Trend mit Chance und Risiko Finfluencer: Wie Sie seriöse "Finance Bros" von Möchtegern-Finanzberatern unterscheiden

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Finanz- und Anlagetipps auf Instagram, YouTube, LinkedIn und Co. haben Konjunktur. Financial Influencer – Finfluencer, auch 'Finance Bros' genannt, haben oft über 100.000 Follower und beeindrucken mit ihrem tatsächlichen oder vermeintlichen Wissen und Vermögen vor allem junge Investoren. Wie Nutzer die Seriösen von den Unseriösen unterscheiden können.

Finfluencer - die Abkürzung für Financial Influencer. Die Qualität ihrer Tipps ist oft fragwürdig.
Finfluencer – die Abkürzung für Financial Influencer. Die Qualität ihrer Tipps ist oft fragwürdig. - © Domingo - stock.adobe.com

Wer nichts weiß, muss viel glauben: Das war schon immer so und galt vor zehn Jahren auch für Anleger, die sich in Sachen Geldanlage und Vermögensaufbau beraten ließen. Was der Finanzexperte sagte, galt. Heute ist das anders: Dank Internet können Kapitalanleger Finanz-Informationen schnell und transparent abfragen und die Vorschläge ihrer Berater hinterfragen. Das ist eine gute Entwicklung. Sie trägt zur Finanzbildung der Menschen bei und macht sie eigenständiger in ihren Finanzentscheidungen.

Das sieht auch Saidi Sulilatu von Finanztip.de so: "Finfluencer haben mit ihrer Reichweite die Möglichkeit, Hürden abzubauen und vor allem jungen Leuten einen ersten Zugang zu Finanzen zu bieten. Ihre Themen reichen von allgemeiner Finanzbildung bis zu hoch riskanten Anlagetipps, mit denen man viel Geld verlieren kann", fasst er die Vor- und Nachteile zusammen. Wichtig ist es ihm, auf die Risiken hinzuweisen: "Es wird viel Unsinn über Finanzen auf YouTube, Instagram und TikTok erzählt, weil der Lauteste oft den Kampf um die Aufmerksamkeit gewinnt", so Sulilatu.

Gefährliches Halbwissen

Auch der Krypto-Blog Coincierge.de warnt vor gefährlichem Halbwissen der Finfluencer: "Finanz-Influencer erzielen unterdurchschnittliche Renditen, doch die Masse vertraut ihnen mehr denn je", schreibt Martin Schwarz von Coincierge. 52 Prozent der Finfluencer seien erst seit 2020 aktiv. Und knapp jeder zweite Anleger habe bereits Investment aufgrund einer Finfluencer-Empfehlung getätigt. Zudem stellen Finfluencer vor allem Einzelaktien-Investments in den Vordergrund.

Finanzberater: Künftig eine überflüssige Dienstleistung?

Für manche Kapitalanleger ist der Finanzberater bereits überflüssig geworden. Sie haben sich selbst ein breit gestreutes, risikodiversifiziertes Depot aufgebaut, behalten seine Entwicklung im Blick und schichten um, wenn es nötig wird.

Doch für die Unerfahrenen unter den Anlegern. für Menschen, die wenig Zeit in ihre Investments stecken können – oder jene, die auf einen schnellen Gewinn setzen – sind die Gefahren groß, wenn sie sich auf die Tipps von "Finance Bros" verlassen: "Am Ende wollen Finfluencer eben auch Geld mit ihrer Reichweite verdienen und haben kommerzielle Interessen. Das heißt, bei ihnen können sich Zuschauer nicht darauf verlassen, dass sie tatsächlich das beste Angebot empfohlen bekommen. Finfluencer machen in der Regel keinen kritischen Finanzjournalismus", warnt Sulilatu.

Finfluencer: Irrweg oder direkter Pfad zum Anlageerfolg?

Ob Finfluencer eine FehlentwickIung sind oder eben doch einen sinnvollen Weg zum Anlageerfolg weisen, hängt also von der Qualität des Finance Bros ab. "Gemessen an den Inhalten und deren Relevanz für Privatanleger sind die Unterschiede zwischen einzelnen Finfluencern groß", sagt Ulrich Müller. Er ist seit über 30 Jahren Börseninvestor, Vermögensberater und Gründer der Ulrich Müller Wealth Academy. Gut gefallen ihm wegen der großen Relevanz für Privatanleger der Social-Media-Account von Finanztip.

Saidi Sulilatu ergänzt: "Es gibt eben beides: seriöse Finfluencer und schwarze Schafe. Deshalb sei es wichtig, Informationen kritisch zu hinterfragen. So haben viele Finfluencer bezahlte Produktpartnerschaften, was ihre Objektivität beeinflussen kann. Ein Beispiel: Empfiehlt ein Finfluencer mir ein Finanzprodukt, weil es wirklich gut ist, oder nur, weil er gut dafür bezahlt wird?"

Finfluencer: die Unseriösen erkennen

Tatsächlich hat nicht jeder Finfluencer wirklich Substanzielles zu sagen. Oft wird mit vermeintlichen Erfolgen geprahlt und daraus eine Anlagestrategie und oft auch ein Gewinnversprechen abgeleitet, ohne dass die Zusammenhänge und Umstände des Investments geklärt sind. Ulrich Müller meint: "Es bietet sich an, Finfluencern nicht nur auf einer Plattform zu folgen, sondern sie auch zu googeln. Auf diese Weise können Anleger neue Eindrücke gewinnen und finden auch den ein oder anderen kritischen Kommentar. Auch Bewertungsportale und ein möglichst langer Track Record sprechen für sich: Liefern Finfluencer über einen langen Zeitraum gute Inhalte und bleiben sie sich auch inhaltlich treu, ist das ein gutes Zeichen. Im Umkehrschluss sollten die Alarmglocken schrillen, wenn Finfluencer ihre Meinung ständig ändern oder aber frei nach dem Motto „Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing“ ihren Kooperationspartnern nach dem Mund reden", findet Müller.

Schwierig ist es auch, wenn Geldanlage und Vermögensaufbau in einen Topf geworfen werden. Die Geldanlage kann durchaus jeder, der sich ein solides Grundwissen über den Finanzmarkt angeeignet hat, selbst vornehmen. Wer sein Geld über verschiedene Anlagenklassen und ETF (Indexfonds) streut und verstanden hat, dass mehr Rendite immer auch mehr Risiko bedeutet, kann sich sein Depot durchaus selbst zusammenstellen. Der strukturierte Vermögensaufbau ist jedoch komplexer. Hier geht es darum, langfristige Ziele wie stetiges Kapitalwachstum, Immobilienerwerb, Unternehmensgründung und Altersvorsorge unter Berücksichtigung des vorhandenen Einkommens und Vermögens - inklusive Erbschaft - zu konzipieren. Ohne Finanzprofi und ein persönliches Gespräch, ist ein solches strategische Vorgehen für einen Laien meist nicht machbar.

Saidi Sulilatu meint: "Ob ein Finfluencer seriös ist, lässt sich an mehreren Hinweisen erkennen. Vorsicht ist etwa dann geboten, wenn

  • sehr hohe Renditen und
  • schneller Reichtum versprochen oder
  • teure Coachings beworben werden
  • Auch bei einem Firmensitz in Dubai oder
  • einer anderen Steueroase sollte man hellhörig werden. Das alles sind klare Warnsignale", so der Chefredakteur von Finanztip.de.

Finfluencer: die Guten erkennen

Welcher Financial Influencer der richtige für einen Nutzer ist, hängt von der Zielsetzung des Nutzers ab. Wer sich schlicht unterhalten und motivieren lassen möchte, etwa durch kluge Anlagesprüche und Lebensweisheiten, findet eine Vielzahl von Anbietern.

Schwieriger ist es, wirkliche gute Anlagetipps zu bekommen. "Um gute Finfluencer erkennen zu können, kommt es für mich auf deren Hintergrund an: Kommen sie aus der Branche? Sind sie schon viele Jahre an der Börse aktiv? Wenn dann auch noch die nutzwertigen Informationen im Vordergrund stehen und der Influencer seine Botschaften unterhaltsam verpackt, schadet es nicht, zu folgen", sagt Finanzexperte Ulrich Müller. Dass Follower von Finfluencern dennoch nicht jeden Tipp blind umsetzen sollten, verstehe sich von selbst. Eigenes Finanzwissen sei gefragt. Wer sich auf einen Finfluencer verlassen möchte, sollte auf diese Kriterien achten:

  • breite Wissensbasis und langjährige Erfahrung im Finanzbereich
  • keine Meinungsmache, beispielsweise durch Vermengung von Anlagetipps mit gesellschaftlichen/weltanschaulichen oder politischen Inhalten
  • Track record (nachgewiesener, langjähriger Anlageerfolg)
  • transparente und nachvollziehbare Anlagetipps
  • Fragen beantwortet der Finfluencer schnell und verständlich

Doch auch, wer glaubt, einen seriösen Finfluencer gefunden zu haben, unterliegt einem Restrisiko, weiß Sulilatu. Denn es sei schwer zu erkennen, ob nicht auch ein seriöser Finfluencer einmal einen Interessenskonflikt hat, etwa durch Produktplatzierungen hat. Um sich vor falschen Ratschlägen zu schützen, sollten sich User bei etablierten Quellen weiter informieren, rät er.

Die beste Anlagestrategie

Permanent fluten Anlagetipps die Social Media-Kanäle. Für Anleger ist schon allein die Menge an Tipps und Informationen verwirrend. Ulrich Müller hat einen Tipp für Privatanleger: "Buy-and-Hold ist die beste Anlagestrategie der Welt. Warum? Sie reduziert Anlagefehler deutlich. Wer Aktien guter Unternehmen möglichst günstig kauft und lange hält, profitiert von den beiden stabilsten Trends, die es am Markt überhaupt gibt. Das sind die langfristigen Gewinne von Standardwerten am Aktienmarkt und die dazugehörigen Dividenden. Für den Vermögensaufbau und die Altersvorsorge ist das die beste aller Strategien. Alles andere ist die Kirsche auf der Torte – schön, aber nicht notwendig."

Die Jugend vor teuren Fehlern schützen

Manche Eltern und auch Inhaber von Familienunternehmen sind besorgt, wenn sie mitbekommen, dass ihre (fast) erwachsenen Kinder oder Auszubildenden, an der Börse aktiv sind. Ulrich Müller versteht die Sorge: "Wenn Menschen mit Geld auf Menschen mit Erfahrung treffen, hat am Ende der Mensch mit Erfahrung das Geld und der andere die Erfahrung." Sein Tipp: Eltern sollten Jugendlichen vermitteln, dass Rendite im Spiegel der Zeit zu sehen ist. Renditen von mehr als zehn Prozent im Jahr sind auf Dauer schwer zu halten und gehen immer mit Risiken einher. Eltern sollten in Finanzfragen Vorbilder sein und ihren Kindern Wissen vermitteln. Das gelänge in Form von offenen Gesprächen über Geld, mittels Büchern oder auch mit Seminaren."

Für den Börsenexperten liegt der Schlüssel zum Wohlstand in den Worten Zeit, Zinsen, Geld und Wissen. "Wer frühzeitig mit einer konservativen Strategie anfängt, macht sich den Zinseszinseffekt zu Nutze", sagt Müller. Er meint: "Finfluencer sind nicht schlecht, aber eigenes Wissen ist nötig, um die Inhalte auch einordnen und bestmöglich nutzen zu können."

Finfluencer mit über 100.000 Followern bei Instagram

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bodoschaefer 443.000 Erfolgs- und Anlagephilosophien instagram.com/bodoschaefer/Bodo Schäfer, 63 J., Autor, Trainer, Money Coach
finanzfluss 419.000Anlagestrategien-/philosophieninstagram.com/finanzfluss/Thomas Kehl, 34 J., Bankkaufmann, Master in Wirtschaftswissenschaften,
Arno Krieger, 32 Jahre alt, Medienwissenschaftler, Gründer von Finflow GmbH
finanztip 291.000Tipps rund um Geld, staatliche Zuschüsse, Altersvorsorgeinstagram.com/finanztip/ Gemeinnützige Finanztip-Stiftung, unabhängig, transparent, 2021 als Wirtschaftsredaktion des Jahres ausgezeichnet
madamemoneypenny243.000Vermögensaufbau, für Frauen, Finanzkompetenz vermittelninstagram.com/madamemoneypenny/Natascha Wegelin, 38 J., Gründerin von WG-Suche.de
finanzheldinnen 169.000Finanzkompetenz für Fraueninstagram.com/finanzheldinnen/ Initiative von Frauen der Commerzbank
investmentpunk 160.000Anlagetipps und -philosophieninstagram.com/investmentpunk/Gerald Hörhan, 48 J., Autor, Unternehmer aus Österreich
Finanzkroko 154.000 Aktien, Dividenden, Vermögensaufbau instagram.com/finanzkroko/Vitali Arnt, Autor, führt ein Wikifolio
dividente_official 137.000 Einsteiger, Unternehmer, Investoren, Finanzwissen, Strategieninstagram.com/dividente_official/ Patrick Kirchberger, 40 J., Unternehmer, Dividendeninvestor
Hoss_.hopf 110.000Kryptos, Geldanlage,
viel Hetze gegen Politik in Deutschland
instagram.com/hoss_.hopf/Philip Hopf, 39 J., Finanzberater in Stuttgart, Kiarash Hossainpour, 24 J., wohnt wohl in Dubai
Stand: 1.März 2024, kein Anspruch auf Vollständigkeit