DVFA-Expertenumfrage Zins und Inflation: Mit welchen Preissteigerungen müssen wir rechnen?

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Seit gut 30 Jahren war die Inflation nicht so hoch wie aktuell: Rund sieben Prozent sind es in den USA und über fünf Prozent in Euroland. Grund genug für den Verband der Investment Professionals (DVFA) bei seinen rund 1.400 Mitgliedern nachzufragen: Welche Inflationsraten erwarten die Profis? Wie werden sich die Zinsen entwickeln? Und was sind die Gründe für den rasanten Preisanstieg?

Inflation sorgt für Geldvernichtung. - © Fineas - stock.adobe.com

Von der Entwicklung überrascht

Die erste Frage des Berufsverbands zielte darauf ab zu erfahren, ob die Preisentwicklung vorhersehbar war: Tatsächlich gaben 41 Prozent der Teilnehmer an, von der Preisentwicklung im vergangenen Jahr überrascht worden zu sein. Eine knappe Mehrheit von 56 Prozent hatte jedoch mit dieser Entwicklung gerechnet. Zwei Fünftel der Investmentspezialisten wurden also auf dem falschen Fuß erwischt, was die Einschätzung der Teuerung anbelangt. "In den Kommentaren zeigte sich, dass etliche DVFA-Mitglieder vom grundsätzlichen Anstieg der Teuerungsrate nicht überrascht waren. Aufgrund der expansiven Geldpolitik der Notenbanken und der damit verbundenen enorm hohen Liquidität, wohl jedoch vom Ausmaß des Preisanstiegs in der Kürze der Zeit", so der Verband.

Erwartung: Inflation bleibt

In der zweiten Frage wollte der Verband die Erwartungen bezüglich der Dauer des Preisanstiegs erfassen. Ergebnis: 59 Prozent gehen davon aus, dass sich der Inflationssockel dauerhaft nach oben verschiebt. Dagegen rechnen 34 Prozent mit einer Beruhigung der Preisentwicklung.

Inflation: Diese Faktoren sorgen für anhaltende Preissteigerungen

Die Investment Professionals sollten auch die entscheidenden Einflussfaktoren auf die Dauerhaftigkeit der Inflationsentwicklung benennen. Das sind ihre Preistreiber:

  • die künftige Lohnentwicklung

  • die Klimapolitik

  • die Entscheidungen der Zentralbanken

  • den Rückbau globaler Lieferketten

  • die steigenden ESG-Anforderungen

ESG steht für Environment, Social und Governance. Das bedeutet, dass Unternehmen und Investmentbranche zunehmend ihren Umgang mit der Umwelt, der Gesellschaft und mit ihren Mitarbeitern verbessern müssen.

Inflation: EZB akzeptiert Raten zwischen 0,5 und 3,5 Prozent

Auf die Frage, in welcher Größenordnung sich der Inflationspfad in Deutschland nach oben verschieben könnte, kamen folgende Antworten:

  • 36 Prozent der Befragten rechnen mit einem Anstieg um über zwei Prozent 

  • 26 Prozent der Befragten rechnen mit einem Anstieg um etwa 1,5 Prozent

  • 30 Prozent unterstellen einen um 0,5 bis 1,0 Prozent höheren Sockel

  • 3 Prozent erwarten keine strukturelle, nach oben gehende Inflationsrate

  • In den Kommentaren wurde auch die Meinung vertreten, die Notenbanken wären bereit, eine mittelfristige Inflationsrate von rund 3,5 Prozent zu akzeptieren. Der Grund: so könne die Staatsverschuldung zum Teil zu vermindert werden („Weginflationieren“).

Was mit Preisen und Löhnen geschieht

Bei der Frage nach den Gründen des heftigen Preisanstiegs durften maximal zwei Gründe ausgewählt werden. Mehrheitlich sehen die Antworten die entscheidenden Ursachen in Kostenerhöhungen inklusive steigender Löhne (62 Prozent) und in Angebotsrestriktionen. Darunter auch Störungen der Lieferketten (60 Prozent). Immerhin 42 Prozent Prozent geben die Geldmenge als wesentlichen Treiber an. Rund 18 Prozent sehen einen Nachfrageüberhang als Verursacher. Und noch zehn Prozent glauben, die hohe Staatsverschuldung trage die Hauptverantwortung für die Inflation. In den Kommentaren wird ein ganzer Strauß konkreter Gründe genannt:

  • langfristig höhere Energiepreise und

  • Effekte aus der Energiewende

  • Lieferkettenstörungen

  • das Quantitative Easing der Notenbanken (Aufkauf von Staatsanleihen) als vermeintliche Staatsfinanzierung

  • hohe Staatsausgaben gepaart mit langfristigen Faktoren wie der demographischen Entwicklung

  • das Ausbleiben weiterer Kostensenkungen durch die (nicht mehr voranschreitende) Globalisierung.

Nur moderater Zinsanstieg erwartet

Abschließend wurde die Frage gestellt, welche Leitzinserhöhungen in Euroland in den nächsten zwei Jahren zu einer wirksamen Inflationsbekämpfung notwendig wären. Die Meisten (42 Prozent) sprechen sich für Leitzinserhöhungen von 1 Prozent aus. 28 Prozent halten Zinserhöhungen von 2 Prozent oder mehr für notwendig und ein knappes Fünftel der Befragten (19 Prozent) hält dagegen 0,5 Prozent für ausreichend. Sechs Prozent halten Zinsanhebungen in diesem Kontext für unnötig.

Fazit

„Die Mehrzahl der an der Befragung teilnehmenden Mitglieder vertrat die Auffassung, dass die aktuelle Inflation kein kurzfristiges Phänomen ist, das sich selbst heilt und korrigiert", sagt Ingo Mainert, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des DVFA. Es gebe handfeste Ursachen, die klassisch mithilfe der Geldpolitik zu zu bekämpfen seien. Gleichwohl argumentieren die Investment Professionals des DVFA hinsichtlich der erwartbaren Höhe der Zinsanhebungen mit einem vorsichtigen Realitätssinn für das wohl Machbare: Insbesondere die Dominanz der fiskalischen Verschuldung limitiere (leider) die Spielräume für Zinsanhebungen. Wichtiger erscheint den Investment Professionals das Zurückfahren der Wertpapierkäufe im Rahmen der Quantitativen Lockerung.