Aufwendungen für Pendler Steuererklärung: Arbeitsweg optimal steuerlich geltend machen

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Handwerksunternehmer, die permanent zwischen Filialen, Baustellen oder Kunden hin und her pendeln, sollten die jeweiligen Fahrten steuerlich optimal geltend machen. Welche Strecken Unternehmer und Mitarbeiter in welcher Höhe absetzen können, lesen Sie hier.

Albrecht Sauter (links) und Sohn Sascha
Albrecht Sauter (links) und Sohn Sascha (rechts) aus Sulzberg, führen den Metzgereibetrieb gemeinsam. - © Björn Hänssler

Die Metzgerei Sauter mit Sitz im baden-württembergischen Sulzfeld hält die Arbeitswege ihrer Mitarbeiter möglichst kurz. Jeder einzelne Kollege ist einer der drei Filialen zugeordnet. „Wenn wir neue Fachkräfte brauchen, dann suchen wir sie gezielt für den jeweiligen Standort. Springer, die zwischen den Häusern hin und her pendeln, bekommt man ohnehin nicht mehr so einfach“, erklärt Metzgermeister Albrecht Sauter. Die 30 Mitarbeiter fahren in der Regel von zu Hause in ihre Filiale. „Wir achten sogar darauf, dass unsere Filialleiter aus dem Ort selbst kommen. Das ist nicht nur wichtig, damit die Anfahrt kurz ist. Das schafft Nähe zwischen den Mitarbeitern und den Kunden. Schließlich leben wir in dörflichen Strukturen“, erklärt Sauter. Im Prinzip geht es hier um persönliche Kontakte. Auch ein Grund, warum der Firmenchef selbst täglich die einzelnen Filialen besucht. „Von der Zentrale in Sulzfeld aus, geht es dann nach Zaberfeld, Kürnbach und Güglingen, was alles aber nur wenige Kilometer voneinander entfernt liegt“, so Sauter. Die Fahrten zwischen den einzelnen Filialen kann er als Betriebsausgaben geltend machen. Sauter beliefert auch andere Metzgereien mit ausgewählten Fleischwaren. Er überlegt sich daher vorher, wie er seine Routen aufbaut, um möglichst kurze Strecken zu fahren.

Bei vielen Handwerksunternehmen pendeln Chef oder die Mitarbeiter von zu Hause zum Betrieb und von dort aus zum jeweiligen Einsatzort. Abends kommen alle wieder zum Betrieb zurück und fahren von dort aus mit dem eigenen Wagen, mit Bus und Bahn oder einem Firmenfahrzeug nach Hause. Viele Handwerksunternehmen aber führen auch zwei und mehr Niederlassungen oder Filialen, in denen der Chef oder die Mitarbeiter wechselnd tätig werden. Je nach Konstellation lassen sich dann mehr oder weniger Aufwendungen steuerlich geltend machen. Und genau da gibt es Chancen: „Viele Chefs haben es nicht im Blick, dass sich je nach Fahrt durchaus Gestaltungsspielraum ergeben kann“, sagt Steuerberater Bernward Gregor Sprißler, Partner der Kanzlei Korte und Partner, Recklinghausen.

Wo die erste Tätigkeitsstätte liegt

Der Knackpunkt ist die Frage, wo sich die sogenannte „erste Tätigkeitsstätte“ für den Unternehmer oder auch den jeweiligen Mitarbeiter befindet. Hintergrund: Das Finanzamt akzeptiert für die tägliche Fahrt dorthin die Entfernungspauschale von derzeit 30 Cent pro Entfernungskilometer. Ab 2021 soll es ab dem 21. Kilometer 35 Cent geben – befristet bis 2026.

„In der Regel befindet sich die erste Tätigkeitsstätte in der Firma – also beispielsweise in der Werkstatt, am Stammsitz des Unternehmens oder dort, wo sich der Chef oder der Mitarbeiter häufig aufhalten“, erklärt Oliver Hubl , Steuerberater mit eigener Kanzlei in Alfter bei Bonn. Die erste Tätigkeitsstätte bestimmt sich in der Regel aus dem Arbeitsvertrag oder aus mündlichen Absprachen zwischen dem Unternehmer und dem Mitarbeiter – was dann anhand von Dokumenten wie Protokollnotizen, Verfügungen oder Reiserichtlinien gegenüber dem Finanzamt belegt werden kann. Der Fiskus akzeptiert in der Regel das, was der Firmenchef hier festlegt. Deshalb sollten Unternehmer Mitarbeiter möglichst im Arbeitsvertrag jener Filiale zuordnen, in der sie später meistens tätig sein werden.

Bei der Möbelschreinerei Unikat in Gusterath-Tal bei Trier kommen die 18 Mitarbeiter morgens in den Betrieb. „Je nachdem, einige fahren dann von hier aus mit unseren betrieblichen Werkstattwagen zum jeweiligen Kunden vor Ort“, erklärt Firmenchef Karl-Heinz Thesen. Die Möbelschreinerei unterhält zwar auch eine Niederlassung in Luxemburg. Allerdings gibt es hier keinen Austausch. „Die Luxemburger arbeiten getrennt von den Kollegen im Hunsrück. Deshalb pendelt niemand zwischen unseren Häusern hin und her“, so Thesen.

Einfache Strecke ansetzen

In solchen Fällen können Mitarbeiter in der Steuererklärung jeweils die einfache Strecke von ihrem Wohnort zur Werkstatt ansetzen. Andernfalls ergibt sich die erste Tätigkeitsstätte daraus, wo der Arbeitnehmer oder auch der Handwerkerchef normalerweise täglich seinem Job nachgeht oder wo man sich jede Woche mindestens zwei volle Tage aufhält. Alternativ mindestens ein Drittel seiner Arbeitszeit. Wichtig ist, dass die Zentrale nicht nur angesteuert wird, um zum Beispiel kurz Werkzeug zu holen.

Passen die Kriterien nicht, ist die der Wohnung näher gelegene Tätigkeitsstätte erste Betriebsstätte. Beispiel : Ein Firmenchef wohnt in A. Er betreibt eine Betriebsstätte – sein Stammhaus – in B und eine Geschäftsfiliale in C. An jedem Arbeitstag fährt er zuerst in die Werkstatt im Ort B, die Filiale in C steuert er nur einmal in der Woche an. Dann setzt er die Fahrten zur Betriebsstätte B mit der Entfernungspauschale an. Die Strecken in die Filiale C kann er steuerlich voll und ganz als Betriebsausgaben geltend machen. Im Prinzip kann auch die Firma eines Kunden oder eine Baustelle die erste Tätigkeitsstätte sein. So ist das im Schreiben des Bundesfinanzministeriums (IV A 2 – O – 2000 / 14 / 1001, IV C 6 – S-2145 / 10 /10005) festgelegt.

Jeden Kilometer ansetzen

„Chefs sollten im Kalender festhalten, an welchen Tagen sie von der Wohnung direkt in die erste Tätigkeitsstätte gefahren sind“, rät Hubl. Wer etwa erst zum Kunden oder in eine andere Filiale steuert, kann im besten Fall jeden Kilometer steuerlich geltend machen. Inwieweit ein geldwerter Vorteil zu versteuern ist, hängt davon ab, wie oft der Steuerpflichtige den Dienstwagen für Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte nutzt. Bei weniger als 15 Fahrten pro Monat, so der Bundesfinanzhof, sei der geldwerte Vorteil der einzelnen Fahrt mit 0,002 Prozent des Bruttolistenpreises plus Sonderausstattung pro Entfernungskilometer anzusetzen.

Kürzeste Strecke abrechnen

„Zur ersten Tätigkeitsstrecke rechnen Unternehmer und Mitarbeiter immer die kürzeste einfache Strecke als Werbungskosten ab“, so Sprißler. Bei einer Fünf-Tage-Woche erscheinen höchstens 220 Arbeitstage akzeptabel. Maximal erkennen die Fiskaldiener 4.500 Euro im Jahr als Fahrtkosten an, wenn der Weg nicht mit dem Auto – also zum Beispiel per pedes, per Fahrrad oder per Motorroller – zurückgelegt wird. Bei Fahrten mit Bus oder Bahn müssen höhere Aufwendungen nachgewiesen sein.

Mehrere Finanzgerichte (Thüringen, Az: 3 K 233/18; Niedersachsen Az: 3 K 15/18, Düsseldorf Az: 13 K 339/12 E) haben sich jüngst mit der Frage beschäftigt, ob es sich bei Taxifahrten ebenfalls um Strecken mit öffentlichen Verkehrsmitteln handelt. Thüringen und Niedersachsen bejahen das. Steuerzahler können im Zweifel auf diese beiden Urteile verweisen und alternativ zur Entfernungspauschale ihre Taxikosten geltend machen. Allerdings muss das Finanzamt die Kosten nicht anerkennen. Es kommt aber auch vor, dass Unternehmer für den Fiskus keine erste Tätigkeitsstätte haben. „Das kann zum Beispiel bei Unternehmern und Monteuren möglich sein, die ständig wechselnd beim Kunden vor Ort arbeiten“, erklärt Steuerberater Sprißler. Beispiel: Ein Handwerksunternehmer – ein selbstständiger Maler ohne Mitarbeiter – ist permanent nur beim Kunden vor Ort tätig. Die Fahrten zum Kunden sind dann voll absetzbar. Betrieblich genutzte Räume im Haus des Unternehmers können wegen der Nähe zum privaten Lebensbereich keine Betriebsstätte sein. In diesem Fall sind die Betreffenden für den Fiskus permanent auf Geschäftsreise. Sie dürfen viel mehr absetzen – im besten Fall die gesamte gefahrene Strecke mit 30 Cent pro Kilometer als Reisekosten, also Hin- und Rückfahrt. Dazu können sich Verpflegungspauschbeträge addieren. Besser noch: Wird ein Firmenwagen genutzt, bleiben die Fahrten von zu Hause zum Einsatzgebiet steuerfrei.

Arbeit in weiträumigem Gebiet

Besonderheiten gelten zum Beispiel für Hafenarbeiter – also etwa Bootsbauer. Sie arbeiten in einem weiträumigen Gebiet. Auch auf einem Flughafenrollfeld Tätige sind in einem Areal eingesetzt. Sie alle haben in der Regel keine erste Tätigkeitsstätte. Voraussetzung dafür wäre eine sogenannte ortsfeste betriebliche Einrichtung. Es muss sich quasi um ein gemauertes Haus handeln oder zumindest um einen Container mit vier Wänden. Das Bundesfinanzministerium legt fest, dass diese Arbeitnehmer nur die Entfernungspauschale für ihre Fahrten zum Job ansetzen dürfen. Sie können aber zeitlich unbegrenzt Mehraufwendungen für Verpflegung geltend machen, wenn sie mehr als acht Stunden unterwegs sind.

Im Zweifel hilft nur Klagen

Bei den Gerichten liegen immer wieder Fälle, bei denen die Zuordnung nicht eindeutig ausfällt. Das Finanzgericht Münster (Az: 1 K 447/16 E) beschäftigte sich mit einem Baustellenleiter, der bereits länger als vier Jahre auf derselben Baustelle engagiert war. Er machte die Dienstreisepauschalen geltend. Schließlich war nicht von Anfang an klar, dass er so lange zu dieser Baustelle würde fahren müssen. Seine Chefin erteilte ihm wiederholt befristete Aufträge auf der Baustelle jeweils längstens für 36 Monate. Eine erste Tätigkeitsstätte war in seinem Arbeitsvertrag nicht aufgeführt. Das Finanzgericht Münster stand ihm bei: Der Kläger kann Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen nach den Reisekostenvorschriften geltend machen. In diesen Fällen ist immer von einer ex-ante- Betrachtung auszugehen. Es geht darum, ob der Steuerzahler von vornherein wissen konnte, dass er mehr als 48 Monate eingesetzt sein wird (siehe auch BMF- Schreiben IV C 5 – S 2353/14/10002).

Firmenchef Albrecht Sauter lässt sich in diesen Fragen von seinem Steuerberater unterstützen, um rechtlich auf der sicheren Seite zu stehen. Seine Mitarbeiter widerum können Fahrten zur Arbeit mit der Entfernungspauschale in der eigenen Einkommensteuererklärung geltend machen.

Kilometer bis zur Arbeit: So lang sind die Strecken

81 Prozent der Berufspendler und -pendlerinnen legen nach der Statistik weniger als 25 Kilometer zurück.

5-10 km
Selbständige11,3 %
Mithelfende Familienangehörige6,0 %
ArbeitnehmerInnen20,8 %
10 bis unter 25 km
Selbständige4,4 %
Mithelfende Familienangehörige5,4 %
ArbeitnehmerInnen29,3 %
mehr als 25 km
Selbständige6,5 %
ArbeitnehmerInnen18,9 %
Gleiches Grundstück
Selbständige25,8 %
Mithelfende Familienangehörige50,0 %
ArbeitnehmerInnen1,4 %
Wechselnde Arbeitsstätte
Selbständige12,8 %
ArbeitnehmerInnen2,2 %

Quelle: destatis, 2020;

Überblick: Auswärts im Dienst oder mit festem Arbeitsort

Je nachdem, wo und wie Steuerzahler ihrer Arbeit nachgehen, können sie mehr oder weniger viel absetzen. Der Fiskus unterscheidet zwischen der einfachen Entfernungspauschale und den klassischen Reisekosten. Sehen Sie die Unterschiede:

Für Mitarbeiter & Chefs mit erster Tätigkeitsstätte
FahrtkostenEntfernungspauschale, einfache Strecke 30 Cent
Verpflegungspauschbeträgenicht anerkannt
Reisenebenkostennicht anerkannt
Wenn der Chef Zuschüsse gewährtabzuziehen von der Entfernungspauschale,
es sei denn der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer versteuert pauschal mit 15 Prozent
Fahrten mit dem Firmenwagen zur ArbeitMonatlich werden 0,03 Prozent des Listenpreises pro Entfernungskilometer steuerpflichtig
Für Mitarbeiter & Chefs ohne erste Tätigkeitsstätte
FahrtkostenDienstreisepauschale 30 Cent pro Kilometer
Verpflegungspauschbeträgein der Regel für drei Monate, ggf. unbegrenzt
Reisenebenkostenkomplett absetzbar per Beleg
Wenn der Chef Fahrtkosten erstattet:Erstattungen bleiben steuerfrei
Fahrten mit dem Firmenwagen zur arbeitKosten bleiben steuerfrei

Spezialfall: Arbeiten in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet

Bestimmte Berufsgruppen bewegen sich am Tag innerhalb eines großen Areals. Was für diese Gruppe wichtig ist:

  • in Arbeitnehmer ohne erste Tätigkeitsstätte ist außerhalb seiner Wohnung immer auswärts tätig – so legt es das „Ergänzte BMF-Schreiben zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts“ fest (IV C 5 – S 2353/14/1002).
  • Eine erste Tätigkeitsstätte kann nur eine von der Wohnung getrennte, ortsfeste Einrichtung sein. Baucontainer, die etwa auf einer Großbaustelle längerfristig fest mit dem Erdreich verbunden sind und in denen sich Baubüros, Aufenthaltsräume oder Sänitäreinrichtungen befinden, fallen auch unter die Kategorie einer ortsfesten Einrichtung.
  • Hafenarbeiter werden in einem sogenannten weiträumigen Tätigkeitsgebiet tätig. Beispiel: Ein Bootsbauer setzt für seine arbeitstäglichen Fahrten zum Hafengebiet die Entfernungspauschale an. Die Fahrten innerhalb des Areals kann er wie Reisekosten abrechnen. Für Tage, an denen er mehr als 8 Stunden unterwegs ist, erhält er die Verpflegungspauschale.