Mezzanin-Kapital Nachfolge: Mit einer stillen Beteiligung den Unternehmenskauf finanzieren

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Der Kapitalbedarf bei der Nachfolgefinanzierung ist hoch. Keine Frage. „Und trotzdem ist er meist stemmbar – wenn der Finanzierungsmix stimmt“, sagt Dr. Steffen Huth. Er ist Geschäftsführer der Beteiligungs-Managementgesellschaft Hessen (BMH) und rät Übernahmewilligen, nicht ungeprüft aufzugeben: „Sind Konzept und Qualifikation überzeugend, können wir bei der Finanzierung oft helfen“, so seine Erfahrung. Wie eine gute Finanzierung gelingt.

Es lohnt sich, die Nachfolgefinanzierung genau zu kalkulieren.
Es lohnt sich, die Nachfolgefinanzierung genau zu kalkulieren. - © SUPHANSA - stock.adobe.com

"Ich nenne Ihnen mal ein Beispiel für eine solide Finanzierung beim Kauf eines Unternehmens", sagt Dr. Steffen Huth, Geschäftsführer bei der BMH, der Beteiligungs-Managementgesellschaft Hessen. "Wenn der Kaufpreis für eine Bäckerei beispielsweise zwei Millionen Euro beträgt, übernimmt die Bank 1,2 Millionen Euro. Der Verkäufer gibt ein Darlehen über 250.000 Euro und 500.000 Euro wird über eine stille Beteiligung finanziert. So bleiben 50.000 Euro Eigenkapital für den Käufer übrig. Das ist dann gar nicht mehr so viel", sagt er.

Selbstständig, oder nicht selbstständig

Wer über die Übernahme eines Betriebes nachdenkt, muss sich zwei Fragen beantworten: "Will ich?" und "Kann ich?".

Wer will, trifft auf ein breites Angebot - rund 125.000 Nachfolgen stehen in den nächsten Jahren an. Beim Finden zum Verkauf stehender Handwerksunternehmen helfen Handwerkskammern, Banken, Sparkassen oder auch das Internet. So bietet die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit nexxt-change eine Plattform, auf der sich Verkäufer und Käufer finden können.

Ob ein Handwerker übernehmen kann, hängt neben den fachlichen Voraussetzungen auch von seinen finanziellen Mitteln ab. "Ich rate jedem Übernahmewilligen, hier nicht das Bauchgefühl entscheiden zu lassen. Es geht um Zahlen und Fakten, die – auch wenn sie komplex erscheinen - geklärt werden können, um den Traum von der Selbstständigkeit zu erfüllen", macht Steffen Huth Übernahmewilligen Mut.

Den Unternehmenswert ermitteln

Die größte Herausforderung bei der Nachfolgefinanzierung ist die Ermittlung des fairen Unternehmenswertes. "Der Abgebende liegt mit seinen Preisvorstellungen meist deutlich über der Einschätzung des Käufers", weiß Lena Lang, Investmentmanagerin bei der BMH. Denn er rechne den emotionalen Wert und das Potenzial seines Unternehmens in den Wert mit ein. Letztlich seien aber die Unternehmenszahlen der Vergangenheit, und nicht die potenziellen Zahlen der Zukunft, die Basis für die richtige Wertermittlung. Steuer- und Kammerberater helfen - und die BMH rechnet ebenfalls nochmal nach, wenn sie Teil des Finanzierungskonzepts ist. "Als fair gilt ein Preis, in der Spanne zwischen dem 3- bis 5-fachen EBIT liegt, jedoch immer in Abhängigkeit von der Gesamtsituation des jeweiligen Unternehmens", gibt Lena Lang einen Richtwert vor.

Der Finanzierungsmix bei der Nachfolgefinanzierung

"Bei Fragen der Nachfolgefinanzierung ist der erste Gang des angehenden Unternehmers meist der zu seiner Bank", so Lang. Dort legt er die Geschäftszahlen, die Planung und sein Unternehmenskonzept vor. "Vom benötigten Kapital finanzieren die Banken dann meist maximal 60 Prozent." Wer Eigenkapital in Höhe der fehlenden Summe hat, ist fein raus. Günstiger kann eine Finanzierung nicht sein. Wer jedoch weiteres Kapital benötigt, kann den Verkäufer um ein Darlehen bitten. "Diese Darlehen sind üblich", weiß Lang. Ist der Verkäufer bereit, hier ins Risiko zu gehen, sei das auch ein Hinweis auf sein Vertrauen in die Wirtschaftlichkeit seines Betriebs. Fehlt weiteres Kapital, ist eine stille Beteiligung der Landesinstitute, wie der BMH in Hessen, eine Option. Übrigens: Alle Bundesländer verfügen über eine Beteiligungsgesellschaft. Ihre Aufgabe ist es, die Unternehmen mit Kapital zu versorgen.

So geht stille Beteiligung – Mezzanin

Der Begriff Mezzanine stammt aus der Architektur und bedeutet Zwischengeschoss. Das beschreibt das Mezzanine-Kapital sehr treffend: "Es ist bei richtiger Ausgestaltung wirtschaftlich Eigenkapital, aber im Haftungsfall nachrangiges Fremdkapital. Da die stille Beteiligung wie Eigenkapital behandelt wird, verbessert sie das Rating und somit die Kreditchancen bei Banken. Denn: "Wenn es zu einem Ausfall kommt, werden zuerst die Fremdkapitalgeber vom noch vorhandenen Kapital bedient, danach die Mezzanine-Kapitalgeber und erst im Nachgang diejenigen, die Eigenkapital zur Verfügung gestellt haben", so Huth.

Als mezzanines Kapital gelten stille Beteiligungen, Genussrechte und Nachrangdarlehen. Die Beteiligungsgesellschaften der Bundesländer treten bei der Nachfolgefinanzierung in Form stiller Beteiligungen auf. Dabei ist Mezzanin keine Beteiligung des Finanzierers am gezeichneten Kapital des Betriebes. Die Beteiligungsgesellschaft erwirbt

  • kein Eigentum am Unternehmen
  • hat Mitspracherechte lediglich bei strategischen Entscheidungen, wie Geschäftsführer- oder Betriebsstättenwechsel
  • haftet voll und
  • kann hat kein ordentliches Kündigungsrecht
  • erhält im Gegenzug einen Quartalsbericht vom Käufer

Als Vorteile für den Käufer des Betriebes gelten, dass

  • er keine Sicherheiten stellen muss
  • es keinen Handelsregister-Eintrag gibt
  • die Konditionen für die gesamte Laufzeit feststehen
  • die Rückzahlung zum Nominalbetrag erfolgt und damit gut kalkulierbar ist
  • die ersten sieben Jahre tilgungsfrei sind
  • die Abwicklung parallel zum Bankkredit erfolgt und meist nicht länger als zwei bis drei Monate dauert

"Die tilgungsfreie Zeit ist besonders wichtig, weil die Kreditfinanzierung der Banken meist auf sieben Jahre angelegt ist. Der Käufer hat also keine Doppelbelastung durch die Rückzahlung des zur Verfügung gestellten Kapitals", erklärt Huth. Aber: Da die Laufzeit der stillen Beteiligung zehn Jahre beträgt, muss sie im 8., 9. und 10. Jahr vollständig zurückgezahlt werden. Und Lena Lang sagt: "Grundsätzlich sind wir im regelmäßigen Kontakt mit dem Käufer – wenn er es will. Es ist nicht so, dass wir die Finanzierung geben und uns dann nie wieder mit dem Unternehmer beschäftigen. Wir haben viel Erfahrung - wer das nutzen möchte, ist herzlich willkommen."

So kommen Käufer an eine stille Beteiligung

"Meist sind es die Banken, die ihre Kunden an uns verweisen", weiß Lena Lang. Jedoch kann jeder Unternehmenskäufer direkt auf die Beteiligungsgesellschaften der Bundesländer zugehen und eine Finanzierungsanfrage stellen. Mitbringen muss er Zahlen aus der Vergangenheit, sein Unternehmenskonzept und den Kaufpreis. "Wir prüfen die Kapitaldienstfähigkeit, die Angemessenheit des Kaufpreises - und schauen uns den Unternehmer an", erklärt sie. Dabei nimmt die Investmentmanagerin insbesondere die Qualifikation, Branchenkenntnis, Erfahrung und Persönlichkeit des Käufers in den Fokus. Aus ihren Erkenntnissen schreibt sie einen Beteiligungsbericht, den sie dem Beteiligungskomitee zur Entscheidung vorlegt. Eine Zusage erfolgt jedoch immer erst dann, wenn die Gesamtfinanzierung sichergestellt ist. "Fünf bis zehn solcher Nachfolgefinanzierungen begleiten wir derzeit im Jahr. Das geht von kleinen Beteiligungen um 50.000 Euro bis in den Millionen-Bereich", so Huth.

Wann lohnt sich eine stille Beteiligung

Die steigenden Zinsen machen Kreditfinanzierungen derzeit besonders teuer. "In diesem Umfeld sind stille Beteiligungen besonders günstig", wirbt Huth für einen Mezzanin-Finanzierung. Wie günstig genau, hänge vom Einzelfall ab. Es gebe immer eine feste und eine ergebnisabhängige Vergütung, die quartalsweise abgerechnet werde. Wer besonders solide dastehe, könne mit Zinsen ab acht Prozent rechnen. Doch auch 20 Prozent werden im Markt aufgerufen. "So teuer sind wir aber nicht", sagt der Experte.

Fallstricke – und wie angehende Unternehmer sie vermeiden können

  1. Der wichtigste Tipp der Experten ist das frühzeitige Einleiten des Verkaufs. "Den richtigen Käufer zu finden und alle rechtlichen Voraussetzungen zu erfüllen, braucht einfach Zeit", sagt Lang. Fünf Jahre gibt sie als Richtwert vor.
  2. Insbesondere bei der Rechtsform sollten Unternehmer aufpassen. Denn die Beteiligungsgesellschaften dürfen keine Privatpersonen finanzieren. Das Gründen einer Unternehmergesellschaft (UG) sei zwar nicht besonders aufwendig, benötige aber dennoch Zeit.
  3. Auch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) erfordert frühzeitiges Handeln: "Firmiert ein Betrieb nicht als Kapitalgesellschaft, wie eine GmbH, sondern als Einzelkaufmann, führt der Kauf von Anteilen am Unternehmen dazu, dass alle Rechte und Pflichten auf den Käufer übergehen. Die DSGVO bestimmt, dass in diesen Fällen jeder Kunde befragt werden muss, ob seine Daten an den neuen Eigentümer übergeben werden dürfen", erklärt Lang.
  4. Je nach Konstellation kann es in den ersten beiden Jahren nach der Übernahme im Betrieb ruckeln: Mitarbeiter müssen sich auf den neuen Chef einlassen, neue Ideen müssen umgesetzt, Effizienzmaßnahmen ergriffen werden." Im Jahr der Übergabe gibt es Reibungsverluste, weil die Mitarbeiter erst mal abgeholt werden und den neuen Chef akzeptieren müssen - was Geld kostet. "Das unterschätzen viele. Deshalb lieber einen Puffer in den ersten beiden Jahren einbauen", sagt Lang.
  5. Oftmals verbleibt der Verkäufer noch einige Zeit im Betrieb."Dies halten wir in den meisten Fällen auch für sinnvoll, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten", so Lang. Aber: Wenn der neue Chef vieles anders macht als der alte, kommt es leicht zu Konflikten. Dann ist es hilfreich, eine feste Übergangsperiode zu vereinbaren, die nicht zu lang ist und eine Verlängerungsoption beinhaltet, falls es doch besser läuft als befürchtet.

Fördermittel nutzen

Zum Finanzierungsmix gehört auch der Einbezug von staatlichen Fördermitteln. Damit können Übernehmer nicht nur den Unternehmenskauf, sondern auch die folgenden Investitionen finanzieren. Für die Beratung zu Fördermitteln für die Nachfolgefinanzierung stehen die Handwerkskammern, freie Fördermittelberater und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zur Verfügung. Letztere stellt nicht nur einen guten Überblick über Förderprogramme zur Verfügung, sondern zeigt auch detailliert, zu welchen Konditionen die Programme genutzt werden können.

Hat ein angehender Unternehmer nicht ausreichend hohe Sicherheiten, um einen Bankkredit zu bekommen, übernehmen die Bürgschaftsbanken unter Umständen eine Ausfallbürgschaft. Für Gründer gibt es eine eigene Plattform bei der KfW, auf der nach Finanzierungen gesucht werden kann.

Fazit

Ein Unternehmer muss ins Risiko gehen – keine Frage. Und er muss sich mit einiger Bürokratie herumschlagen, so auch bei der Nachfolgefinanzierung. Aber wer bereit für die Verantwortung ist, hat einen breiten Finanzierungsmix zur Auswahl. Und es ist nicht so, dass ein großer Batzen Eigenkapital für die Nachfolgefinanzierung zur Verfügung stehen muss, um den Traum von der Selbstständigkeit wahr werden zu lassen.