Optionsmodell für KG und oHG Körperschaftsteuer: Steuern zahlen wie eine Kapitalgesellschaft

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Handwerksbetriebe, die als Personenhandelsgesellschaft organisiert sind, können künftig ohne Rechtsformwechsel wie eine Kapitalgesellschaft mit Köperschaftsteuer besteuert werden. Wer davon profitiert.

Rüdiger Trendel, Schreinermeister aus Lohr
Rüdiger Trendel, Schreinermeister aus Lohr und Gründer des gleichnamigen Schreinereibetriebs Trendel GmbH & Co. KG. - © Tim Wegner

Schreinermeister Rüdiger Trendel leitet die Trendel GmbH & Co. KG gemeinsam mit seinem Kompagnon Thomas Herteux. Das Schreinerei­unternehmen im nordbayerischen Lohr am Main existiert in seiner jetzigen Form als Kommanditgesellschaft seit 2010. Bekannt durch hochwertigen Innenausbau für Privatkunden vor allem im nahege­lgenen Frankfurt ergänzen sich die beiden Unternehmer im Team perfekt: „Mein Kollege bedient unsere Maschinen, ich kümmere mich um die 3-D-Planung am Computer“, so Trendel, der den Betrieb vor 31 Jahren als Einzelunternehmer gründete.

Heute können sie mit einer Fünf-Achs-CNC-Fräse sowie einer digital gesteuerten Kantenanleimmaschine aufwarten. Viel Personal brauchen Trendel und Herteux dank des hochmodernen Maschinenparks nicht: „Ein Mitarbeiter hilft in der Fertigung, manchmal engagieren wir für die Montage größerer Aufträge befreundete Einzelunternehmer“, erklärt der Firmengründer.


Volle Auftragsbücher bescheren Trendel und Herteux regelmäßig schwarze Zahlen. „Umsatz und Gewinne sind hoch, wir bezahlen Spitzensteuersatz“, sagt Trendel. „Daher könnte es gut sein, dass wir unter den Ersten sind, die die Option zur Körperschaftsteuer in Anspruch nehmen.“ Steuerberater Armin Schiehser, Inhaber der gleichnamigen HSP Steuer Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft mbH in Lohr, rät den beiden Schreinermeistern zu der Option nach dem Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz (KöMoG): „Mit der guten Ergebnissituation spricht alles dafür“, so der Profi.

Vorteile durchaus gegeben

Auch Norbert Mückl klingt positiv, wenn er auf das KöMoG angesprochen wird, das zum 1. Januar 2022 greift. Der Münchner Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater der Kanzlei Streck Mack Schwedhelm sowie Experte des Deutschen Anwaltvereins betont: „Ich betreue einige Mandanten, die dem Finanzamt den Wechsel zur Körperschaftsteuer schon im November mitteilen wollen.“ Nach dem KöMoG können etwa Kommanditgesellschaften (KG) oder offene Handelsgesellschaften (oHG) dann steuerlich wie eine Kapitalgesellschaft behandelt werden. Die Regierung will die Wettbewerbs­fähigkeit des deutschen Mittelstands unterstützen, andererseits den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken. Sie weicht damit das Transparenzprinzip auf. Es besagt etwa, dass Gewinne von KG oder oHG einkommensteuerlich unmittelbar den Gesellschaftern zugerechnet werden. Mückl erläutert: „Gesellschafter von Personengesellschaften belegt das Finanzamt mit dem individuellen Einkommensteuersatz, gegenwärtig also mit bis zu 45 Prozent.“ Im Gegensatz dazu behandele der Fiskus Kapitalgesellschaften, etwa Gesellschaften mit beschränkter Haftung, steuerlich nach dem Trennungsprinzip. „Die Körperschaft- und Gewerbesteuer auf den Gewinn beträgt in der Regel etwa 30 Prozent“, so Mückl und erklärt weiter: „Für Gewinne der Kapitalgesellschaft fällt nur dann Einkommensteuer an, wenn sie diese an die Gesellschafter ausschüttet.“

Umstellung mit Rückoption

ETL-Rechtsanwalt und Steuerberater Dietrich Loll in Berlin formuliert es ähnlich: „Zieht man die Geschäftsführergehälter ab, reduziert sich der Gewinn, auf den die Körperschaft- und Gewerbesteuer anfällt.“ Loll erklärt: „Optieren nach dem KöMoG berechtigte Betriebe für die Körperschaftsteuer, sichern sie sich mehr Möglich­keiten, mit der Steuer zu jonglieren.“

Die Option besteht erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2021 beginnen. Bis spätestens einen Monat vor Beginn haben Unternehmen Zeit, dem Finanzamt die Umstellung elektronisch via Elster (voraussichtlich ab der zweiten Novemberhälfte) zu übermitteln. Für das Wirtschaftsjahr 2022 wäre dies bereits der 30. November 2021. Auch eine Rückoption sieht der Gesetzgeber vor. Die Gesellschaft stellt dafür ebenfalls einen Antrag beim zuständigen Finanzamt. Automatisch ausgelöst wird die Rückoption, wenn die Voraussetzungen wegfallen, etwa der Formwechsel im Nachgang auch zivilrechtlich erfolgt oder der vorletzte Gesellschafter ausscheidet.

„Der Gedanke der Rechtsformneutralität ist wirklich gut“, konstatiert Mückl die steuerliche Gleichstellung mit Kapitalgesellschaften. „Auch wenn viele Gesellschafter vorhanden sind, kommt die Option theoretisch infrage“, meint er. Die Betonung liege hier auf „theoretisch“. Denn umfassende Prüfungen müssten im Vorfeld erfolgen, um Vor- und Nachteile auszuloten (siehe Checkliste unten). „Wollen Betriebe steuerlich als Kapitalgesellschaft geführt werden, könnten sie auch gleich die Form wechseln“, erklärt der Fachmann. Dies wiederum sei aber mit bürokratischem Aufwand und höheren Kosten verbunden, was mancher Unternehmer scheue. Ähnlich argumentiert Steuerberater Loll aus Berlin, gibt aber zu bedenken: „Als GmbH sind Unternehmer gesetzlich ganz schön eingeengt.“ Als Personen- oder Partnerschaftsgesellschaft lasse sich hingegen viel über den Gesellschaftervertrag regeln.

Ob berechtigte Unternehmer die Körperschaftsteuer wohl schon Ende November optional angehen sollten? „Viele Fragen sind offen“, sagt Loll. Anfang Oktober wurde der Entwurf eines BMF-Schreibens öffentlich, das in der Endfassung Mitte November herauskam. „23 Seiten für ein angeblich leichtes Thema sind schon eine Hausnummer“, meint er lakonisch. „Nicht zuletzt muss die Finanzverwaltung das Antragsformular rechtzeitig vorhalten“, ergänzt er. Auch Steuerberater und handwerk-magazin-Experte Michael Stoll aus Pforzheim will noch abwarten, ehe er die Option uneingeschränkt empfiehlt.

Schiehser, der die Trendel GmbH & Co. KG betreut: „Zu einem abschließenden Ergebnis kommen wir bei unserem Herbst-Controllinggespräch in diesen Tagen.“ ­Unternehmer Trendel wird bis dahin alle Vor- und Nachteile für sich ausloten.

Checkliste: Lohnt die Option zur Körperschaftsteuer?

Handwerksunternehmer, die mit dem Optionsmodell ihre Steuer senken möchten, müssen Voraussetzungen erfüllen. Eine individuelle Prüfung ist unumgänglich.

  • Grundvoraussetzungen:
  • Einstufung als Personenhandelsgesellschaft (zum Beispiel Kommanditgesellschaft, offene Handelsgesellschaft)
  • Gleiche Interessen der Gesellschafter/Zustimmung der Gesellschafter
  • Antrag beim Finanzamt
  • Beabsichtigte Thesaurierung (also Nichtent-
  • nahme) eines Teils der Gewinne
  • Buchwertantrag, um die Umstellung steuerneutral zu realisieren
  • Klärung des Umgangs mit Sonderbetriebsvermögen (Wirtschaftsgüter im Eigentum der Gesellschafter, die der Gesellschaft überlassen wurden); eventuell Übertragung auf die Gesellschaft
  • Führen einer Qualitäts-Buchhaltung
  • Hürden:
  • Hohe Nachversteuerungsbeträge, wenn bislang die Thesaurierungsbegünstigung nach Paragraf 34 a EStG in Anspruch genommen wurde.
  • Umfangreiches Sonderbetriebsvermögen
  • Verlust steuerlicher Vorteile der Mitunternehmerbesteuerung (transparente Besteuerung)
  • Untergang von Verlustvorträgen bei der Gewerbesteuer bzw. von verrechenbaren Verlusten auf Gesellschafterebene (Paragraf 15 a EStG)
  • Bestehende steuerliche Sperrfristen aus vorherigen Umstrukturierungen
  • Innerhalb der siebenjährigen Haltefrist (Paragraf 22 UmwStG) dürfen bestimmte Anteilsübertragungen oder Umstrukturier­ungen nicht erfolgen, andernfalls müssen stille Reserven nachversteuert werden.

Rechtsformen Verbreitung

Die Verteilung verschiedener Rechtsformen deutscher Unternehmen mit mehr als neun Beschäftigten.



Offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften dürfen wählen, ob sie ab 2022 Körperschaftsteuer bezahlen möchten. Mit Modernisierung des Personengesellschaftsrechts könnten auch Gesellschaften bürgerlichen Rechts ab 2024 von dem Optionsmodell profitieren.