Interview mit Beate Heilmann Gebäudeenergiegesetz: Was ab sofort für Heizungseinbau und Heizungssanierung gilt

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Zum 1. Januar 2024 trat das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) in Kraft, salopp Heizungsgesetz genannt. Proteste gab es im Vorfeld zuhauf, dabei ist das neue Gesetz für viele Experten der Schlüssel zur Wärmewende und damit zu mehr Klimaschutz. handwerk magazin sprach mit Rechtsanwältin Beate Heilmann, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein (DAV).

Der Schutz des Klimas fordert von Bauherren und Immobilieneigentümern mehr Engagement bei Auswahl und Sanierung von Heizungen. Das Gebäudeenergiegesetz, das zum 1. Januar 2024 in Kraft trat, setzt hier neue Maßstäbe.
Der Schutz des Klimas fordert von Bauherren und Immobilieneigentümern mehr Engagement bei Auswahl und Sanierung von Heizungen. Das Gebäudeenergiegesetz, das zum 1. Januar 2024 in Kraft trat, setzt hier neue Maßstäbe. - © bht2000 - stock.adobe.com
Frau Heilmann, erzählen Sie uns bitte, wie Sie die Diskussionen im Vorfeld der Verabschiedung des Gesetzes erlebt haben.

Ich finde es schon ärgerlich, dass die Diskussion im Vorfeld so unschön entgleist ist. Denn letztlich brauchen wir die Umstellung. Das haben die Energielieferprobleme im Herbst 2022 gezeigt, ausgelöst durch den Ukraine-Krieg. Andererseits wollen wir als Gesellschaft ja die Wärmewende für mehr Klimaschutz.

Über die Kommunikationsdefizite während des Gesetzgebungsverfahrens wurde viel diskutiert – wäre die Akzeptanz in der Bevölkerung womöglich höher, wären Sitzungsinterna nicht verfrüht an die Medien übermittelt worden?


Das weiß ich nicht, ob man das tatsächlich so sagen kann. Bessere Aufklärung wäre in jedem Fall wichtig gewesen, dann wären bestimmt viele Eigentümer entspannter gewesen. Es wurde ja behauptet, jeder Eigentümer müsste die Heizung tauschen, was natürlich nicht den Tatsachen entspricht. Vielfach hat man sogar bis 2044 Zeit. Selbst im Fall einer irreparablen Heizung können Eigentümer die Entscheidung bis zu fünf Jahre hinauszögern und in Ruhe überlegen, mit welchem Konzept sie künftig arbeiten möchten.

Dass so viel Unsinn erzählt wurde, führte letztlich dazu, dass viele Ende letzten Jahres noch schnell fossile Heizungen eingebaut haben. Mit ungünstigen Folgen für sie, denn sie werden künftig deutlich mehr für Erdgas und Öl bezahlen.

Wie erleben Sie Wohneigentümer und Verwalter in Ihrer Beratungspraxis? Sind sie erzürnt?

Die Profis wissen, dass Klimaschutz unumgänglich ist. Die Jungen sowieso. Aber natürlich wird beklagt, dass es da wieder Neuregelungen gibt, die mit mehr Arbeit verbunden sind und dies vor dem Hintergrund, dass überall Personal fehlt.

Wie beurteilen Sie das neue Gesetz im Hinblick auf Ihre künftige juristische Praxis?

Nun, das neue Gesetz wird uns natürlich viel Arbeit bereiten, weil es recht komplex und undurchsichtig ist. Sehen Sie sich allein die verschiedenen Optionen an, die das neue Gesetz vorsieht. Da benötigen vor allem Hausverwaltungen und Wohnungseigentümergemeinschaften fundierte Beratung. Die Inhalte des Gesetzes müssen wir uns alle im wahrsten Sinne hart erarbeiten und parat haben.

Ab dem 1. Januar 2024 soll nahezu jede neu eingebaute Heizung mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden. Wie das allerdings im Bestand aussieht, mit welchen Übergangsfristen für welchen Fall, ist für den Laien schwer zu durchschauen. Lässt sich ganz knapp und verständlich zusammenfassen, was auf Eigentümer im Bestand jetzt zukommt?

Nein, das kann man nicht. Es gibt so viele verschiedene Voraussetzungen und Übergangsfristen. Haus- und Wohnungseigentümer, aber auch Handwerkschefs werden daher nicht darum herum kommen, sich eingehend mit den verschiedenen Optionen zu beschäftigen – je nachdem von welcher Ausgangssituation, von welchem Wärmeschutzniveau aus sie denken müssen. Leider haben wir es hier in der Praxis mit ellenlangen Vorschriften zu tun.

Viele Handwerkschefs stehen dem Gesetz positiv gegenüber, andere sorgen sich, sich nach Jahrzehnten des Einbaus von Gas- und Ölheizungen plötzlich mit Solarthermie, Wärmepumpen und Wasserstoffheizungen beschäftigen zu müssen. Was empfehlen Sie ihnen?

Ja, das ist tatsächlich so. Es gibt viele super-engagierte junge Handwerker, die richtig Lust auf die neuen Technologien mitbringen und sehen, dass es sich um einen interessanten Markt handelt. Sie müssen sich jetzt schnell schlaumachen. Andererseits ist es auch verständlich und in gewisser Weise normal, dass Ältere dann lieber aussteigen. Dabei könnten gerade ältere Handwerkschefs jetzt ihr Wissen einsetzen und das Übergangsgeschäft abgreifen.

Ich habe auch schon Handwerker gehört, die gesagt haben, von Gas- auf Wasserstoffheizungen umzusteigen, sei doch keine große Sache, es handele sich lediglich um einen anderen Brennstoff. Letztlich zeigen die Erfahrungen aus Gesetzesänderungen der Vergangenheit, dass Handwerker auch von den positiven Auswirkungen eines neuen Gesetzes wie dem GEG profitieren, ganz einfach, weil sich neue Geschäftsfelder erschließen lassen.

Handwerkern soll ja auch eine Beratungsfunktion zukommen, was die künftige Wärmeplanung für den Einbau einer brennstoffbetriebenen Heizung bedeutet und wie teuer der Betrieb einer Heizungsanlage aufgrund steigender CO2-Bepreisung werden kann – ist das nicht ein bisschen viel verlangt?

Hauseigentümer, die von Förderungen profitieren möchten – das wird voraussichtlich die überwiegende Mehrheit sein – müssen ohnehin einen zertifizierten Sachverständigen bzw. Energieberater konsultieren, sonst schließen sie sich aus dem Bezug aus. Auf den Handwerkschef sollte dann lediglich die konkrete Beratung zukommen, welches Produkt von welchem Hersteller eingebaut wird.

Wie bewerten Sie die Bindung des GEG an die kommunale Wärmeplanung? Verführt dies Immobilieneigentümer nicht dazu, sich erst einmal getrost zurückzulehnen, wenn die jeweilige Kommune bislang nicht aktiv wurde?

Es könnte durchaus sein, dass das viele so machen. Andererseits: Wenn in meinem Haus Handlungsbedarf besteht, kann ich mich nicht bequem zurücklehnen. Denn geht meine Heizung vor 2028 kaputt, also vor dem Datum, bis zu dem die kleinen Kommunen nach dem Gesetz für kommunale Wärmeplanung ein Konzept vorlegen müssen, dann muss ich als Eigentümer zwangsläufig aktiv werden.

Theoretisch könnte ich innerhalb von Übergangsfristen sogar noch eine fossile Heizung einbauen. Allerdings müssen dann zum 1.1.2029 dennoch 15 Prozent Erneuerbare Energien eingebunden sein. Hier muss man als Immobilieneigentümer ganz klar die Wirtschaftlichkeit von Zwischenmaßnahmen hinterfragen und sehr genau kalkulieren. Trotz der Übergangsregelung wird es oft vernünftiger sein, gleich die künftigen Vorgaben zu erfüllen und entsprechend zu agieren.

Förderungen können ab Februar 2024 beantragt werden – wie gehen Handwerker (und Verbraucher) damit um, bei denen die Heizung ausgerechnet jetzt ausgetauscht werden muss? Beziehungsweise, was können sie ihren Kunden raten?

Am 29. Dezember 2023 wurde die reformierte Förderrichtlinie im Bundesanzeiger veröffentlicht. Die neue Förderung soll stufenweise starten. Und sie ist mit Zuschüssen und zinsgünstigen Krediten beträchtlich. Mit den Bonusförderungen, also den Förderungen, die besonders schnelle Umsteller belohnen, können Eigentümer neben den 30 Prozent Grundförderung einen Höchstfördersatz von 70 Prozent erreichen.

Wenn nun ein Eigentümer tatsächlich sofort Handlungsbedarf hätte, muss er noch nicht einmal warten. Denn die Förderungen müssen zwar eigentlich vor dem Einbau beantragt werden. Aber es gibt Übergangsfristen für alle Vorhaben, die bis 31. August 2024 beauftragt werden. Für diese gilt: Sie können den Antrag bis 30. November 2024 nachreichen.

Andererseits: Warum denken wir immer alle, der Staat müsste alles regeln? An der Stelle hat die Politik es aus meiner Sicht versäumt zu vermitteln, dass man die Wärmewende als Gesellschaft stemmen muss und dass dies auch mit Kosten für den einzelnen verbunden ist. Klar muss es Härtefallregeln geben, aber die Grundförderung für alle könnte man noch einmal hinterfragen. Denn der Villeneigentümer in München-Grünwald braucht die Förderung doch nun wirklich nicht.

Ein Handwerker erzählte mir, bislang hätten die Kaminkehrer auch viel in Sachen Heizung verhindert, weil sie lieber kehrten als Gas- und Ölheizungen zu überprüfen. Und diese Branche soll sich nun Wärmepumpen annehmen? Was erwidern Sie?

Ach wissen Sie, auch unter Kaminkehrern sind doch viele junge und dynamische Selbstständige, die ein Interesse daran haben, voran zu schreiten und auf dem aktuellen Stand der Technik zu sein. Es geht ja schließlich auch um ein großes Ziel, das uns alle angeht: die Wärmewende und mehr Klimaschutz.

Welche juristischen Probleme sehen Sie auf Handwerker als Mieter, als Vermieter, als Selbstnutzer einer eigenen Immobilie zukommen? Womit werden sich die Gerichte noch zu beschäftigen haben?

Das wird in der Tat noch spannend. Aktuell ist es so, dass Eigentümer einer gemischt genutzten Immobilie selbstverständlich alle Vorgaben des Gesetzes beachten. Mieter in einem Gewerbeobjekt haben in der Regel vertragliche Regelungen. Die Modernisierungsumlage, die auf Wohnmieter zukommt, greift an dieser Stelle tatsächlich nicht.

Womöglich hat ein Handwerker, der die Räumlichkeiten seiner Werkstatt nur mietet, Glück und ist nicht von zusätzlichen Zahlungen betroffen. Und Handwerker, die in Innenstädten zum Beispiel eine Remise im Hinterhof haben und oben im Mehrfamilienhaus die Wohnung, müssen sich tatsächlich den Entscheidungen der Wohnungseigentümergemeinschaft beugen. Hier wird besonders spannend sein, wann die Heizungsumstellung erfolgt, denn daran misst sich, ob die Kosten dafür über die Instandhaltungsmaßnahme gedeckt werden (wenn es die Verpflichtung nach dem GEG gibt), oder ob es sich um eine bauliche Veränderung handelt (bevor die Pflicht gilt), was eine andere Kostenverteilung zur Folge hätte.

Vielen Dank für das Gespräch!

Zur Person: Beate Heilmann

Beate Heilmann ist Rechtsanwältin und Partnerin der Kanzlei Heilmann Geyer Kühnlein in Berlin sowie Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der ARGE Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein. Sie ist spezialisiert auf gewerbliches Mietrecht und Wohnraummietrecht, Wohnungseigentumsrecht, Immobilienvertragsrecht, Grundstücksrecht, Privates Baurecht und Maklerrecht.