das Bäckerei-Handwerk, das die Mehrkosten, die über den energieintensiven Vorgang des Backens entstehen, relativ schnell an den Endverbraucher weitergeben kann. Im Baugewerbe dagegen geht das nicht so einfach: Dort gibt es langfristige Verträge, und die Gewerke im Bau und Ausbau bleiben häufig auf den ansteigenden Kosten sitzen. Das geht zulasten ihrer eigenen Rendite.

Wann wird es für die Betriebe wieder eine Entlastung geben?

Dass wir uns kurz- oder mittelfristig über sinkende Energiepreise freuen können, glaube ich nicht. Die Aufgabe für Betriebe ist es jetzt zu überlegen, welche alternativen Energiequellen es gibt, wie zum Beispiel Photovoltaik, und auch ihre Energieeffizienz im Blick zu haben. Die Lieferketten werden sicherlich wieder stabiler, wenn sich die Krise beruhigt. Dazu zählt etwa die Versorgung mit Speicher- und Steuerchips aus China. Die Handwerksbetriebe können daher mit stabileren Verhältnissen rechnen, nicht aber mit einem Rückgang der Preise auf breiter Front.