Im Rottaler Hammerwerk ist der Klöppel weit mehr als ein einfaches Detail – er ist das schwingende Herzstück, welches eine Glocke und auch wieder die Kathedrale Notre-Dame ihren einzigartigen Klang gibt. Was auf den ersten Blick unscheinbar erscheint, ist das Ergebnis von Präzision, Erfahrung und Leidenschaft für das Handwerk.

Im Jahr 1863 gründete Ludwig Wensauer das Rottaler Hammerwerk, nachdem er einen idealen Standort für seine Hammerschmiede entdeckt hatte. Er fand ihn in einem natürlichen Bachbogen, der die nötige Wasserkraft für den Betrieb der Schmiede lieferte. Seit Ende des Zweiten Krieges fertigt der Familienbetrieb aus Niederbayern auch Glockenklöppel für Kirchen in ganz Europa.
Historisches Erbe und moderner Unternehmergeist
Was damals als Vision begann, hat sich über die Jahre hinweg zu einem erfolgreichen Unternehmen entwickelt. Noch heute stehen die Grundmauern des ursprünglichen Werkes. Die Schmiede lebt nicht nur von ihrem historischen Erbe, sondern auch von modernem Unternehmergeist und fortwährendem Erfolg: Zum zweiten Mal schmiedet das Rottaler Hammerwerk nun Glockenklöppel für die Kathedrale Notre-Dame, welche am 7. Dezember 2024 zur Wiedereröffnung erklingen werden.
Glocken für Notre-Dame
„Die Arbeit für die Notre-Dame macht uns sehr stolz“, so der Geschäftsführer Martin Wensauer. Der Brand der Notre-Dame 2019 verdeutlichte die immense kulturelle Bedeutung des Bauwerks und die Notwendigkeit, historische Handwerkskunst zu bewahren. Gleichzeitig zeigt sich, wie moderne Handwerksbetriebe mit Innovation und Expertise dazu beitragen, dieses Erbe zu pflegen.
Bereits 2013 schmiedete der Handwerker zum 850-jährigen Jubiläum Klöppel für neue Glocken der Notre-Dame. Durch die Empfehlung einer Schweizer Glockengießerei erhielt die Hammerschmiede den Auftrag, was zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit bis heute führte.
Tradition und Expertise
Diese langjährige Tradition und Expertise in der Schmiedekunst spiegelt sich nicht nur in der Arbeit an der Notre-Dame wider, sondern auch in den modernen Techniken und Werkzeugen, die in der Schmiede zum Einsatz kommen. Der Geschäftsführer Martin Wensauer erläutert: „Wir schmieden freiform mit sogenannten Luftschmiedehämmern. Die Technik des Schmiedens hat sich im Wesentlichen nicht verändert, jedoch kommen mittlerweile moderne Hilfsmittel zum Einsatz. So verwenden wir für große, schwere Schmiedeteile einen Schmiedemanipulator, eine Art Fahrzeug, das ähnlich wie ein Stapler funktioniert. Die Erfahrung und Routine, die wir dabei mitbringen, zeichnen uns aus.“
Herausforderung Nachwuchssuche
Martin Wensauer steht inmitten einer traditionsreichen Kunst vor einer großen Herausforderung: der Nachwuchssuche. „Wie in fast allen handwerklichen Berufen suchen wir Auszubildende, welche dann langfristig bei uns im Betrieb bleiben - die Situation ist aktuell sehr schwierig. Dadurch das unsere Glockenklöppel meist in bestehende Glocken Verwendung finden, sieht die Zukunft einigermaßen gut aus, allgemein ist jedoch die Kaufkraft und die Investitionsbereitschaft geringer geworden.“
Trotz dieser Hürde wird die Zukunft der Glockenklöppel-Herstellung positiv bewertet. Etwa 80 Prozent der Klöppel finden ihren Platz in sanierten oder restaurierten Anlagen, erklärt der Meisterschmied. Obwohl es schwierig ist, neue Handwerker zu gewinnen, bleibt die Pflege historischer Glocken und Türme eine stabile Grundlage für seine Hammerschmiede. Die Verbindung von Tradition und Handwerk inspiriert Wensauer jeden Tag dazu, mit Hingabe zu schmieden: „Besonders fasziniert mich, wie sich der Stahl im Hammer verformt und seine neue Kontur erhält.“