Kolumne "Professioneller Bauablauf" von Andreas Scheibe, 8. Folge VOB: Erfolgreich die Schlussrechnung durchsetzen

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Auftragsabwicklung, Baurecht, Forderungsmanagement, Professioneller Bauablauf – Kolumne von Andreas Scheibe und Vergaberecht

Am Jahresende wollen Unternehmer gern noch Projekte abschließen und abrechnen. Aber wenn der Auftraggeber nach Einreichung der Schlussrechnung so gar kein Lebenszeichen mehr von sich gibt, fühlt sich der Handwerker schnell mal machtlos. Welche Möglichkeiten bleiben ihm also, um ein bisschen Bewegung in den Bezahlvorgang zu bringen? Kolumnist Andreas Scheibe hätte da einen Vorschlag.

Handwerker mit Schlussrechnung
Wenn es schließlich um die Zahlung eines Projekts geht, läuft es häufig nicht ganz unproblematisch ab. Kolumnist Andreas Scheibe erklärt, wie Sie Ihre Schlussrechnung dennoch erfolgreich durchsetzen. - © Dan Race – stock.adobe.com

„Weihnachtszeit, gemütliche Zeit. Jetzt braucht man echt keinen Stress mehr zu machen, oder? Früher oder später sind ja doch alle im Urlaub. Und zwischen den Jahren passiert ohnehin nichts mehr!“ So in etwa heißt es in diesen Tagen oft. Ja klar, wenn man aufhört zu arbeiten, passiert auch nichts mehr. Bei Handwerkern sieht das meist allerdings etwas anders aus. Die wollen das Jahr möglichst mit guten Zahlen abschließen, nämlich mit schwarzen Zahlen. Sie wollen reflektieren können, was gut und was schlecht lief. Zumindest trifft das auf die Handwerker zu mit denen ich zusammenarbeite. Bei denen ist Dampf im Kessel und zwar bis zum letzten Tag vor den Feiertagen. Sie wollen Ihre Nachträge durchbekommen, noch Antworten auf offene Fragen erhalten, Ergebnisse sehen und nicht einfach alles stehen und liegen lassen, um dafür Glühwein zu schlürfen und Kekse zu "dudeliger" Weihnachtsmusik zu knabbern.

Letzteres passiert allerdings gern mal in den Bauämtern der Republik. Selbst im Laufe des Jahres gestaltet es sich als schwer, schnelle Antworten und Ergebnisse von öffentlichen Auftraggebern zu erhalten, aber am Jahresende drehen sich die Rädchen im öffentlichen Apparat gleich doppelt so mühsam – bis hin zum kompletten Stillstand!

Auftragnehmer geht in Vorleistung und hat Liquiditätsnachteil

Offen gestanden macht mich das immer ein wenig rasend! Handwerker sind Unternehmer, die eigenverantwortlich für sich, ihre Firma und damit auch für andere Menschen agieren. Bis zur letzten Rechnung geht der Auftragnehmer immer in Vorleistung und hat damit – als ausführendes Unternehmen – stets einen Liquiditätsnachteil. Je schneller und besser man also vorankommt, desto größer ist idealerweise auch der Kontostand und das ist wiederum positiv für den inneren Seelenfrieden. Denn ein abgeschlossenes Projekt istnicht nur aus dem Weg, sondern auch aus dem Kopf. Und im besten Fall wurde die Schlussrechnung auch in voller Höhe und ohne Diskussion zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber noch pünktlich vor Jahresende gezahlt.

Aber wie oft sehe ich das Gegenteil? Die Schlussrechnung liegt wochenlang auf irgendeinem Schreibtisch zur Prüfung. Währenddessen der Handwerker wartet und wartet und wartet! Die Mentalität hier lautet meist „Ach ist ja jetzt Weihnachten, da passiert eh nichts mehr“, was die extrem langsam mahlenden Mühlen der Ämter einmal mehr verstärkt.

Es läuft (fast) immer gleich ab

Beim Durchfechten der Schlussrechnung ist dann immer dasselbe zu tun: Nachdem der Auftraggeber die Schlussrechnung erhalten hat, laufen 30 Tage nach VOB (außer es wurde vertraglich etwas anderes vereinbart). Ist nach Ablauf dieses Zeitrahmens nichts passiert, folgt ein Schreiben mit der Zahlungsaufforderung und einer Nachfrist von 5 Tagen. Ist auch diese abgelaufen, ist der Arbeitgeber offiziell in Zahlungsverzug. Wenn bis zu diesem Zeitpunkt noch immer kein Geld geflossen ist, empfehle ich einen klassischen Mahnbescheid zu schicken. Und wenn auch das vollkommen ergebnislos bleibt, dann kommt der Rechtsanwalt mit einer letzten Zahlungsaufforderung ins Spiel. Wenn aber selbst das nichts gebracht hat, dann bleibt nur noch die Klage.

Und da kann ich sagen, sieht es im Grunde ganz gut aus für den Handwerker, wenn natürlich auch die Bedingungen stimmen. Der Auftraggeber muss binnen der ersten 30 Tage Einspruch erheben, genau wie auch in den 5 Tagen Nachfrist. Außerdem muss er begründen, warum der Mahnbescheid abzuwenden ist. Wenn er sich aber immer schön ausgeschwiegen hat, dann spielt das nur in eure Karten und mit der Klage schaut es gut aus.

Wenn das Problem woanders liegt

Was allerdings ziemlich ungünstig wäre, ist, wenn alle Rechnungen an den Planer geschickt wurden. Weil dann ergibt sich natürlich der Grund, warum der Auftraggeber bisher nicht gezahlt hat. Er hat die Rechnungen vom Planer gar nicht erhalten! Wenn man also so gar nichts von Auftraggeber hört, lautet mein Rat entsprechend, auch mal den Hörer in die Hand zu nehmen und nachzuhorchen, ob die Rechnung überhaupt vorliegend ist. Sehr oft liegt das Schreiben tatsächlich auf irgendeinem Schreibtisch und "gammelt" buchstäblich vor sich hin – und dann? Dann kommt die Weihnachtszeit mit reichlich Gemütlichkeit, viel Glühwein und jeder Menge leckerer Kekse.

Wer an sein Geld kommen möchte, sollte Klarheit schaffen und nachfragen, was mit der Rechnung ist, wo sie liegt und welche Probleme es gibt. Vielleicht benötigt die andere Partei ja noch ein, zwei wichtige Angaben, bei der man behilflich sein kann. Natürlich nicht nur zu Weihnachten, das ganze Jahr über, versteht sich! Denn so sieht es der gemeinsame Werkerfolg doch vor. Man will gemeinsam ans Ziel kommen und bei Unklarheiten die Maschinerie gegebenenfalls ölen – bis dann schlussendlich das Geld – wie geschmiert – auf dem Konto landet!

Über Autor Andreas Scheibe:
Andreas Scheibe
© Continu-ING GmbH

Andreas Scheibe hat selbst als Planer und Projektleiter in großen Firmen gearbeitet, später den väterlichen Handwerksbetrieb übernommen und umgekrempelt. Seine Erfahrung bezahlte er laut eigener Aussage mit viel „Schweiß und Blut“, aber auch viel Geld. Es entstand die Idee zum „professionellen Bauablauf“!

Mit der Continu-ING GmbH (lücken-im-lv.de ) verfolgt er heute als Coach und Mentor eine Mission: Das Handwerk muss wieder für seine Leistung anerkannt und entsprechend vergütet werden. Schluss mit dem „Sozialhandwerker“, der sich nicht zu wehren weiß und auf Kosten sitzen bleibt. Vom Handwerker als Getriebener zum aktiven Projekttreiber. Wichtige Fragen sollen endlich geklärt werden: Was sind meine Rechte, was meine Pflichten? Wie sieht es mit den Pflichten anderer aus? Was kann und muss ich fordern, um störungsfrei arbeiten zu können? Wie gelingt der Sprung vom letzten, missachteten Glied im Bauablauf zu einer Position auf Augenhöhe mit Fachplaner und Auftraggeber? Andreas Scheibe möchte neue Sichtfelder für Handwerker eröffnen.

"Stark im Handwerk – das Buch für Handwerker im VOB-Projektgeschäft"

Im August 2021 ist das erste Buch "Stark im Handwerk" von Andreas Scheibe erschienen. Darin beweist der Experte, dass die in der VOB viel Potenzial und auch viel Geld für Handwerker steckt. Aus der Praxis weiß handwerk-magazin-Kolumnist Scheibe, dass das Bild, welches Auftraggeber, Architekten und Planungsbüros oft vom Handwerker haben, meist kein ruhmreiches ist. Zwar sind die ausführenden Firmen nach deutschen Standards sehr gut ausgebildet und wissen technisch bestens Bescheid, doch von einer Sache hat man Ihnen nichts erzählt: Welche Rechte sie haben! Und auch nicht, dass sie eigentlich und zuallererst auf Augenhöhe mit Auftraggeber und Fachplaner stehen. "Der Handwerker ist zwar der letzte in der Reihenfolge bezogen auf den Bauablauf, aber der letzte Depp ist er noch lange nicht", erklärt Andreas Scheibe.

In diesem Zusammenhang kommt der Autor in seinem Buch sowohl auf die Rechte und Pflichten eines Handwerkers als auch auf die Rechte und Pflichten der anderen Projektbeteiligten zu sprechen. Denn genau diese sind im Detail in der VOB geregelt. Die Formulierungen klingen jedoch oft kompliziert und die Anwendung ist daher auch sehr unbeliebt – zu Unrecht, wie der Autor findet. Das Buch von Andreas Scheibe weckt nicht nur Interesse für das Projektgeschäft, sondern auch für das Durchsetzen von Rechten und Einfordern von Pflichten, sowie den spielerischen Umgang mit Paragrafen. Das Ziel: Handwerk muss wieder Spaß machen, gerecht bezahlt werden und zu alter Stärke zurückfinden.

stark-im-handwerk.de

Neues Buch: "Der professionelle Bauablauf – Das Schritt-für-Schritt System um deine Liquidität nachhaltig zu sichern"

Im August 2023 erschien das bereits dritte Buch von Andreas Scheibe „Der professionelle Bauablauf“. In diesem Buch sind viele Jahre Erfahrung in der Durchführung und auch Beratung von hunderten Handwerksunternehmen eingeflossen. Daraus entstanden ist ein praxiserprobtes und sofort umsetzbares Schritt-für-Schritt System welches mehr Klarheit und Sicherheit im Bauablauf für Handwerker verspricht. In diesem Buch geht es um notwendige Fähigkeiten um standardisierte Ablaufpläne zu erstellen, hochprofitable Nachträge durchzusetzen und berechtigte Forderungen darzulegen, zu begründen und zu verhandeln.

In seinem Buch geht Andreas Scheibe auch auf die 47 häufigsten und teuersten Fehler in VOB-Projekten ein, und wie sich diese verhindern lassen. Am Ende geht es darum, einen standardisierten Schriftverkehr einzuführen und Projekte strukturiert und profitabel abzuwickeln. Und das nach den Spielregeln der VOB.

der-professionelle-bauablauf .de