Umfrageergebnisse "Umgangston" UFH-Umfrage: Der Umgangston im Handwerk wird besser

Zugehörige Themenseiten:
Ausbildung, Fachkräftemangel, Frauen im Handwerk und Mitarbeitermotivation

Der oft raue Umgangston im Handwerk soll ein Grund für den Arbeitskräftemangel sein. Aber stimmt das auch? Zusammen mit den UnternehmerFrauen im Handwerk (UFH) wollten wir in einer Online-Umfrage wissen, wie das Handwerk das Miteinander selber bewertet. Die spannenden Erkenntnisse stellt Katja Lilu Melder, Unternehmerin und Sprecherin der UFH vor – und bewertet sie auch.

Klare und direkte Sprache ist im Handwerk der Standard - und "das ist gut so", findet Katja Lilu Melder, Pressesprecherin der UFH.
Klare und direkte Sprache ist im Handwerk der Standard - und "das ist gut so", findet Katja Lilu Melder, Pressesprecherin der UFH. - © PINA - stock.adobe.com

Mit sechs Fragen wollten wir in einer Online-Umfrage herausfinden, wie Handwerksunternehmer und Unternehmerinnen den Umgangston einerseits in ihrer Branche und andererseits in ihrem eigenen Betrieb einschätzen. Wichtig war uns auch herauszufinden, ob es in den vergangenen 20 Jahren eine Veränderung zum Guten oder Schlechten gegeben hat.

60 vollständige Antworten haben wir erhalten und können daraus spannende Erkenntnisse gewinnen. „Immerhin mehr als ein Drittel der Betriebe sieht eine Verbesserung im Umgangston in der eigenen Branche und im eigenen Betrieb – was sich auch mit meiner Erfahrung deckt“, sagt Katja Lilu Melder vom Bundesverband der UnternehmerFrauen im Handwerk (UFH).

Junge Leute sind nicht respektlos

„Die Gründe für ein besseres Miteinander sind vielfältig, aber der Hierarchieabbau spielt eine große Rolle – was ja auch in der Umfrage mehrmals ­genannt wurde“, sagt Melder. Junge Leute wollen auf Augenhöhe kommunizieren, sie fragen nach der Sinnhaftigkeit einer Anweisung, sie haben eigene Vorstellungen, so sind sie erzogen worden „und ich finde das gut“, urteilt die Inhaberin eines Sanierungsunternehmens. Für Unternehmer heißt das: „Da steht die Jugend, da müssen wir sie abholen. Wenn sie sich bewerben, ist das oft auf Du-Ebene. Ältere fühlen sich davon provoziert, Jüngere meinen das gar nicht respektlos. Die ticken nur anders.“ Kein Wunder also, dass eine Verbesserung des Umgangs besonders leicht gelingt, wenn der Generationenwechsel im Betrieb erfolgt. Dies war die mehrfach geäußerte Meinung der Teilnehmer in der Online-Befragung.

Als Gründe für den rauen und von einigen Umfrageteilnehmer als zunehmend rau empfundenen Umgangston wurden der höhere Finanzdruck, Stress, die Sprachbarriere und der Generationenkonflikt genannt. Denn Alt trifft auf Jung, weil die mittleren Jahrgänge abwandern. Die Altvorderen sagen: "Wenn der Meister mir was gesagt hat, habe ich keine Widerworte geben" und "Wir hatten damals mehr drauf. Viele junge Mitarbeiter wollen sich aber nichts sagen lassen, auch nicht, wenn´s wichtige Erklärungen sind. Und so ist der Streit schon vorprogrammiert."

Frauen machen den Unterschied

Rund die Hälfte der Umfrageteilnehmer meint, dass sich mit der Erhöhung des Anteils weiblicher Mitarbeiter auch der Umgangston im Betrieb verbessert hat. Frauen tun einem Betrieb gut - eine Erkenntnis, die uns nicht erstaunt.

„Was mich aber erstaunt, ist, dass 47 von 60 Befragten sagen, sie agieren als Vorbild beim Umgang miteinander. Ich sehe mich gar nicht in der Vorbildrolle, da ist mein Selbstverständnis ein anderes. Wir haben wöchentliche Mitarbeitergespräche auf Augenhöhe. Dort bekomme ich viel Input, was wir besser machen können. Aber bin ich damit Vorbild?“, fragt sich Melder.

Das Vorurteil von der ungeeigneten Jugend

Zustimmen kann Melder den 52 Befragten, die meinen, dass die Jugend nicht ausreichend über das Handwerk informiert ist. „Ich wünschte, die Werbekampagnen wären positiver und kraftvoller.“ Oft ginge es in den Kampagnen eher darum, das vermeintliche Negativimage aufzufangen, als wirklich positiv mit den vielen Vorteilen einer Tätigkeit im Handwerk zu werben. "Das finde ich sehr schade, da ist mehr möglich", findet Melder.

Immerhin 38 Teilnehmer sagen, dass das negative Image des Handwerks die Jugend abschrecke. Und 25 Teilnehmer halten die jungen Leute einfach für zu schlecht vorgebildet, um im Handwerk arbeiten zu können. 16 Teilnehmer halten die Jugend zudem für zu faul. Und jeweils 18 Teilnehmer sagen, die Jugend sei zu weich für das Handwerk oder abgeschreckt vom Verdienst. Bei dieser Frage waren Mehrfachantworten möglich.

"Wer anpackt, den kann ich gut gebrauchen"

Ganz anders sieht sie jedoch die Vorbildung der Jugend: 25 Befragte finden sie schlecht. Melder meint: „Es kommt doch darauf an, was ich von ihnen will. Nicht jeder muss Azubi sein. Wer einfach anpackt, den kann ich gut gebrauchen – auch ohne Schulabschluss“, wirbt sie für mehr Offenheit im Handwerk.

Diese Fragen haben wir gestellt:

  1. Im Vergleich zum Jahr 2000: Hat sich der Umgangston in Ihrem Betrieb …nicht verändert / zum Schlechteren verändert / zum Besseren verändert.
  2. Warum meinen Sie, hat sich der Umgangston verbessert oder verschlechtert?
  3. Im Vergleich zu Jahr 2000: Hat sich der Umgangston in Ihrer Branche insgesamt …
    nicht verändert / verschlechtert / verbessert?
  4. Warum meinen Sie, hat sich der Umgangston in der Branche verändert?
  5. Mit welchen Maßnahmen nehmen Sie Einfluss auf den Umgangston in Ihrem Betrieb?
    • Ich agiere als Vorbild.
    • Die Ausbilder/Führungskräfte führen Gespräche mit Mitarbeitern, die mit sexistischen oder beleidigenden Äußerungen auffallen
    • Schon bei der Einstellung von Mitarbeitern weisen wir ausdrücklich darauf hin, dass wir Wert auf respektvollen Umgang im Team legen.
    • Unsere Mitarbeiter sind Vorbilder. Sollte mal ein neuer Kollege in der Wortwahl daneben greifen, bekommt er gleich das entsprechende Feedback.
    • Wir schreiben unseren Mitarbeitern nicht vor, wie sie miteinander umzugehen haben. Das Team regelt selbst, welchen Umgangston es haben möchte. Da wird auch mal gefrotzelt oder ein Schimpfwort benutzt. Das können alle einordnen und gut vertragen.
  6. Ist die Jugend
    • zu weich fürs Handwerk?
    • zu faul fürs Handwerk?
    • zu schlecht vorgebildet fürs Handwerk?
    • nicht gut genug informiert über die Chancen im Handwerk?
    • abgeschreckt vom negativen Image?
    • abgeschreckt vom Verdienst?

Katja Lilu Melder

© UFH

Katja Lilu Melder, Inhaberin der BMG Santec GmbH und Pressesprecherin der UnternehmerFrauen im Handwerk (UFH):

"Anpacken ist das Kriterium, nicht die Schulbildung."