Finanzielle Hilfen im Fokus Kontrollen wegen Subventionsbetrug: Im Zweifel besser vorher schon zurückzahlen

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Betriebsprüfung, Coronavirus, Fördermittel und Steuerstrategien

Zuschüsse, günstige Kredite, Kurzarbeitergeld: Der Staat investiert nicht nur in Krisenzeiten in Unternehmen, die Hilfe brauchen. Nach dem Corona-Jahr ist verstärkt mit Kontrollen durch den Fiskus zu rechnen.

Hülya Özdag
Hülya Özdag, Geschäftsführerin der Konditorei Hasan Özdag in Köln. - © Rudolf Wichert

Mit dem ersten Lockdown brach der Umsatz bei der Konditorei Hasan Özdag in Köln komplett ein. Das Unternehmen hat sich auf aufwendig gestaltete Torten spezialisiert, „die wir auf Bestellung zu Hochzeiten, Geburtstagen oder anderen Anlässen liefern“, so Geschäftsführerin Hülya Özdag. Da zu diesem Zeitpunkt auch private Feiern in der Regel abgesagt wurden, „fiel mehr als die Hälfte unseres Umsatzes auf einen Schlag weg“, sagt Özdag. In dieser Situation musste die Konditorei mit 25 Mitarbeitern Kurzarbeit anmelden. „An sich lief das problemlos, wenn auch sehr viel Bürokratie mit den Anträgen verbunden war“, erinnert sich Özdag. Die Arbeitsagentur fragte nach, ob sie ihre Fachverkäuferinnen und Konditorgesellen nicht anders im Betrieb einsetzen könnten. „Wir mussten tatsächlich ausführen, warum nicht jeder, der bei uns arbeitet, die Buchhaltung übernehmen kann“, erläutert Özdag. Die Zeit des Lockdowns nutzte die Konditorei, ihren Onlineshop zum Laufen zu bringen. „Wir haben aufgerüstet und mussten Know-how von außen einkaufen“, erzählt die Handwerksunternehmerin. „Natürlich konnten wir auch hier nicht die Mitarbeiter aus den Filialen vor Ort damit beauftragen.“ Das alles musste sie den Behörden schriftlich erläutern, bevor das Geld floss. Beim zweiten Lockdown kamen dann mehr Aufträge, auch über den Onlineshop. Deshalb brauchte die Konditorei nicht ganz so viel Hilfe, wie noch im ersten Lockdown – zum Beispiel in Form von Kurzarbeitergeld. „Wir arbeiten inzwischen auch längst wieder plangemäß, und es hat sich alles normalisiert“, meint Hülya Özdag.

Behörden beginnen zu prüfen

In der Corona-Zeit ging es darum, Betrieben wie der Konditorei schnell zu helfen – und gleichzeitig nicht mit dem Gießkannenprinzip Geld zu verteilen. „Inwieweit das geglückt ist, wird nun von den Behörden geprüft“, sagt Andreas Rohde, promovierter Steuerfachanwalt und Geschäftsführer der Kanzlei dhpg in Bonn. Das bezieht sich nicht nur auf das erhaltene Kurzarbeitergeld, sondern analog auf Soforthilfen oder Überbrückungs­gelder.

Wie die Kontrollen ablaufen, hängt vom jeweiligen Bundesland ab. „Unternehmer sollten damit rechnen, dass spätestens bei der nächsten Betriebsprüfung die Zahlen auf den Tisch kommen.“ Und er fügt hinzu: „Wenn der Umsatz in 2021 erstaunlich viel besser gewesen ist als zu erwarten, wird dies zu erklären sein.“ Handwerkschefs checken daher jetzt, ob sie die Voraussetzungen für die staatliche Unterstützung erfüllt haben. „Es liegt auf der Hand, dass die Behörden andernfalls tätig werden. Schließlich wurden Milliarden Steuergelder an die Unternehmen ausgeschüttet“, so Rohde.

Antrag: Wahrheitsgemäß und korrekt

Grundsätzlich ist das entscheidende Kriterium bei Subventionen, ob die Angaben in den Anträgen wahrheitsgemäß und korrekt sind. „Das sollte in der Regel kein Problem sein. Trotzdem unterschreiben Unternehmer manchmal solche Anträge, ohne die Belehrungen zu lesen. Dann kann es schon passieren, dass nicht alles passt“, warnt Philip Külz, Rechtsanwalt und Strafrechtsexperte der Kanzlei Ebner Stolz in Köln. Bei Fehlern wird zu prüfen sein, ob der Unternehmer hier leicht­fertig falsche Angaben gemacht hat, ob man ihm möglicherweise sogar Vorsatz unterstellen kann. Ein strafbarer Subventionsbetrug kann schon bei leichtfertigen Falschangaben vorliegen. Es reicht dafür möglicherweise bereits aus, dass aufbewahrungspflichtige Unterlagen zum Nachweis fehlen – der Umfang des Risikos hängt von den Belehrungen auf den Anträgen ab.

Nun war bei den Überbrückungs­hilfen in der Regel ein Steuerberater beteiligt. Die Bundesregierung wollte damit indirekte Kontrollmechanismen in das Antragsverfahren einbauen. So sollten die Steuer­berater sicherstellen, dass die Voraussetzungen für die Unterstützung erfüllt waren. Damit sind Unternehmer aber nicht zwangsläufig auf der sicheren Seite. Bei Fehlern unterstellen die Behörden schnell, dass der Firmenchef nicht alle Karten auf den Tisch gelegt hat. „Der Knackpunkt ist immer, ob der Berater möglicherweise nicht umfassend informiert wurde“, erklärt Külz.

Beispiel Finanzhilfen: Zu Beginn der Krise konnten Firmenchefs schwer absehen, wie sich Corona auf ihre Geschäftsentwicklung auswirkt. Möglicherweise hat der Betrieb mehr Umsatz gemacht als erwartet. „Sobald die Voraussetzungen für eine Subvention wegfallen und der Unternehmer das erkennen kann, muss er das melden“, sagt Experte Külz. Wenn dies nicht sofort passiert ist, sollten Unter­nehmer spätestens jetzt tätig werden. Bei den Soforthilfen beispielsweise war es das Ziel, existenzgefährdende Liquiditätsengpässe zu verhindern. Die Behörden werden checken, ob diese vorlagen. Unternehmer müssen im Zweifel auch erklären können, wie sie ihre erhaltenen Hilfen verwendet haben. Denn es ist nicht auszuschließen, dass Unternehmen Staatshilfen für die private Lebensführung einsetzten. Das aber war so nicht vorgesehen.

Gute Gründe, warum in den nächsten Monaten die Schlussabrechnungen anstehen. „Die Unternehmer müssen mit ihrem Steuerexperten nachkalkulieren, wie viel sie von den erhaltenen Beträgen möglicherweise zurückzahlen müssen“, so Klaus-Peter Knauf, Steuerfachanwalt der Kanzlei Rose & Partner in München. Das wird keine leichte Sache, da es sich hier um höchst unterschiedliche Hilfen handelt. Außerdem werden Unternehmer auf einzelne Monate bezogen rechnen müssen. Wenn sich zum Beispiel beim Überbrückungsgeld im Nachhinein herausstellt, dass die Fixkosten deutlich niedriger waren, muss eine Rückzahlung erfolgen.

Kurzarbeitergeld im Visier

Nächstes Beispiel Kurzarbeitergeld: Subventionsbetrug kann vorliegen, falls zum Beispiel krankgeschriebene Mitarbeitende Kurzarbeitergeld erhalten haben. Für sie sind die Gelder nicht vorgesehen. Ähnlich liegt der Fall, wenn Arbeit­nehmer kurzfristig eingesprungen sind und während des Bezugs doch mal gearbeitet haben. „Anonyme Anzeigen sind da nicht so selten“, sagt Steuerfachanwalt Knauf. Ehemalige Mitarbeiter geben häufiger entsprechende Hinweise an die Behörden. Fachanwalt Knauf verweist auch auf ­Kontrollmitteilungen im Rahmen von Betriebsprüfungen, wenn Bewertungsbelege Teilnehmer aufführen – und die Person eigentlich gar nicht dabei sein konnte.

Unregelmäßigkeiten

Solche Unregelmäßigkeiten, die möglicherweise bei der nächsten Betriebsprüfung auffallen, können Kontrollen vor Ort auslösen. Die Beamten stehen dann in der Regel unangemeldet während der Geschäftszeiten vor der Tür. Der Betriebschef muss die Prüfer einlassen, wenn ein Durch­suchungsbeschluss vorliegt, und eine Beschlagnahme von Unterlagen dulden. Er sollte dem aber widersprechen. Dann wird es extrem wichtig sein, besonnen und ruhig zu reagieren. „Unternehmer sollten sofort einen erfahrenen Rechtsanwalt anrufen und sich zur Sache nicht äußern. Viele Mandanten haben Angst, sich damit verdächtig zu machen“, so Knauf. Dies sei aber unbegründet, denn Reden ist Silber, Schweigen aber Gold.

Wann Subventionsbetrug vorliegt

Der Staat fördert mit vergünstigten Krediten, mit Zulagen oder Beihilfen. Die Palette der Möglichkeiten ist lang, viele Kanäle stehen zur Verfügung. Doch Vorsicht: Wer aufgrund falscher Angaben Geld bekommt, macht sich strafbar.

  • Was ist Subventionsbetrug: Beim Antrag auf Beihilfen o.Ä. werden die Voraussetzungen geprüft. Die Angaben hier müssen richtig und umfassend sein. Die gewährten Beihilfen oder Fördermittel sind entsprechend zu verwenden. Subventionsbetrug liegt vor, falls der Unternehmer bei den in den Anträgen als subven­tionserheblich bezeichneten Punkten unrichtige Angaben macht oder diesbezüglich eingetretene Veränderungen nicht mitteilt und dadurch z.B. mehr Geld erhalten hat, als er für die geplante Investition gebraucht hat. Beispiel: Aufgrund des Kostenvoranschlags gibt er einen bestimmten Betrag an. Er muss am Ende doch weniger investieren. Den Restbetrag verwendet er für andere Zwecke. Er informiert die Behörden nicht über die Veränderungen.
  • Wichtig: Wie so oft hängt es vom Einzelfall ab, wo die Grenzen liegen. Klar dürfte die Sache sein, wenn der Unternehmer zum Beispiel Förder­gelder für die Anschaffung eines Wirtschaftsgutes erhält, das er gar nicht kaufen will.
    Übrigens kann Subventionsbetrug auch Privatpersonen betreffen – beispielsweise, wenn Bauherren aufgrund falscher Angaben Zuschüsse für Energiesparmaßnahmen erhalten.
  • Wie verhält man sich: Anders als beim Steuerbetrug ist es nach der Auszahlung des Geldes nicht mehr möglich, sich selbst anzuzeigen, um Straffreiheit zu erlangen. Aber tätige Reue kann helfen. Konkret bedeutet dies, die Gelder schnell und freiwillig zurückzuzahlen. In jedem Fall sollten Firmenchefs einen erfahrenen Anwalt für Strafrecht hinzuziehen.
  • Welche Strafen können folgen: Haftstrafen von fünf bis zehn Jahren sind möglich, wenn auch erst ab sehr hohen Beträgen wahrscheinlich. In der Regel werden Unternehmer eine Geldstrafe zahlen müssen. Aber: Es handelt sich in jedem Fall um eine Straftat. Und: Unwissenheit schützt nicht. Man kann sich nur eingeschränkt darauf berufen, von seinen Fehlern nichts gewusst zu haben – Leichtfertigkeit ist bereits strafbar.
  • Wann tritt Verjährung ein: In der Regel fünf Jahre später, also nachdem man das Geld bekommen hat und die Subventionierung erfolgt ist.

Corona-Hilfen für Unternehmen

Unternehmer konnten aus verschiedenen Programmen Zuwendungen vom Staat erhalten, wenn sie während der Corona-Monate Probleme bekommen haben. Mehr dazu im großen Corona-FAQ.

Überbrückungshilfe III Plus
Bewilligte Anträge 13.490
Beantragt 1,22 Milliarden Euro
Ausgezahlt 615,55 Millionen Euro

Überbrückungshilfe III
Bewilligte Anträge 408.434
Beantragt 33,75 Milliarden Euro
Ausgezahlt 22,77 Milliarden Euro

Neustarthilfe Plus (Oktober – Dezember 2021)
Bewilligte Anträge 15.537
Beantragt 80,59 Millionen Euro
Ausgezahlt 53,84 Millionen Euro

Neustarthilfe Plus (Juli – September 2021)
Bewilligte Anträge 43.669
Beantragt 246,93 Millionen Euro
Ausgezahlt 204,79 Millionen Euro

Neustarthilfe
Bewilligte Anträge 250.157
Beantragt 1,64 Milliarden Euro
Ausgezahlt 1,56 Milliarden Euro

Quelle: Bundeswirtschaftsministerium, Stand 08.11.21