Zukunft Handwerk Trendradar 2023: Sinnstiftende Tätigkeiten für die Jungen schaffen und Kenntnisse der Älteren nutzen

Zugehörige Themenseiten:
Fachkräftemangel, Internationale Handwerksmesse, Mitarbeitermotivation und Zukunftsperspektiven im Handwerk

Langjährige Mitarbeiter haben im Berufsleben viel Wissen angesammelt. Betriebe sollten jetzt überlegen, wie sie Vorteile daraus gewinnen. Das zeigt das Trend­radar des Events ­Zukunft Handwerk.

Trendradar2023 Kultur u Arbeit
Der Wissensschatz der Älteren hilft. „Heraus kommt idealerweise ein Wissenstransfer, über den die Fähigkeiten des gesamten Teams erweitert werden.“ - © pathdoc - stock.adobe.com

Auf der Liste der Vorsätze fürs neue Jahr darf für Sven Tollmien der eine nicht fehlen. „Zu Jahres­anfang sollten sich Unternehmen darin üben, mental beweglich zu bleiben, um sich für mögliche Krisensituationen zu wappnen“, empfiehlt Tollmien, Geschäftsleiter der Trend- und Strategieberatung Trendone in Hamburg. Den Trend zu den sogenannten resilienten Strukturen im Betrieb hat er für den Bereich Arbeit und Kultur als sehr wichtig eingestuft – gemeinsam mit der Gesellschaft für Handwerksmessen (GHM) und Experten aus dem Handwerk. Der Trendradar 2023 mit seinen wegweisenden Entwicklungen in den Gewerken wird auf dem Kongress Zukunft Handwerk im März diskutiert.

Im Fokus stehen vier Bereiche

  • Werte & Nachhaltigkeit
  • Arbeit & Kultur
  • Digitalisierung & Technologien
  • Kommunikation & Betrieb

Wie wichtig es ist, im Kopf beweglich zu sein, haben für die Experten die Coronapandemie und der Ukraine-Krieg gezeigt. „Unternehmen, die sich auf neue Situa­tionen flexibel einstellen, kommen generell besser durch Krisen“, sagt der Zukunftsforscher. Die gute Nachricht: Resilienz lässt sich trainieren, etwa mit dem Gedankenspiel „Was wäre, wenn“. Was wäre, wenn es zum Beispiel einen bestimmten Rohstoff nicht mehr gibt? Die Preise steigen? Oder die Fachkräfte fehlen? Solche Szenarien können tatsächlich eintreten und sind es bereits: Vor allem die fehlenden Arbeitskräfte machen den Betrieben aktuell schwer zu schaffen.

Sinnstiftende Tätigkeit finden

Eine mögliche Lösung sehen die Trendradar-Experten darin, moderne Arbeitsweisen im Betrieb zu verankern. „Viele junge Menschen wünschen sich heute ganzheitliche Veränderungen im Berufsleben“, begründet der Forscher. Dazu zählt, den Job mit dem Privatleben zu vereinbaren sowie mit einer Vier-Tage-Woche mehr freie Zeit an der Hand zu haben.

Ebenfalls wichtig: Die Arbeit muss Sinn stiften. „Purpose und Nachhaltigkeit ist das Thema der jungen Genera­tion“, beschreibt es Cornelia Lutz-Wagner, Bereichsleiterin B2C-Messen bei der GHM. Das Handwerk bietet diesen Lebensstil – doch das wissen viele nicht. „Viele verbinden den Beruf des Handwerkers vor allem mit harter, körperlicher Arbeit“, sagt die GHM-Managerin. Das stimmt – allerdings nur bedingt. Die Digitalisierung eröffnet den Raum für neue Arbeitsweisen, wozu etwa die Interaktion mit Robotern zählt. Zudem gibt es laut Lutz-Wagner heute einige innovative Handwerksbetriebe, die wie Start-ups agieren. „Es gibt in diesem Bereich nicht nur Aufgaben fürs Handwerk, sondern auch gesellschaftlichen Nachholbedarf, um erfüllende und kreative Bildungs­wege im Handwerk aufzuzeigen.“

Das Wissen der Älteren nutzen

Bei der Herausforderung, Fachkräfte zu gewinnen, spielt der Trend des aktiven Alterns dem Handwerk in die Hände – ­vorausgesetzt, die Betriebe nutzen ihre Chance. „Betriebe müssen jetzt überlegen, wie sie mit ihrer älteren Arbeitnehmerschaft umgehen“, sagt Tollmien. Ein Mitarbeiter im Alter von Mitte 60 mag vielleicht körperlich fordernde Arbeit nicht länger ausüben, doch will er vielleicht noch nicht in Rente, sondern seine vielfältigen Kenntnisse an jüngere Generationen weitergeben. Der Wissensschatz der Älteren hilft auch in anderen Bereichen. Tollmien rät Betriebschefs, gemeinsam mit Senior-Mitabeitern im offenen Austausch Ansätze zu finden. „Heraus kommt idealerweise ein Wissenstransfer, über den die Fähigkeiten des gesamten Teams erweitert werden.“

Gezielt fördern lässt sich diese offene Herangehensweise auch über Kollabora­tion – ein weiterer Punkt auf dem Trendradar. Ein Schritt dorthin kann über geteilte Arbeitsplätze in Form eines Shared Workspaces führen. „Dabei geht es nicht allein darum, sich die Kosten für ein Büro zu teilen, sondern darum, neue Menschen und Denkweisen kennenzulernen“, erklärt der Zukunftsforscher. Dahinter steht die Absicht, verschiedene Perspektiven zusammenzubringen und daraus innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln. Ein Beispiel: Ein Heizungshersteller vermietet freie Arbeitsplätze an einen Handwerksbetrieb und holt sich damit nicht nur einen Mieter, sondern einen Wissensträger ins Haus, so Tollmien. „Über dessen Einblicke in den Markt kann ein völlig neuer Geschäftszweig entstehen.“

Studiensteckbrief

Serie Trendradar Teil 2 Arbeit u Kultur
Serie Trendradar Teil 2 Arbeit u Kultur - © GHM

Um für das Handwerk in die Zukunft zu blicken, hat die Gesellschaft für Handwerksmessen (GHM) gemeinsam mit der Trend- und Strategieberatung Trendone ein neues Trendradar 2023 entwickelt. Auf Basis fundierter Trendforschung wurden gesellschaftliche, wirtschaft­liche und technologische Trends herausgearbeitet mit zukünftigen Auswirkungen auf das Handwerk.

Ein Kreis von mehr als 50 Expertinnen und Experten aus dem Handwerk einzelner Gewerke und von Verbänden hat in einer Online-Abstimmung die Trends qualitativ bewertet. Auf Trends, die in den kommenden fünf Jahren eintreten und eine hohe Relevanz für das Handwerk aufzeigen, sollten die Betriebe schon jetzt ins Handeln kommen. Vorbereiten müssen sie sich auf solche Entwicklungen, die in fünf bis sieben Jahren das Handwerk signifikant verändern werden, und solche beobachten, die in zehn Jahren auf die Agenda kommen (in der Grafik groß, mittel und klein abgebildet).

Event Zukunft Handwerk

Mit Zukunft Handwerk versammelt die Gesellschaft für Handwerksmessen (GHM) Meister und Macher von 8. bis 10. März 2023 im ICM in München. Das neue gewerkeübergreifende Veranstaltungsformat aus dem Handwerk und für das gesamte Handwerk findet künftig jährlich statt und richtet sich live und online an Gesellen, Handwerksunternehmer, Start-up-Gründer und Politiker.

In mehr als 50 Sessions werden Themen von heute und morgen diskutiert und Praxiswissen vermittelt. Ergänzt werden Bühnenprogramm und Netzwerkmöglichkeiten durch Abendveranstaltungen und handwerkspolitische Formate, wie die ZDH-Vollversammlung oder das Spitzengespräch der Deutschen Wirtschaft.