Die Baumann-Kolumne "Neues von der Werkbank" Kommentar: Marktwirtschaft statt immer neuer bürokratischer Förderprogramme!

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Energieeffizienz und Neues von der Werkbank – Kolumne von Ruth Baumann

Die Energiewende führt zunehmend in eine Sackgasse. Die unterschiedlichen, teils auch guten Ideen und Absichten scheitern zunehmend an der Realität. Unsichere und ideologische Rahmenbedingungen sind keinesfalls hilfreich, wenn es darum geht Investitionen in die Zukunft zu starten. Wirtschaftliche Standorte stehen im Wettbewerb, Parteien übrigens auch. Kolumnistin Ruth Baumann wirft in dieser Folge "Neues von der Werkbank" einen differenzierten Blick auf den Sachverhalt.

Ruth Baumann Landesvorsitzende UFH Baden-Württemberg
Ruth Baumann Landesvorsitzende ufh Baden-Württemberg. Gemeinsam mit ihrem Mann führt sie die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. - © privat

Wer das Glück hat (oder vielleicht gilt es heute schon als Pech) über jahrzehntelange Erfahrung in Betrieben zu verfügen, reibt sich verwundert die Augen und rauft sich obendrein die Haare. Wie konnten Betriebe existieren, Arbeitsplätze anbieten, Gewinne erwirtschaften und für bescheidenen, aber allgemeinen Wohlstand sorgen, deren Bilanzen aus zehn Seiten Papier – mit einer mechanischen Schreibmaschine fixiert – bestanden?

Verwaltungen, Behörden, ja selbst Parlamente waren einst noch überschaubar und die politische Willensbildung nachvollziehbar. Jetzt braucht jeder Betrieb Manager, Beauftragte, Consultants, „Bilanzbücher“ (aus Papier oder elektronisch), um eine Art Planbarkeit zu dokumentieren, die es eigentlich schon gar nicht mehr gibt. Wie soll man Businesspläne und Investitionsabsichten abbilden, wenn sich fast stündlich die Grundlagen ändern?

Wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Totalschaden

Mal ehrlich: Es erinnert vieles an den Wettlauf vom Hase und dem Igel. Ist das eine erledigt, folgt schon das nächste. Hat man den Fuhrpark umgestellt, die Verwendung von Ressourcen minimiert, die Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse eingebunden, den Arbeitsschutz verbessert, dann ist es die Lieferkette, die CO₂-Abgabe, die Grundsteuererhöhung oder der Heiz-Hammer (mal national, mal europäisch), der schließlich wieder alles obsolet erscheinen lässt. Dieses Rennen nach dem neuen Zeitgeist hinterlässt einen wirtschaftlichen (und in Folge auch gesellschaftlichen) Totalschaden, den aber niemand zu verantworten gedenkt.

Ergebnisoffene Lösung vs. ökologische Präferenz

Man erforscht und entwickelt Photovoltaik, nachdem aber die „schnelle Mark“ sowie der Markt vorläufig ausbleiben, beerdigt man (zunächst) den guten Ansatz von Photovoltaik. Der Grund? Mangelndes Durchhaltevermögen und fehlendes Know-how bezüglich Vermarktung. Betriebe schließen, das Produkt geht an andere Standorte und – Überraschung – kommt so zum Durchbruch. Man fördert großzügig Pelletsheizungen, kurze Zeit später Gas, aktuell Wärmepumpen sowie Photovoltaik (wir erinnern uns an die Anfänge) und augenblicklich mutiert die Fernwärme zur Antwort aller ungelösten Fragen.

Die Suche nach einer „ergebnisoffenen“ Lösung ist bereits zur allgemeinen Worthülse geworden, da im gleichen Atemzug schon „ökologische“ Präferenzen aufgezählt werden. Es gilt aber immer noch: Prüfe alles, das Gute behalte. Somit muss man sich auch endlich mal mit der Entsorgung von Isoliermaterial oder dem Verbot von F-Gas bei Kühlung und Wärmepumpen auseinandersetzen. Die Energiewende braucht Facharbeiter, Material und schließlich auch ausreichend Strom, der wohl nicht abrufbar ist, glaubt man der schwedischen Vize-Regierungschefin Ebba Busch.

Von Förderprogrammen, die es (gar nicht) gibt

Statt Dinge fertig zu denken, ändert man einfach den Fokus bzw. generiert wieder andere „Herausforderungen“ mit entsprechenden Förderprogrammen. Diese Bürokratie durchdringt eh fast niemand mehr und so kommen dann wieder Berater und Consultant zu ihren Mandaten. Diese vermeintliche Produktivität ist sicherlich klimaneutraler, aber erhöht sie die Anziehungskraft eines Wirtschaftsstandortes?

Betriebsschließungen (+16,8% 1. Quartal 2023 im Vergleich zum Vorjahr) und Unternehmensinsolvenzen (+20,3% Februar 2023 zu Februar 2022, Destatis 12.05.2023) sprechen eine andere Sprache. Die zusätzlichen weiteren Firmenabwanderungen kommen noch obendrauf und sind hinlänglich bekannt. Was gilt es also zu ändern? In einem Wort: Marktwirtschaft leben. Keiner von uns (oder unseren Eltern und Großeltern) erinnert sich an ein Förderprogramm „Seidenstrümpfe“ und dennoch wurde es vom Markt in der Nachkriegszeit verlangt und … geliefert. Es gab kein Förderprogramm „Apfel auf Elektronikgeräte“ und dennoch wurde es vom Kunden gekauft bzw. danach verlangt.

Jeder Mensch muss bei sich selbst anfangen

Rahmenbedingungen setzen, heißt Verlässlichkeit, Planbarkeit und Investitionsanreize zu geben. Der Staat sollte damit sparsam und bedacht umgehen, denn jedes zu viel mündet in Planwirtschaft. Europa bietet eine große Chance. Und der respektvolle Umgang mit knappen Rohstoffen und anvertrauten Steuermitteln ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit – somit muss jeder bei sich selbst anfangen! Der Verbraucher beim Einkauf, der Unternehmer bei der Firmenpolitik, die nächste Generation mit Innovationen, die Politik mit „schlanken“ Rahmenbedingungen. Wer keine Rohstoffe hat, muss mit Erfindungen und Ideen glänzen.

Diese Rahmenbedingungen sollten vor Ort sein, damit sie „Tüftler und Denker oder Macher“ locken. So spart man weltweite, CO₂-intensive und resonanzlose Werbeauftritte wie etwa in Brasilien. Die Lieferkette wäre kurz, der Platz für Innovationen und Investitionen vorhanden. Denn: Nur greifbare Erfolge führen aus der ideologischen Sackgasse und werden dann zum Exportschlager.

Über Autorin Ruth Baumann:

Bei Ruth Baumann war es ein zart gehauchtes "Ja", das sie in einen mittelständischen Straßenbaubetrieb und damit ins Handwerk brachte: Seit ihrer Hochzeit führt sie gemeinsam mit Ehemann Martin Baumann die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. Trotz ihres abgeschlossenen Hochschulstudiums entschied sie sich damals bewusst, in den Familienbetrieb einzusteigen und bekräftigte dies durch eine weitere Ausbildung zur Bürokauffrau. Zunächst im Ehrenamt bei den Unternehmerfrauen im Handwerk Freiburg, später als Präsidentin des Landesverbandes der Unternehmerfrauen im Handwerk Baden-Württemberg, war es ihr immer ein besonderes Anliegen, die Mitglieder mit einem gesunden Selbstbewusstsein und Stolz auf das Handwerk auszustatten. Sie sieht die Unternehmerfrauen als Wirtschaftsverband und vertritt dies auch in der Öffentlichkeit.

Ihre betriebliche Erfahrung wurde in der Folgezeit auch verstärkt in der politischen Theorie nachgefragt und stieß – zu ihrer eigenen Überraschung – auf immer mehr Resonanz. Es folgten unterschiedliche Kommissionen und Funktionen in der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, die sie mittlerweile auch auf Bundesebene ausführt. In Interviews, Vorträgen und Podiumsdiskussionen rund um das Handwerk gibt sie parteiübergreifend Einblicke in die Sorgen und Nöte von Familienbetrieben. Jüngst wurde sie in den Bundesvorstand der CDU gewählt und ist dort als "Handwerk mit Mundwerk und akademischen Grad" Mittler zwischen unterschiedlichen Welten.