Zinsanstieg und Steuern Familie finanziell unterstützen: Darlehen sind aktuell günstiger als eine Schenkung

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Sie möchten als Handwerksmeister Familienangehörigen finanziell aushelfen? Darlehen sind in der momentanen Situation des Jahres 2023 steuerlich oft günstiger als Schenkungen. Vor allem dann, wenn der Betrieb später ohnehin an die jüngere Generation übergeben werden soll.

Der aktuelle Zinsanstieg bringt Seniorchefs dazu, der jungen Generation finanziell unter die Arme zu greifen. Ein Familiendarlehen kann günstiger sein als eine Schenkung. - © Anna Kosolapova - stock.adobe.com

Handwerk ist immer noch größtenteils Familiengeschäft. Wo erforderlich, hilft man einander, insbesondere greift die ältere Generation Kindern, Neffen, Nichten oder Enkeln unter die Arme – auch finanziell. Doch Vorsicht ist geboten, wenn das Familienunternehmen noch in der Hand des Seniors ist. Denn in der Regel soll die spätere Erbfolge durch die Unterstützung nicht vorweggenommen werden. Was aber der Fall sein könnte, wenn man größere Beträge verschenkt. Hier sind Darlehen daher oft die bessere Lösung als Schenkungen. Weil Zuwendungen häufig unter den Freibeträgen bleiben.

Aktuell gewinnt das Thema "Darlehen an die Familie" durch den starken Anstieg der Kreditzinsen an Relevanz. Ohne entsprechende Unterstützung ist vielen jungen Leuten etwa ein Immobilienerwerb nicht mehr möglich. Hier stellt sich dann die Frage: Gibt der Senior den gewünschten Betrag als Schenkung weiter oder gewährt er ein günstiges Familiendarlehen. Vorteil des Darlehens: Handwerker, die im Familienkreis kein Mitglied bevorzugen möchten, können bei einer Darlehensvergabe den geldwerten Vorteil des Darlehensnehmers ermitteln und den übrigen Beteiligten einen vergleichbaren Geldbetrag zukommen lassen, der dann auch oft unter den Freigrenzen liegt.

Familiendarlehen: Welche Zinsen? Und welche Steuern fallen an?

Grundsätzlich besteht für Darlehen Vertragsfreiheit. Jeder kann jedem Geld zu beliebigen Konditionen leihen. Allerdings sollten Handwerker mit dem Darlehensnehmer aus der Familie einen Vertrag abschließen, wie unter Fremden üblich. Andernfalls besteht die Gefahr, dass der gesamte Darlehensbetrag schenkungssteuerpflichtig wird. Werden etwa keine Zinszahlungen zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer vereinbart, stellt dieser Verzicht auf eine Verzinsung steuerrechtlich eine freigiebige Zuwendung dar, auf die Schenkungssteuer anfallen kann – abhängig von der Höhe des Vorteils und unter Berücksichtigung der Freibeträge.

„Familie“ wird heute vielfältiger verstanden, nicht auf Verwandtschaft im gesetzlichen Sinne reduziert. Daher ist Vorsicht geboten, denn Darlehen außerhalb der Verwandtschaft übersteigen in der Regel die gewährten Freibeträge oder die Laufzeit von einem Jahr. Es gilt auf die steuerlichen Freibeträge (nach Paragraf 16 Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz) zu achten, die für jeweils zehn Jahre gelten und danach erneut ausgeschöpft werden können (siehe unten). Der Verwandtschaftsgrad ist für die Höhe des Freibetrags entscheidend. Selbst wenn Freibeträge nicht überschritten werden, ist der Betrag zu ermitteln und zu dokumentieren. Grund: Tritt der Erbfall innerhalb der zehnjährigen Frist ein, würde der aus dem Darlehen entstandene Vorteil den Freibetrag mindern.

Erbschaft und Schenkung: Diese Steuerfreibeträge stehen Steuerzahlern zu

VerwandtschaftsgradSteuerfreibetrag in Euro
Ehegatten und Lebenspartner500.000
Kinder und Enkel, bei denen die Eltern verstorben sind (Auch Stief- und Adoptivkinder)400.000
Enkel200.000
Eltern und Großeltern (bei Erbschaften)100.000
Entfernte Verwandte und nicht Verwandte20.000

Liegt der im Darlehensvertrag vereinbarte Zins unter den marktüblichen Bedingungen geht das Finanzamt von einer Schenkung in Höhe des nicht erhobenen Zinssatzes aus. Die Höhe der Zuwendung ermittelt sich nach dem kapitalisierten Nutzungsvorteil. Grundsätzlich unterstellen die Finanzbehörden 5,5 Prozent als Zinssatz, wenn kein anderer Wert nachgewiesen wird. Um einen hohen Zinssatz zu vermeiden, ist es wichtig, sich über Referenzzinssätze für vergleichbare Darlehen zu informieren und diese, soweit niedriger als 5,5%, zu dokumentieren, um sie bei Bedarf vorlegen zu können. Für den Vergleich ist darauf zu achten, dass es sich um einen marktüblichen Kreditzins handelt.

Steuerliche Handhabe: Darlehen unter nicht Verwandten

Beispiel: Zwei steuerlich nicht Verwandte vereinbaren ein zinsloses Darlehen über 150.000 Euro. Die Rückzahlung soll vollständig nach acht Jahren vorgenommen werden. Bei einer Bank beträgt der Zinssatz aktuell 4 Prozent. Der Jahreswert der Nutzung beträgt unter Beachtung der marktüblichen 4% (nach Paragraf 15 Bewertungsgesetz) mit 6.000 Euro. Daraus resultiert ein Kapitalwert der wiederkehrenden Nutzung unter Beachtung der Laufzeit von acht Jahren zum Bewertungsgesetz als:


6.000 Euro x 6,509 = 39.054 Euro

Der Kapitalwert ergibt sich mit einem Faktor von 9,3, wenn das Darlehen auf unbestimmte Zeit geschlossen wurde. Die Schenkungssteuer entsteht bereits zum Auszahlungszeitpunkt des Darlehens, nicht erst, wenn die Zinsen fällig werden.

Der Darlehensnehmer im Beispiel gehört der Steuerklasse III an. Da dieser nicht mit dem Darlehensgeber verwandt ist, sind Schenkungen bis zu 75.000 Euro (nach Paragraf 19 Absatz 1 ErbStG) mit einem Steuersatz von 30 Prozent zu versteuern. In diesem Fall berechnet sich die Steuer wie folgt:

Kapitalisierter Nutzungsvorteil:39.054 Euro
minus persönlicher Freibetrag:20.000 Euro
= steuerpflichtiger Erwerb:   19.000 Euro
x Steuersatz     30 Prozent
= Schenkungssteuer5.700 Euro
Zum Zeitpunkt des Darlehensschlusses werden folglich 5.700 Euro Schenkungssteuer fällig.

Vorsicht: Ratenzahlung bei Immobilienverkauf löst Steuerpflicht aus

Immobiliengeschäfte zwischen nahen Angehörigen werden in der Regel wie unter fremden Dritten durchgeführt. das heißt, nach Ermittlung eines angemessenen Kaufpreises wird gezahlt. Die Zahlung dient etwa der Versorgung der Eltern, führt bei vermieteten Objekten zu steuerminderndem AfA-Volumen und vermeidet, sofern der Preis marktüblich vereinbart wurde, Schenkungssteuer. Insofern kann ein “echter” Verkauf anstelle einer unentgeltlichen oder teilentgeltlichen Übertragung sinnvoll sein. Doch es gibt eine Steuerfalle, die gerne übersehen wird: Darf der Erwerber, oftmals eines der Kinder, den Kaufpreis in Raten zahlen und zieht sich die Ratenzahlung über mehr als ein Jahr zinslos hin, teilt das Finanzamt den Kaufpreis in einen Tilgungs- und einen Zinsanteil auf.

Der Zinsanteil wird mit einem Zinsfuß von 5,5 Prozent berücksichtigt und führt beim Veräußerer zu Einkünften aus Kapitalvermögen. Selbst, wenn die Vertragsparteien bewusst davon ausgehen, dass der Kaufpreis zinslos gestundet wird, unterstellt der Fiskus den Zufluss von fiktiven Zinseinnahmen.

Nutzungsvorteil: Beispiel-Berechnungen für 200.000 Euro Darlehensbetrag

Wie hoch der kapitalisierte Nutzungsvorteil für ein Darlehen über 200.000 Euro liegt, bietet die folgende Übersicht. Die angegebenen Zinssätze entsprechen dem marktüblichen Zinssatz für ein vergleichbares, nicht zinsloses Darlehen, so dass nicht die 5,5 Prozent zur Anwendung kommen. Das Darlehen ist endfällig. Bei einem Annuitätendarlehen oder bei individuellen Tilgungsleistungen ist der jeweilige Wert detailliert zu ermitteln:

Zinssatz /
Laufzeit
2%3%4%5%
27.58811.38215.17618.970
311.08816.63222.17627.720
414.40821.61228.81636.020
517.55226.32835.10443.880
620.53230.79841.06451.330
723.35635.03446.71258.390
826.03639.05452.07265.090
928.56842.85257.13671.420
1030.98046.47061.96077.450
Annahme: Der Darlehensbetrag beträgt 200.000 Euro

Die Tabelle stellt den kapitalisierten Nutzungsvorteil für verschiedene Zinssätze und Laufzeiten dar. Die Berechnung der Kapitalwerte erfolgt mit 5,5% gemäß Anlage 9a zum Bewertungsgesetz. Zieht man von diesen Werten den individuellen Freibetrag ab und multipliziert diesen Wert, abgerundet auf volle Hundert Euro, mit dem dann anzusetzenden Steuersatz, ergibt sich die anfallende Schenkungssteuer. Während die Werte für ein Darlehen in dieser Höhe bei nahen Verwandten, insbesondere Kindern, meist unter dem Freibetrag liegen, ist dieser für entfernte Verwandte oder fremde Dritte schnell überschritten. Weiterhin ist zu bedenken, dass innerhalb der Zehnjahresfrist gegebenenfalls weitere Schenkungen oder gar die Erbschaft anfällt, die dann hinzugerechnet wird.

Bei nicht unverzinslich, aber zu niedrig verzinslichen Darlehen ist gegebenenfalls eine entsprechende Differenz zu bilden, da die Bereicherung dann nur in der Differenz zwischen vereinbartem und marktüblichem Zinssatz vorliegt.