Arbeitsort nicht im Betrieb Keine erste Tätigkeitsstätte: Was Chefs und Mitarbeiter über steuerliche Auswirkungen wissen müssen

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Arbeitsrecht, Reisekosten und Steuerstrategien

Handwerker, die ihre Leistungen primär beim Kunden erbringen, müssen wissen, wie sie die Fahrten abhängig von der Tätigkeitsstätte steuerlich optimieren. Spannend ist ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofes, das den Begriff der Tätigkeitsstätte weiter konkretisiert.

Vor allem Mitarbeiter in Bau- und Baunebengewerbe arbeiten vorwiegend auswärts und sind keiner ersten Tätigkeitsstätte zuzuordnen. Steuerlich macht das einen Riesen-Unterschied und entlastet den Mitarbeiter.
Vor allem Mitarbeiter in Bau- und Baunebengewerbe arbeiten vorwiegend auswärts und sind keiner ersten Tätigkeitsstätte zuzuordnen. Steuerlich macht das einen Riesen-Unterschied und entlastet den Mitarbeiter. - © U. J. Alexander - stock.adobe.com

Es gibt diverse steuerliche Möglichkeiten für Mitarbeiter, die zwischen Filialen, Baustellen oder Kunden hin und her pendeln. Diese Situation trifft typischerweise für Unternehmen zu, die ihre Leistungen an ihren Standorten erbringen, wie Bäcker oder Metzger.

Ein anderes Geschäftsmodell verfolgen Handwerker, die ihre Leistungen primär beim Kunden erbringen, typischerweise im Bau- und Baunebengewerbe. Manche sind ausschließlich in einem Betrieb tätig, andere arbeiten an verschiedenen Standorten. Nicht selten erfolgt ein einziger wöchentlicher Standortbesuch, um Material abzuholen. Die Kommunikation mit dem Chef und die Dokumentation der Leistungen kann aufgrund der heutigen Ausstattung zunehmend ortsunabhängig erfolgen. Betroffene Handwerker sollten deshalb prüfen, ob womöglich keine erste Tätigkeitsstätte vorliegt, da damit steuerliche Vorteile für Betroffene verbunden sind. Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofes (Aktenzeichen VI R 27/21) präzisiert die Vorgaben.

Lohnsteuerlich entscheidend: Erste Tätigkeitsstätte oder Auswärtstätigkeit

Im lohnsteuerlichen Reisekostenrecht ist entscheidend, ob der Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte hat oder mangels einer solchen bei Verlassen der Wohnung von einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit ausgegangen wird. Letzteres hat für Betroffene steuerliche Vorteile:

  • die Versteuerung des geldwerten Vorteils für den Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte nach der 0,03%-Bruttolistenpreisregelung bei einer Firmenwagenbereitstellung entfällt,

  • den Ansatz der Entfernungspauschale oder von 0,30 Euro je gefahrenem Kilometer bei Benutzung eines eigenen Pkw des Arbeitnehmers und

  • den Ansatz der Verpflegungspauschale von aktuell 15 Euro täglich bei einer Auswärtstätigkeit mit mehr als acht Stunden Abwesenheit von der Wohnung.

Die erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Mitarbeiter dauerhaft zugeordnet ist. „Dauerhaft“ definiert das Urteil als über die Dauer des Arbeitsverhältnisses unbefristet oder mehr als 48 Monate (Paragraph 9 Absatz 4 S. 2 und 3 Einkommensteuergesetz EStG).

Keine Zuordnung zur ersten Tätigkeitsstätte: Wenn Leistungen überwiegend auswärts erbracht werden

Die Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte muss nicht explizit erfolgen. Es entspricht der Lebenswirklichkeit, dass der Arbeitnehmer der betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers zugeordnet ist. Die stillschweigende Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers ergibt sich nicht bereits daraus, dass der Arbeitnehmer diese Einrichtung gelegentlich zur Ausübung seiner Tätigkeit aufsuchen muss, im Übrigen aber seine Arbeitsleistung überwiegend außerhalb der festen Einrichtung erbringt.

Erteilt der Chef keine Anweisung zum Arbeitsort: Auswärtstätigkeit begründet

Der Streitfall betraf einen Bauleiter, der Grundsatz gilt aber grundsätzlich für Mitarbeiter im Außendienst. Nach Zeugenaussagen hatte der Bauleiter vom Arbeitgeber „keine Anweisungen zum Arbeitsort“ erhalten, lediglich zu seinem „Arbeitsgebiet“. Da keine eindeutige Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte vorlag und die zeitlichen Kriterien für das Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte nicht erfüllt waren (unbefristet, gesamte Dauer des Dienstverhältnisses oder ein Zeitraum von mehr als 48 Monaten, vergleiche Paragraph 9 Absatz 4 S. 4 Einkommensteuergesetz EStG), lag beim Bauleiter mit Verlassen der Wohnung eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit vor.

Somit entfiel die Versteuerung eines geldwerten Vorteils für den Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte nach der 0,03-Prozent-Bruttolistenpreisregelung aufgrund der Firmenwagenbereitstellung; weiterhin war die Verpflegungspauschale von 14 Euro täglich wegen der Auswärtstätigkeit mit mehr als acht Stunden Abwesenheit von der Wohnung als Werbungskosten steuerlich zu berücksichtigen.

Korrekte steuerliche Gestaltung: Bis zu 1.000 Euro mehr im Jahr

Werden bei 220 Arbeitstagen jeweils 15 Euro Verpflegungs-Mehraufwand angesetzt, sind dies insgesamt 3.300 Euro. Selbst wenn der Arbeitgeber diese Summe nicht auszahlt, vermindert sich die steuerliche Belastung eines Betroffenen um diese Summe. Bei einem Grenzsteuersatz von 30 Prozent verblieben jährlich fast 1.000 Euro netto beim Mitarbeiter.