VR, AR, KI und 3D-Druck Metaverse: Konkrete Anwendungsbeispiele im Handwerk

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3D-Drucker, Digitalisierung, IT-Trends, Künstliche Intelligenz (KI, AI) und Zukunftsperspektiven im Handwerk

Die virtuellen Welten im Metaverse und das zupackende Handwerk – auf den ersten Blick scheinen diese beiden Welten kaum Gemeinsamkeiten zu haben. Und doch: Die neuesten technologischen Entwicklungen haben das Potenzial hat, traditionelle Handwerksberufe und die Branche insgesamt grundlegend zu verändern.

Virtuelle Abbildung von 3D-Produkten, Möbeln oder Räumen können kombiniert mit Mixed-Reality-Technologien Planungsfehler minimieren und gleichzeitig die Effizienz steigern. - © Demodern

Um die Bedeutung des Metaverse fürs Handwerk zu bewerten, findet es Kristian Kerkhoff, Co-Gründer und Geschäftsführern von Demodern, wichtig, zuallererst mit dem verbreiteten Vorurteil aufzuräumen, dass das Metaverse lediglich ein Konzept für Science-Fiction-Romane und Technik-Enthusiasten ist. „In Wirklichkeit repräsentiert der Begriff eine Vision, in der die Technologie zur Darstellung virtueller Räume und Objekte genauso alltäglich und selbstverständlich wird wie digitale Bildschirme heutzutage – die findet man nämlich nicht nur in jedem Büro, sondern auch in Regionalbahnen, auf Kühlschränken, Uhren oder auf dem Smartphone in der Hosentasche“, so Kerkhoff.

Für handwerk magazin zeigt er Wege auf, wie die virtuellen Welten morgen genauso wichtig werden wie digitale Displays es heute schon sind. Folgende Anwendungsbeispiele zeigen, welches Potenzial in der Technologie steckt und in welchen Bereichen wir damit rechnen können, dass sie zu einem ständigen Begleiter des Handwerks wird:

3D-Druck: Ersatzteile aus dem Cyberspace

Eine der bemerkenswertesten Innovationen ist die Möglichkeit, Ersatzteile einfach zu virtualisieren und mit einem 3D-Drucker nachzubilden. Diese Technik ermöglicht eine schnelle und kostengünstige Produktion von Teilen, die sonst schwer zu beschaffen wären. Besonders in Zeiten von Lieferengpässen oder für spezielle, nicht mehr hergestellte Komponenten ist dies ein unschätzbarer Vorteil. Der dreidimensionale Druck funktioniert sogar mobil. Dazu nutzt man einen Hand-Scanner und erfasst das jeweilige Bauteil zunächst aus allen möglichen Winkeln. Der gescannte Zwilling wird dann nur noch mittels Software in eine 3D-Form umgewandelt und diese Datei sendet man, wie auch herkömmlich, an einen Drucker. So erhält man nach wenigen Minuten eine exakte Kopie eines Bauteils.

Das funktioniert übrigens nicht nur für 3-D-Drucker: Auch CNC (Computerized Numerical Control)-Maschinen – also Werkzeugmaschinen, die durch den Einsatz von Steuerungstechnik in der Lage sind, Werkstücke mit hoher Präzision auch für komplexe Formen automatisch herzustellen – können die damit generierten Daten verarbeiten.

Mixed Reality und Künstliche Intelligenz (KI) in der Planung

Diese Technologie muss sich allerdings nicht auf kleine Bauteile begrenzen. Man kann ganze Geräte, Möbelstücke oder Räume virtuell aufzeichnen und diese dann zur weiteren Planung oder zum Nachbau nutzen. Kombiniert man diese Technologie mit Künstlicher Intelligenz (KI), können auch Räume eingescannt werden, in denen Möbel stehen, ohne dass diese extra entfernt werden müssen. Mit dem virtuell kopierten Raum können dann Planungen visualisiert und mittels Mixed-Reality-Technologie – dem Einblenden virtueller Inhalte in der Realität – den Kunden und Auftraggebern gezeigt werden, bevor der erste Spatenstich erfolgt. Dadurch können Planungsfehler minimiert und die Effizienz gesteigert werden.

Augmented Reality: Eine neue Dimension der Arbeit

Augmented-Reality-Brillen (AR-Brillen) ermöglichen zudem ein freihändiges, computergestütztes Arbeiten. Handwerker können so Baupläne oder Anleitungen direkt in ihrem Sichtfeld einblenden, was die Effizienz und die Präzision bei der Arbeit steigert. Diese Technologie bietet eine intuitive und interaktive Art, mit Informationen umzugehen und verbessert die Qualität der Arbeitsergebnisse. Handwerker, die in der Regel mit einem Tablet oder dem Handy agieren, müssen für die Dokumentation ihrer Arbeitsschritte auch nicht mehr die Hände benutzen. Die kürzlich vom Meta-Konzern vorgestellten Ray-Ban Smart Glasses zeigen, wie auch KI genutzt werden kann. Die Kamera in der Brille erfasst das gesehene Bild und mittels Sprachbot können zusätzliche Informationen ausgetauscht werden, wie zum Beispiel Modellnummern, Arbeitsschutz-Checklisten, oder Qualitätssicherungs-Details.

Dass AR-Brillen als Arbeitshilfen heute schon effektiv eingesetzt werden können, zeigen neueste Geräte, die etwa auch das Militär einsetzt. Das Einblenden von Informationen in die Umgebung, das Nutzen unterschiedlicher Kamera-Technologien und der schnelle Austausch von Daten untereinander machen die Technologie zu einem klaren Vorteil bei Einsätzen.

Digitales räumliches Arbeiten – von überall aus

Apple hat in seiner letzten Produktvorstellung der Mixed-Reality-Brille Apple Vision Pro einen interessanten Begriff geprägt: "Spatial Computing” – was man frei als “räumlich digitales Arbeiten” übersetzen kann. Dieser Begriff macht deutlich, was hinter der Vision des Metaverse stehen wird: Eine Welt, in der virtuelle Ebenen unseren Arbeitsalltag anreichern. Die Technologie dahinter ist bereits heute ausgereift und wird auch schon von vielen Unternehmen eingesetzt. Auch Handwerksbetriebe erhalten somit die Möglichkeit, von überall aus zusammen zu arbeiten.

Remote-Arbeit im Handwerk

Die neuen Smart Glasses sind nicht nur für Handwerker oder Anwender vor Ort nützlich. Die Brillen können auch untereinander vernetzt werden, sodass andere Personen nicht nur das gleiche Bild sehen, sondern sich auch Kollegen darüber vernetzen und austauschen können. So könnte zum Beispiel der Personalnotstand in vielen Handwerksbetrieben durch Remote-Arbeit gemildert werden. Experten können aus der Ferne Unterstützung leisten, sei es durch Beratung oder durch direkte Mitarbeit mittels digitaler Tools. Dies eröffnet neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit und des Wissensaustauschs über geografische Grenzen hinweg.

Digitale Tools fürs Employer Branding

Digitale Technologien können generell neue Chancen im Bereich des Employer Brandings eröffnen. Handwerksbetriebe können sich als innovative und zukunftsorientierte Arbeitgeber positionieren, indem sie moderne Technologien einsetzen und fördern. Dies macht sie attraktiv für junge Talente, die an der Schnittstelle von traditionellem Handwerk und moderner Technologie arbeiten möchten.

Darüber hinaus können mittels Virtual Reality (VR) Lernszenarien entwickelt werden, die durch das allzeit mögliche (kostenlose) Wiederholen von handwerklichen Aufgaben zu einem Vorteil in der Ausbildung von Fachkräften werden. Das gilt sowohl für das Ziegeln einer Wand, das Bedienen einer Maschine oder das Decken eines Daches, ohne dabei die Unfallgefahr zu haben oder den Wetterbedingungen ausgeliefert zu sein.

Mit den neuen digitalen Hilfsmitteln können auch spielerische Aufgaben die Ausbildung anreichern. So könnten Lehrlinge der Elektrotechnik die Aufgabe bekommen, in einem VR Escape Room Game die elektrische Tür zum Ausgang zu öffnen, indem sie Fehler im Schaltkreis finden müssen.

Fazit

Die Verbindung des Metaverse mit dem Handwerk mag auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen, doch die aktuellen technologischen Fortschritte eröffnen neue, spannende Möglichkeiten für die Branche. Diese Innovationen bringen nicht nur Effizienzsteigerungen und Qualitätsverbesserungen, sondern positionieren das Handwerk auch in einem modernen, zukunftsorientierten Licht.