Handwerksunternehmer machen ihre Wahlentscheidung bei der Bundestagswahl 2025 auch davon abhängig, wie Parteien sie und ihren Betrieb steuerlich entlasten. Denn sie wollen investieren und davon profitieren. Wirtschaftsforschungsinstitute und Verbände fordern: Das Hochsteuerland Deutschland benötigt in der neuen Legislaturperiode dringend eine Reform, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Lesen Sie über die wichtigsten Steuervorhaben der Parteien.

Der Mittelstand in Deutschland sieht weiterhin keine Verbesserung seiner wirtschaftlichen Lage. Auch das Geschäft Ende 2024 änderte nichts an dem negativen Trend der vergangenen Monate. Das zeigen die Zahlen des Datev-Mittelstandsindex, der datenbasierte Einblicke in die wirtschaftliche Lage der kleinsten, kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) in Deutschland nimmt. So nimmt er Umsatz, Lohn und Beschäftigung in einem Report und auf einer interaktiven Webseite, sortiert nach 16 Bundesländern, fünf ausgesuchten Branchen (plus Sonstige) und nach drei Unternehmensgrößen ins Visier.
„Die Hoffnungen auf eine Umsatzerholung durch das Jahresendgeschäft wurden enttäuscht“, erläuterte Prof. Dr. Robert Mayr, CEO der Datev, die Daten aus dem Dezember. „Die schwierige wirtschaftliche Lage der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) – insbesondere der Kleinstunternehmen – spitzt sich weiter zu.“ Große Hoffnungen werden nun an die künftige Bundesregierung herangetragen.
Wirtschaftsforscher: Die Steuerlast schwächt den Standort Deutschland
So melden sich kurz vor der Bundestagswahl Deutschlands Wirtschaftsforschungsinstitute und Verbände zu Wort mit dem Tenor: Die hohe Steuerlast in Deutschland schwäche den Standort, eine Steuerreform sei daher dringend nötig. „Unternehmer brauchen Investitions- und Wachstumsimpulse, mehr Arbeit muss sich für Haushalte mehr lohnen“, sagte ifo-Präsident Clemens Fuest anlässlich der Vorstellung des ifo-Forschungsberichts zur Reform des Steuer- und Abgabensystems in Deutschland. Ausnahmen und Privilegien führten zu mehr Bürokratie, hemmten das Wachstum und gehörten abgeschafft. Seit fünf Jahren hänge Deutschland in einer tiefen Strukturkrise ohne Wachstum fest. Über eine steuerliche Entlastung der Unternehmen könnte man Investitionen fördern und die Wirtschaft ankurbeln. „Eine stufenweise Senkung der Körperschaftsteuer um fünf Prozentpunkte und die Einführung beschleunigter Abschreibungsregelungen würden dringend benötigte Impulse setzen“, sagte Fuest.
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln nahm indessen die Wahlprogramme der Parteien ins Visier: Die Union würde Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen 90 Milliarden Euro abnehmen, bei der SPD wären es 30 Milliarden Euro, bei der FDP 138 Milliarden Euro und bei den Grünen etwa 48 Milliarden Euro. „Der Ansatz, die Steuerzahler zu entlasten, ist überfällig. Anreize für mehr Investitionen und Arbeit können zu einer stärkeren Wirtschaftsdynamik verhelfen“, sagte IW-Steuerexperte Tobias Hentze. Die hohen Forderungen der AfD von 181 Milliarden Euro Entlastung würden die staatliche Handlungsfähigkeit stark einschränken, kritisieren die Forscher. Vor allem die europapolitischen Maßnahmen – die AfD stellt die Mitgliedschaft Deutschlands in der Europäischen Währungsunion und der Europäischen Union (EU) infrage – was 77 Prozent der Unternehmenslenker in Deutschland als ein Risiko für den Bestand der Europäischen Union und des Euros sehen.
Experten raten ab, bei der Bundestagswahl Parteien mit extremen Positionen zu wählen
Auch der Digitalverband Bitkom äußert sich bei der Vorstellung des "bitkomat", der ähnlich dem "Wahl-O-Mat" die digitalpolitischen Präferenzen der im Bundestag vertretenen Parteien ins Visier nimmt, zur bevorstehenden Wahl 2025: „Diese Wahl findet ein hohes Maß an Aufmerksamkeit. Leider auch von Kräften mit sehr extremen Positionen und von solchen, die uns von außen verunsichern und irritieren wollen. Das hilft uns aber nicht weiter, in Deutschland die notwendigen Fortschritte zu erreichen“, sagte Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst.
„Wir müssen uns auf unsere gemeinsamen Werte und auf das besinnen, was unser Land stark gemacht hat und zusammenhält: eine starke, innovative Wirtschaft, eine offene, aufgeklärte Gesellschaft und ein leistungsfähiger Staat, der uns ein Leben in Sicherheit und Freiheit ermöglicht“, erklärte er. Und er führte weiter aus: „Deutschlands Politiker und Politikerinnen müssen sich auf die wichtigen Themen konzentrieren, Lösungen anbieten und umsetzen. Und wir als Wählerinnen und Wähler müssen ihnen dabei den Rücken stärken. Gehen Sie wählen, für ein demokratisches, und auch ein digital souveränes Deutschland.“
Das planen die Parteien zur Bundestagswahl, um Unternehmen zu entlasten:
Wie genau bewerten die Parteien das aktuelle Steuersystem, wie möchten sie Handwerksbetriebe entlasten, um den aktuellen Aufgaben – Fachkräftemangel, Digitalisierung, Innovationen vorantreiben – gerecht zu werden? Allen Parteien gemein ist: sie wollen Unternehmern Steuerlast abnehmen – wie das Institut der Deutschen Wirtschaft in seiner Studie „Steuerpolitik: was die Wahlprogramme für die Steuerzahler bedeuten“ ermittelt hat:
SPD – Steuervorhaben zur Bundestagswahl: Spitzen- und Reichensteuersatz hoch, Unternehmerprämie für Investitionen
- Unternehmen sollen über eine Prämie für Investitionen in Maschinen und Geräte entlastet werden.
- Die Mehrwertsteuer für Lebensmittel soll von sieben Prozent auf fünf Prozent fallen.
- Die Stromsteuer könnte auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden. Auch bei den Netzentgelten wird eine Entlastung angestrebt.
- Steuersenkungen für private Haushalte fallen kleiner aus als bei der Union. Zwar soll auch nach den SPD-Plänen der Tarif abgeflacht werden, Spitzen- und Reichensteuersatz gleichzeitig aber um je drei Prozentpunkte erhöht werden, sodass für rund fünf Prozent der Steuerzahler die Belastung steigt.
- Auf Kapitalerträge soll künftig der individuelle Grenzsteuersatz des Einkommensteuertarifs angewendet werden. Die Abgeltungsteuer wird entsprechend abgeschafft.
- Die Erbschaftsteuer soll für große Vermögen verschärft, die Vermögensteuer ab einem Vermögen von 100 Millionen Euro reaktiviert werden.
CDU – Steuervorhaben zur Bundestagswahl: Grenzwert für Spitzensteuersatz erhöhen, Überstunden für Arbeitnehmer lohnender gestalten
- Die CDU plant Entlastungen für Unternehmen, etwa die Senkung der Körperschaftsteuer sowie attraktivere Abschreibungsregeln und verbesserte Verlustverrechnungen, um den Standort Deutschland voranzubringen und die Steuerlast auf maximal 25 Prozent zu begrenzen.
- In der Gastronomie soll die Mehrwertsteuer auf Speisen gesenkt werden, so wie es in der Corona-Pandemie bereits praktiziert wurde.
- Die Stromsteuer soll auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden. Auch bei den Netzentgelten wird eine Entlastung angestrebt.
- Der Solidaritätszuschlag soll vollständig abgeschafft werden.
- Die Union will den Einkommensteuertarif reduzieren, indem der Spitzensteuersatz erst ab einem zu versteuernden Einkommen von 80.000 Euro und nicht wie aktuell bei 68.481 Euro greift. Geringere Grenzsteuersätze könnten etwa den Anreiz erhöhen, eine Teilzeitstelle aufzustocken. Als weitere Arbeitsanreize will die Union, dass sich Überstunden für Arbeitnehmer und das Weiterarbeiten für Rentner steuerlich mehr lohnen. Kindergeld und Kinderfreibetrag sollen steigen, ebenso wie der Alleinerziehenden-Freibetrag.
- Bei der Erbschaftsteuer sollen die seit 15 Jahren unveränderten Freibeträge an die Preissteigerung angepasst werden.
Bündnis 90/Die Grünen – Steuervorhaben zur Bundestagswahl: Kapitalerträge sollen mit dem individuellen Steuersatz versteuert werden
- Die Grünen planen, die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß zu senken. Auch bei den Netzentgelten wird eine Entlastung beabsichtigt.
- Auf Kapitalerträge soll künftig der individuelle Grenzsteuersatz des Einkommensteuertarifs angewendet werden. Die Abgeltungsteuer wird entsprechend abgeschafft.
- Private Investitionen will die Partei durch eine Investitionsprämie für Maschinen und Geräte fördern.
- Der Solidaritätszuschlag auf die Einkommensteuer soll in den Tarif integriert werden, sodass Spitzen- und Reichensteuersatz steigen.
- Auch ist eine Anhebung des Grundfreibetrags in der Einkommensteuer vorgesehen. Die Werbungskostenpauschale soll auf 1.500 Euro angehoben werden. Kindergeld und Kinderfreibetrag sollen stetig steigen und Steuergutschriften für niedrige Einkommen und insbesondere Alleinerziehende erhöht/eingeführt werden.
- Zudem geplant ist die Einführung eines Klimagelds als Pro-Kopf-Zahlung.
- Eine höhere Belastung ist hingegen auf große Vermögen bei der Erbschaftsteuer und auf Vermögen in Milliardenhöhe („Milliardärsteuer“) geplant.
FDP – Steuervorhaben zur Bundestagswahl: Einkommensteuertarif abflachen, Solidaritätszuschlag fällt weg
- Bei der Einkommensteuer will die Partei den Einkommensteuertarif schrittweise abflachen, sodass der Spitzensteuersatz ab 96.600 Euro greift.
- Der Sparerpauschbetrag soll angehoben werden.
- Zudem geplant ist die Einführung eines Klimagelds als Pro-Kopf-Zahlung.
- Die Steuerbelastung der Unternehmen soll auf unter 25 Prozent und damit einen international wettbewerbsfähigen Satz sinken. Zu diesem Zweck soll die Körperschaftsteuer gesenkt werden. Zudem sollen Abschreibungsregeln sowie Verlustverrechnungen attraktiver gestaltet und Eigenkapitalzinsen steuerlich berücksichtigt werden.
- Der Solidaritätszuschlag soll vollständig entfallen.
- Die Umsatzsteuer in der Gastronomie soll für Speisen auf sieben Prozent sinken.
- Bei der Erbschaftsteuer sollen die seit 15 Jahren unveränderten Freibeträge an die Preissteigerung angepasst werden.
- Die Stromsteuer soll auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden.
- Die Luftverkehrsteuer soll abgeschafft werden.
AfD – Steuervorhaben zur Bundestagswahl: Grundfreibetrag soll steigen, Familiensplitting, Unternehmensbesteuerung senken
- Die AfD will mehrere Steuern und Abgaben komplett streichen, darunter die Grundsteuer, die Erbschaftsteuer, die Luftverkehrsteuer, den Solidaritätszuschlag und die CO2-Abgabe. Gleichzeitig sollen die Kommunen als Ersatz für die Grundsteuer-Zuschläge bei Einkommen- und Körperschaftsteuer erheben dürfen.
- Bei der Einkommensteuer soll der Grundfreibetrag deutlich steigen. Zudem ist vage von einem Stufentarif die Rede mit generell niedrigeren Steuersätzen.
- Der Ausbau vom Ehegattensplitting zum Familiensplitting soll Familien entlasten. Hierbei ist die Annahme, dass es weiterhin eine Günstigerprüfung mit dem Kindergeld gibt (wie derzeit auch eine Günstigerprüfung zwischen Kindergeld und dem Kinderfreibetrag vorgenommen wird).
- Die Unternehmensbesteuerung soll auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau gesenkt werden.
- Der Sparerpauschbetrag soll von 1.000 Euro auf 6.672 Euro steigen.
- Die Umsatzsteuer in der Gastronomie soll auf sieben Prozent sinken. Zudem soll für Kinderartikel der ermäßigte Steuersatz gelten.
- Die Stromsteuer soll auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden.
Die Linke – Steuervorhaben zur Bundestagswahl: Wiederbelebung der Vermögensteuer, Körperschaftsteuer soll steigen
- Die Linke will eine einmalige Vermögensabgabe einführen, die über zwei Jahrzehnte gestreckt fällig werden soll.
- Die Vermögensteuer soll wiederbelebt werden mit einem Steuersatz von fünf Prozent ab 50 Millionen Euro Vermögen und zwölf Prozent ab einer Milliarde Euro. Für Privatvermögen soll ein Freibetrag von einer Million Euro, für Betriebsvermögen von fünf Millionen Euro gelten.
- Gleichzeitig soll die Erbschaftsteuer verschärft werden und in der Spitze 60 Prozent betragen.
- Der Körperschaftsteuersatz soll von 15 Prozent auf 25 Prozent steigen, die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer soll verbreitert werden.
- Bei der Einkommensteuer sollen alle zu versteuernden Einkommen unter 16.800 Euro im Jahr steuerfrei bleiben. Ab 85.000 Euro Bruttoeinkommen im Jahr soll der Steuersatz 53 Prozent betragen (Top-Fünf-Prozent). Für die Reichensteuer fordert die Partei zwei Stufen: 60 Prozent für Einkommen oberhalb von 250.000 Euro (Top-Ein-Prozent) und 75 Prozent für Einkommen oberhalb von einer Million Euro zu versteuerndem Einkommen (Top-0,06-Prozent). Das Ehegattensplitting soll auf ein Realsplitting mit übertragbarem Grundfreibetrag begrenzt werden. Das Kindergeld soll auf 350 Euro im Monat steigen, der Kinderzuschlag bis zu 379 Euro betragen.
- Entlasten will Die Linke bei der Mehrwertsteuer: Auf Lebensmittel, Hygieneprodukte sowie Tickets für Bus und Bahn soll die Steuer entfallen; Arzneimittel, Produkte für Kinder und arbeitsintensives Handwerk sollen mit dem ermäßigten Satz belastet werden.
- Die Stromsteuer soll auf das europäische Mindestmaß sinken.
- Es soll eine Finanztransaktionssteuer eingeführt werden.
- Pro Kopf will die Partei ein Klimageld von 320 Euro auszahlen.
- Der Luftverkehr soll durch eine Kerosinsteuer und den vollen Mehrwertsteuersatz auf Flugtickets ins Ausland verteuert werden.
Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) – Steuervorhaben zur Bundestagswahl: Keine Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, Abschaffung der CO2-Abgabe
- Das BSW will Steuerzahler bis zu einem Bruttojahreseinkommen von 90.000 Euro bei der Einkommensteuer entlasten, indem der Grundfreibetrag deutlich angehoben und das Einsetzen des Spitzensteuersatzes verschoben werden soll. Der Spitzensteuersatz soll erst bei „sehr hohen Einkommen“ einsetzen. Widersprüchlich bleibt diese Aussage laut Institut der deutschen Wirtschaft, da gleichzeitig kein höherer Spitzensteuersatz gefordert wird.
- Auf Kapitalerträge soll künftig der individuelle Grenzsteuersatz des Einkommensteuertarifs angewendet werden. Die Abgeltungsteuer wird entsprechend abgeschafft.
- Die CO2-Abgabe soll abgeschafft werden.
- Bei den Netzentgelten wird eine Entlastung angestrebt.
- Die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel soll auf null Prozent gesenkt werden. Zudem sollen Reparaturleistungen von defekten Geräten mit dem ermäßigten Satz besteuert werden.
- Bei der Erbschaftsteuer soll ein einheitlicher Steuersatz für alle Vermögensarten angewendet werden.
- Die Vermögensteuer soll für Vermögen ab 25 Millionen Euro mit einem Steuersatz von einem Prozent reaktiviert werden, der ab 100 Millionen Euro Vermögen auf zwei Prozent und ab einer Milliarde Euro auf drei Prozent steigt.
- Renten sollen bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei bleiben.