Häufig kranke Mitarbeiter Krankschreibung: Bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit den Medizinischen Dienst konsultieren

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Jeder Chef hat das schon erlebt. Wiederholt meldet sich ein Mitarbeiter plötzlich für länger krank. Die Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen können Unternehmer schwer überprüfen. Bei Zweifeln können Handwerkschefs die Krankheit eines Mitarbeiters aber vom Medizinischen Dienst abklären lassen. Wie das funktioniert.

Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes sehen sich die Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters und die Bescheinigung der jeweiligen Arztpraxis genau an. Sie werden von den Krankenkassen beauftragt.
Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes sehen sich die Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters und die Krankschreibung der jeweiligen Arztpraxis genau an. Sie werden von den Krankenkassen beauftragt. - © Gerhard Seybert - stock.adobe.com

Arbeitnehmer müssen eine Arbeitsunfähigkeit beweisen – mit einer ärztlichen Krankschreibung. Liegt diese vor, ist nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Aktenzeichen: 5 AZR 83/96) generell erst einmal davon auszugehen, dass der Betreffende tatsächlich krank ist.

Allerdings dürfen Unternehmer berechtigt daran zweifeln, falls ein Mitarbeiter zum Beispiel häufiger nach einem Urlaub ausfällt oder wiederholt etwa rund ums Wochenende ausfällt. Dann kann es für den Chef interessant sein, die Krankschreibung zu überprüfen. So gehen Sie als Betriebsleiter vor.

Kein Auskunftsanspruch: Die Krankenkassen dürfen dem Chef gegenüber keine Angaben machen

Erster Ansprechpartner ist die jeweilige Krankenkasse. „Prinzipiell hat der Arbeitgeber keinen Anspruch darauf, die Krankheitsart des Arbeitnehmers zu erfahren. Die Kassen dürfen gegenüber dem Arbeitgeber keine Auskunft erteilen“, erklärt Kenny Janssens, Rechtsanwalt der Kanzlei Härting in Berlin. Aber es besteht die Möglichkeit, eine gutachterliche Stellungnahme durch den Medizinischen Dienst anzustoßen.

Dauer der Krankschreibung: Wie lange der jeweilige Mitarbeiter krankgeschrieben ist, spielt dabei keine Rolle. Unternehmer können die Initiative ergreifen, selbst wenn mehrere Krankschreibungen für wenige Tage vorliegen.

Das Verfahren: Wann die Krankenkasse den Medizinischen Dienst einschaltet

Unternehmer können direkt bei der Krankenkasse anrufen und die Sachlage schildern oder zum Beispiel eine E-Mail schreiben. Die Kasse prüft dann im ersten Schritt die Lage:  Sie nimmt möglicherweise Kontakt zum jeweiligen Mitarbeiter auf und fragt nach, wie er selbst die Situation einschätzt. Können die Zweifel des Arbeitgebers berechtigt sein, beauftragt die Kasse anschließend den Medizinischen Dienst.  Eine direkte Verbindung zwischen dem Unternehmer und diesen Ärzten gibt es nicht. Nur die Krankenkasse hat Kontakt.

In der Regel werden solche Fälle per Aktenlage bearbeitet. Die Mediziner befragen die behandelnden Ärzte, werten die Befunde zur Erkrankung aus. Gegebenenfalls lädt der Medizinische Dienst den Patienten auch zur Untersuchung ein, wenn dies auch eher selten ist. Sie machen sich überdies ein Bild vom Arbeitsumfeld.

Die Entscheidung: „Das Ergebnis teilen die Gutachterinnen und Gutachter den Versicherten in der Regel sofort mit, ebenso den behandelnden Ärzten und der Krankenkasse“, heißt es beim Medizinischen Dienst Rheinland. In manchen Fällen jedoch müsse noch ein Untersuchungsergebnis oder ein Arztgespräch abgewartet werden.

Wenn das Gutachten des Medizinischen Dienstes mit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Mitarbeiters nicht konform geht, muss der Mediziner im nächsten Schritt die Krankschreibung begründen. Liefert er keine durchschlagenden Argumente, bezieht die Krankenkasse die Firma mit ein: Das Unternehmen wird in Kenntnis gesetzt, ob oder bis zu welchem Zeitpunkt der Medizinische Dienst überhaupt von einer Krankheit ausgeht. Damit hat der Arbeitgeber einen Nachweis, der seine Zweifel begründet und den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert.

Ungerechtfertigte Krankschreibung: Die Arzt-Praxen stellen in der Regel glaubhafte Diagnosen

In der Regel gehen die Krankschreibungen beim Medizinischen Dienst jedoch durch. Die Diagnosen der meisten Praxen sind glaubhaft. Und selbst wenn nicht: In einem Klageverfahren kann der Mitarbeiter seinen Arzt mit einbeziehen, der seine Krankheit bei Gericht nochmals bestätigt. Das Gutachten des Medizinischen Dienstes bringt Chefs daher nur eingeschränkt weiter.

Tipp: Der Medizinische Dienst engagiert sich auch, „wenn es darum geht, den Behandlungserfolg zu sichern und die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen“, so der Medizinische Dienst Nordrhein. Die Mediziner verstehen sich als Berater, nicht als Therapeuten. Sie greifen also nicht in die Behandlung ein, können aber zum Beispiel eine medizinische Rehabilitation empfehlen oder sich dazu äußern, inwiefern eine Umgestaltung der Arbeitssituation sinnvoll erscheint. Die Ärzte checken, ob sich eine stufenweise Wiedereingliederung in den Beruf anbieten kann.