Stagnation und positive Signale Finanzierung und Kredite: Die Situation in den Betrieben bleibt 2024 angespannt

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Die Banken verschärfen ihre Kreditbedingungen – und die Betriebe fragen weniger Kredite nach. Die Folge: Der Bankenverband erwartet eine gesamtwirtschaftliche Stagnation für 2024. Denn es gibt auch positive Signale: der robuste Arbeitsmarkt und der perspektivisch anziehende private Konsum. Auch die sinkende Inflationsrate von derzeit 2,9 Prozent auf prognostizierte 2,5 Prozent bis Ende des Jahres sollte den Betrieben helfen. Ein Ausblick auf die Finanzierungssituation der Betriebe.

Die Unternehmen fragen weniger Kredite nach - gleichzeitig sind die Banken zurückhaltend mit der Kreditvergabe.
Die Unternehmen fragen weniger Kredite nach – gleichzeitig sind die Banken zurückhaltend mit der Kreditvergabe. - © Krakenimages.com - stock.adobe.com

"Das Investitionsgeschehen tritt auf der Stelle", fasst Dr. Hendrik Hartenstein, Leiter Unternehmensfinanzierungen beim Bundesverband Deutscher Banken e.V. (BDB), die Ergebnisse seiner jüngsten Studie zusammen. Zwar trotze die Wirtschaft der herausfordernden Gesamtlage und zeige sich insgesamt widerstandsfähig, doch die Stimmung bei den Unternehmen sei verhalten bis angespannt.  

Die Unternehmen seien insgesamt resilient aufgestellt, was auch daran liege, dass sie ihre Risiken deutlich stärker im Blick hätten. "Hinzu kommen mitunter Anpassungs- beziehungsweise Gewöhnungseffekte auf Seiten der Unternehmen, was die schwierigen Rahmenbedingungen betrifft. Der robuste Arbeitsmarkt und die Aussicht auf Erholung der privaten Kaufkraft aufgrund der gesunkenen und weiter sinkenden Inflation wirken stabilisierend", so Hartenstein.

Die Lage der Unternehmen

"Bei der Bewertung von Lage und Erwartungen gibt es Unterschiede nach Größenklassen", schreibt Hartenstein: Während sich die Lageeinschätzung und Perspektiven von Großunternehmen insbesondere des Verarbeitenden Gewerbes zum Jahresbeginn teilweise verbessert haben, sei die Stimmung im Mittelstand branchenunabhängig weiterhin sehr gedämpft.

"Besonders belastend für Unternehmen wirkt die unübersichtliche Gemengelage, bestehend aus konjunkturellen und strukturellen Faktoren wie Geopolitik, Arbeitskräftemangel, Fiskalpolitik, Energiepreisen und Transformationsbedarf", so Hartenstein. Die Betriebe würden Investitionen unter diesen Bedingungen weiterhin hinausschieben, wenn sie nicht sehr dringend erforderlich seien. "Die Dynamik 2024 wird in etwa vergleichbar mit 2023 sein, wobei die Investitionszurückhaltung nicht nur Folge, sondern auch Ursache der schwächelnden Konjunktur ist", urteilt Hartenstein.

Deutlicher Anstieg bei den Unternehmensinsolvenzen

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen stieg 2023 von 14.660 (2022) auf 18.100, so der BdB. Das entspreche einem deutlichen Anstieg um 23,5 Prozent. "Das Insolvenzgeschehen liegt damit allerdings immer noch unter den Werten von vor der Pandemie", so Hartenstein.

Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW) sieht für 2024 eine Stagnation – und blickt auf 2025 mit verhaltenem Optimismus: "Insbesondere eine immer bessere Konsumlaune der privaten Haushalte, aber auch steigende Ausrüstungsinvestitionen werden wohl 2025 für einen Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts um 1,2 Prozent sorgen", so die neueste Konjunkturprognose des Instituts.

Kredite: geringe Nachfrage, verschärfte Bedingungen

"Die Nachfrage nach Krediten ist weiter gering", lautet die Erkenntnis des Bankenverbands. Grund dafür seien die schwachen Konjunkturaussichten. Banken und Aufsicht legen ihren Fokus vermehrt auf die Risiken, insbesondere im Immobiliensektor. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch das Fazit der Studie: "Die Finanzlage der Banken ist stabil", urteilt Hartenstein.

Laut EZB-Bank Lending Survey (BLS - die Europäische Zentralbank befragt die Banken in Euroland zu ihren Kreditkonditionen) blieb die Nachfrage nach Krediten im vierten Quartal 2023 in allen Kreditsegmenten zurück, wenngleich der Rückgang im Vergleich zu den Vorquartalen moderater ausfiel. "Die schwachen Konjunkturaussichten trugen maßgeblich zu diesem Nachfragerückgang bei. Erstmals war nicht mehr das allgemeine Zinsniveau entscheidend für den Rückgang", so der BDB. Im gesamten Euroraum ging die Kreditnachfrage der Unternehmen im 4. Quartal 2023 weiter deutlich zurück, insbesondere im Immobilien- und Bausektor. Dieser Trend werde sich die gesamte erste Jahreshälfte 2024 fortsetzen. Auch die Banken seien zurückhaltender mit ihrer Kreditvergabe, dies bezieht sich insbesondere auf Gewerbeimmobilien und das Baugewerbe.

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Die Energiewende: Der Staat muss das Generationenprojekt stützen

"Die Energiewende ist ein Generationenprojekt, dessen Finanzierung auf möglichst viele Schultern verteilt werden muss", so die Erkenntnis des Bankenverbands. Sie könne nur gelingen, wenn auch privates Kapital eingesetzt werde. Die in diesem Zusammenhand genannten Zahlen sind gigantisch: "Für den Umbau des Energiesystems in Deutschland werden, nach Schätzungen des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), allein bis 2030 rund 600 Milliarden Euro notwendig sein, bis 2045 wird der Bedarf sogar auf mindestens eine Billion Euro anwachsen."

Damit privates Geld in die Energiewende fließe, müsse die Politik stabile Rahmenbedingungen schaffen, die eine Wirtschaftlichkeit für die Investoren ermöglichen. Förderprogramme und stabile Cashflows während der Finanzierungslaufzeit seien notwendig.