Kolumne "Professioneller Bauablauf" von Andreas Scheibe, 7. Folge VOB: Was tun, wenn das Planungsbüro planlos ist?

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Auftragsabwicklung, Baurecht, Professioneller Bauablauf – Kolumne von Andreas Scheibe und Vergaberecht

Häufig kommt es während einer Bauphase zum Kompetenzgerangel. Da wird der professionelle Bauablauf schnell zum unprofessionellen Bauablauf. Es wird sich gegenseitig für inkompetent erklärt, obwohl im Grunde alle Parteien ahnungslos sind. So ein Prozedere erinnert Kolumnist Andreas Scheibe häufig eher an ein Laientheater denn ein seriöses Bauprojekt. Auf einen „Schauspieler" im Planungsbüro trifft er dabei besonders oft: Mister Planlos.

Handwerker am Telefon, der ratlos scheint
Eine Baustelle mit Mister Planlos am Werk, kann schnell im Desaster, schlimmstenfalls sogar vor Gericht enden. Kolumnist Andreas Scheibe stellt die verschiedenen Planungstypen in Folge 7 von "Professioneller Bauablauf" einmal genauer vor. - © Auremar – stock.adobe.com

Chaos entsteht, wenn einer, der eigentlich einen Plan haben müsste, permanent nur Mist baut. Alle anderen verlassen sich derweil auf diese Person. Aber dieser eine, der eigentlich einen Plan haben müsste, hat ihn eben am Ende doch nicht, den Plan. Denn der vermeintliche Plan besteht lediglich aus ein paar oberflächlichen Grundrissen und einem miserablen Leistungsverzeichnis. Frei nach dem Motto: „Den Rest können sich die Handwerker vor Ort selbst aussuchen.“ Ha! Genau an dieser Stelle musste ich neulich lachen, als mir jemand berichtete, dass er exakt diesen Satz von einem Planer am Telefon erklärt bekam.

Loser Handlungsspielraum

Im Theater sind ein derartiger Handlungsspielraum und künstlerische Freiheit sicherlich förderlich. Wenn wir allerdings Gebäude von mehreren Millionen Euro Steuergeldern bauen, dann ist ein loser Handlungsspielraum eine eher ungünstige Idee. Schließlich läuft eine Sache nur reibungslos, wenn sich alle an den Plan halten, der hoffentlich ein guter Plan ist! Aber genau das ist er eben oft nicht, sondern eher schlecht oder gar nicht erst vorhanden.

Die verschiedenen Typen der Planung

Allerdings muss ich auch eine Lanze brechen, denn es gibt hierzulande auch richtig gute Planungsbüros. Diese sind kompetent, motiviert, haben genügend Leute und davon auch noch die Richtigen! Planungsbüros wie diese haben die Möglichkeit auf allen Ebenen eine exzellente Planung aufzustellen und das ohne peinliche Korrekturschleifen und ohne oder zumindest nur selten mit Zeitdruck. Es gibt aber auch Planungsbüros, die nicht ganz so gut aufgestellt sind, vor allem aus personeller Sicht nicht. Da kann es dann auch mal zeitlich knapp werden für die eigentliche Arbeit, vor allem aber auch für Weiterbildungen und -entwicklungen. Nur ist es eben so, dass es Weiterbildungbraucht, denn Technik und Standards entwickeln sich ja auch weiter. Wer da stehen bleibt, wird einfach überholt. Eine andere Wahrheit gibt es hier nicht! Fakt ist, dass diese zweite Art der Planung es dennoch einigermaßen schafft den gesamten Arbeitsumfang zu stemmen.

Ohne Plan kein (gutes) Projekt

Mister Planlos hingegen ist dieser spezielle Planungstyp, den vermutlich auch schon die meisten Handwerker kennengelernt haben. Hier läuft nix so richtig rund, die Qualität der Planung ist mangelhaft, das Team klein und überfordert und an Weiterbildungen ist gar nicht erst zu denken.Als Sahnehäubchen obendrauf ist Mister Planlos auch nicht sonderlich kooperativ, eher schnippisch, schnell beleidigt und oft auch latent aggressiv. Ja, da macht das Arbeiten im Projektteam gleich doppelt Spaß – wohl kaum!

Ein schlechtes Ergebnis kann sogar vor Gericht enden

Wir halten fest, die Grundlage einer guten Projektarbeit ist mit Mister Planlos an Bord eher schlecht und nur wenig professionell. Eine sachliche, konstruktive Kommunikation sucht man hier oft vergeblich. Es schwingt einfach von Anfang an ein eher mieser Grundton mit. Und irgendwann gibt es dann auch immer meine ganz persönliche Lieblingsfloskel zu hören: „Das haben wir schon immer so gemacht!“. Und selbst wenn dem so ist und Mister oder Miss Planlos tatsächlich mehrfach neue Unterlagen geschickt hat, ist es immer noch möglich, dass darin keinerlei brauchbare Informationen stehen. Jetzt gibt es die Handwerker, die sich bei derart unterirdischen Planunterlagen nichts weiter denken und sich einfach frohen Mutes an ihre Arbeit machen. Was dann allerdings häufig passiert, ist, dass das Werk am Ende nur wenig zufriedenstellend ausfällt. Und womöglich geht die ganze Sache dann sogar noch vor Gericht. Hierfür wird ein Sachverständiger eingeschaltet, der den nichtsahnenden Handwerker folgendes fragt: „Warum haben Sie denn nichts gesagt? Haben Sie eine Bedenkenanzeige gegen die vorgesehene Art der Ausführung (VOB Teil B §4 Abs.3) gestellt?“ Und schon schaut der Handwerker dumm aus der Wäsche, verliert Ansprüche und schlussendlich auch die Nerven.

Wenn bei einem Handwerker Projekte regelmäßig so ablaufen, wird er seinen Job bald nicht mehr lieben. Aber wir – als die schlauen Handwerker der Branche – wollen natürlich nicht so enden. Bedenken- und Behinderungsanzeigen gehören zu unseren gängigen Werkzeugen und der Umgang mit Mister und Miss Planlos sollte ein Klacks sein. Oder wie sieht es da bei Euch aus?

Über Autor Andreas Scheibe:
© Continu-ING GmbH - © Continu-ING GmbH

Andreas Scheibe hat selbst als Planer und Projektleiter in großen Firmen gearbeitet, später den väterlichen Handwerksbetrieb übernommen und umgekrempelt. Seine Erfahrung bezahlte er laut eigener Aussage mit viel „Schweiß und Blut“, aber auch viel Geld. Es entstand die Idee zum „professionellen Bauablauf“!

Mit der Continu-ING GmbH (lücken-im-lv.de ) verfolgt er heute als Coach und Mentor eine Mission: Das Handwerk muss wieder für seine Leistung anerkannt und entsprechend vergütet werden. Schluss mit dem „Sozialhandwerker“, der sich nicht zu wehren weiß und auf Kosten sitzen bleibt. Vom Handwerker als Getriebener zum aktiven Projekttreiber. Wichtige Fragen sollen endlich geklärt werden: Was sind meine Rechte, was meine Pflichten? Wie sieht es mit den Pflichten anderer aus? Was kann und muss ich fordern, um störungsfrei arbeiten zu können? Wie gelingt der Sprung vom letzten, missachteten Glied im Bauablauf zu einer Position auf Augenhöhe mit Fachplaner und Auftraggeber? Andreas Scheibe möchte neue Sichtfelder für Handwerker eröffnen.

"Stark im Handwerk – das Buch für Handwerker im VOB-Projektgeschäft"

Im August 2021 ist das erste Buch "Stark im Handwerk" von Andreas Scheibe erschienen. Darin beweist der Experte, dass die in der VOB viel Potenzial und auch viel Geld für Handwerker steckt. Aus der Praxis weiß handwerk-magazin-Kolumnist Scheibe, dass das Bild, welches Auftraggeber, Architekten und Planungsbüros oft vom Handwerker haben, meist kein ruhmreiches ist. Zwar sind die ausführenden Firmen nach deutschen Standards sehr gut ausgebildet und wissen technisch bestens Bescheid, doch von einer Sache hat man Ihnen nichts erzählt: Welche Rechte sie haben! Und auch nicht, dass sie eigentlich und zuallererst auf Augenhöhe mit Auftraggeber und Fachplaner stehen. "Der Handwerker ist zwar der letzte in der Reihenfolge bezogen auf den Bauablauf, aber der letzte Depp ist er noch lange nicht", erklärt Andreas Scheibe.

In diesem Zusammenhang kommt der Autor in seinem Buch sowohl auf die Rechte und Pflichten eines Handwerkers als auch auf die Rechte und Pflichten der anderen Projektbeteiligten zu sprechen. Denn genau diese sind im Detail in der VOB geregelt. Die Formulierungen klingen jedoch oft kompliziert und die Anwendung ist daher auch sehr unbeliebt – zu Unrecht, wie der Autor findet. Das Buch von Andreas Scheibe weckt nicht nur Interesse für das Projektgeschäft, sondern auch für das Durchsetzen von Rechten und Einfordern von Pflichten, sowie den spielerischen Umgang mit Paragrafen. Das Ziel: Handwerk muss wieder Spaß machen, gerecht bezahlt werden und zu alter Stärke zurückfinden.

stark-im-handwerk.de

Neues Buch: "Der professionelle Bauablauf – Das Schritt-für-Schritt System um deine Liquidität nachhaltig zu sichern"

Im August 2023 erschien das bereits dritte Buch von Andreas Scheibe „Der professionelle Bauablauf“. In diesem Buch sind viele Jahre Erfahrung in der Durchführung und auch Beratung von hunderten Handwerksunternehmen eingeflossen. Daraus entstanden ist ein praxiserprobtes und sofort umsetzbares Schritt-für-Schritt System welches mehr Klarheit und Sicherheit im Bauablauf für Handwerker verspricht. In diesem Buch geht es um notwendige Fähigkeiten um standardisierte Ablaufpläne zu erstellen, hochprofitable Nachträge durchzusetzen und berechtigte Forderungen darzulegen, zu begründen und zu verhandeln.

In seinem Buch geht Andreas Scheibe auch auf die 47 häufigsten und teuersten Fehler in VOB-Projekten ein, und wie sich diese verhindern lassen. Am Ende geht es darum, einen standardisierten Schriftverkehr einzuführen und Projekte strukturiert und profitabel abzuwickeln. Und das nach den Spielregeln der VOB.

der-professionelle-bauablauf .de