Restaurierungsmarkt Orgelbauer suchen Fachkräfte mit neuer Strategie

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Immaterielles Kulturerbe Handwerk

Deutscher Orgelbau und Orgelmusik schafften es 2018 in das weltweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes. Über ein Handwerk, dessen Ursprung 300 vor Christus liegt, das aber auch in der Neuzeit nichts von seinem alten Glanz verloren hat.

Innenleben der Klaviatur der Orgel in der Mariahilfkirche in München. - © Holzmann Medien

Etwa 14.000 Pfeifen besitzt die Passauer Dom-Orgel, die größte der Welt. Etwas kleiner mit rund 7.000 Pfeifen ist die Orgel in der Mariahilfkirche in München, an der aktuell die Firma Thomas Jann Orgelbau GmbH arbeitet. Thomas Jann, Firmenchef und Vorsitzender des Bundes Deutscher Orgelbaumeister (BDO), kämpfte zusammen mit Michael Kaufmann, Vorsitzender der Vereinigung der Orgelsachverständigen Deutschland (VOD), für die Anerkennung als immaterielles Kulturerbe in Deutschland.

Nach der Anerkennung in Deutschland 2014 kam dann der nächste Schritt: die weltweite Anerkennung. Seit 2018 sind der deutsche Orgelbau und die Orgelmusik weltweites immaterielles Kulturerbe. Das Hauptziel:ein Wandel, weg vom „verstaubten“ Image hin zum aktiven Erleben. Gerade für jungen Menschen. Um den Orgelbau im Gedächtnis von Kindern zu platzieren, wurde ein Model einer Holzpfeife entwickelt, das in der Schule gebaut werden kann.

Schaltmechanismen einer Orgel
Die Schaltmechanismen eines Registers ohne Orgelpfeifen. - © Holzmann Medien

Orgelbau

Handwerk: Bau, Restaurierung, Pflege,
Reinigung und Umbau von Orgeln
Ursprung:
300 vor Christus durch einen in
Alexandria lebenden Griechen
Entstehung in Deutschland:0./11. Jahrhundert
im Fränkischen Reich
Beitritt:
2014 Deutschland & 2018 weltweit 
Ausübung:
400 Orgelbaubetriebe in
Deutschland



Historie und heutige Bedeutung des Handwerk Orgelbau


Die Orgel wurde 300 vor Christus von Ktesibios, einem in Alexandria lebenden Griechen erfunden. Dieser stellte Pfeifen auf ein Windsystem, das durch im Wasser stehende Blasebälge betrieben wurde. In den westlichen Kulturkreis gelangte die Orgel als Geschenk an Pippin den Kurzen, Vater Karls des Großen, im Jahr 757. Zuerst nur von Bischöfen beansprucht, war die Orgel schon bald überall in Kirchen verbreitet. Seit dem 12. bis 13. Jahrhundert sind die Orgelbauer in unserem Kulturkreis verankert. Rund 400 deutsche Handwerksbetriebe im Orgelbau gibt es heute in Deutschland. Diese setzen, je nach Größe, unterschiedliche Schwerpunkte. „300 Unternehmen sind Ein-Mann-Betriebe“, sagt Jann. „Die kümmern sich hauptsächlich um die Restaurierung, Sanierung und Pflege des Musikinstrumentes.“ 50 mittelgroße Betriebe
bestehen aus bis zu fünf, die restlichen beschäftigen bis zu 50 Mitarbeiter. „Ich habe einen großen Betrieb und beschäftige 15 Orgelbauer. Wir bauen sowohl neue, restaurieren und pflegen aber auch alte Orgeln“, führt Jann aus.

Orgelpfeifen im Lagerraum
Ein Teil der 7.000 Orgelpfeifen im Lagerraum in der Mariahilfkirche in München. - © Holzmann Medien

Ein halbes Jahr Arbeit für eine kleine Orgel

Eine Orgel zu bauen braucht Zeit. Mit seinem Betrieb kann er im Jahr etwa drei neue, kleinere Kirchenorgeln bauen. Die Arbeit benötigt etwa ein halbes Jahr. Sie umfasst Zeichnung und Konstruktion, Werkstattbau, Montage und Intonation. Die Klaviatur ist über Holzleisten und Umlenkwinkel mit Ventilen verbunden. Jeder Ton besitzt ein eigenes Ventil und einen eigenen Windkanal. Mittels mechanischer Schaltprozesse wird der Wind so zu den Pfeifen geführt. Das Abstimmen und Einrichten der Pfeifen erfolgt am Ende. Eine kleine Orgel besteht aus etwa zehn bis 15 Registern, das bedeutet, sie besitzt zwischen 560 und 672 Pfeifen, Kanälen und Ventilen. Bei der Restauration werden die Pfeifen neu eingestellt und die Mechanik gewartet.

Das Handwerk Orgelbau heute

Das Handwerk kämpft um Lehrlinge. Nur etwa 130 Lehrlinge werden derzeit ausgebildet. Grund dafür: die Abschaffung der Meisterpflicht. Thomas Jann ist für die Wiedereinführung. „Das immaterielle Kulturerbe hilft uns, die Meisterpflicht wieder einzuführen. Denn ein Orgelbauer, der allein und selbstständig arbeitet, wie 300 von 400 Betriebe, gibt weder sein Wissen weiter noch erhält er es“, erläutert er. „80 Prozent unseres Wissens werden von Person zu Person vermittelt.“ Außerdem erkennt Jann einen starken Motivationsschub unter den Orgelbauern. Das UNESCO-Weltkulturerbe sei trotzdem kein Meilenstein, sondern erst ein Startpunkt, erläutert er.

Immaterielles Kulturerbe: Orgelbau und Orgelmusik

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