Smarte Gebäudesteuerung Energieeffizientes Bauen und Sanieren: Smarte Steuerung statt dicker Dämmung

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Die Materialwahl ist nur eine Seite der Medaille, wenn es darum geht, die Klimaziele zu erreichen. Vor allem in der Digitalisierung steckt laut Bitkom viel Potenzial: von intelligenten Heizungsanlagen bis hin zu zeitlich flexiblem Stromverbrauch.

Digitale Technologien helfen auf dem Weg zum energieeffizienten Gebäudesektor. - © Coloures-Pic - stock.adobe.com

Die EU-Gebäuderichtlinie sorgt für ansteigende Aufträge in den Büchern des Bau- und Ausbau-Handwerks. Im Dezember 2021 verabschiedet liefert die Richtlinie konkrete Vorgaben dafür, dass die gesteckten Klimaziele erreicht werden – dabei stehen insbesondere Gebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz im Visier: Während bis 2027 zunächst alle kommerziellen oder öffentlichen Gebäude auf der EU-Energieeffizienzskala mindestens die Klasse „F“ erreichen müssen, dürfen sich Besitzer von Wohngebäuden drei Jahre länger Zeit beim Sanieren lassen. Wichtig dafür ist zweierlei: einerseits energieeffiziente Materialien – andererseits auch digitale Technologien.

Laut einer aktuellen Studie des Digitalverbands Bitkom kann die Digitalisierung knapp ein Drittel dazu beitragen, dass die CO2-Emissionen bei Gebäuden reduziert werden können. In absolute Zahlen gefasst, heißt das: Von den derzeit 51 Millionen Tonnen CO2, die im Gebäudesektor produziert werden, können bis zu 14,7 Millionen Tonnen CO2-Emissionen eingespart werden.

Gebäudesektor als CO2-Verursacher

Das ist dringend nötig. Der Gebäudebereich ist neben Verkehr und industrieller Produktion einer der wesentlichen Verursacher von CO2-Emissionen. Diese drastisch zu reduzieren, gelingt laut Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder nur, wenn auch digitale Technologien eingesetzt werden. „Schon die im Klimaschutzgesetz formulierten Ziele für das Jahr 2020 wurden seitens des Gebäudesektors nicht erfüllt. Die energetische Sanierung oder beispielsweise der Austausch von Heizungsanlagen werden auch langfristig nicht ausreichen und sind mit großen Investitionen verbunden.“

Auch die bisherigen Förderprogramme seien zu einseitig auf traditionelle Maßnahmen ausgerichtet, kritisiert Rohleder. „Den Kampf für das Klima gewinnen wir aber nicht allein mit dicker Dämmung, wir gewinnen ihn mit smarter Steuerung – im privaten Zuhause ebenso wie bei Gewerbeimmobilien.“ Digitale Technologien helfen laut dem Bitkom-Chef dabei, schneller und preisgünstiger CO2 zu reduzieren.

Die wichtigsten To Dos im Überblick:

Um sowohl Dämmung als auch digitale Technologien gemeinsam zu nutzen, müssen Handwerker in den Bau- und Ausbaugewerken laut Bitkom ihr Augenmerk auf drei Dinge legen:

  1. Automatisierte Steuerung von Heizung und Warmwassererzeugung: In welchen Büros und Stockwerken eines Gebäudes halten sich gerade Menschen auf? Scheint die Sonne durch die Fenster? Herrscht in voll belegten Räumen wortwörtlich gerade „dicke Luft“? Eine auf digitalen Technologien basierende intelligente Steuerung kann Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen smart und automatisch regeln – was zu deutlichen Energie- und CO2-Einsparungen gegenüber einer manuellen Steuerung führt. Derzeit fallen mehr als 90 Prozent des Energieverbrauchs im Gebäudesektor für Heizung und die Warmwassererzeugung an. Erfolgt der Ausbau von Gebäudeautomation im Wärmebereich im aktuell vorherrschenden Tempo, können hier bis zum Jahr 2030 bis zu 5,7 Millionen Tonnen CO2 jährlich eingespart werden. Bei einem ambitionierten und politisch gesteuerten verstärkten Einsatz der Technologien könnten sich die Einsparungen sogar auf 10,8 Millionen Tonnen bis 2030 erhöhen.

  2. Automatisierte Steuerung von Kühlung und Beleuchtung: Nach dem gleichen Prinzip wie bei Heizung und Warmwassererzeugung erfolgt auch eine automatisierte Kühlung und Beleuchtung bedarfsgerecht und in Zusammenspiel mit anderen Teilen der Gebäudetechnik wie Rollläden oder Jalousien. Bei einem moderaten Ausbautempo dieser Technologien in Wohn- und Nichtwohngebäuden können bis 2025 rund 0,68 Millionen Tonnen CO2 jährlich eingespart werden. Bei einem ambitionierten Ausbau sind diese Potenziale mit 0,7 Millionen Tonnen etwas höher.

  3. Intelligente Sektorenkopplung und Flexibilität: Mit dem Voranschreiten der Energiewende und dem wachsenden Anteil erneuerbarer Energien wird die Bedeutung eines zeitlich flexiblen Stromverbrauchs wichtiger. Das heißt, dass etwa Wärmepumpen genau dann Wärme in ein Gebäude einspeichern, wenn die Sonne scheint oder der Wind weht – und dass das Elektroauto in genau diesen Zeiten der starken Erzeugung von Solar- oder Windkraftenergie seine Batterie auflädt und den Stromüberschuss nutzt. Eine intelligente Sektorenkopplung, die das eigene Energieangebot von Gebäuden mit verschiedenen Speichermöglichkeiten wie Warmwasser oder die Batterien von E-Autos automatisch abgleicht und steuert, hat große Potenziale, Energie insgesamt einzusparen und den CO2-Ausstoß zu senken. Schreitet der Ausbau der entsprechenden Technologien im heutigen Tempo fort, könnten bis 2030 bis zu 2,3 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden – und 3,28 Millionen Tonnen bei einem beschleunigten Ausbau.