Unwetterschutz für nachhaltige Gebäude Risiko-Check für Elementarschäden: Gegen diese Naturgefahren sollten sich Hausbesitzer schützen

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Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat das "Eisbärhaus" von Architekt Matthias Bankwitz in Kirchheim unter Teck bezüglich seines Schutzes vor Naturgefahren analysiert. Denn das Gebäudeensemble trägt die höchste Ehrung der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) – weltweit gibt es kein zweites mit dieser Auszeichnung. Tatsächlich hat Bankwitz neben der hohen Nachhaltigkeit auch einen hohen Naturgefahrenschutz erreicht. Der GDV hat zudem eine Risiko-Checkliste für Gebäude erstellt, mit deren Hilfe jeder Eigentümer überprüfen kann, ob er vor den unterschiedlichen Naturgefahren geschützt ist.

Ein Sturmschaden am Dach – die Wahrscheinlichkeit für solche Ereignisse steigt. - © Animaflora PicsStock - stock.adobe.com

Das sogenannte Eisbärhaus besteht aus drei Gebäudeteilen und steht in Kirchheim unter Teck, in der Nähe von Stuttgart. Kein Gebäude weltweit ist nachhaltiger. Das heißt: Es ist klimaneutral und klimaangepasst, mit hoher Lebensqualität für die Menschen, die in ihm wohnen, arbeiten und einkaufen. Solarzellen liefern Energie, eine Batterie speichert sie für autarke Versorgung. Die Solaranlagen sind dicht auf der Dachfläche montiert – so bieten sie Stürmen weniger Angriffsfläche. Als zusätzlicher Wind- und Hagelschutz hat der Architekt ein engmaschiges Edelstahlnetz verbaut.„Wir sind Deutschlands Ziel der Klimaneutralität 2050 um knapp 30 Jahre voraus“, sagt er.

Übrigens: Der Gebäudekomplex erhielt seinen Namen aus dem Motiv des Schutzes heraus. Eisbären sind durch den Klimawandel in ihrem Bestand gefährdet. Sie müssen geschützt werden. Nachhaltiges Bauen ist daher Klima- und Eisbärenschutz.

37 Kriterien für nachhaltiges Bauen

Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen bewertet ein Gebäude anhand von 37 Einzelkriterien. Dazu gehören beispielsweise die Ökobilanz des Gebäudes, die Rückbau- und Recyclingfreundlichkeit oder die Innenraum-Luftqualität. Eine Auszeichnung erhalten dabei ausschließlich besonders umweltfreundliche, ressourcenschonende und funktionale Bauten, die sich vorbildlich in ihr Umfeld integrieren. Für die bes­te Bewertungsstufe, ein Platin-Zertifikat, muss ein Projekt einen Gesamterfüllungsgrad von mindestens 80 Prozent aufweisen. Der dritte und jüngste Anbau des Eisbärhauses erhielt 94,2 Prozent - kein Gebäude der Welt ist nachhaltiger.

Tipps für individuelle Schutzkonzepte

Teil der Nachhaltigkeit ist natürlich auch die Bestandsfestigkeit eines Baus in Bezug auf Umwelteinflüsse. Gebäude müssen immer stärkeren Klimaeinwirkungen standhalten und Auswirkungen, wie Hitze oder Kälte, abmildern. Oder, wie es Florian Leo, Risikoexperte der SparkassenVersicherung ausdrückt: „Jedes Haus braucht ein individuelles Schutzkonzept vor Klimarisiken.“ Standort, Nutzung und Alter bestimmen dieses. Auch Solaranlagen können schützen. Sind sie wie Markisen über Fenstern oder Hauswänden angebracht, bieten sie an heißen Tagen Schatten und helfen, das Haus zu kühlen.

Gleiches schaffen begrünte Fassaden. Sie sorgen zusätzlich für Luftfeuchtigkeit und lebensnotwendigen Sauerstoff. Noch mehr schafft ein begrüntes Dach: es kühlt, erfrischt und fängt starken Regen auf. Professionell gepflanzt und gepflegt, verhilft es der Dachhaut sogar zu längerem Leben. Im Eisbärhaus wächst das Grün auf dem Erdboden im Hof. Der Insektengarten lässt Regenwasser Raum zum Versickern und Schmetterlingen, Hummeln und Co. Raum zum Leben. Im Sommer sitzen die Bewohner und die Angestellten der Büros in diesem Garten unter hellen Sonnensegeln. „Prävention vor Naturgefahren ist grundsätzlich nachhaltiger als Sanierung nach einem Schaden“, sagt Risikoexperte Florian Leo. Oft ist sie auch günstiger und schafft in der Kombination Mehrwert. Mit vielen individuellen Möglichkeiten, dem Gebäude und seinem Standort angepasst, lässt sich Prävention mit Lebensqualität für Menschen und Umwelt verbinden. Das gelingt bereits mit kleinen Maßnahmen.

Robuste Pflanzkübel etwa am Grundstückseingang sind natürliche Barrieren für Regenwasser, das von der Straße kommt – und klimafreundliches Grün. Ein weiteres Beispiel: das Regenwasser auf dem Grundstück nicht nur versickern zu lassen, es aufzufangen und zur Kühlung des Gebäudes oder für den eigenen Wasserhaushalt, etwa die Toilettenspülung, zu nutzen. Eine kleine, individuelle Kreislaufwirtschaft, die schützt und Ressourcen spart.

Mit diesen Klimaeinflüssen müssen Hausbesitzer rechnen

Die Grafik zeigt, an welchen Stellen Wetter und Klima eine Gefahr für Gebäude darstellen können - und mit welchen Maßnahmen ein Schutz gelingt.

© GDV

Heute bedenken, was morgen anders sein wird

Wer heute baut oder erweitert, sollte in die Zukunft denken. Eine wichtige Frage dabei: Welche Energien stehen uns langfristig zur Verfügung? Im Eisbärhaus sorgt eine Sole-Wasser-Pumpe für Wärme oder Kühle im Gebäude. Sie speist sich teils aus Regenwasser, Energie bezieht sie geothermisch aus der Erde. Frischluft wird über das Dach angesaugt und auf Raumtemperatur gebracht. Die Erdtemperatur unter dem Haus wird in einem weiteren System geführt: Ihre kühle Luft temperiert sogar den Serverraum des Wohn- und Geschäftsgebäudes. Der Bau selbst besteht aus recyceltem Beton und einheimischen Hölzern, mischt Robustheit mit Lebenskomfort und Ökologie. Seine Konstruktion, durch das Beton als Grundelement besonders langlebig und damit ökonomisch, hält auch Überschwemmung stand. Für gute Raumakustik sorgen leichtes Holz und Stoffe. Das Holz kann, sollte es überschwemmt werden und aufquellen, gegebenenfalls ausgetauscht werden.

„Klimafitness braucht ein anderes, weitläufigeres Planen“, sagt Florian Leo. „Es geht darum, heute schon das Morgen zu bedenken.“ Wann kommt der Starkregen und wie viel Wasser bringt er? Wie heiß kann es noch werden in deutschen Sommern und in deutschen Sommernächten? Und last, not least: Wie lässt sich der CO2-Fußabdruck des Gebäudes verringern? Das Eisbärhaus hinterlässt während seiner Lebensdauer keinen CO2-Fußabdruck. Seine Robustheit, seine Klimaangepasstheit machen es zudem kosteneffizient – es braucht geringe Nachbesserung beziehungsweise Sanierung.

So geht der Risiko-Check fürs Haus

Im Neubau lässt sich heute in Sachen Nachhaltigkeit und Naturgefahrenschutz vieles realisieren, das vor einigen Jahren noch nicht Gegenstand der Bauüberlegungen war. Doch auch bei Bestandsbauten lohnt sich ein Check. Er soll das Gefährdungspotenzial einordnen und mögliche Maßnahmen zum Schutz eines Gebäudes offenlegen. Der GDV hat dafür verschiedene Online-Angebote und rät, die folgende Liste für das eigene Gebäude durchzugehen.

  • Welche Schäden haben Sturm, Hagel oder Starkregen in meiner Region verursacht? Informationen dazu liefert der Naturgefahren-Check des GDV. Ergänzt wird das Angebot durch den adressgenauen Hochwasser-Check.

  • Für eine detaillierte Analyse empfiehlt sich der Blick aufs und ins Gebäude selbst – und ein Gespräch mit den Versicherungsfachleuten.

  • Check bei Starkregen: Liegt das Gebäude am niedrigsten Punkt des Geländes? Sind Keller und Erdgeschoss ausreichend vor eindringendem Wasser geschützt?

  • Bei Sturm/Hagel: Sind Bäume in Gebäudenähe? Sind Solaranlagen, Dachvorstände, Fassade ausreichend geschützt? Ist das Dach intakt?

  • Grundsätzlich: Verfügt das Haus über eine Wohngebäude- und eine Hausratversicherung und zusätzlich über eine erweiterte Naturgefahrenversicherung für beide?