Die Baumann-Kolumne "Neues von der Werkbank" Kommentar: Kassensturz für den ideologiegetriebenen Sozialstaat – die Selbstdarsteller-Party ist vorbei

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Neues von der Werkbank – Kolumne von Ruth Baumann

Die Wahrheit kämpft sich langsam ans Licht. Selbst die Politik muss sich jetzt der Realität stellen und endlich einordnen, was leistbar ist und was Wunschdenken bleiben wird. Nach einer schier endlosen Party der eigenen Selbstüberhöhung kommt nun langsam der quälende Kater. In dieser Folge „Neues von der Werkbank“ zieht Kolumnistin Ruth Baumann Bilanz zur aktuellen Situation des Sozialstaats.

Ruth Baumann Landesvorsitzende UFH Baden-Württemberg
Ruth Baumann Landesvorsitzende ufh Baden-Württemberg. Gemeinsam mit ihrem Mann führt sie die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. - © privat

In meinen Augen reicht es nicht, in der Schulzeit mal vom Untergang des römischen Reichs und seiner gelebten Dekadenz „gehört“ zu haben (falls das heute überhaupt noch im Lehrplan steht) und sich nun bei „Babylon Berlin“ über die eventuellen Änderungen im gesellschaftlichen Zusammenleben zu „informieren“. Der des Denkens Mächtige riskiert auch mal einen Blick auf seine unmittelbare Umgebung und deren Entwicklung. Wohlstand für alle durch die Leistung von wenigen, ist schlichtweg Utopie.

In einem sozialen Staat werden solidarisch die Schwächeren unterstützt. Aktuell erleben wir jedoch, dass wohlstandsverwahrloste Erben sich (gut bezahlt) in Fernsehgesprächsrunden über ihr „belastendes“ Erbe beklagen und zugleich die große Umverteilung und Umerziehung anderer fordern. Warum trennen sich jene Personen nicht einfach vom vermeintlichen Ballast, spenden ihn und engagieren sich stattdessen ehrenamtlich? Nur darüber zu reden, andere maßzuregeln und selbst kein Vorbild zu sein, ist mitunter grenzwertig. Durch dieses Verhalten düpiert man die Krankenschwester, den Polizisten, den Handwerker, die Verkäuferin und viele mehr, die bei deutlich geringerem Einkommen die Folgen derartiger Selbstüberhöhung dann zu erwirtschaften haben.

Die Leistung der einen vs. die moralische Erhöhung der anderen

Wir gönnen uns Universitäten mit vielen Teilzeitstudenten, die nach ein paar Semestern merken, dass es für einen Abschluss mehr als nur den verbilligten Besuch in der Mensa bedarf. Um eine Ausbildung außerhalb der akademischen Sphären, sei es im Einzelhandel oder im Handwerk, zu machen, braucht es kontinuierliches Engagement sowie die Fähigkeit mit dem Lehrlingsgehalt auch das eigene Leben zu bestreiten (mit Zahlung von Krankenkassenbeiträgen und Lohnsteuer).

Es kann nicht sein, dass die Leistungen vieler von einigen Wenigen dazu missbraucht werden, sich moralisch zu erhöhen. Bildung ist nicht Selbstzweck, sondern Basis für ein eigenverantwortliches Leben. Erfindungen, die Zukunft sichern, kleben nicht auf der Straße, sondern erreichen Marktreife und tragen somit zur Prosperität der gesamten Gesellschaft bei. Benz, Gutenberg und Röntgen: Innovationen, die einst über Landesgrenzen hinweg für Beachtung sorgten. Und dies sogar ohne Förderprogramme, denn das Ergebnis allein überzeugte bereits.

Am Tropf der anderen

Die Party ist vorbei. Kunstwerke zu beschmieren, sei es mit Farbe, Kleber oder Kartoffelbrei, ist kein Kavaliersdelikt. Leistungsträger unserer Gesellschaft dürfen nicht Opfer einer „Cancel Culture“ werden, weil sie vermeintlich höheren Moralansprüchen nicht genügen. Die gegenderte Straßenverkehrsordnung ist ein schwacher Ersatz für die zunehmend leeren Regale im Supermarkt oder in den Apotheken. Wir hängen in so vielen Bereichen am Tropf der anderen: Bei der Energieversorgung, dem Bezug von Rohstoffen, der Medizinversorgung, der Arbeitsleistung. Unsere Facharbeiter laufen uns immer mehr davon, Betriebe schließen, die Industrie wandert ab und selbst die Sparkassen verlieren die Hoffnung auf den Standort Deutschland, wie das "Handelsblatt!" berichtete.

Keine zukunftsfähigen Konzepte mehr?

Es ist an der Zeit, bescheidener zu werden. Wenn die einstige Apotheke der Welt keine Medikamente mehr ohne Basisprodukte aus dem Ausland herstellen kann, ist dies ein eindeutiges Alarmzeichen. Wenn Elektromobilität nur funktioniert, wenn wir ausreichend Strom (teuer) importieren müssen, ist das kein zukunftsfähiges Konzept. Ohne die Importe aus einer Volksrepublik könnten wir weder digitalisieren noch telefonieren. Auch unsere Einkäufe von Massengütern (vom Badebeutel bis zur Teekanne) sind nur noch selten Made in Germany oder Europe.

Die Party ist endgültig vorbei

Verantwortungsvolle Politik „stolpert“ nicht mit dem Scheckheft und Füllhorn durch die Welt, sondern geht Ressourcen schonend mit dem anvertrauten Geld der Bäckereiverkäuferin um. Die schwäbische Hausfrau weiß, dass man Geld erarbeiten muss, bevor man es ausgibt. Doch die feministische Außenpolitik ignoriert diese Erkenntnis. Bei der aktuellen Steuerbelastung, dem fehlenden Wohnraum sowie der fragilen Infrastruktur (Energie, Gesundheit, Bildung etc.) werden nur wenig Facharbeiter kommen. Manchen Branchen wäre schon mit Arbeitskräften geholfen. Auch Wohnraum entsteht nur dann, wenn ihn jemand baut. Dies nur so am Rande! Und noch einmal: Die Party ist vorbei. Leistungsträger stoßen an ihre Grenzen, streiken oder schließen sogar. Handwerk, Industrie, Apotheken, Praxen, Krankenhäuser, Banken, Lehrer rufen nach Hilfe, schreiben Brandbriefe und selbst Kommunen gehen an die Öffentlichkeit.

Nur gemeinsam kann es gelingen

Die sprudelnden Steuereinnahmen werden – in Zeiten von Ozonloch, Feinstaubdiskussion, Corona, Transformation, Klimaschutz – allmählich versickern. Statt in die Zukunft zu investieren, wurde dem Konsumieren gefrönt. Machen wir also Kassensturz: LNG mit Frachtschiffen und Schweröl zu importieren, zeigt fehlende Konzepte und verkommt zur Kosmetik.

Die Leistungsträger sind am Limit, aber, wie so oft in der Geschichte, werden sie bei richtigen und wenig ideologischen Lösungen wieder die Ärmel hochkrempeln und mitarbeiten. Aber zuvor noch eine deutliche Warnung: Dies gelingt nicht mit dem Fokus auf Entlastungen bei Industrie oder Kommunen, sondern nur gemeinsam mit allen Leistungsträgern, also auch dem Handwerk oder der Verkäuferin.

Über Autorin Ruth Baumann:

Bei Ruth Baumann war es ein zart gehauchtes "Ja", das sie in einen mittelständischen Straßenbaubetrieb und damit ins Handwerk brachte: Seit ihrer Hochzeit führt sie gemeinsam mit Ehemann Martin Baumann die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. Trotz ihres abgeschlossenen Hochschulstudiums entschied sie sich damals bewusst, in den Familienbetrieb einzusteigen und bekräftigte dies durch eine weitere Ausbildung zur Bürokauffrau. Zunächst im Ehrenamt bei den Unternehmerfrauen im Handwerk Freiburg, später als Präsidentin des Landesverbandes der Unternehmerfrauen im Handwerk Baden-Württemberg, war es ihr immer ein besonderes Anliegen, die Mitglieder mit einem gesunden Selbstbewusstsein und Stolz auf das Handwerk auszustatten. Sie sieht die Unternehmerfrauen als Wirtschaftsverband und vertritt dies auch in der Öffentlichkeit.

Ihre betriebliche Erfahrung wurde in der Folgezeit auch verstärkt in der politischen Theorie nachgefragt und stieß – zu ihrer eigenen Überraschung – auf immer mehr Resonanz. Es folgten unterschiedliche Kommissionen und Funktionen in der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, die sie mittlerweile auch auf Bundesebene ausführt. In Interviews, Vorträgen und Podiumsdiskussionen rund um das Handwerk gibt sie parteiübergreifend Einblicke in die Sorgen und Nöte von Familienbetrieben. Jüngst wurde sie in den Bundesvorstand der CDU gewählt und ist dort als "Handwerk mit Mundwerk und akademischen Grad" Mittler zwischen unterschiedlichen Welten.