Branchencheck Optiker und Optometristen: Steigender Sehhilfen-Bedarf trifft auf Fachkräftemangel

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Weil die Gesellschaft altert und die Jungen stundenlang auf Bildschirme starren, steigt der Bedarf an Sehhilfen stetig. Ein Segen für die Branche, gäbe es denn genügend Fachkräfte.

Die ewige Bildschirmarbeit sowie das Alter setzen den Augen immer mehr zu, was den Absatz von Sehhilfen nach oben treibt. - © Henry Letham - stock.adobe.com

Fragt man Thomas Truckenbrod, Präsident beim Zentralverband für Augenoptiker und Optome­tristen in Düsseldorf, nach dem Unterschied zwischen den Berufsbildern, gerät er beim Erklären fast schon ein wenig ins Schwärmen. Schließlich geht es bei beiden darum, den Kunden wieder zu einem guten Durchblick und damit auch zu mehr Lebensqualität zu verhelfen.

Während der Optiker typische Sehschwächen korrigiert, können Optometristen durch zusätzliche Messungen auch Krankheiten aufspüren – und den Kunden dann zum Augenarzt überweisen. „Das Berufsbild ist sehr vielfältig, doch es gibt auch noch weitere Spezialisierungen, etwa im Bereich Sportbrillen“, erklärt der Inhaber von ­Augenoptik Truckenbrod in Leipzig.

Ausbildung: Azubis locken mit Flexibilität und digitalen Lehrinhalten

Trotz der attraktiven Jobbeschreibung leidet die Branche heftig unter dem Fachkräftemangel, längst nicht alle Ausbildungsplätze sind belegt. „Wir müssen uns verbessern und attraktivere Arbeitszeitmodelle sowie noch mehr digitale Lehrinhalte bieten, auch die Ausbildungsvergütungen könnten höher sein“, weiß Verbandschef Truckenbrod.

Erste Hausaufgaben hat die Branche bereits gemacht und etwa das Berichtsheft digitalisiert. Da die Anbieter sich trotz ihrer Struktur aus Großfilialisten, Online-Anbietern und Einzelunternehmen um einen geschlossenen Auftritt am Markt bemühen, ist Thomas Truckenbrod durchaus optimistisch für die Zukunft.

Branchentrends: die fünf wichtigsten Entwicklungen

  • Fachkräfte
    Angesichts leicht zurückgehender Ausbildungszahlen klagen die Betriebe wie viele der Handwerkskollegen über fehlende Fachkräfte. Dabei ist die Nachfrage nach Gesellen tendenziell größer als die nach Meistern.
  • Betriebsstruktur
    Die Konsolidierung des Marktes schreitet voran und die Zahl der augenoptischen Betriebsstätten nimmt weiter ab. Dabei geht die Branche von einer weiteren Zunahme der umsatzstarken Filialisten sowie einem gleichzeitigen Rückgang bei den inhaber­geführten Einzelbetrieben aus.
  • Kundenpotenzial
    Bedingt durch den demografischen Wandel und eine veränderte Arbeitswelt nimmt der Bedarf an Sehhilfen und anspruchsvollen optometrischen Dienstleistungen weiter zu. Durch Spezialisierung und Fortbildung können vor allem Einzelbetriebe einen USP schaffen und sich erfolgreich am Markt behaupten.
  • Absatzkanäle
    Trotz zahlreicher Anbieter hat der reine Onlineverkauf von Korrekturbrillen nur einen Marktanteil von zwei Prozent. Multichannel-Angebote, bei denen das Fachgeschäft vor Ort die Anpassung übernimmt, kommen auf neun Prozent. Das wird nach Aussage von Verbandschef Thomas Truckenbrod auch so bleiben, da sich die komplexe Anpassung der Korrekturbrille an den Träger nicht vollständig durch Algorithmen abbilden lässt.
  • Digitalisierung
    Vor allem bei der Optimierung der Liefer- und Fertigungsprozesse haben digitale Tools die Branche erheblich verändert. Gleichwohl sind weitere digitale Werkzeuge und Lösungen notwendig, um die vorhandenen Fachkräfte noch effizienter einsetzen zu können.

Branchendaten und Prognosen

Da Augenoptiker und Optometristen von der Politik als systemrelevant eingestuft wurden, ist die Branche mit einer kleinen Coronadelle bei den Umsätzen vergleichsweise gut durch die Lockdown-Phasen gekommen. Der positive Trend bei den Umsätzen wird vor allem vom Fachkräfte- und Auszubildendenmangel eingebremst.

Umsatz
JahrUmsatz in Mrd Euro
20196.497
20206.017
20216.558

Prognose 2023:
Obwohl die allgemeine wirtschaftliche Situation die Entwicklung beeinflusst, hat die Branche einen Vorteil: Sehhilfen werden in der Regel dann gekauft, wenn sie benötigt werden. Insofern hofft die Branche, sich auch 2023 wieder etwas abgekoppelt von der wirtschaftlichen Lage entwickeln zu können.

Beschäftigte
JahrBeschäftigte gesamt
201948.400
202048.100
202148.100

Prognose 2023:
Der Fachkräftemangel schlägt auch bei den Augenoptikern zu, viele Betriebe suchen dringend vor allem nach qualifizierten Gesellen. Da diese schwer zu finden sind, geht die Branche davon aus, dass die Zahl der Beschäftigten in etwa auf dem Niveau der Vorjahre bleibt und eventuell auch noch geringfügig steigt.

Anzahl der Betriebe
JahrAnzahl der Betriebe
201911.550
202011.370
202111.280

Prognose 2023:
Wie in vielen Branchen mit Handelsanteil nimmt die Zahl der Betriebsstätten in der Augenoptik weiter ab, wobei der Anteil der umsatzstärksten Unternehmen bei den Betriebsstätten steigt (siehe Grafik nächste Seite). Generell gibt es bei Umsatz und Mitarbeiterzahl einen Trend zu größeren Betriebsstätten.

Auszubildende
JahrAnzahl der Auszubildenden
20197.645
20207.654
20217.444

Prognose 2023:
Die Ausbildungsbetriebe würden – wie in den vergangenen Jahren auch – gerne mehr Azubis einstellen. Gäbe es genug qualifizierte Bewerber, hätten laut Branchenverband circa 20 Prozent mehr Ausbildungs­verträge geschlossen werden können. Aufgrund des Bewerbermangels wird dieser Trend anhalten.

Marktübersicht: Die zehn umsatzstärksten Unternehmen

Laut Branchenbericht des Zentralverbands Augenoptik besitzen die zehn umsatzstärksten Unternehmen der Branche knapp 22 Prozent aller augenoptischen Betriebsstätten. Der von diesen Unternehmen erzielte Umsatz macht 49,8 Prozent des gesamten Branchenumsatzes von 5,511 Mrd. Euro aus.

Die Zehn Umsatzstärksten Unternehmen
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