Sebastian Tenius ist Zweiradmechanikermeister und Inhaber von „Mobiler Motorradservice Ingolstadt“. Seine innovatives Geschäftsmodell: mit der Motorradwerkstatt direkt zum Kunden und nicht andersherum. So brachte er seine mobile Werkstatt auch finanziell ins laufen.
Der Ursprung des Geschäftsmodells von Sebastian Tenius liegt in Afghanistan. Als der ehemalige Soldat dort als Rettungssanitäter stationiert war, konnte er bei sogenannten Feldinstandsetzungen zusehen und war fasziniert davon, was alles außerhalb einer Werkstatt möglich war. Als er sich 2022 selbstständig machte, war die Vision des Zweiradmechanikermeisters klar: Er kaufte sich ein LKW und baute eine voll funktionsfähige Werkstatt in den Bauch des 7,5 Tonners.
Aber schon weit bevor der damals 18-Jährige eingezogen wurde, entwickelte Tenius eine Leidenschaft für motorisierte Zweiräder. „Ich bin schon als kleiner Stepke bei meinem Papa auf dem Motorrad gesessen. Auch wenn ich hinter seinem Rücken nicht viel gesehen habe, hat mir das unheimlich viel Spaß gemacht“, blickt Tenius zurück. Als er nach acht Jahren die Bundeswehr verließ, entschied er sich für die Umschulung zum Zweiradmechaniker im Rahmen des Berufsförderungsdienstes (BFD): „Ich wollte schon immer etwas mit Öl und Schmiere machen.“ Noch mehr hat ihn aber die gereizt zu erfahren, „wie aus ein paar Litern Benzin, so viel Spaß und Geschwindigkeit entstehen kann.“
Mit der mobilen Motorradwerkstatt alles besser machen
Seine Geschäftsidee entwickelte sich vor allem in der Zeit als Angestellter. Er erkannte Nachteile für die Kunden, die jeden Termin in der Werkstatt wahrnehmen mussten, den sie bekommen konnten. Egal, wie das Wetter war. Außerdem bemerkte er selbst, was ihn als Kunde bei seinen Werkstattbesuchen störte: „Die einzige Frage in der Werkstatt lautet meist: Zahlen Sie Bar oder mit Karte?“, sagt Tenius und ergänzt: „Ich finde es ganz schrecklich, wenn ich in der Werkstatt unpersönlich abgehandelt werde.“ Mit Mitte 30 folgte für den Ingolstädter die Selbstständigkeit und damit der Versuch alles besser zu machen.
Mit seiner Geschäftsidee im Kopf und dem Businessplan in der Hand, machte er sich zu seinem Betriebsberater bei der Handwerkskammer auf. Auf diese Existenzgründungsberatung haben Handwerksmeister Anspruch, wenn sie gegründet haben und ihre Beiträge zahlen. „Mit dem verbesserten Businessplan bin ich dann losgegangen, um habe mir das nötige Kapital zu beschaffen", erklärt der Gründer. Als Einmannbetrieb bekommen Kunden von Tenius alles aus einer Hand: „Ich erkläre den Kunden gerne, was ich mache und lasse sie gerne zuschauen." Das kommt auch von seiner Leidenschaft für das Ausbilden. Der 38-Jährige möchte auch selbst in seinen Betrieb ausbilden, allerdings erst, wenn die Gründerphase abgeschlossen ist und er eine sichere Ausbildung garantieren kann.
Geschäftsmodell: Mobile Motorradwerkstatt
Obwohl Sebastian Tenius privat am liebsten auf einer Spur unterwegs ist, findet sein Arbeitsalltag mittlerweile meist auf zwei Achsen statt. Gut ein Drittel seiner Aufträge erledigt er mittlerweile mit seiner mobilen Motorradwerkstatt. Dafür musste er ordentlich die Werbetrommel für sein innovatives Geschäftsmodell rühren: „Ich muss es zwar immer wieder neu erklären, dass ich mit meiner Werkstatt auch gerne zum Kunde komme, mittlerweile habe ich aber auch schon einen festen Stamm an Auftraggebern." Zu Beginn haben ihn manche Motorrad-Besitzer nur „für die Show gebucht“, wie der charismatische Zweiradmechaniker erklärt.
Auch auf Instagram ist Tenius erfolgreich und kann dort täglich über 1.500 Menschen zeigen, was er gerade so macht. Das schafft Nähe, welche sich wiederum in Nachfragen niederschlägt. „Ich habe das aus Spaß angefangen, bekomme aber mittlerweile Kundenanfragen über die sozialen Medien. Es ist für mich ein kostenloses Werbetool." Sein bestes Werbemittel ist aber der Lkw selbst. Egal, ob seine mobile Werkstatt durch die engen Gassen Ingolstadts fährt, oder er auf irgendeinem Parkplatz steht: Der markante Aufdruck sticht ins Auge. „Jede Fahrt mit dem Lkw ist eine Werbeveranstaltung", erläutert Tenius.
Die Vorteile der mobilen Werkstatt liegen auf der Hand: es spart vor allem den Kunden extrem viel Zeit. Außerdem müssen die Motorradfahrer nicht durch Schnee und Regen fahren, um zu einer Werkstatt zu gelangen. Ihre Grenzen erreicht die Werkstatt, wenn größere Umbauten oder Reparaturen, wie zum Beispiel der Ausbau eines Motors, anstehen. In diesen Fällen muss Tenius in seine lokale Werkstatt wechseln, in der er mehr Platz hat. Das seien aber Ausnahmefälle, denn er kann „so ziemlich alles im Lkw machen.“
Ein lohnendes Geschäftsmodell
Es macht ihm aber nicht nur Spaß zu den Kunden zu fahren, es lohnt sich für Sebastian Tenius auch finanziell: „Im Moment trägt sich der LKW selbst. Das freut mich natürlich, vor allem nach den enormen Investitionen." Außerdem produziert Tenius den Großteil des Stromes, den er für den Betrieb seiner mobilen Werkstatt braucht, durch eine Solaranlage auf dem Dach des Lastkraftwagens selbst. Auch in Zukunft erwartet der Zweiradmechaniker keinen Rückgang an Kundenanfragen. Er geht davon aus, dass die Nachfrage an sogenannten „Call-a-Service“-Dienstleistungen weiter steigt. Zudem sieht er aktuell auch keine direkt Konkurrenz: „Motorradwerkstätten gibt es einige in der Region, aber keine ist so wie meine.“
Podcast: Handwerk erleben
Im Podcast Handwerk erleben sprechen Jan Peter Kruse und Max Herrmannsdörfer mit Sebastian Tenius über seine außergewöhnliche Geschäftsidee. Außerdem die Reaktionen von Kunden und die grundsätzliche Arbeit als Zweiradmechanikermeister.