Umbau Bestandsgebäude: Gewerbebau-Nutzungsszenarien müssen neu gedacht werden

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Gewerbebau, Nachhaltigkeit und Zukunftsperspektiven im Handwerk

Deutschland ist zwar schon gebaut – aber noch nicht umgebaut: Leerstehenden Bestandsgebäude, die ehemalige Lebenskonzepte bedienten, neues Leben zu schenken, damit beschäftigen sich Gewerke am Bau, von Architekten bis hin zu den Handwerksbetrieben im Bau und Ausbau.

Leerstehende Bestandsgebäude, die ehemalige Lebenskonzepte bedienten, neues Leben zu schenken, damit beschäftigen sich Gewerke am Bau, von Architekten bis hin zu den Handwerksbetrieben im Bau und Ausbau.
Umbauen statt neu bauen: Das ist die Devise nachhaltiger Gebäudekonzepte. - © Fotomanufaktur JL - stock.adobe.com

In Fußgängerzonen geben Warenhäuser von Galeria bis Karstadt den deutschen Innenstädten seit jeher ein Gesicht. Doch in den vergangenen Jahren blieben die Besucher der Konsumtempel immer häufiger aus, viele mussten schließen. Wie auch in Braunschweig: In der niedersächsischen Stadt machen sich die Gewerke rund um den Bau daher Gedanken, wie sich die leerstehenden Kaufhäuser nutzen lassen. „Die konservative Baubranche wird zur Start-up-Branche“, sagt Lars Debbert, Managing Partner bei den Hamburger Architekten Nest One.

Debbert stellte dazu ein mögliches Umnutzungsszenario auf der Plattform Builtworld vor. Das Konzept orientiert sich dabei eng am heutigen Lebensalltag, der sich drastisch verändert hat.

Veränderte Lebensumstände brauchen neue Gebäudestrukturen

Für die Umnutzung der Bestandsgebäude stellt Debbert folgende Thesen auf und leitet daraus Vorschläge ab:

  • Die Trennung zwischen Wohnen und Arbeiten löst sich auf: Nicht nur der Handel ist im Umbruch, auch die gesamten Lebensumstände haben sich gewandelt. Zwischen dem Wohn- und Arbeitsort beinahe täglich zu pendeln, ist spätestens seit der Corona-Pandemie nicht länger sinnvoll.

  • Fließende Miet- und Nutzungsszenarien: Außerhalb wohnen, in der Stadt arbeiten: Solche starre Monostrukturen, die auf den Bedürfnissen des vergangenen Jahrhunderts aufbauen, müssen auf die Realität von heute zugeschnitten werden – so wünscht es sich Lars Debbert. „Die alte Welt war für Immobilienfonds schön.“ Da gab es einen Langzeitmieter, der regelmäßig gleichbleibenden Einnahmen beschert hat. Künftig dagegen sollen sich – so die Vorstellung von Lars Debbert – in einem Gebäudekomplex verschiedene Nutzungsszenarien abwechseln: Vormittags könnten in einem bestuhlten Raum Kurse abgehalten, abends Konzerte gegeben werden. Solche „Multi-use-Konzepte“ werden sich künftig stärker durchsetzen.

  • Vernetztes Leben erfordert vernetzte Gebäudenutzung: Zusammenleben und -arbeiten in vernetzten Strukturen setzt sich immer weiter durch. „Die Digitalisierung umwebt die ganze Gesellschaft – und sie wird auch Städte verändern“, sagt Debbert. „Die gesamte Welt wird hybrider und netzwerkorientierter.“ Nicht mehr genutzte Kaufhäuser können daher auch als Räume für Co-Working ein neues Leben erhalten.

  • Gebäudekonzept der Moderne: Um die Bürger einer Stadt zur Teilhabe an den öffentlichen Räumen einzuladen, müssen sich auch die Gebäudestrukturen an sich ändern. Debbert sieht vor, die Räumlichkeiten am Beispiel der Kaufhäuser „von innen nach außen zu öffnen“. Das Gebäudeinnere soll dabei über verglaste Wände mit der Außenwelt verzahnt werden. Zusätzliche Grünflächen schaffen weitere Übergänge.

Fazit:

Für die Umnutzung spricht, dass es viel nachhaltiger ist, Bestandsgebäude neu zu denken anstatt sie abzureißen und neu zu bauen. Zudem, so stellte es auch Debbert in Aussicht, wird sich der Lebensstil der Bevölkerung weiter ändern: Weil Wohnen und Arbeiten immer näher zusammen rücken, werden Multi-use-Konzepte als die neue Gebäudestruktur die Innenstädte der Zukunft prägen.