Geldanlage Börse: Ab 2026 droht durch Ende des PfOF ein teurerer Handel

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Immer mehr junge Leute investieren ihr Geld an der Börse. Sparpläne, Aktien und ETF sind gefragt. Das ist politisch gewollt. Sie kaufen und verkaufen oft über Neobroker, die sehr günstige Konditionen bieten. Ob Scalable Capital, Smartbroker, Trade Republic, finanzen.net zero oder Justtrade – bei ihnen kostet eine Order nichts oder nur einen Euro. Doch einen wichtigen Teil des Geschäftsmodells der Neobroker verbietet die EU künftig. Im Fokus der EU steht der Payment for Order Flow (PfOF). Was er ist, warum er verboten werden soll und was ein Ende des PfOF für die Kosten beim Börsenhandel bedeutet.

Kickbacks haben den Wettbewerb unter den Brokern gefördert und Privatanlegern einen günstigen Einstieg in den Börsenmarkt ermöglicht. Dieses Modell möchte die EU nun ab 2026 in Deutschland verbieten. - © hakandogu - stock.adobe.com

Im Grunde ist PfOF – ganz unspektakulär – eine Rückvergütung, die im Hintergrund bei einer Börsenorder abläuft. Und das geht so: Ein privater Käufer oder Verkäufer erteilt einem Broker eine Order. Der Broker leitet diese Order an einen günstigen Handelsplatz weiter. Dort stellt ein sogenannter Market Maker die Kurse für bestimmte Wertpapiere. Dabei ist die Spanne zwischen Kauf- und Verkaufskurs (Spread) für ein Wertpapier sein Gewinn. Von diesem Gewinn gibt er einen Teil an den Broker ab. Das ist quasi ein Dankeschön für den erteilten Auftrag und heißt Payment for Order Flow (PfOF). Dieses soll nun verboten werden.

Neobroker agieren vor allem an regionalen Börsen

Günstige Handelsplätze sind kleinere Regionalbörsen, wie München oder Hamburg sie haben. Das elektronische Handelssystem der Münchner Börse heißt Gettex, der dazugehörige Market Maker ist die Baader Bank. An der Hamburger Börse heißt das Handelssystem LS Exchange, der dahinter stehende Market Maker ist Lang & Schwarz TradeCenter AG & Co KG. Diese Regionalbörsen und ihre Market Maker können im Wettbewerb beispielsweise gegen Xetra an der Frankfurter Börse bestehen, wenn sie Brokern einen relativ hohen PfOF (Anteil am Spread) bieten.

Übrigens: Das Argument, dass die Spannen zwischen Kauf- und Verkaufskursen an den kleinen Handelsplätzen größer sind, haben wissenschaftliche Studien nicht belegt .

Tatsächlich steht das Geschäftsmodell der kleineren Handelsplätze also in Konkurrenz zum (teureren) Angebot der Deutschen Börse in Frankfurt: Mit dem EU-Verbot wird letztlich der Frankfurter Xetra-Handel gestärkt. Ina Fröhner von Scalable Capital findet klare Worte zum kommenden EU-Verbot: "Die Entscheidung, die [...] hinsichtlich eines Payment-for-orderflow-Verbots gefallen ist, ist aus unserer Sicht die falsche. Sie steht nicht im Einklang mit den Zielen der Kommission, neue Möglichkeiten für Sparer und Anleger zu schaffen, sondern dient vor allem den Akteuren, die Wettbewerb auf den Kapitalmärkten verringern und mit hohen Gebühren ihr Bestehen sichern wollen."  

Broker und Neobroker gehen unterschiedlich mit der PfOF um

Grundsätzlich verdienen also alle Broker im Hintergrund einer Börsenorder durch die PfOF (auch Kickback genannt). Aber: Konventionelle Onlinebroker erheben zusätzlich eine Handelsgebühr – Neobroker nicht, oder nur eine sehr geringe. So bieten sie sehr günstigen Konditionen, die den Börsenhandel auch für Privatleute mit kleinen Orders attraktiv gemacht haben. Der Hintergrund: Handelsplätze erheben ihre Gebühren meist abhängig vom Ordervolumen und verlangen eine Mindestgebühr. Je kleiner die Order ist, desto stärker fällt die Mindestgebühr ins Gewicht. Bei Regionalbörsen ist diese Gebühr geringer als bei den großen Börsen. Die elektronischen Handelsplattformen der Regionalbörsen, wie Gettex und LS Exchange erheben diese Gebühr nicht und werben gezielt damit.

Kurz: Kickbacks haben den Wettbewerb unter den Brokern gefördert und Privatanlegern einen günstigen Einstieg in den Börsenmarkt ermöglicht. Dieses Modell möchte die EU nun ab 2026 in Deutschland verbieten – so wie es in anderen europäischen Ländern bereits verboten ist.

PfOF-Verbot ab 2026: Jede Order wird bis zu drei Euro teurer

Für alle Broker bricht mit dem EU-Verbote eine Einnahmequelle weg, sodass insgesamt die Kauf- und Verkaufkosten für Privatanleger steigen werden. Ralf Oetting, Geschäftsführer von Justtrade meint: "Das PfOF-Verbot ist derzeit noch zu unspezifisch, da z.B. noch nicht genau definiert ist, was alles unter den Begriff „Payment for Orderflow“ fällt. Es bleibt also abzuwarten, was das Verbot am Ende alles umfasst. "Letztlich würde ein konsequentes Verbot der PfOF Zahlungen zu Lasten der Kleinanleger gehen, da jede Order dann ab dem Jahr 2026 voraussichtlich zwei bis drei Euro teurer und die Wertpapierprovision um den entsprechenden Betrag angehoben wird. Das würde der Aktienkultur in Deutschland nachhaltig schaden, denn gerade Kundenorders mit kleineren Volumina würden sich dann einfach nicht mehr lohnen." Und er bekräftigt: "Dadurch, dass sich Market Maker und Broker die Spanne zwischen Geld- und Briefkurs (Spread) teilen, haben diese Rückvergütungen erst den günstigen Handel für Kleinanleger und damit eine Stärkung der Aktienkultur in Deutschland ermöglicht. Hier droht jetzt leider durch die EU-Regulierung ein deutlicher Rückschritt.

Wie die Neobroker das EU-Verbot bewerten

Es scheint also die gute Lobbyarbeit der großen Börsen zu sein, die auf dieses EU-Verbot hingewirkt haben. Thomas Soltau, Vorstand der Smartbroker AG, hat jedoch Hoffnung, dass sich an der EU-Regelung noch etwas zugunsten der Neobroker ändert: "Der aktuelle Beschluss ist noch keine endgültige Entscheidung, sondern lediglich ein Verhandlungskompromiss, erzielt von Unterhändlern des Europaparlaments und den Mitgliedsstaaten. Dieser kann sich zur Gesetzgebung noch ändern. So ein Beschluss ist zwar oftmals Formsache, aber es gibt auch genügend Fälle, in denen Vorlagen nicht einfach durchgewunken wurden. Der genaue Gesetzestext ist derzeit noch nicht bekannt. Wir wissen Stand heute zum Beispiel nicht genau, welche Produktarten betroffen sein werden." Und er stellt in Aussicht, sein Produktversprechen – große Auswahl zu minimalen Preisen – auch weiterhin halten zu können. Christian Hecker, Co-Gründer von Trade Republic äußert sich ähnlich: "Wir sind sicher, dass wir auch nach dem Verbot noch das günstigste Angebot für Privatanleger in Deutschland haben werden." Dies sieht auch Malte Rubruck von Finanzen.net Zero so.

So reagieren die Neobroker auf ein PfOF-Verbot

Wie die Neobroker auf das kommende Verbot reagieren, fasst Thomas Soltau, Vorstand der Smartbroker AG zusammen: "Da dieses potenzielle Verbot keineswegs nur Neobroker betrifft, sondern sämtliche Depotbanken, gehen wir davon aus, dass die meisten Anbieter aufgrund ihrer kostenintensiven Strukturen die Gebühren anheben müssen und wir weiterhin unsere Dienstleistung deutlich günstiger anbieten werden können als unsere Mitbewerber."

Malte Rubruck von finanzen.net Zero ergänzt: "Die wesentlich bedeutsamere Regulierung und die deutliche komplexeren Anforderungen werden im Rahmen der "European Retail Investmentstrategy" (RIS – Retail Investment Strategy) erfolgen." Dies ist der am 24. Mai 2023 vorgelegte Gesetzentwurf der Europäischen Kommission für eine Kleinanlegerstrategie. Sie sieht viele Änderungen der bisher gültigen Regularien vor und wird die Geschäftstätigkeit der Investmentbranche stark beeinflussen. "Grundsätzlich gehen wir heute davon aus, unser Angebot, extrem einfach und zu maximal günstigen Konditionen an der Börse teilhaben zu können, weiterhin möglich sein wird", sagt er.

ETF-Handelsplätze im Vergleich

Wer einen ETF kaufen oder verkaufen möchte, kann auf der Internetseite von justETF eine gute Übersicht über alle Handelsplätze und Regionalbörsen aufrufen. Außerdem haben die ETF-Spezialisten einen übersichtlichen Kostenvergleich erstellt: Wer mit Neobrokern über elektronische Handelsplattformen der Regionalbörsen kauft oder verkauft, kann ordentlich Geld sparen.

© justETF.com