Arnd Erbel ist kein gewöhnlicher Bäckermeister. In elfter Generation führt er im mittelfränkischen Dachsbach seine Bäckerei – und hat sich dabei bewusst gegen Wachstum und Konventionen entschieden. Der „Freibäcker“ steht für Qualität, Eigenständigkeit und ein Handwerk, das sich nicht dem Massengeschmack beugt.
„Weil wir so backen, wie wir backen, können wir hier existieren“, sagt Arnd Erbel. Seit über 27 Jahren führt der 56-Jährige die Familienbäckerei im mittelfränkischen Dachsbach – einem Ort, „weit ab vom Schuss“, wie er selbst sagt. Was nach Nachteil klingt, ist für ihn ein Vorteil: „Wenn hier zu viele herkommen würden, wäre es auch nicht mehr schön.“ Seine Bäckerei ist kein Ort für Laufkundschaft – sondern für Menschen, die bewusst suchen, was sie hier finden: echtes Handwerk.
Erbels Ansatz passt in keine klassische Schublade. In seiner Backstube gibt es keine Backhefe oder Backmittel, keine Großproduktion und keine Expansionspläne. Es gibt auch keine Hochglanzverpackungen oder Marketingstrategien. Dafür gibt es Zeit, Wissen, handwerkliche Erfahrung – und ein tiefes Verständnis für das, was Arbeit wirklich bedeutet. „Bei uns geht es nicht ums Brot. Es geht ums Arbeiten“, sagt Erbel. Die Konsequenz daraus ist sicht- und schmeckbar. Was aus seinem Ofen kommt, ist das Ergebnis eines Prozesses, in dem jeder Handgriff eine Rolle spielt.
Was es bedeutet, ein Freibäcker zu sein
Den Begriff „Freibäcker“ hat er sich selbst gegeben – aus einem Gefühl der Unabhängigkeit heraus. Unabhängig von Fremdkapital und einer 1A-Verkaufslage sowie frei von Trends und lautem Marketing. „Wir sind frei – und das ist ein Wert, den man nicht hoch genug schätzen kann“, sagt er. Erbel will niemandem gefallen, niemandem nach dem Mund backen. Er will einfach nur gut arbeiten – und das auf seine Weise.
Dass sein Sauerteig Menschen aus Japan, Neuseeland oder Chile anlockt, liegt nicht an gezieltem Marketing, sondern daran, dass sich Qualität herumspricht. Einige von ihnen bleiben, lernen bei ihm das Handwerk – und nehmen es mit in ihre Heimat. Die schönste Geschichte: Eine Köchin aus Chile, die durch Erbels Brezeln auf ihn aufmerksam wurde, kam nach Dachsbach, verliebte sich in den Sohn von Erbel – und ist bis heute geblieben. „Genau solche Dinge geschehen hier am 'Ende der Welt' “, sagt Erbel. Er bildet regelmäßig aus, sein Wissen gibt er gerne weiter. „Es geht darum, dass die nächste Generation gerne übernimmt – weil sie eine Perspektive sieht.“

Backstube mit Geschichte – und Zukunft
Die Verantwortung, einen Betrieb in elfter Generation zu führen, macht ihm Freude und ist eine Aufgabe mit Gewicht. Die Bäckerei besteht seit 1680. Der Ofen ist seitdem nie ausgegangen. Erbel arbeitet mit Werkzeugen und Gerätschaften, die schon bei seinem Großvater im Einsatz waren. Trotzdem versteht er sich nicht als Traditionalist: „Wir backen kein Brot wie früher. Wir backen Brot, das heute gut ist.“ Denn früher, sagt er, war Brot auch nicht immer gut – es war oft ein Produkt der Not, nicht der Wahl. „Es gab Zeiten, da war durch den Abrieb der Mühlsteine immer auch Sand im Mehl und eine Missernte bedeutete auch Brot von schlechter Qualität. Und das will ich heute nicht romantisieren.“
Dass er trotz der ländlichen Lage wirtschaftlich bestehen kann, hat viel mit seiner konsequenten Haltung zu tun. Und mit seiner Entscheidung gegen Wachstum. „Natürlich könnten wir uns besser organisieren, mehr verkaufen. Aber das wollen wir nicht.“ Erbel glaubt an die Kraft der Begrenzung – und daran, dass man nicht alles mitmachen muss, nur weil es möglich ist. Seine Backstube bleibt bewusst klein, der Kreis der Mitarbeitenden übersichtlich. „Wir wollen eine Bäckerei sein, bei der die Leute nicht nur wegen des Produkts wiederkommen – sondern wegen des Ganzen.“
Was der Freibäcker jungen Menschen mitgeben will
Dazu gehört auch, dass Erbel junge Menschen ausbildet – mit Geduld und Anspruch. „Viele Jugendliche müssen heute erst wieder lernen, was es bedeutet, Teil von etwas zu sein.“ Er spricht von einem Bewegungsdrang, der verloren gegangen ist – und davon, dass man nicht einfach nur eine Maschine bedienen kann, um Bäcker zu sein. „Man muss verstehen, was man da tut. Und das geht nur, wenn man selbst Teil des Prozesses ist.“
Das wichtigste Ziel von Arnd Erbel: Den Betrieb so zu führen, dass die nach ihm gerne übernehmen. Die zwölfte Generation soll nicht vor einem leeren Raum stehen, sondern vor einer Aufgabe, die Sinn ergibt. „Früher hatte alles Generationen – selbst ein Fahrrad wurde weitergegeben. Heute ist das selten geworden.“ Erbel will das ändern. Nicht mit großen Worten, sondern mit klaren Entscheidungen. Seine Brote und Gebäcke sollen keine Lifestyleprodukte sein, sondern gute Lebensmittel, die bezahlbar sind.
