Büroorganisation Kundenservice: So sind Betriebe immer erreichbar – ohne Stress für den Chef

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Tuut, tuut, tuuuut! Wenn keiner ans Telefon geht, ist das nervtötend für den Kunden, der dringend sein Projekt besprechen will. Für Handwerker, die im turbulenten Alltag kaum Zeit für Gespräche finden, helfen externe Sekretariate, Messaging-Dienste und digitale Kontakt-Tools aus dem Dilemma.

Miguel Heise, Inhaber der Dachdeckerei Heise aus Kiel, leitet seine Telefonate zu einem externen Sekretariat um – und ruft dann in Ruhe zurück.
Miguel Heise, Inhaber der Dachdeckerei Heise aus Kiel, leitet seine Telefonate zu einem externen Sekretariat um – und ruft dann in Ruhe zurück. - © Jörg Brockstedt

Im Betrieb von Miguel Heise steht das Telefon still. Der Inhaber der Dachdeckerei und Blitzschutzanlagen Heise aus Kiel geht mit seinem 27-köpfigen Team in Ruhe seiner Arbeit nach, seitdem er nicht mehr durchs Dauerbimmeln gestört wird. Die Anrufer erreichen stattdessen das ebuero, einen externen Telefondienstleister aus Berlin. Mit dieser Umleitung hat der Handwerkschef ein großes Dilemma für sich gelöst. „Die Kunden erwarten, uns direkt zu erreichen, und tun sich häufig schwer, auf den Anrufbeantworter zu sprechen.“ Doch bleibt Heise im turbulenten Alltag schlichtweg keine Zeit zu telefonieren.

Lange Wartezeiten vermeiden

Diesen Spagat, die vielen täglichen Auf­gaben zu bewältigen und zugleich für die Kunden da zu sein, macht nicht nur dem Unternehmer aus Schleswig-Holstein zu schaffen. Weil das Telefongeläute die Handwerker von der Arbeit ablenkt und ihnen dann womöglich Fehler unterlaufen, ignorieren viele das Dauerbimmeln einfach. Das Projekt geht schließlich vor. Und der Anrufer hat sicherlich Geduld und greift später noch mal zum Hörer. Diese Annahme bestätigt sich nicht immer: Einer Studie des Marktforschers Skopos zufolge, die den Kundenservice von deutschen Unternehmen unter die Lupe nimmt, ärgern sich knapp zwei Drittel über lange Wartezeiten, wenn sie mit einer Firma Kontakt aufnehmen.

Annähernd ebenso genervt ist rund die Hälfte der Kunden, wenn sie ihr Anliegen einige Male oder vor mehreren Gesprächspartnern wiederholen müssen. Der Unmut der Anrufer hat Folgen. „Wenn wir für unsere Kunden nicht erreichbar sind, wenden sich viele früher oder später ab“, glaubt Heise.

Auf Kundenfragen vorbereiten

Wer Dachdecker Heise kontaktieren will, spricht zunächst mit einem der ebuero-Mitarbeiter, der eine Notiz anfertigt und an den Betrieb aus Kiel sendet. Über ein Ticketsystem gelangt die Nachricht ins Customer-Relationship-Management-System (CRM). Die virtuellen Sekretäre können auch auf den Kalender des Betriebs zugreifen und einen verbindlichen Termin für den Rückruf in den folgenden 24 Stunden vereinbaren. „Ein großer Vorteil ist es, dass wir uns auf das Anliegen des Kunden einstellen und vorbereiten können“, erklärt Heise, der gerne in Büchern schmökert wie „Der Weg zum erfolgreichen Unternehmer“ von Stefan Merath. Zu den Erfolgsfaktoren gehört es beispielsweise auch, lästigere Arbeiten – etwa den Telefondienst – outzusourcen.

Der Rund-um-die-Uhr-Service ist nicht nur für den Kunden angenehm, sondern auch für die Angestellten im Betrieb, die sich ihre Arbeit übersichtlicher einteilen können. „Ohne die ständige Unterbrechung durchs Telefon arbeiten wir viel entspannter“, freut sich Heise. Der Betriebschef wiederum spart sich eine volle Arbeitsstelle ein. Im vergangenen Jahr kümmerte sich noch eine Sekretärin um die eingehenden Anrufe. Wenn in Spitzenzeiten jedoch sämtliche Telefone im Büro auf einmal klingelten, war sie natürlich auch nicht in der Lage, alle Leitungen zu beantworten. Fieberhaft suchte Heise nach einer Lösung für sein Problem. Als er auf Facebook surfte, stieß er im vergangenen Frühjahr auf eine Anzeige des Berliner Kundenservice-Anbieters. Zunächst testete er den Dienst in zwei Probewochen, bevor er anschließend ein Abo für den Preis von 1.200 Euro pro Monat abschloss. „Das ist weniger als ich für einen festen Angestellten in dieser Position bezahle“, rechnet Heise. Mit der Qualität des ebuero ist er zufrieden: „Von 100 Anrufen sind etwa zwei bis drei ungenau aufgeschrieben“, schätzt er. „Solche Kleinigkeiten sind menschlich und wären meinem eigenen Sekretariat auch ­passiert.“

Web-Kontaktmöglichkeiten und Messaging-Dienste immer beliebter

Doch auch wenn zufriedene Kundenreferenzen für die Handwerks­betriebe in der digitalen Ära immer wichtig werden, haben längst nicht alle Betriebe den hehren Anspruch, sich leichter erreichbar zu machen. Dabei stehen heute – neben dem Telefon – viele digitale Spielarten zur Verfügung. Wie Skopos in seiner Untersuchung ermittelt, hat die E-Mail das Telefon ohnehin schon als beliebtesten Kontaktkanal abgelöst. Gut funktionieren auch Internetseiten sowie Chats, die vor allem jüngere Verbraucher bevorzugen. Bei den Messaging-Diensten hoch im Kurs steht WhatsApp, gefolgt von Telegram und den Instagram-, Facebook- und Google-Messengern, auf denen viele Kunden schon einen Account haben. Über ihr Handy können sie jederzeit Termine anfragen, Fotos vom Schaden oder des benötigten Teils schicken und offene Fragen klären.

Kundendienstnutzung: Nutzung nach Kanal

Im vergangenen Jahr hat die E-Mail das Telefon als häufigster Kontaktkanal überholt. Auch Chatbots sind bei den befragten Kunden beliebter geworden.

Kundendienstnutzung nach Kanal
© handwerk magazin

Vorsicht mit dem Datenschutz

Der Bosch Service Bassum hat sich schon vor einigen Jahren dazu entschlossen, hauptsächlich über Messaging-Dienste zu kommunizieren. Bei der freien Autowerkstatt aus dem niedersächsischen Bassum, die Reparatur- und Wartungsarbeiten sowie Kfz-Klimaanlagen-Service anbietet, stehen sowohl individuelle Beratung und Betreuung als auch eine schnelle Terminvereinbarung oben an. „Unser Motto ‚Wir lieben Herausforderungen‘ gilt nicht nur für unsere fachlichen Leistungen, sprich Reparaturen und Wartungen, sondern auch für den Service am Kunden“, erklärt Inhaber Gerwin Schulze. Um mit seinen Auftraggebern zügig ihre Anliegen zu klären, verwendet er mit seinem achtköpfigen Team WhatsApp Business und andere Messenger wie Instagram, Google Business und die eigene Website, was bei seiner Klientel gut ankommt. Jedoch gibt es zwei Probleme: Zum einen sind manche Messaging-Dienste wie zum Beispiel WhatsApp nicht immer datenschutzkonform. Zum anderen wird es schnell unübersichtlich, wenn Nachrichten über verschiedene Kanäle hereinprasseln.

Ein Posteingang für alle Messages

Die Autowerkstatt bewältigt diese Herausforderungen nun mit dem Nürnberger Start-up ChatWerk. Mit dessen Software-Lösung gelingt es, alle Messaging-Kanäle an einem Ort zu bündeln – und das datenschutzkonform. „Die Nachrichten aller Messenger laufen übersichtlich in einen zentralen Posteingang ein“, berichtet Schulze. „Keine Botschaft geht verloren und jeder Mitarbeiter kann sehen, ob, wer, wann und was geantwortet hat.“ Zuvor, als die Nachrichten an ein Mobiltelefon gebunden waren, war das nicht der Fall. Für den Handwerkschef hat sich der Arbeitsalltag und die Erreichbarkeit über die Software-Lösung merklich verbessert. „Die Kunden fragen Termine an, schicken uns Fotos vom Schaden oder die Fahrzeugdaten oder Fahrzeugscheine. Damit können wir planen und die nötigen Teile bestellen.“ Für die Kunden ist das einfach: Handy­foto machen, verschicken, fertig. Das Handwerker-Team versendet Kostenvoranschläge und Rechnungen.

Gerade bei komplexeren Reparaturarbeiten zahlt sich die Chat-Kommunikation aus. Die Kollegen aus der Werkstatt nehmen Videos und Fotos von defekten Teilen auf und speichern sie in der Google Cloud. Die Mitarbeiter im Backoffice übernehmen dann die Kommunikation mit dem jeweiligen Kunden: Über die Aufnahmen können sie ihm im Detail den Schaden zeigen und die geplanten Arbeiten erklären. „Das macht die Kommunikation also nicht nur schnell, sondern auch für den Kunden sehr transparent“, schildert Schulze. „On top sparen sich die Leute den Weg zu uns, wenn sie sich das Ganze selbst ansehen wollen.“ Auch mit der Implementierung der Software zeigt sich der Handwerkschef zufrieden. Mithilfe eines ChatWerk-Mitarbeiters war innerhalb eines Tages alles geregelt und das Team in Bassum konnte gleich loslegen. Nachjustierungen und Updates funktionierten ebenso reibungslos, bewertet Schulze, für den auch das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt: Der IT-Dienstleister aus Nürnberg stellt für seine Software-Lösung ab 59 Euro im Monat in Rechnung.

Weitere digitale Hilfsmittel nutzen

In die digitale Zukunft gedacht, erledigen sich viele Kundenanfragen, die lästiges Telefongebimmel und Chat-Gesumme nach sich ziehen, auch von selbst. Wenn ein Betrieb auf seiner Website sein Angebot transparent macht und einzelne Schritte erläutert, sind schon einige offene Fragen geklärt. „Wer als Kunde nur eine kurze Information dazu möchte, wie viel er ungefähr für seine Dachsanierung bezahlen muss, ist froh, auf der Website erste Anhaltspunkte zu bekommen“, sagt Martina Schneller, Projektleiterin beim Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk in Krefeld. Handwerkern steht der Expertin zufolge heutzutage eine Vielfalt an digitalen Hilfsmitteln zur Verfügung, die sie noch nicht ausschöpfen. Dazu zählen auch Konfiguratoren oder Chatbots auf der Website, die den Dialog mit dem Kunden automatisiert übernehmen. Beide Tools fragen anhand einer Checkliste gemeinsam mit einer Wenn-dann-Logik ab, welche Maße das Dach hat und welche Arbeiten gemacht werden sollen. Auf Basis der Angaben unterbreiten die Tools dann ein erstes unverbindliches Angebot. „Viele benötigte Informationen kann der Kunde jederzeit problemlos selbst im Internet einholen, ohne dass er dazu einen Handwerker benötigt“, erklärt Schneller. Als Faustregel gilt: Je transparenter ein Betrieb die Konditionen rund um sein Angebot zur Verfügung stellt, desto nahbarer – und damit erreichbarer – macht er sich.

Digitale Erreichbarkeit: So begeistern Betriebe ihre Kunden

Zu jeder Zeit für den Kunden erreichbar zu sein ist kein Hexenwerk. Heute stehen Betrieben einige Tools zur Verfügung, die den Kunden schon vor dem ersten Gespräch umfassend informieren und beraten.

  1. Angebot transparent machen: Stellen Sie Informationen rund um Ihr Produkt und Ihren Service auf der Website zur Verfügung. Wenn Einzelleistungen und Preise transparent sind, erhalten Kunden die Mög­lichkeit, ihre Fragen autonom zu klären, ohne mit dem Handwerks­betrieb Kontakt aufzunehmen.

  2. Terminbuchung anbieten: Über ein Terminplanungs-Tool können Kunden auf den Kalender der Betriebsmitarbeiter zugreifen und selbsttätig einen Wunschtermin vereinbaren.

  3. Besuch auf Baustelle planen: Ein Tracking-System gibt dem Kunden genaueste Transparenz zur geplanten Ankunftszeit des Handwerkers.

  4. Projektfortschritt dokumentieren: Dem Anruf eines Kunden, der sich nach dem Projektfortschritt erkundigen will, kann der Betrieb zuvorkommen, indem er über Tools wie zum Beispiel Asana den aktuellen Status sowie die weiteren Schritte einsehen lässt.

Selbst ein erstes Gespräch mit dem Betrieb kann der Kunde heute eigenständig anzetteln. Digitale Terminplaner, die es von verschiedenen Anbietern auch kostenlos gibt, helfen dabei, den Kalender von Betriebsmitarbeitern über die Website oder auf den sozialen Medien zu teilen, sodass Kunden darauf zugreifen können. Der Betrieb kann dabei die Termindauer vorgeben. Schneller empfiehlt fünf Minuten für den Erstkontakt. „Der zweite Termin kann dann mit circa 20 Minuten ruhig länger dauern und mit einem Link an den Kunden versendet werden.“

Ankunftszeit transparent machen

Verlaufen die Kontaktaufnahmen erfolgreich und Betrieb und Auftraggeber werden sich einig, lässt sich ein Besuch der Baustelle vereinbaren. Auch hier rät Schneller zu größtmöglicher Transparenz: „Anstatt den Kunden den halben Tag auf sich warten zu lassen, können sich Betriebe die Paketzusteller zum Vorbild nehmen, die den Wartenden über ein Tracking die genaue Ankunftszeit mitteilen.“ Handwerker und Kunden können dann mit dem vereinbarten Zeitfenster ihren Tagesablauf optimal planen. Das steigert die Zufriedenheit – auf beiden Seiten.

Interview: „Zeitlich und räumlich unabhängig“

Zukunftsforscher Peter Wippermann erklärt, wie sich Kunden die Kommunikation mit Unternehmen heute wünschen.

Telefon, E-Mail oder WhatsApp: Wie wollen Kunden heute am liebsten mit Betrieben in Kontakt treten?

Die Gesellschaft hat sich durch die Corona-Krise weiter digitalisiert. Das wirkt sich auch auf den Umgang und die Erwartungen von Kunden aus. Viele von ihnen arbeiten heute im Homeoffice: Statt zu telefonieren oder eine E-Mail zu senden, nutzen sie Medien mobil, agil und flexibel und kommunizieren über digitale und soziale Kommunikationskanäle und Kollaborations-Tools wie Teams oder Zoom mit Kollegen. Genau diese Schnelligkeit erwarten sie auch von Handwerksunternehmen, deren Dienstleistung sie beanspruchen.

Was bedeutet das konkret für die Betriebe?

Rund um die Uhr ansprechbar zu sein wird für die Betriebe immer mehr zum A und O. Für ihre Kunden müssen sie auf allen gängigen Kanälen erreichbar sein, dazu zählt es, WhatsApp anzubieten und die E-Mails mobil abrufen zu können. Die Bedeutung des Telefons nimmt dagegen insbesondere bei jüngeren Menschen ständig ab. Sie bevorzugen es, zeitlich und räumlich unabhängig mit Unternehmen in Kontakt zu treten, und haben keine Lust, Anrufbeantworter zu besprechen oder auf Briefe zu warten, die mehrere Tage unterwegs sind. Betriebe, die ihre Kommunikation nicht professionalisieren, schotten sich nicht nur vom Markt ab – in den Augen der Jüngeren, ihres potenziellen Nachwuchses, werden sie zudem als unattraktiv wahrgenommen.

Welche Kanäle treten bei der jungen Kunden-Zielgruppe in den Fokus?

Neben WhatsApp zum Informationsaustausch wünschen sich die Jüngeren, dass sich Betriebe über soziale Medien erlebbar machen und darüber ebenfalls mit ihnen in Dialog treten. Während Facebook dabei in den Hintergrund tritt, gewinnen Kanäle wie YouTube und TikTok an Relevanz.

PeterWippermann
© trendbüro


Peter Wippermann
Gründer des Trendbüro, Hamburg,
forscht zu gesellschaftlichen Entwicklungen.